Gegeneinander statt Miteinander

Grundkonflikte bei Projekten

16.05.2012 von Renate Oettinger
Warum bei vielen Projekten die Ziele nur teilweise erreicht werden und wie hier Abhilfe geschaffen werden kann, sagt Daniel Krones.

Bei vielen Projekten werden die Ziele nur teilweise erreicht, weil die Mitarbeiter nicht reibungsfrei zusammen arbeiten. Eine zentrale Ursache hierfür ist: Die Mitarbeiter in der Linie und in den Projekten nehmen aufgrund ihrer Funktion in der Organisation viele Sachverhalte unterschiedlich wahr. Außerdem divergieren ihre Interessen.

Die große Herausforderung in Projekten besteht oft darin, die Zusammenarbeit der verschiedenen Bereiche problemlos zu gestalten.
Foto: Doc RaBe - Fotolia.com

Die ständigen Konflikte zwischen Linie und Projekt - welcher Manager kennt sie nicht? Da beschwert sich die "Linie" permanent über die durch die "Projekte" verursachten Veränderungen. Und die "Projekte"? Sie klagen über die Stur- und Starrheit der "Linie". Wie lässt sich dieser Grundkonflikt in vielen Unternehmen lösen? Der erste Schritt hierzu liegt in der Erkenntnis, dass Linie und Projekt aus zwei unterschiedlichen Perspektiven argumentieren. Hierfür drei Beispiele:

Beispiel 1 - Die Verantwortlichen in der Linie sagen: "Die Projektleiter hindern meine Mitarbeiter permanent am Erledigen ihrer Tagesaufgaben." Die Projektverantwortlichen hingegen klagen: "Immer wieder werden kurzfristig zugesicherte Ressourcen aus dem Projekt abgezogen, weil für die Führungskräfte in der Linie das Tagesgeschäft Vorrang hat."

Beispiel 2 - Die Linie klagt: "Dauernd mischen sich die Projektleiter in unsere Entscheidungen ein und möchten über alles informiert werden." Die Projektleiter hingegen pochen darauf: "Damit wir das Projekt erfolgreich managen und schnell Entscheidungen treffen können, bedarf es einer regelmäßigen Kommunikation sowie einer zeitnahen Information sowie klarer Eskalationswege."

Beispiel 3 - Die Linie klagt: "Immer wieder fordern die Projektleiter von uns schnell irgendwelche Sonderlösungen für ihr Projekt und hebeln dadurch unser Tagesgeschäft aus." Die Projektmitarbeiter hingegen klagen: "Die Starrheit und mangelnde Flexibilität der Linie erschweren uns die Arbeit im dynamischen Projektgeschehen."

10 Tipps für erfolgreiche IT-Projekte
Spielregeln für das Projekt-Team
Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung.
Projektauftrag klar definieren
Der Projektauftrag ist das A und O der Projektdurchführung. Er bildet die Grundlage für die Abnahme der Projektergebnisse und damit den Projekterfolg!
Projekt in steuerbare Arbeitspakete schneiden
In jeder Phase des Projekts den Überblick bewahren.
Betroffene zu Beteiligten machen
Ein offenes Ohr für die Projektbeteiligten erhöht die Akzeptanz der zukünftigen Nutzer.
Projekt(kern)team klein halten
Auch bei der Durchführung eines Projektes gilt: Zu viele Köche verderben den Brei.
Umgang mit Change Requests definieren
Hinterfragen Sie Änderungswünsche während der Projektdurchführung kritisch und prüfen Sie sie auf ihre Sinnhaftigkeit.
Abnahme-Prozess formalisieren
Keine Kritik ohne Verbesserungsvorschlag: Ein Feedback-Formular mit Pflichtfeld "Verbesserungsvorschlag" sorgt für Konstruktivität im Feedback-Prozess.
Projektmanagement leben
Kommunikation, Kommunikation und nochmal Kommunikation!
Management of Change: „Hypercare“ einplanen
Ein speziell hierfür ernannter Ansprechpartner hilft über Probleme und Sorgen in den ersten Tagen nach der Systemeinführung hinweg.
Übergabe in den Betrieb sicherstellen
Eine geregelte Übergabe ermöglicht den reibungslosen Betrieb des IT-Systems.
Lessons Learned
Die Erfahrungen sollten am Ende eines Projekts zusammengetragen werden, um für die nächsten Projekte zu lernen.

Dabei gilt es jedoch zu beachten: Beide Organisationsformen können sowohl Vor- als auch Nachteile haben. So zeichnet sich die "Linie" im Idealfall unter anderem durch folgende Vorzüge aus:

Zu viel Linie

Zu viel "Linie" kann jedoch zu folgenden Nachteilen führen:

Die Vorzüge von Projektstrukturen sind hingegen:

Zu ausgeprägte Projektstrukturen bringen jedoch oft folgende Nachteile mit sich:

Vier Schritte, um aus dem Teufelskreis auszubrechen

Folgende vier Schritte sind notwendig, um aus einem Teufelskreis auszubrechen, in dem sich "Linie" und "Projekt" immer gegenseitig den "Schwarzen Peter" zuschieben:

1. Ermitteln und Benennen der Ziele der "Linie" (= Gesamtorganisation oder Geschäftsbereich) sowie des "Projekts"

Das Top-Management und die Linien- und Projektverantwortlichen müssen zunächst klären: Welche Ziele bestehen in der Organisation und in welcher Beziehung stehen diese zueinander? Hierbei hilft das Erstellen einer Ziel-Beziehungs-Matrix. In ihr werden nicht nur die verschiedenen Ziele erfasst, sondern es wird auch visualisiert (zum Beispiel durch unterschiedliche Farben), in welcher Beziehung diese zueinander stehen. Widersprechen sich die Ziele beispielsweise und muss deshalb ein betriebswirtschaftlich oder aus Kundensicht sinnvoller "Kompromiss" zwischen ihnen gefunden werden? Oder verhalten sich die Ziele "neutral" zueinander, oder wirkt sich das Erreichen des einen Ziels sogar förderlich auf das Erreichen des anderen aus?

Mithilfe einer Ziel-Beziehungs-Matrix lassen sich häufig erstaunlich einfach wichtige Erkenntnisse gewinnen. So wird bei ihrem Erstellen den Beteiligten zum Beispiel oft klar, dass manche Linienziele mit gewissen Projektzielen nicht nur konkurrieren, sondern diesen sogar widersprechen. In diesem Fall muss das Management eine klare Richtung vorgeben und Prioritäten setzen. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen kann dann die Zusammenarbeit zwischen "Linie" und "Projekt" ausgestaltet werden.

Spielregeln für das Projekt-Team
Spielregeln für das Projekt-Team
Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung.
Tipp 2
Eine offene Kommunikation einhalten.
Tipp 3
Eine konstruktive Zusammenarbeit umsetzen.
Tipp 4
Zu Problemen grundsätzlich Lösungsvorschläge anbieten.
Tipp 6
Keine Arbeitspakete ohne Termin und Verantwortlichen definieren.
Tipp 7
Delegieren von Arbeitspaketen vermeiden.
Tipp 8
Lieber miteinander reden anstatt E-Mail-Ping-Pong zu spielen.
Tipp 9
Keine politischen Spielchen treiben.
Tipp 11
Dynamik entwickeln und auf das gesamte Projektteam sowie alle Anwender übertragen.

2. Definieren und Implementieren einer klaren Projektorganisation

Das Festlegen einer Marschrichtung und das Setzen von Prioritäten, ist eine wichtige Voraussetzung für den zweiten Schritt. Denn von der Bedeutung der Projekte beziehungsweise Projektziele für die Organisation hängt auch ab, wie die Projektorganisation gestaltet sein sollte. In der Theorie werden drei Ausprägungen unterschieden, die je nach Projektpriorität anzuwenden sind:

Projektorganisation klar definieren

Eine klar definierte Projektorganisation ist essentiell für erfolgreiches Projektmanagement, denn sie schafft Klarheit darüber, wer zum Projekt gehört und wer nicht (also zur Linie zählt), und sie gibt einen Eskalationsweg vor, der es ermöglicht, Entscheidungen schnell zu treffen. Häufig liest man in der Fachliteratur: Für eine effektive Projektorganisation wird neben einem Projektteam und -leiter auch ein Lenkungsausschuss benötigt - als interner Auftraggeber und oberste Eskalationsinstanz.

In der Praxis ist jedoch bei vielen Projekten ein Lenkungsausschuss nicht nötig - zum Beispiel bei eher "kleinen" und für den Unternehmenserfolg nur indirekt bedeutsamen Projekten mit einer Projekteinflussorganisation. Bei ihnen genügt meist ein interner Auftraggeber in Form einer Person. Anders ist dies bei Projekten, die sich durch eine hohe Bedeutung und Komplexität auszeichnen.

Je höher diese ist, umso notwendiger ist ein Lenkungsausschuss. So kann zum Beispiel bei einer Projekt-Matrix-Organisation, abhängig von der Zahl der Projekte, deren Bedeutung sowie Interdependenz das Einrichten eines Lenkungsausschusses durchaus sinnvoll sein. Und bei einer reinen Projektorganisation ist ein Lenkungsausschuss, bestehend aus den wichtigsten Interessengruppen und Entscheidern im Unternehmen, unerlässlich.

Vier Schritte, um aus dem Teufelskreis auszubrechen II

3. Einführen von Job-Rotation zwischen "Linie" und "Projekt"

Wie bereits beschrieben, argumentieren "Linie" und "Projekt" zumeist ausschließlich aus ihrer Perspektive - manchmal bewusst, um eigene Ziele zu realisieren, häufig aber auch unbewusst, ohne die Auswirkungen des eigenen Handelns für die jeweils andere Partei zu sehen. Die Folge ist ein Teufelskreis, in dem "Linie" und "Projekt" sich bei "Problemen" wechselseitig den schwarzen Peter zu schieben, basierend auf Argumenten wie: "Hätte die ‚Line’/ das ‚Projekt’ dieses nicht getan, dann hätten wir jenes nicht veranlasst."

Das Einführen des Prinzips der Job-Rotation hilft oft, diese Negativspirale zu durchbrechen. Hierbei wechseln die Mitarbeiter beispielsweise in Zwei- oder Drei-Jahresrhythmen zwischen Linien- und Projektaufgaben - und zwar nicht nur die Projektmitarbeiter, die in der Projektmatrix- und -einflussorganisation ohnehin bereits zwischen Linie und Projekt "springen", sondern auch die Führungskräfte in der Linie.

IT für erfolgreiche Projekte
Die besten Projekt-Management-Tools
Mit Hilfe der richtigen Software können sich Projekt-Manager auf das Wichtigste konzentrieren: Die Projektziele klar kommunizieren und das Team erfolgreich führen.
1. Basecamp
Mit Millionen Anwendern weltweit gehört Basecamp heute zu den wichtigsten Web-basierenden Tools im Bereich Projekt-Management.<br /><br /> Preis: Ab 24 US-Dollar pro User / Monat <br /><br />Auf Deutsch: Ja
2. Copper Project
Mit Copper bietet sich eine interessante PM-Lösung an, die einfach wie Basecamp ist, aber mit einigen Zusatzfunktionen wie Gantt-Diagramme und ausführliche Reports aufwartet. <br /><br />Preis: Ab 29 US-Dollar pro Monat für bis zu fünf Anwender<br /><br /> Auf Deutsch: Nein
3. 5pm
5pm stellt eine intuitive und einfach gehaltene PM-Anwendung dar, die die Projektplanung und die Analyse von Aktivitäten und Arbeitszeiten in den Vordergrund stellt.<br /><br /> Preis: Ab 18 US-Dollar pro Monat für bis zu fünf Anwender<br /><br /> Auf Deutsch: Nein
4. Smartsheet
Bei Smartsheet lassen sich Projekte über interaktive und mächtige Tabellen verwalten, die man nach eigenen Bedürfnissen gestalten kann. Damit eignet sich dieses flexible Tool besonders für Anwender, die mit Excel vertraut sind.<br /><br /> Preis: Ab 24 US-Dollar pro User / Monat<br /><br />Auf Deutsch: Nein
5. Projectplace
Projectplace stellt eine der umfangreichsten PM-Tools auf dem Markt dar und bietet professionelle Funktionen wie Videokonferenzen und VoIP, sowie Features, die aus Facebook und Twitter bekannt sind.<br /><br /> Preis: Ab 19,50 Euro pro User / Monat (1 Projekt)<br /><br /> Auf Deutsch: Ja
6. Clocking IT
Clocking IT ist ein mächtiges PM-Werkzeug aus der Open Source-Szene, das sich vor allem unter Software-Entwicklern einen Namen gemacht hat.<br /><br /> Preis: Kostenlos<br /><br /> Auf Deutsch: Ja
7. Google Sites
Obwohl eigentlich nicht als PM-Lösung konzipiert lässt sich Google Sites aufgrund seiner vielen Kollaborations-Features als zentrale PM-Plattform nutzen. <br /><br /> Preis: Kostenlos<br /><br /> Auf Deutsch: Ja
8. Ace Project
Ace Project bietet sich als interessante, Kollaborations-orientierte Alternative an für alle, die das PM-System lieber auf den eigenen Servern betreiben möchten. <br /><br /> Preis: Ab 1495 US-Dollar für bis zu 20 Anwendern (Lizenzkauf)<br /><br /> Auf Deutsch: Nein
9. Onepoint Project
Mit Onepoint Project erhalten Projekt-Manager eine professionelle Lösung der Enterprise-Klasse, die viele fortgeschrittene Funktionen rund um Planung, Steuerung und Analyse von Projektressourcen bietet.<br /><br /> Preis: Ab 1499 Euro (Group server-Edition / Lizenzkauf)<br /><br /> Auf Deutsch: Nein
10. ActiveCollab
ActiveCollab bietet alles, was man von einer PM-Software erwartet, und richtet sich ausschließlich an Unternehmen, die eine On Premise-Lösung bevorzugen.<br /><br /> Preis: Ab 249 US-Dollar (Lizenzkauf)<br /><br /> Auf Deutsch: Nein

Eine regelmäßige Rotation zwischen Linie und Projekt hat folgende Vorteile:

4. Förderung einer konstruktiven Konfliktkultur

Alle voran gegangenen Überlegungen und Handlungsempfehlungen sind richtig und wichtig. Es wäre jedoch ein Irrglaube anzunehmen: Durch ihre Berücksichtigung werden Projekte zu Selbstläufern. Denn auch die beste Projektorganisation und Prozessbeschreibung kann Konflikte nicht verhindern. Deshalb dürfen in den Projekten beziehungsweise in der Gesamtorganisation Konflikte nicht nur negativ gesehen werden. Vielmehr muss auch deren positive Wirkung verstanden werden. Zudem muss in der Organisation eine konstruktive, lösungsorientierte Konfliktkultur bestehen.

Eine solche Kultur und Atmosphäre des Mit- statt Gegeneinanders setzt folgende drei Faktoren voraus:

Kontakt:

Der Autor Daniel Krones (MBA) arbeitet als Berater für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Er ist auf das Themenfeld Projekt- und Change-Management spezialisiert. Tel.: 07251 989034, E-Mail: daniel.krones@kraus-und-partner.de, Internet: www.kraus-und-partner.de