Mitarbeitersuche in Startups

Gute Freunde reichen nicht

11.06.2012 von Lothar Lochmaier
Das persönliche Netzwerk der Gründer spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Einstellung von neuen Mitarbeitern geht. Zu einer modernen Personalarbeit gehört aber auch das Internet-basierende Recruiting.
Die Wooga-Mitarbeiter tauschen sich in kreativer Umgebung aus.
Foto: Wooga

Das in nationalen wie internationalen Medien gelegentlich als "Facebook der Wissenschaft" etikettierte Startup Researchgate hat seit der Gründung vor zwei Jahren 40 Mitarbeiter in IT und Marketing eingestellt. Heute arbeiten in der Berliner Zentrale 72 Personen. Das Unternehmen verzichtet beim Recruiting auf Headhunter ebenso wie auf das aktive Bewerben durch Stellenanzeigen. Die ideale Form der Bewerberauswahl beschreibt Geschäftsführer Ijad Madisch von Researchgate so: "Die beste Werbung für uns sind unsere Mitarbeiter, die uns weiterempfehlen."Nicht immer jedoch führen die Kontaktnetzwerke der Gründer zum Ziel. Und nicht immer steht jedes gerade frisch ins Rennen gegangene junge Unternehmen im unmittelbaren öffentlichen Rampenlicht.

Erst Wohnküche, dann 300 Mitarbeiter

Beim deutlich weniger bekannten Online-Shop für Elektronik- und Medienprodukte reBuy etwa stellen hippe Accessoires wie der Kicker oder die Tischtennisplatte keinesfalls das ausschlaggebende Kriterium für oder gegen einen Arbeitgeber dar. "Trotzdem ist es ein netter Benefit", sagt Human-Ressources-Manager Steffen Kleinert. Das Unternehmen hat sich in den letzten acht Jahren von den ersten Anfängen in einer Wohnküche auf derzeit rund 300 Mitarbeiter erweitert. Um die richtigen Kollegen anzuheuern, setzen die Personalverantwortlichen auf eine differenzierte Recruiting-Mixtur. Die Belegschaft spricht zum einen über die eigenen Netzwerke potenzielle neue Kollegen an. Die Verantwortlichen verzichten aber auch nicht auf die klassische Jobbörse, und man nutzt bei komplexeren Ausschreibungen auch Personalberater.

Die klassische Print-Stellenanzeige hingegen ist bei reBuy weitgehend out. Das Beispiel steht für einen Trend: Das Internet spielt längst die erste Geige, wenn es darum geht, High Potentials anzuheuern. Und umgekehrt setzen laut einer Studie von Potentialpark bereits 94 Prozent aller Jobsuchenden auf das Netz, um die eigene Karriereplanung vorwärts zu treiben. Ein nützliches Hilfsmittel, um die mittlerweile auch via Social Media Ausschau haltenden Bewerber zu erfassen und anzusprechen, stellt dabei E-Recruiting-Software dar. "Diese unterstützt die Verzahnung der verschiedenen Kanälen wie Jobplattformen, soziale Netzwerke, eigene Homepage oder Printanzeige", skizziert Geschäftsführer Hermann Arnold vom Schweizer Talent-Management-Spezialisten Umantis.

Mit Hilfe der elektronischen Unterstützung im Personal-Management behält das Unternehmen den Überblick über die Bewerberlage und kann rasch reagieren. Als weitere Vorzüge nennt Arnold die papierlose Weiterleitung der Unterlagen, Terminvereinbarungen oder die Unterstützung von Assessments und Einstellungsverfahren.

Auch der einzelne Arbeitsplatz ähnelt mehr einem Freizeitort als einem langweiligen Büro.
Foto: Wooga

Mit einer regelrechten Flut von rund 2000 Bewerbungen pro Monat sieht sich der Entwickler von Online-Spielen Wooga konfrontiert. Um aus der Masse die passenden Bewerber heraus zu fischen, sind auch kreative Ideen gefragt. So zeigt das Unternehmen nicht nur regelmäßig Präsenz auf einschlägigen Branchen-Events, um aussichtsreiche Talente direkt anzusprechen und einzuladen. Von Vorteil seien auch unkonventionelle Methoden. "Für die Game Developers Conference in San Francisco haben wir spezielle Flugtickets gedruckt und die besten Bewerber direkt eingeladen", betont Sina Kamala Kaufmann, Head of Communications and Partnerships bei Wooga.

Neue Mitarbeiter durch Empfehlung

Auch handfeste Vorteile zählen, ähnlich wie bei Konzernen oder großen Mittelständlern. Einmal im Unternehmen angekommen erhält jeder Mitarbeiter von Wooga ein eigenes Weiterbildungs-Budget für den Besuch einer Konferenz oder einer fachlichen Fortbildung. Darüber hinaus bietet das Unternehmen interne Veranstaltungen an wie Deutschkurse für ausländische Mitarbeiter oder Präsentationstrainings. Was die passende Recruiting-Mixtur angeht, so steht für Kaufmann die persönliche Empfehlung von Mitarbeitern ganz oben auf der Prioritätenliste, um interessante Kandidaten aus dem unmittelbaren Umfeld für ein Startup zu begeistern. Im Erfolgsfall spendiert Wooga dem vermittelnden Kollegen schon mal als kleines Dankeschön einen kurzen Wochenendtrip, ein iPad oder ein Flachbild-Fernsehgerät.

Der IT-Dienstleister Softgarden wiederum verweist auf das individuelle Flair im szenetypischen Ambiente von Startups. "Wir zeigen den Bewerbern Fotos von unserer Espressomaschine, von der benachbarten Imbissbude oder vom Dönerladen um die Ecke, die das Umfeld möglichst plastisch und wirklichkeitsnah beschreiben", skizziert Geschäftsführer Dominik Faber.

6 Wunderkinder: Bewerber für eine Vision begeistern

Fest steht: Eine allgemeingültige Philosophie oder gar ein Patentrezept gibt es im Recruiting in der Gründerszene kaum. Eher schon kann eine unternehmerische Leitvision die künftigen Mitarbeiter für ein hochgestecktes unternehmerisches Ziel begeistern und motivieren. Festmachen lässt sich dieser Trend am Beispiel der 6Wunderkinder, ein Startup, bei dem neben der guten Idee auch das clevere Marketing eine wichtige Rolle spielt. Mit dem Wunderkit kreierten die Softwareentwickler nicht nur eine App, um die virtuelle Zusammenarbeit zwischen Freunden und Kollegen einschließlich der sozialen Netzwerkanbindung zu verbessern.

Mehr noch: Durch die auch von Werbestrategen als innovativ angesehene Recruiting-Kampagne "Let’s put a dent in the Universe" gewann das Unternehmen eine breite öffentliche Aufmerksamkeit. Die 6Wunderkinder demonstrierten, wofür das Unternehmen mit Blick auf die Kandidatensuche steht, nämlich für die Vision, den Umgang der Nutzer mit Software neu zu denken und zu gestalten. Mag ein derart hochgesteckter inhaltlicher Anspruch auch danach nicht vollständig einzulösen sein, so bildet er doch einen attraktiven Ausgangspunkt, um das eigene Talentreservoir sukzessive auszubauen, bei dem frisch eingestellte Mitarbeiter ab dem ersten Tag verantwortliche Aufgaben übernehmen.

Startups 2011
Startups in 2011
Über AirBnB können Privatpersonen ihre Zimmer vermieten...
Startups in 2011
...das Angebot ist aktuell durchaus ansprechend.
Startups in 2011
Zite ist ein digitales Magazine für Apples iPad.
Startups in 2011
Die Auswahl der Kategorien in Zite
Startups in 2011
Flipboard ist ein weiteres digitales Magazin - Nutzer können es mit Diensten wie Twitter, Facebook oder Google reader verknüpfen.
Startups in 2011
Die Kategorie-Auswahl für Flipboard.
Startups in 2011
Indiegogo ist eine Plattform, mit der Künstler und angehende Unternehmer Geld für Projekte sammeln können.
Startups in 2011
Kickstarter ist eine andere Plattform für Crowdfunding.
Startups in 2011
Quora ist eine Plattform für Fragen und Antworten, die besonders durch hochwertige Nutzer glänzt.....
Startups in 2011
.... selbst Fragen, die bei anderen Plattformen höchstens Trolle anlocken, werden dort fundiert beantwortet.
Startups in 2011
Ein Teamspace in Sococo - die App ist wie ein herkömmliches Büro aufgebaut.
Startups in 2011
Über die Anwendung kann man auch Apps mit anderen Nutzern teilen.
Startups in 2011
Foodspotting nutzt die Position des Nutzers, um Fotos der Menüs von Restaurants in der Umgebung anzuzeigen.
Startups in 2011
Meal Snap arbeitet ähnlich - ist aber für das iPhone beschränkt.
Startups in 2011
Square verwandelt iOS und Android-Geräte in Terminals für Kreditkarten.
Startups in 2011
Zielgruppe sind vor allem kleinere Unternehmen, die einen genauen Überblick über verkauften Posten haben möchten.

Recruiting-Strategien: Worauf es ankommt

In der Regel punkten junge Unternehmen vor allem mit dem Argument der individuellen beruflichen Entwicklungsperspektive. Im Idealfall bedeutet die Tätigkeit in einem Startup weniger starre Hierarchien und Entscheidungsabläufe - also mehr Gestaltungsspielräume, Freiheitsgrade und vor allem rasche Aufstiegsmöglichkeiten, sofern das Unternehmen sich am Markt etablieren kann. Dadurch versuchen Startups auch Nachteile wett zu machen, wie die oftmals geringere Vergütung oder eine weniger gut ausgebaute betriebliche Altersvorsorge.

Das Recruiting spielt sich gerade in der ersten Phase meist über persönliche Netzwerke ab. Mitarbeiter empfehlen Freunde oder alte Studienkollegen. Junge Unternehmen suchen aber auch aktiv über soziale Netzwerke. Im Idealfall kann dies Streuverluste minimieren, birgt jedoch das Risiko in sich, den Blick auf geeignete Kandidaten durch eine zu selektiv angesprochene Interessengruppe zu verengen.

Zielgerichtet Foren nutzen

Die Suchfunktionen der großen Jobbörsen eignen sich zwar meist für standardisierte Anforderungsprofile in Wirtschaft und Industrie. Jedoch sind die Bedürfnisse und das Arbeitsumfeld von jungen Unternehmen meist recht individuell. Tipp: Spezialisierte Blogs und Foren offerieren hier ergänzend zur klassischen Print- oder Online-Stellenanzeige einen ergänzenden Nachrichtenkanal für versierte Insider.

Beispiele: Venture Village oder die Plattform ‚dasauge’ für Designer. Hilfreich kann es für Startups auch sein, spezielle Details in Entwicklerforen wie beispielsweise "Code Schnippsel" zu bloggen, ohne natürlich allzu sensible Details aus dem Innenleben des Unternehmens zu verraten. Beispiel: Auf der Plattform stackoverflow tummeln sich Softwareentwickler, weil sie nach spezifischen Antworten zu programmiertechnischen Fragestellungen Ausschau halten. (Quelle: Softgarden/Rebuy)

Zehn Karriereportale im Check
Xing: Newsfeed
Das neue Xing fühlt sich neben der Facebook-inspirierten Optik deutlich interaktiver und mehr nach Webapplikation an.
Xing: Gruppenbeiträge
Gruppenbeiträge und andere Benachrichtigungen lassen sich aus der neuen Hauptleiste checken, ohne in den Bereich wechseln zu müssen.
Xing: Newsfeed-Ansicht
Wie in Facebook lässt sich einstellen, welche Meldungen im Newsfeed erscheinen – auch andere Bedienprinzipien sind von Facebook vertraut, wie das ausblenden von Meldungen bestimmter Kontakte.
LinkedIn: Profil-Update
Linkedin zeigt auf einem Post-It-Zettel Vorschläge für die Verbesserung der Profilinfos, die bei Erledigung durchgestrichen werden.
LinkedIn: Profilstatistiken
Für alle, die sich für die eigene Attraktivität interessieren, lassen sich umfangreiche Abrufstatistiken des eigenen Profils finden.
LinkedIn: Online today
Die Startseite zeigt nicht nur Neues aus dem Netzwerk, sondern versorgt den Besucher auf Linkedin Today auch mit relevanten News, die oft geteilt wurden. Wem das zuviel ist, der blendet die Funktion einfach aus.
LinkedIn: Gruppen
Die Gruppendiskussionen sehen bei LinkedIn deutlich moderner aus als bei Konkurrent Xing.
LinkedIn: Hootsuite
Dank offener Schnittstellen lässt sich LinkedIn auch leicht von externen Tools wie Hootsuite.com lesen und pflegen ohne die Website besuchen zu müssen.
Experteer: Startseite
Die „Gehaltsbenchmarks“, also die gezielte Suche nach Jobs für die eigene Gehaltsvorstellung, preist Experteer als Alleinstellungsmerkmal an.
Experteer: Jobsuche
Die Suchfunktion von Experteer wartet mit guten Ideen zum Einschränken nach Kritereien wie Gehalt auf. Leider sind die Ergebnisse für nicht zahlende Mitglieder oft wertlos.
Monster: Suchergebnisse
Die Ergebnisslisten lassen sich bei Monster schnell überblicken, indem Texte schon in der Übersicht ausführlich gelesen werden können.
Monster: Jobsuche
In Betaversion gibt es eine erweiterte Jobsuche, die mit drei Eingabefeldern auch nach Jobtitel und verwandten Titeln die Datenbank durchforstet. Die dahinter liegende 6Sense Suchtechnologie schlägt automatisch passende Jobtitel vor. Die neue Suche ist unbedingt zu empfehlen, wer möchte kann aber weiter den bisherigen Algorithmus weiter nutzen.
Monster: Anschreiben
Monster.de bietet gute Zusatzinhalte rund um das Thema Karriere und Bewerbung, wie zum Beispiel Musteranschreiben.
Stepstone: Startseite
Schon auf der nüchternen Startseite, die durch blinkende Werbung und Banner jedoch reichlich unruhig wirkt, werden bei Stepstone verschiedene Berufsfelder vorgeschlagen.
Stepstone: Channels
Die Channels bei Stepstone sind inhaltlich einen Blick wert, der aber wegen der überfrachteten Seiten kein Vergnügen ist.
Stepstone: App
Die Stepstone-App für Android oder iPhone ist kostenlos und sucht automatisch in einstellbaren Umkreis aktuelle Angebote.
Arbeitsagentur: Startseite
Die aufgeräumte Startseite der Arbeitsagentur macht die schnelle Recherche gut möglich.
Arbeitsagentur: Suchergebnisse
Die Suchergebnisse werden zwar nach Übereinstimmung zum Suchbegriff bewertet, leider fehlen aber Angaben zum Datum der Angebote.
Abeitsagentur: Jobbörse
Nach der recht aufwändigen Registrierung kann sich der Jobbörse-Nutzer ein Bewerberprofil anlegen und direkt Arbeitgeber kontaktieren.
Jobware: Startseite
Dem Layout von Jobware ist anzusehen, dass das Design schon einige Jahre auf dem Buckel hat.
Jobware: Führungskräfte
Zu Top-Offerten zeigt Jobware auch das ungefähre Jahresgehalt – ohne teure Monatsgebühr von Headhunter-Portalen.
Jobware: E-Mail
Jobware bietet einen E-Mail-Service, der in unserem Test treffsicherer als einige Konkurrenten Angebote filterte.
Placement24: Startseite
Die Startseite wirbt mit reger Netzwerkaktivität, von der nach Anmeldung für einen Basisaccount wenig zu sehen oder zu spüren ist.
Placement24: Angebot
Placement24-Nutzer bekommen schon nach der Anmeldung teure Lockangebote präsentiert.
Placement24: Banner
Ohne Premiumupgrade oder kostenpflichtige Sondereigenwerbung geht bei Placement24 so gut wie nichts.
BranchOut: Oberfläche
Branchout läuft als Erweiterung innerhalb von Facebook. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich.
BranchOut: Jobsuche
Branchout findet derzeit meist nur Jobs aus den USA
BranchOut: Badge
Neue Ideen: Auf Branchout erhält man für Erfolge, wie dem häufigen Vernetzen zur Belohnung „Badges“ – ähnlich wie auf Foursquare.
Kununu: Bewertungen
Kununu bietet viele Möglichkeiten sich schnell ein Stimmungsbild zu einem bestimmten Arbeitgeber zu holen.
Kununu: Arbeitgeber
Auch Firmen können hier zeigen wie offen und freundlich sie sind.
Kununu: Fotos
Einige Arbeitgeber bieten sogar Fotos an, die einen Blick hinter die Kulissen erlauben.