Trust API

Google schafft das Passwort ab - und bereitet Datenschützern Kopfschmerzen

27.05.2016
Mit einer neuen Technik will Google den Login via Passwort und PIN auf Android-Smartphones und -Tablets abschaffen und stattdessen auf Vertrauen setzen. Was so abstrakt klingt, soll schon in naher Zukunft Wirklichkeit werden, wie Google auf der I/O 2016 erklärt hat. Doch dabei fallen viele sensible Daten an.
Bereits 2015 hatte Googles Forschungabteilung ATAP eine Initiative gestartet, die Authentifizierung anhand des Nutzerverhaltens vorzunehmen.
Foto: Google

Wenn es nach Google geht, haben Passwort und PIN in naher Zukunft weitestgehend ausgedient. Der neue Schlüssel zum Einloggen in eine App auf dem Android-Smartphone oder -Tablet heißt Vertrauen. Mit der auf der Google I/O 2016 vorgestellten Trust API will Google nämlich das Passwort abschaffen und dafür sorgen, dass Nutzer anhand der zahlreichen Sensoren im Android-Gerät erkannt werden. Dafür bedient sich Google der Technik, die auch schon das Feature "Smart Lock" verwendet, um den Sperrbildschirm beispielsweise an vertrauenswürdigen Orten oder bei bestehender Verbindung mit bekannten Bluetooth-Geräten zu deaktivieren. Das soll für mehr Komfort und Sicherheit bei der Bedienung des Smartphones sorgen.

Mit der Trust API geht Google allerdings noch einen ganzen Schritt weiter und nutzt nicht nur die Sensoren, die erkennen, ob das Smartphone gerade in der Tasche steckt, sondern lässt die Smartphone-Sensoren durchgängig Daten sammeln. Diese Daten sollen dafür sorgen, dass zu jeder Zeit klar ist, wo sich der Nutzer gerade befindet, wie schnell er sich bewegt oder wie das Gerät gerade gehalten wird. Auch Daten wie Tippgeschwindigkeit, Stimmmuster oder das Gesicht über die Frontkamera werden erfasst. Sie werden dann zu einem sogenannten "Trust Score" - Vertrauenswert - zusammengefügt, der entscheidet, ob eine App frei zugänglich ist oder mit einem Passwort gesperrt wird.

Google I/O 2016: Die Neuheiten im Überblick
Google Assistant
Ein smarter Assistent, mit dem man sich unterhalten kann, soll in Zukunft viel mehr Möglichkeiten als die klassische Google-Suche bieten. Mit Hilfe von Spracherkennung und künstlicher Intelligenz kümmert sich Google um so gut wie jede Frage oder Aufgabe.
Google Home
Der vernetzte Lautsprecher namens Home soll den Google Assistant ab Herbst 2016 in den Haushalt bringen. Geplant ist eine ganze Plattform mit Schnittstellen für Geräte und Dienste anderer Hersteller. Der Lautsprecher hört immer mit - natürlich nur, damit er keine Aufträge verpasst.
Android N
Für die nächste Version des Smartphone-Betriebssystems wurden einige neue Funktionen vorgestellt. Zum Beispiel die Möglichkeit, auch auf einem Smartphone zwei Apps nebeneinander laufen zu lassen. Für die Bestimmung des endgültigen Namens - Google benennt die Android-Versionen traditionell in alphabetischer Reihenfolge nach Süßigkeiten - wurde eine Umfrage gestartet.
Instant Apps
Noch muss man warten, bis sich eine App komplett heruntergeladen hat. Instant Apps sollen Anwendungen künftig in kleine Fragmente teilen, damit einer sofortigen Nutzung nichts mehr im Weg steht.
Google Daydream
Google denkt nicht daran, das vielversprechende Zukunftsfeld Virtual Reality den Konkurrenten Facebook oder Samsung zu überlassen und startet eine eigene VR-Plattform mit dem Namen Daydream. Diese soll für ein einheitliches Erlebnis auf Android-Smartphones verschiedenster Hersteller sorgen. Auch die Videoplattform YouTube wurde fit für VR-Inhalte gemacht.
Google Allo
Gegen die Übermacht der Facebook-Dienste WhatsApp und Messenger will Google künftig mit einem eigenen Messenger-Service ankämpfen: Allo. Dieser wird auf Googles künstlicher Intelligenz basieren und soll Usern unter anderem passende Antworten und Emojis vorschlagen, aber auch passende Restaurants und Kinofilme empfehlen.
Google Duo
Auch beim Thema Videochat rüstet Google auf: die App Duo soll in Zukunft den zahlreichen Rivalen die Stirn bieten.
Android Wear 2.0
Google aktualisiert das Betriebssystem für Android-Smartwatches. Unter anderem wird man Text bald auch über eine kleine Onscreen-Tastatur oder per Schrifterkennung eingeben können. Außerdem können künftig alle Apps direkt ins Zifferblatt integriert werden.

Mehr Sicherheit und Komfort für die Aufgabe sensibler Daten

Befindet sich ein Nutzer beispielsweise in einer bekanntermaßen unsicheren Gegend, geht schneller als gewöhnlich und hat ein Zittern in der Stimme, wird die Situation als wenig vertrauenswürdig (geringer Trust Score) eingestuft. Apps, die einen höheren Trust Score als den ermittelten benötigen, werden dann automatisch wieder mit einer PIN- oder Passwort-Sperre versehen. Sitzt der Nutzer zuhause auf der Couch, ist der Trust Score entsprechend hoch und Apps lassen sich ohne Passwort-Eingabe öffnen und nutzen. Entwickler können dabei selbst bestimmen, wie hoch der verlangte Wert zum freien Öffnen der eigenen App sein soll - so dürften Banking-Apps beispielsweise einen deutlich höheren Vertrauenswert verlangen als ein Taschenrechner.

Was nach einem komfortablen und sichereren Feature klingt, dürfte Datenschützern einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Immerhin sammelt das Smartphone durchgängig und teilweise sensible Daten. Gegen Ende des Jahres soll die Trust API Entwicklern zur Verfügung stellen. Dann wird sich herausstellen, wie viele Entwickler dazu bereit sind, das Feature zu implementieren und ob es von den Nutzern angenommen wird.

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