Gute Zeiten für SAP-Freiberufler

09.02.2006 von Thomas Götzfried
IT-Architekten und Entwicklern mit aktuellem Know-how stehen die Türen offen.

Freiberufliche IT-Spezialisten können zuversichtlich in das Jahr 2006 blicken. Wie der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) in seinem jüngst veröffentlichten jährlichen Branchenbarometer ermittelte, rechnen 70 Prozent der Unternehmen für das gerade begonnene Jahr mit steigenden Umsätzen, weitere 16 Prozent erwarten stabile Zahlen.

Hier lesen Sie ...

  • mit welchem Know-how selbständige SAP-Spezialisten die besten Chancen haben;

  • welche Aufgaben die SAP-Freelancer beim Kunden übernehmen;

  • wie hoch das Stundenhonorar der SAP-Freiberufler ist.

Auch die verschiedenen Wirtschaftsinstitute übertreffen sich in den letzten Monaten mit positiven Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. So hat beispielsweise das Ifo-Institut seine Vorhersage zum Wachstum bereits zum zweiten Mal in Folge angehoben. Gute Aussichten also, die sich auch auf die Stimmung in der Branche und auf den Arbeitsmarkt positiv auswirken. Ein Trend, der laut Branchenverband Bitkom in den kommenden Jahren anhalten wird und Grund genug ist zur Zuversicht auch für freiberufliche IT-Spezialisten, die vermehrt in den Unternehmen zum Einsatz kommen.

Thomas Götzfried ist Vorstandsvorsitzender der Goetzfried AG in Wiesbaden.

Mit den positiven Aussichten und Prognosen im Rücken investieren Unternehmen wieder mehr in innovative Projekte und lösen Projektstaus auf. Speziell in einigen sich rasant entwickelnden IT-Bereichen und durch neue gesetzliche Anforderungen stehen in diesem Jahr einige Themen auf der Agenda, die die Verantwortlichen verstärkt angehen. Neben der Umsetzung strengerer Archivierungsrichtlinien, der Einführung von unternehmensweiten Backup-Strategien oder der Konsolidierung von IT-Infrastrukturen sind vor allem die SAP-Systeme im Blickpunkt der Verantwortlichen.

Diese Planungen wirken sich nicht nur auf die Auftragsbücher der entsprechenden Hard- und Softwareanbieter aus, sondern beeinflussen auch die Personalplanung der Unternehmen. Neue Projekte erfordern in der Regel neue Mitarbeiter und zusätzliches Know-how. Dabei geht es nicht nur um Festeinstellungen - auch temporär einsetzbare freiberuflich tätige IT-Spezialisten profitieren von der neu belebten Innovationsfreude und -notwendigkeit.

Zwar ist ein Boom wie zu den goldenen Zeiten des Internets rund um die Jahrtausendwende nicht in Sicht. Aber es ist bereits wieder eine Verknappung von gutem IT-Personal spürbar. Viele Unternehmen können die von ihnen ausgeschriebenen Stellen nicht planmäßig besetzen, denn trotz des scheinbar großen Angebots an Arbeitskräften ist es für die Unternehmen schwierig, Mitarbeiter zu finden, die über die geforderten Qualifikationen und Erfahrungen verfügen. Dies gilt besonders für das SAP-Geschäft. Deshalb greifen Unternehmen und öffentliche Auftraggeber auf IT-Personaldienstleister zurück, um sowohl akuten als auch längerfristigen Bedarf an Kapazität und Know-how mit temporärem Personal zu decken. Heute werden bereits in jedem fünften Projekt, das die Goetzfried AG als Recruiting-Spezialist für ihre Kunden ausschreibt, spezifische SAP-Kenntnisse gefordert.

Der richtige Personalmix

Der optimale Mix aus festen Mitarbeitern und Selbständigen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Grundlage für die Auswahl der externen Fachkräfte ist bei Goetzfried eine eigene Kontaktdatenbank mit detaillierten Einträgen zu aktuell rund 16 000 Beratern, ein eigenes Jobportal sowie Zugriff auf alle gängigen Jobbörsen im Internet. Derzeit können rund 4500 der in der Goetzfried-Datenbank erfassten Spezialisten SAP-Kenntnisse nachweisen.

Vielfältige Einsatzgebiete

Um erfolgreich in Kundenprojekten eingesetzt zu werden, müssen die Freelancer überdurchschnittlich gut klassische SAP-Applikationen wie Finanzwesen (FI) und Controlling (CO) beherrschen. Darüber hinaus sind aufgrund der Vielzahl von SAP-Modulen und deren unterschiedlichen Einsatzbereichen Spezialkenntnisse gefragt. Neben den Modulen zu Business Warehouse (BW) und Business Intelligence (BI) investieren Anwender derzeit besonders in Technologien wie Mysap und Netweaver. Nach wie vor populär ist das "klassische" SAP R/3, für das Betriebe immer noch unterschiedlich orientierte Spezialisten suchen.

Dabei drückt viele Kunden der Schuh derzeit hauptsächlich, wenn es um Migrationen geht. Nachdem SAP mit Mysap einen Nachfolger für SAP R/3 auf den Markt gebracht hat, gehen Anwender nun vermehrt daran, auf das neue System umzustellen. Hier bietet SAP mittlerweile nützliche Migrationsverfahren wie beispielsweise die Fremddatenübernahme oder die LSM-Workbench. Für die Realisierung solcher Projekte setzen die Unternehmen verstärkt externe Spezialisten ein. Diese fungieren oft als Projektleiter, weil sie entsprechende Erfahrung aus ähnlichen Projekten mitbringen. "Dabei ist es wichtig, eng mit den fest angestellten IT-Administratoren zusammenzuarbeiten", erklärt Christian Burkhardt, freiberuflicher SAP-Spezialist. "Nach Abschluss des Migrationsprojekts übernehmen diese den Betrieb der Applikationen und lösen die täglich anfallenden Aufgaben, also müssen sie von Anfang an involviert werden, um den Erfolg sicherzustellen. Die Kunden legen viel Wert auf Know-how-Transfer und profitieren von der Erfahrung der freien Mitarbeiter aus anderen Projekten."

Viele Unternehmen sind derzeit auf der Suche nach SAP-Softwarearchitekten und -Anwendungsentwicklern. Diese passen die SAP-Lösungen an die unternehmenseigenen Applikationen an und integrieren sie in die individuellen Geschäftsabläufe. Sind Neuentwicklungen nötig, werden auch diese umgesetzt. Oft übernehmen die Architekten außerdem Beratungsaufgaben. Viele Unternehmen liegt betreiben auch Integrationsprojekte auf Basis von Netweaver. Dabei geht es immer wieder um die Zusammenführung heterogener Systeme, die in einer Plattform zu konsolidieren sind. Hier kommen Business Server Pages zum Einsatz, wofür Kenntnisse der Programmiersprachen Abap und Java wichtig sind.

Hoher Qualifikationsstandard

Verglichen mit den Jahren des Internet-Booms stellen die Unternehmen heute viel höhere Anforderungen an die Qualifikation der externen Spezialisten. So ist beispielsweise ein abgeschlossenes Studium in jeder zweiten Anfrage im Zusammenhang mit SAP-Projekten gewünscht oder gar Voraussetzung. Zudem legen die meisten Unternehmen mittlerweile Wert auf mindestens drei Jahre praktischer Erfahrung sowie nachweisbare Referenzen. Dies verhindert lange Einarbeitungszeiten und verringert Fehlerrisiken, die sich die Kunden nicht mehr leisten können und wollen. Unabhängig von den SAP-Kenntnissen erwarten die Auftraggeber besonders von den freien Spezialisten Teamfähigkeit, Flexibilität, Offenheit und ein Verständnis für Arbeitsabläufe und Geschäftsprozesse. Erfüllen die Bewerber diese Voraussetzungen, so sind derzeit bei guter Auslastung durchschnittliche Stundensätze von 75 bis 95 Euro - in Ausnahmefällen sogar bis zu 140 Euro - üblich. (hk)