Business Networking für Mittelständler

Gut vernetzt ist halb gewonnen

20.05.2005 von Ina Hönicke
Business Networking bietet gerade für mittelständische Unternehmen erhebliches Nutzenpotenzial: Das informelle Gespräch beim Abendessen bringt oft mehr als ein teurer Beratertag. Doch erfolgreiches Netzwerken verlangt auch einigen Einsatz.

Mittelständische Entscheider sind zwar häufig privat in Vereinen vertreten, beruflichem Networking stehen sie jedoch oft skeptisch gegenüber. Das gilt auch und gerade im IT-Bereich. Ingo Bachmann, Leiter IT/Org. bei der BaumitBayosan GmbH & Co. KG in Bad Hindelang: "Viele IT-Leute sind introvertiert und scheuen die Öffentlichkeit. Das disqualifiziert sie zwar in keiner Weise, ist aber für erfolgversprechende Kommunikation nicht gerade die beste Voraussetzung." Der anderen Gruppe, die gerne an Symposien oder Konferenzen teilnehmen würde, fehle oft die Zeit. Schließlich seien IT-Profis intensiv in das Projekt- und Tagesgeschäft eingebunden. Bachmann: "Wenn ein IT-Manager dann doch einmal an einer Veranstaltung teilnimmt, fällt die Kommunikation sehr schwer. Einen Kollegen anzusprechen, sein Problem darzustellen und um mögliche Hilfe zu bitten liegt nicht jedem - und am allerwenigsten dem Vertreter eines mittelständischen Unternehmens." Dabei ist offene Kommunikation seiner Erfahrung nach eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung jeder Unternehmensstrategie.

Defizite in der Kommunikation

Thomas Schwerdtfeger, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Gesellschaft Mitttelstand (DGM) in Düsseldorf, stimmt Bachmann zu: "Zu den Defiziten mittelständischer Unternehmen gehört ganz sicher auch der fehlende Gedankenaustausch mit Kollegen. Wie soll denn Kommunikation nach außen funktionieren, wenn es schon inhouse nicht klappt?" Die meisten Mittelständler würden sich in puncto Informationsweitergabe schlichtweg zurückhalten. Schwerdtfeger: "Zum einen will man nicht zu viel über eigene strategische Planungen preisgeben, zum anderen fehlen auch die kompetenten Ansprechpartner." Der DGM-Berater kennt mittelständische Chefs, die sich von ihren Abteilungsleitern sämtliche Informationen für die Jahresplanung holen - die Ergebnisse aber später nicht weitergeben. Schwerdtfeger: "Gerade im Mittelstand spielt das Vertrauensverhältnis eine überaus wichtige Rolle. Man muss den möglichen Gesprächspartnern erst einmal über den Weg trauen." Für eine Reihe von Mittelständlern scheine dies noch am ehesten in Vereinigungen wie Lions oder Rotary der Fall zu sein.

Wesentlich positiver beurteilt Robert Stabl von der Software-Offensive-Bayern den Netzwerkgedanken. Er ist überzeugt, dass auch "introvertierte" IT-Profis den Wunsch haben, interessante Veranstaltungen zu besuchen und Erfahrungen auszutauschen. So erlebt der bayerische Softwareexperte immer wieder, dass die Events seiner Offensive für viele IT-Experten als Initialzündung für weitere Treffen dienen. Stabl: "Die meisten Mittelständler sind doch froh, dass es solche Veranstaltungen gibt. Wo sonst haben sie die Möglichkeiten zu solch intensiver Kontaktpflege?" Seiner Meinung nach ist erfolgreiche Vernetzung kein Zufall, sondern das Ergebnis eigener Initiative. Schließlich könnten sich interessierte IT-Chefs im Internet, in der Fachpresse, bei der IHK oder den Verbänden jederzeit über existierende Netzwerke informieren. Stabl: "Bei einem ersten Treffen können Sie feststellen, ob Sie wirklich auf die Personen und Themen treffen, die Sie erwartet haben."

Plattformen im Web

Im Internet gibt es mittlerweile eine ganze Reihe interessanter Netzwerkplattformen. Eine von ihnen, OpenBC, erhielt im vergangenen Jahr den mit 50000 Euro dotierten Deutschen Internetpreis des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA). "Networking wird immer wichtiger - dazu gehört es auch, im Gespräch zu bleiben", so Lars Hinrichs, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Open Business Club GmbH. Doch es sind auch kritische Stimmen zu hören. Eine ganze Reihe der Teilnehmer moniert, dass es in OpenBC von Dienstleistungsanbietern nur so wimmelt. Ein Umstand, der wohl darauf zurückzuführen ist, dass viele Marketingleiter Netzwerke nur als billiges Instrument zum Kundenfang ansehen.

Foto:

Das sieht Hans-Christian Boos, Geschäftsführer des Frankfurter Sicherheitsdienstleister Arago, ähnlich. Zwar seien etliche seiner Kollegen Mitglieder bei Communities wie OpenBC oder Ilinked, doch für Arago stellen diese Plattformen vorrangig eine Ergänzung der allgemeinen Recherchemöglichkeiten dar. Boos: "Für die Kontaktaufnahme sind diese Communities durchaus geeignet. Aber das eigentliche Networking fängt erst später an - nämlich nach dem persönlichen Kennenlernen."

Erfahrungen anderer nutzen

Der Frankfurter Sicherheitsfachmann bedauert, dass dem Thema Vernetzung hier zu Lande nicht der gleiche Status wie beispielsweise in der angelsächsischen Welt eingeräumt wird. Dort böten eine große Anzahl von Clubs sowie geschlossene Zirkel jede Menge Kontaktmöglichkeiten. Boos: "Mit Hilfe von Networking sollen schließlich neue Kontakte initiiert und bestehende etabliert werden. Darüber hinaus können die Erfahrungen Dritter für das eigene Unternehmen genutzt und Kundenbedürfnisse besser verstanden werden." Allerdings gelte auch hier die Devise: Ohne Fleiß kein Preis. Gutes Networking erfordere nämlich einen hohen Zeitaufwand. Boos: "Dabei ist Zeit genau das, was den Verantwortlichen in den mittelständischen Unternehmen fast immer fehlt." Wer aber Vernetzung nur halbherzig betreibe, sollte es gleich bleiben lassen und seine Energie voll ins Tagesgeschäft einbringen. Der Arago-Chef schätzt seinen eigenen Networking-Zeitaufwand auf zirka zehn bis 15 Prozent seiner Arbeitszeit: "Da dies nicht ausreicht, spielt sich der Rest in der Freizeit ab."

Während viele Netzwerkplattformen noch um Erfolg ringen, scheinen vor allem regionale Netzwerke eine immer größere Rolle zu spielen. Zu ihnen gehört auch "it@O" - eine Plattform von Unternehmen der IT-Branche und Anwenderunternehmen Oberfrankens. Das Angebot reicht von möglichen Kooperationspartnern über Informationen zum Standort Oberfranken bis hin zu relevanten Ansprechpartnern bei Gründungsfragen. Alois Kastner-Maresch, Geschäftsführer der Livinglogic AG in Bayreuth: "Hier findet ein wirklicher Austausch statt. Dazu gehört auch, dass Kooperationen nicht nur angedacht, sondern vertraglich abgesichert werden." Nach Meinung von Kastner-Maresch erwarten Mittelständler von einer Plattform vor allem Nutzen. Denn wer so wenig Zeit habe, könne diese nicht verplempern. Der Bayreuther IT-Experte: "Ohne das Netzwerk haben die Unternehmen lange Zeit gar nicht gewusst, welche anderen Betriebe es in der Region gibt, was diese produzieren, wer die Ansprechpartner sind." Um den Erfolg der Plattform zu garantieren, sei es wichtig, eine Kerngruppe ins Leben zu rufen, die das Vorhaben über längere Zeit hinweg trägt. Kastner-Maresch: "Voraussetzung sind in erster Linie Menschen, die sich einbringen. Das gilt bei mittelständischen Firmen noch mehr als bei Großunternehmen."

Partner für größere Projekte

Gerald Leithner, Inhaber von Network Print & Media Leithner e. K. in Ebelsbach, gehört zu denen, die die diversen Möglichkeiten des it@O-Netzwerkes zu schätzen wissen: "Man lernt Kollegen und Mitbewerber kennen und findet möglicherweise Partner für größere Projekte." Dass it@O so erfolgreich ist, liegt seiner Meinung nach unter anderem an der Regionalität. In Nordbayern gebe es etliche kleinere Unternehmen, die auf der Suche nach starken Partnern für mögliche Kooperationen seien. Dafür biete sich das Netzwerk geradezu an. Leithner: "Bei it@O kann man sich präsentieren, dazulernen und sich austauschen. Ähnlich funktioniert die Plattform ,firmenfreundschaften‘ der Hypovereinsbank." (uk)

Ina Hönicke, freie Journalistin in München.