Handy-TV: Sport soll zum Durchbruch verhelfen

23.08.2007
Experten sind skeptisch, doch bleibt Mobilfunkern kaum etwas anderes übrig, als es zumindest noch einmal zu versuchen: Sport soll das lahmende Handy-TV fit für die Kundschaft machen.

Die Mobilfunkkonzerne haben einen neuen Wachstumsmarkt ausgespäht: Die Übertragung von TV-Bildern auf das Handy. Der Startschuss soll Anfang kommenden Jahres fallen, die breite Vermarktung mit der Fußball-Europameisterschaft im Sommer anlaufen. Die Firmen sehen eine große Nachfrage. So hat Marktführer T-Mobile bei jedem Vierten seiner über 30 Millionen Kunden eine Bereitschaft für bewegte Bilder auf dem Mobiltelefon ausgemacht. Zusammen mit den Wettbewerbern Vodafone/D2 und O2 haben die Bonner ein Konsortium gebildet, um dem Handy-TV zum Durchbruch zu verhelfen.

Die Zeiten, in denen das Mobiltelefon ausschließlich zum Telefonieren diente, sind damit endgültig vorbei. Mit dem Einstieg in die TV-Übertragung wollen die Unternehmen wegbrechende Umsätze im Mobilfunkgeschäft ausgleichen. Zum Start sollen mit dem Standard DVB-H (Digital Video Broadcasting-Handheld) mindestens 16 Programme auf die kleinen Handy-Bildschirme übertragen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass das Konsortium die von den Landesmedienanstalten ausgeschriebenen Sendelizenzen gewinnt. Um diese bewirbt sich auch eine Allianz, an der die Medienunternehmen Hubert Burda Media und Holtzbrinck beteiligt sind.

In einigen Studien wird dem neuen Geschäftsfeld bis zum Jahr 2010 ein Umsatzpotenzial von 450 bis 500 Millionen Euro bescheinigt. Experten zeigen sich allerdings skeptisch, da aus ihrer Sicht das Geschäft schleppend anlaufen wird. "Wir glauben, dass Handy-TV kommen wird. Allerdings sind viele Annahmen zu hoch", sagt Nikolaus Mohr von der Unternehmensberatung Accenture. Erst ab 2011 oder 2012 würden die Nutzerzahlen steigen.

Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus gibt ihm Recht. So boomt Handy-TV zwar in Südkorea - in Italien und Großbritannien bleibt das junge Geschäft mit Penetrationsraten von rund einem Prozent hinter den Erwartungen zurück. Auch in Deutschland floppte mobiles Fernsehen bisher – trotz des Versuchs, es zur Fußball-WM 2006 in den Markt zu drücken. Mit dem aus Korea stammenden Format DMB, das nur die Übertragung weniger Programme erlaubt, wagten Debitel und Mobilcom (heute Freenet) erste Gehversuche. Mit wenigen tausend Kunden blieb DMB aber hinter den selbst gesteckten Prognosen zurück.

Trotz der gebremsten Erwartung halten Experten den Einstieg ins Handy-TV für richtig. "In Summe geht es darum, den Kunden in der digitalen Welt ein umfassendes Buket von verschiedenen Diensten zu bieten", sagt Accenture-Experte Mohr. Mobiles Fernsehen bezeichnet er als Zusatzgeschäft. Die Marktforschungsgesellschaft Solon sieht immerhin einen Bedarf bei den Kunden: "Es ist naheliegend, das populärste Medium TV auch unterwegs nutzen zu wollen", sagt Solon-Experte Henning Röper. Dazu müsse aber das Angebot verständlich und leicht bedienbar sein. Zudem müssten bekannte TV-Marken mitziehen.

Auf die TV-Sender wartet zusätzliche Arbeit. So ist das bestehende Programm nur bedingt für mobiles Fernsehen verwendbar. "Es ist illusorisch zu glauben, dass jemand auf dem kleinen Bildschirm einen zweistündigen Film anschauen wird", sagt Mohr. ProSieben und MTV haben sich bereits darauf eingestellt und produzieren ein spezielles Programm für Handy-TV. Den größten Schub versprechen sich die Experten von Sport-Übertragungen. "Bei Fußball oder den Olympischen Spielen sind Kunden sicher bereit, für eine auf das Handy angepasste Übertragungsform zu zahlen", sagt Mohr. (dpa/ajf)