Gute Erfahrungen mit EDV-Koordinatoren

24.09.1976

Mit Dipl.-Vw. Rolf Hieber, Direktor für Organisation und Datenverarbeitung, Zahnradfabrik Friedrichshafen, sprach CW-Chefredakteur Dr. Gerth Maurer

-Seit einem Jahr wird bei der Zahnradfabrik Friedrichshafen im Werk Schwäbisch Gmünd eine Online-Kundendienstorganisation gefahren. Zwei Jahre dauerte es, dieses wichtige erste Realtime-Projekt des Konzerns zu realisieren. Also vor drei Jahren hatten Sie die Aufgabe, die organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß diese Umstellung problemlos erfolgen kann. Haben Sie dieses Realtime-Projekt grundsätzlich anders angegangen als zuvor gelöste Batch-Probleme?

Ja, weil eine solche komplexe Aufgabenstellung eine intensivere Vorarbeit erfordert als die bisher bei uns realisierten Batch-Lösungen - insbesondere deshalb, weil der Dialog Mensch-Maschine den Arbeitsstil der Mitarbeiter grundlegend verändert.

-Es kam also im besonderen Maß auf die Mitarbeit der Fachabteilungen an?

Ja, da bei der Größe des Projektes über 120 Angestellte und zahlreiche gewerbliche Mitarbeiter in den drei Abteilungen Ersatzteilverkauf, Garantie- und Reparaturabwicklung sowie technische Betreuung direkt betroffen sind. Hier war es besonders schwierig, einen EDV-Koordinator einzusetzen, der alle Probleme zwischen der Linie und der EDV-Org.-Abteilung abzuklären hatte.

-Hatten Sie vorher schon Erfahrungen mit EDV-Koordinatoren - die ja sonst bei Anwendern nicht so häufig zu finden sind?

Wir haben bereits bei vorangegangenen Lösungen gute Erfahrungen mit derartigen Koordinatoren gemacht. Bei der Größenordnung des neuen Realtime-Projektes war diese Funktion doppelt wichtig.

- Welche Aufgaben haben solche EDV-Koordinatoren bei der Zahnradfabrik Friedrichshafen? Insbesondere dürfte interessieren, welchen Background die Leute mitbringen.

Die EDV-Koordinatoren haben anstehende Probleme mit der Linienabteilung abzuklären und sind nach Realisierung des Projekts für alle Änderungen im Fachbereich zuständig. Darüber hinaus sind die Koordinatoren damit beauftragt, laufende Weiterentwicklungen bestehender Anwendungen anzuregen und zu verfolgen sowie zusätzliche Sonderaufgaben des Hauptabteilungsleiters auszuführen.

-Sind die EDV-Koordinatoren Mitarbeiter der EDV-Organisationsabteilung oder der jeweiligen Fachabteilungen? Welche EDV-Kenntnisse bringen sie mit?

Bei uns sind das Mitarbeiter der Fachabteilungen, die in der Regel nicht in der Linie tätig sind, sondern als Stabsstelle im Bereich der Hauptabteilungsleitung geführt werden. Meist handelt es sich um jüngere Leute, die jedoch hinreichend praktische Erfahrungen auf dem Gebiet ihrer Fachabteilung besitzen und darüber hinaus durch hausinterne und fremde Schulung EDV-Grundkenntnisse erworben haben. Wesentlich erscheint mir, daß sie guten Kontakt zu den einzelnen Mitarbeitern in der Linie haben, denn nur bei dieser Voraussetzung können Sie die Mitarbeiter der Linie motivieren und damit zu einer gemeinsam guten Lösung beitragen.

-Also sind Ihre EDV-Koordinatoren in erster Linie junge Diplomaten?

Es sind in der Regel verhandlungsgeschickte und redegewandte Kaufleute, Betriebswirte oder Ingenieure, die aber auch eine Menge praktischer Arbeiten auszuführen haben. So zum Beispiel das Bearbeiten der täglichen Fehlerprotokolle, die Terminabstimmung mit der EDV-Abteilung, die laufende Projektkontrolle anstehender Projekte, die Schulung der Mitarbeiter in den neuen Verfahren.

- Wie viele solcher EDV-Koordinatoren gibt es in Ihrem Konzern?

In jeder Hauptabteilung, in der Datenverarbeitungsprobleme größerer Art anfallen, sind in unserem Hause hauptamtliche EDV-Koordinatoren eingesetzt. Das sind zur Zeit in Schwäbisch Gmünd acht Mitarbeiter, in den Werken Friedrichshafen und Passau befindet sich diese Organisationsform z. Z. noch im Aufbau.

- Für Sie als EDV/Org-Chef ist das ja angenehm, daß Sie auf Sachverstand und echte Projektunterstützung bei den Fachabteilungen bauen können, ohne daß das Ihr Budget belastet. Für die Anwender indes kommt das teuer.

Eine gute EDV-Organisation ist nur dann effizient, wenn Stab und Linie zusammenarbeiten. Das bedeutet, daß derartige EDV-Koordinatoren aus unserer Sicht eigentlich nicht teuer kommen, sondern ihre Kosten dadurch rechtfertigen, daß gute Projekte realisiert werden.

- Wurde aber im einzelnen auch mit harten Zahlen durchgerechnet, ob sich das für die einzelne Abteilung wirklich lohnt?

Bei Großprojekten lohnt sich dieser Mann immer, weil doch in der Regel ohne Koordinationsfunktion sehr große, viel teurere Reibungsverluste entstehen. Darüber hinaus bin ich der Auffassung, daß ein EDV-Verfahren nur dann gut sein kann, wenn es die Linie voll akzeptiert.

- Was geschieht - wie ist der Instanzenweg - wenn sich nun EDV-Koordinatoren der Fachabteilung, denn das sind ja Männer der Fachabteilung, mit den Mitarbeitern Ihrer Abteilung Organisation und Datenverarbeitung nicht einig werden?

Wir treffen uns dann zu einem gemeinsamen Gespräch und diskutieren so lange, bis wir eine gute Lösung gefunden haben. Das geschieht in der Regel auf gleicher Ebene, das heißt, die EDV-Koordinatoren und die EDV-Organisatoren treffen sich, um eine gemeinsame Lösung zu suchen. Nur wenn hier keine Einigung erzielt wird, wird auf der nächsten Ebene weiterverhandelt.

- Wie setzen sich nun bei Ihnen die Projektteams zusammen?

Ein Projektteam setzt sich zusammen aus dem EDV-Koordinator des Fachbereichs, eines Ablauforganisators, einem Systemanalytiker und in der Regel dem Gruppenleiter, der für das jeweilige Projekt zugeordnete Programmierergruppe. Wir bemühen uns, diese Teams möglichst klein zu halten, es sind zirka vier bis fünf Mitarbeiter.

- Und wer ist verantwortlich fürTermine und Kosten?

Die Kosten eines Großprojekts werden verkalkuliert und der Geschäftsleitung zur Entscheidung vorgelegt. Die Kostenverantwortung liegt in der Projektionsphase bei der Organisation und Datenverarbeitung, in der Phase der Realisierung bei der Fachabteilung. Sie erhält die Kosten über die Benutzerstunden am System berechnet, beziehungsweise bei Bildschirmen gibt es Festbeträge nach Umlageverfahren.

-Zurück zum Projekt Online-Kundendienstorganisation. Hat sich das bei Ihnen für Batch-Verfahren bewährte Projektmanagement-Konzept auch hier bei dieser ersten Realtime-Anwendung bewährt?

Ja, durchaus. Wir werden aufgrund der guten Erfahrungen weitere Online-Lösungen in unserem Hause einführen und dabei am Konzept, EDV-Koordinatoren einzusetzen, festhalten - denn ganz wichtig und gar nicht zu unterschätzen ist die Notwendigkeit, daß diese EDV-Koordinatoren sicherstellen, daß die Projekte als gemeinsame Lösung verstanden werden.