Groove 2.1 flirtet mit Notes

29.08.2002 von Wolfgang Miedl
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Zusammenhang mit dem Peer-to-Peer-Hype der letzten zwei Jahre erregte auch das Collaboration-Tool „Groove Workspace“ einige Aufmerksamkeit. Nachdem die Version 1.3 die professionellen Einsatzmöglichkeiten erst erahnen ließ, macht nun Groove 2.1 als Ergänzung für Lotus Notes und Microsoft Exchange von sich reden.

Weniger der Peer-to-Peer-Boom selbst als die Prominenz seines Schöpfers rückte das Produkt von Groove Networks in den Mittelpunkt des Interesses: Kein geringerer als der Notes-Erfinder Ray Ozzie arbeitet seit 1997 an der Umsetzung einer neuen Form von Collaboration. Der Begriff wurde bisher im Zusammenhang mit Server-basierenden, zentralistischen Konzepten wie Notes und Exchange verwendet. Doch eine IT-gestütze Zusammenarbeit wird in solchen Architekturen oft unter anderem durch deren restriktive Sicherheitskonzepte erschwert. Im Gegensatz dazu soll Groove durch seine dezentrale, Client-orientierte Architektur im Unternehmensumfeld die Zusammenarbeit von Angestellten, Kunden und Partnern über IT- und Netzgrenzen hinweg ermöglichen.

Die Groove-Architektur: Die Groove-Plattform ermöglicht Anwendern, Client-basierende Funktionen mit zentralistischen Systemen und Geschäftsprozessen zu integrieren.

Die neue Version 2.0, die seit einigen Wochen am Markt ist, wurde soeben mit dem Update auf 2.1 um einige grundlegende Funktionen erweitert, die es als ernst zu nehmendes Groupware-Tool qualifizieren. Dazu zählt unter anderem die Möglichkeit, Word- und Powerpoint-Dateien mit Space-Mitgliedern zu besprechen oder zu bearbeiten, Outlook- und Notes-Mail-Diskussionen zu integrieren und mittels Rollen die Rechte der einzelnen Teilnehmer eines Groove-Space zu definieren.

Ein Interview, in dem sich Notes-Erfinder Ray Ozzie zu Groove, Notes und Microsoft äußert, lesen Sie hier.

Geht es nach Ozzie, soll Groove den Begriff Collaboration in der IT neu definieren und den Rahmen von Groupware-Plattformen wie Notes deutlich erweitern. Techniken sind für ihn nur ein Mittel, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu verbessern. In einem Weblog-Posting stellt Ozzie es so dar: „Ich habe mich immer schon vorwiegend damit befasst, wie die Schnittpunkte zwischen Menschen, Organisationen und Technologien funktionieren. Empirisch ist erwiesen, dass Collaboration-Technologien die Kosten für Koordination reduzieren und ein gemeinsames Bewusstsein über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg schaffen.“ („Why collaboration“).

Nach wie vor steht Ozzie hinter seiner berühmten Schöpfung Notes, die für ihn eine mächtige Plattform zur Entwicklung formularbasierender Anwendungen zum Dokumentenaustausch ist. Allerdings habe sich das Produkt weit von der Ursprungsidee entfernt. Ozzies Hauptkritikpunkte sind die Fokussierung auf interne Business-Prozesse, die eine Integration externer Partner erschwere, sowie der Sieg von E-Mail als bequemer Kommunikationsform über die mächtigen, aber vielfach ungenutzten Möglichkeiten dokumentenorientierter Groupware-Anwendungen.

Der Idee von Notes als Plattform für Ad-hoc-Projekte stehen oftmals die IT-Realitäten der Unternehmen entgegen. „Wir waren Zeugen endloser Kämpfe zwischen IT-Abteilungen, bei denen es darum ging, ihre Organisationen miteinander zu verbinden“, weiß Ozzie aus seiner Lotus-Zeit zu berichten. Oft war umstritten, wer die Sicherheit managen, wer autorisiert sein sollte, Daten in das Inhouse-System einzuspielen, sowie wer das System hosten sollte, ob innerhalb der Firewall oder außerhalb. „Derartige Auseinandersetzungen führten in vielen Fällen zum Scheitern von Collaboration-Projekten.“

Im Gegensatz zu den 80er Jahren, als die Konzepte für Notes entwickelt wurden, stehen heute leistungsfähige Desktop-Systeme zur Verfügung, die Server-lose Peer-to-Peer-Architekturen ermöglichen. Groove beschreitet hierbei Neuland und soll nach dem Willen seines Erfinders nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung von Messaging- oder Groupware-Plattformen verstanden werden. So verzichtet Groove beispielsweise in seiner Standardausführung bewusst auf Schnittstellen nach außen, etwa zu Verzeichnisdiensten. Die Idee ist, dass ein Groove-Space grundsätzlich nach außen abgeschottet ist und über alle Netzwerkgrenzen hinweg eine verschlüsselte Kommunikation ermöglicht. Andere Kommunikationssysteme gehen in der Regel den umgekehrten Weg und erfordern zusätzliche Maßnahmen, um Sicherheit zu gewährleisten.

Außerdem gibt die Zusammenarbeit in einem Space nur mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern Sinn. Bei einer zu hohen Zahl an Mitarbeitern wären beispielsweise Änderungen an gemeinsam benutzten Dateien kaum mehr nachvollziehbar. Mittlerweile existiert zwar eine Rechtevergabe, diese beschränkt sich jedoch auf drei Rollen: Manager, Teilnehmer oder Gast.

Auf die Groove-Technologie, an der Ozzies Team seit immerhin fünf Jahren arbeitet, sind mittlerweile nicht nur einige Pionieranwender, sondern auch die Großen der IT-Branche aufmerksam geworden. So hat Microsoft offenbar Lücken in seinem Portfolio erkannt, die im Rahmen einer strategischen Allianz mit Groove nun geschlossen werden sollen.

Im Zentrum stehen dabei der „Sharepoint Portal Server“ und die „Sharepoint Team Services“, für die es ab Herbst ein „Integration Kit“ geben wird. Explizit soll Groove helfen, diese beiden Server-zentrierten Produkte um Offline-Fähigkeiten und Firewall-agnostische, Endanwender-orientierte Funktionen zu erweitern. Ersteres basiert auf der Peer-to-Peer-typischen redundanten Datenhaltung: Wer Dateien aus einer Sharepoint-Team-Site bearbeitet, kann mit oder ohne Netzanschluss arbeiten, Groove kümmert sich um die Replizierung. Außerdem besitzt Groove die einmalige Fähigkeit, über alle Firewall-Grenzen hinweg eine Verbindung zu den Partner-Clients herzustellen - nebenbei ist die Sicherheit gewährleistet und ein VPN überflüssig.

Für unternehmensspezifische Anwendungsszenarien lässt Groove die reine Peer-to-Peer-Lehre fallen und bietet drei Server-Produkte sowie eigene gehostete Management-Dienste an. Der „Management Server“ ermöglicht Administratoren die Integration in bestehende Verzeichnisdienste, das zentrale Management sowie die transparente Authentifizierung. Anwender, die Groove in bestehende Geschäftssysteme wie ERP integrieren wollen, können sich die Dienste des „Enterprise Integration Server“ zunutze machen. Mit Hilfe von Bots - das sind Server-Programme, die als virtuelle Peers auftreten - können beispielsweise Benachrichtigungen aus Geschäftssystemen in einen Space exportiert werden.

Die Zusammenarbeit mit Microsoft soll noch ausgeweitet werden. So sind Kooperationsfunktionen mit weiteren Office-Formaten geplant. Kalendereinträge und Aufgaben aus Outlook sollen integriert werden können, und für Visual Studio .NET wird es ein Groove-Modul geben. In der programmierbaren Plugin-Architektur von Groove liegt bereits jetzt ein interessanter Anknüpfungspunkt für Entwickler: Die vorhandenen Tools können durch beliebige branchenspezifische Erweiterungen ergänzt werden, Groove dient dabei als Wirtsumgebung, die die Kommunikations-Schnittstellen zur Verfügung stellt.

„Groove Workspace 2.1“ kann kostenlos als Preview geladen werden. Die Standard-Version kostet 49 Dollar pro Anwender, die Professional-Variante 99 Dollar.