Mainframe-Exote mit neuer Architektur aus Deutschland:

Großrechner mit Transputer-Chips

20.05.1988

MÜNCHEN (pi)-Einen eher exotischen Rechner im Mainframe-Bereich stellte die Parsytec GmbH, Aachen, vor. In dem Rechner mit der Bezeichnung Supercluster kommen Transputer-Chips zum Einsatz.

Im zurückliegenden Jahrzehnt wurde die obere Leistungsgrenze eines Computersystems im wesentlichen durch vektororientierte Supercomputer definiert. Heute erfordert das Erreichen physikalischer Grenzen bei der Weiterentwicklung dieser Rechner einen völlig neuen Ansatz zur Leistungssteigerung, die sogenannten "Massiv-Parallelen Systeme".

Bei diesem Prinzip wird nicht ein einzelner Prozessor immer weiter verbessert, sondern möglichst viele Prozessoren werden zu einer möglichst effizienten Zusammenarbeit koordiniert. Am besten gelingt dies mit einer Prozessortechnik, die speziell auf diesen "kommunikationsorientierten Parallelismus" hin ausgelegt wurde. Die von der englischen Firma Inmos neuentwickelten Transputer-Chips entsprechen dem in idealer Weise und bilden demzufolge das Rückgrat der Supercluster-Systeme.

Mit Hilfe der Transputer-Technologie durchbrechen die Supercluster-Systeme die Leistungsgrenzen konventioneller Speicher- beziehungsweise Bus-gekoppelter Multiprozesorsysteme durch Einsatz von autonomen Prozessorknoten, die über Hochgeschwindigkeits-Kommunikationskanäle miteinander verbunden sind. Die Verbindungsstruktur ist unter Betriebssystemkontrolle frei wählbar und kann damit dem jeweiligen Anwendungsproblem angepaßt werden.

Jeder Prozessor trägt mit vier Kanälen zur Gesamtkommunikation bei. Somit wächst bei steigender Anzahl der Prozessoren auch die Kommunikationsleistung und die bei Busgekoppelten Systemen bekannten Engpässe fallen weg. Diese Technik sichert eine praktisch unbegrenzte Ausbaufähigkeit der Verarbeitungsleistung.

Bei allen Modellen kommt als Basisprozessorknoten der T800-Transputer mit 20-Megahertz-Takt zum Einsatz. Ab Ende 1988 wird optional auch ein mit 30 Megahertz getakteter T801-Prozessor verfügbar sein. Ausgestattet mit vier seriellen Hochgeschwindigkeits-Kommunikationskanälen (20 Megabit pro Sekunde) und 1 MB Hauptspeicher leistet jeder Knoten über 1,5 MFLOPS (Millionen Gleitkommaoperationen pro Sekunde), wobei dies im Gegensatz zu konventionellen Vektor-Supercomputern auch für skalare Verarbeitung gilt. Um bei großen Systemen die Ausfallsicherheit zu erhöhen, erhielt der Arbeitsspeicher eine EDC-Einheit (Error Detection and Correction), die eine Hardwarefehlerdiagnostik und ein Frühwarnsystem enthält.

Zusätzlich wurde spezielle Reset- und Analyse-Hardware konzipiert, um die Entwicklung von fehlertoleranter Software zu unterstützen. Diese Eigenschaft gewinnt besondere Bedeutung bei Systemen mit- potentiell weit über 1000 Prozessoren und Anwendungen für kontinuierliche technische Prozesse.

Auf der Software-Seite findet der Anwender des Supercluster zur Unterstützung neben den konventionellen Programmiersprachen C, Fortran und Pascal das Unix-ähnliche Multiprozessor-Betriebssystem Helios mit einem Multiserver-Filingsystem sowie die parallelen Programmiersprachen Occam, Parallel-C und einen automatisch parallelisierenden Prolog-Compiler. Kern der Betriebssoftware ist der Network Configuration Manager, der die beliebige und dynamische Verschaltung der Prozessoren untereinander über Kommunikationskanäle realisiert und gleichzeitig- eine geeignete Aufteilung der Prozessorressourcen für mehrere Benutzer ermöglicht. Schließlich wird auch noch der dynamische Anschluß unterschiedlichster Front-End-Computer vom PC über Workstations bis hin zu Mainframes überwacht.