SEO als Teil der Online-Kernkompetenz

Google-Optimierung wird von Hexerei zu Handwerk

27.04.2009 von Wolfgang Sommergut
Suchmaschinenoptimierung galt lange als schwarze Kunst. Mit der steigenden Bedeutung des Online-Mediums bauen Firmen jedoch internes Know-how auf, das in alle Online-relevanten Prozesse integriert wird.

Wenn Unternehmen dafür sorgen möchten, dass die Inhalte ihrer Website in den Suchergebnissen von Google weiter vorne auftauchen, dann nehmen sie zumeist die Dienste einer Agentur in Anspruch, die sich auf Search Engine Optimization (SEO) spezialisiert hat. Das Ergebnis besteht häufig in einer Reihe von Einzelmaßnahmen, die nachträglich auf eine bestehende Online-Präsenz angewandt werden, und deren jeweilige Wirksamkeit sich oft nur schwer belegen lassen. Im schlimmsten Fall können dubiose Tricks zum Gegenteil der erwünschten Effekte führen.

Die Eröffnungsrede der SMX 09 bestritt Rand Fishkin von SEOmoz, der zahlreiche Web-Statistiken präsentierte.

Mehrere Vorträge und Diskussionen auf der Search Marketing Expo zeigten jedoch, dass diese Art von Suchmaschinenoptimierung an Boden verliert. Mit der steigenden Bedeutung des Web für Marketing und Vertrieb räumen immer mehr Unternehmen SEO einen festen Platz in ihrer Online-Strategie ein. Damit geht typischerweise der Aufbau eines hausinternen SEO-Teams einher, das nach Möglichkeit in alle Website-bezogenen Abläufe und Entscheidungen eingebunden wird.

Interne Abteilung für SEO

Jürgen Schlott von Tommorow Focus schilderte, wie sein Verlag die Weichen in diese Richtung stellte. Nach dem Ende der Kooperation mit MSN hätten die von ihm betreuten Publikationen, darunter Focus Online, bei Google schlecht abgeschnitten, da man sich zuvor ganz auf den Partner als Traffic-Bringer verlassen habe. Die Konsultation von drei SEO-Agenturen in dieser Phase habe stets zu drei verschiedenen Meinungen geführt, wie man das Suchmaschinen-Ranking verbessern könne. Daher begann man mit dem Aufbau interner Kompetenz, wofür ein Team von zwei festen Mitarbeitern und drei Aushilfen zuständig ist.

Die SEO-Abteilung sieht ihre Aufgabe darin, Wissen zur Suchmaschinenoptimierung allen Fachabteilungen zugänglich zu machen, so dass sie diesen Aspekt in ihren täglichen Online-Aktivitäten berücksichtigen könnten. Das betrifft unter anderem die Web-Entwicklung und die Redaktionen, die durch laufende Schulungen und Rückmeldungen zu suchmaschinenfreundlichen Texten angehalten würden. Tommorow Focus konsultiere nach wie vor externe Experten, damit man neue Ideen und Anregungen bekomme. Allerdings sei der Verlag aufgrund seiner internen Kompetenz in der Lage, die Ratschläge von Agenturen beurteilen zu können.

SEO mit Unternehmenszielen verbinden

Auch Matthias Weth von Autoscout24 sprach sich klar dafür aus, SEO als Teil der Online-Kernkompetenz eines Unternehmens zu betrachten. Dabei müsste Suchmaschinenoptimierung einen entsprechenden Stellenwert und nach Möglichkeit die Unterstützung der Geschäftsleitung erhalten. Ideal sei Kopplung von Bonussystemen an Traffic-Ziele, so dass auch die Leiter von Fachabteilungen ein aktives Interesse an SEO hätten.

Gerade die häufig gegensätzlichen Anforderungen, die von den diversen Einheiten an die Website gestellt würden, gingen sonst leicht zulasten der Suchmaschinenfreundlichkeit. Als Beispiel beklagten mehrere Referenten, dass eine niedrige Priorität ihrer Anliegen in der IT-Abteilung dazu geführt habe, dass selbst einfache aber wirksame Maßnahmen wie die Änderung eines "title"-Elements teilweise Monate gedauert habe.

Umsatzrelevanter Traffic zählt

Besonders für große Websites habe interne SEO-Kompetenz nicht nur den Vorteil, besser in die Geschäftsprozesse eingebettet zu sein, sondern sie könne sich nach Meinung von Jens Fauldrath, Teamleiter SEO bei der Deutschen Telekom, auch besser auf die Unternehmensziele ausrichten. Während traditionelles SEO häufig nur ganz allgemein die Zahl der Besuche oder Seitenabrufe steigern würde, könnten interne Experten Zusammenhänge zwischen einzelnen Suchbegriffen, deren Konversionsraten und den daraus zu erwartenden Umsätzen herstellen.

Während große Sites wie jene der Telekom jedoch nicht mehr für einzelne Keywords optimiert würden, besteht für Nischenanbieter mit einer engen Ausrichtung auf bestimmte Marktsegmente offenbar doch ein solcher Bedarf. Im Gegensatz zu Fauldrath, der nach eigener Aussage Agenturen nur beschäftigt, um Lastspitzen abzufangen, engagieren viele E-Commerce-Anbieter externe Spezialisten, um die letzten Möglichkeiten aus bestimmten Suchbegriffen zu kitzeln.

SEM als SEO-Tool

Alan Webb, Inhaber von Abakus Internet Marketing, demonstrierte in seinem Vortrag, dass Wortvarianten, Begriffskombinationen und die Reihenfolge der Keywords einen Einfluss auf das Abschneiden einer Website bei bestimmten Suchanfragen haben. Deshalb sei es wichtig, die Popularität von Suchausdrücken anhand von diversen Tools (etwa Googles Keyword Tool) zu verifizieren, anstatt sich auf das eigene Gefühl zu verlassen. Als gängigen Fehler bezeichnete es Webb, dass Online-Shops häufig nur Produktnamen in das "title"-Element einfügten, aber auf so genannte "Money Keywords" wie "kaufen", "buchen" oder "bestellen" verzichteten.

Webb stellte Suchmaschinen-Marketing (SEM) in ein interessantes Verhältnis zur Suchmaschinenoptimierung. Während die zwei Disziplinen aufgrund zunehmender Komplexität immer mehr von jeweils eigenen Spezialisten betreut werden, sieht er zwischen beiden dennoch so viele Parallelen, dass er SEM als Testwerkzeug für SEO empfiehlt.

Während nämlich die bei Suchmaschinen gekauften Keywords sehr schnell verändert werden könnten und sich deshalb zum Experimentieren eigneten, sei die Ausrichtung einer Website auf bestimmte Begriffe in den organischen Suchergebnissen wesentlich aufwändiger und ließe sich nicht mehr so leicht revidieren. Deshalb könne gekaufter Traffic Aufschluss darüber geben, mit welchen Begriffen sich am meisten Geld verdienen lässt und für die sich nachfolgende SEO-Anstrengungen lohnten.

Weniger Chancen für SEO-Tricks

Der Wandel, dem SEO in den letzten Jahren unterworfen war, ist einerseits darauf zurückzuführen, dass Unternehmen sich dieser Aufgabe vermehrt selbst annehmen, und dadurch stärker der handwerkliche Aspekt dieser Disziplin in den Vordergrund rückt. Dubiose Manipulationsversuche und Tricksereien verloren damit gleichzeitig an Bedeutung. Verantwortlich dafür ist aber auch Google, das gekaufte Links immer besser erkennt und einen derartigen Missbrauch regelmäßig durch die Verbannung der betreffenden Websites bestraft.

Den Rückgang unlauterer Methoden schien auch Rand Fishkin, Gründer von SEOmoz, in seiner Keynote zu bestätigen. Sein Unternehmen betreibt eine ähnlich aufwändige Crawler-Infrastruktur wie die großen Suchmaschinen, um Wissen über den Link-Kosmos des Web zu gewinnen. Demnach spielen die früher häufiger genutzten unsichtbaren Links, die durch Formatierung vor dem menschlichen Benutzer verborgen blieben, praktisch keine Rolle mehr. Nur mehr 0,034 Prozent aller Verweise entfielen auf diesen Typus.

Gleichzeitig zeigten einige Daten von SEOmoz aber auch, dass bei vielen Websites noch Verbesserungsbedarf besteht. So leiten demnach Webmaster die Besucher ihrer Site sowie Suchmaschinen-Bots insgesamt öfter mit HTTP-Statuscodes ungleich 301 auf umgezogene Seiten weiter und verschenken damit die unter der alten Adresse erworbene Suchmaschinenrelevanz. Auch das von Google vor einiger Zeit für das "link"-Element eingeführte Attribut rel="canonical" zur Vermeidung von Problemen mit duplizierten Inhalten sei in der Praxis fast noch nicht angekommen. Fishkin nannte aber als einen von mehreren SEO-Tipps, Suchmaschinen nicht selbst gedoppelten Content finden und bewerten zu lassen.

Agenturen für externe Faktoren

Obwohl die heute von Google genutzten Algorithmen nicht mehr viel mit dem von Larry Page und Sergey Brin publizierten Pagerank-Verfahren zu tun haben, bestimmen eingehende Verweise von externen Domänen immer noch zu einem wesentlichen Teil die Suchmaschinenrelevanz von Web-Seiten. In der Mehrung und Verbesserung solcher Links sehen viele SEO-Agenturen ein wesentliches Betätigungsfeld, weil sich firmeninterne Suchmaschinenoptimierer hauptsächlich um die Verbesserung der Website kümmern und die so genannten Offpage-Aktivitäten an Externe vergeben.

Thomas Promny von Gimahhot gab Tipps zum Besten, wie man Links ködern könne. Nachahmer sollten nicht allzu skrupulös sein.

Der Kauf von billigen russischen Links ist zwar immer noch nicht ganz aus der Mode gekommen, aber angesichts der damit verbundenen Risiken suchen seriösere SEO-Spezialisten nach besseren Möglichkeiten, an die begehrten Verweise auf die Sites ihrer Kunden zu kommen. Dabei gilt das so genannte Link Baiting schon seit längerem als eine Art Wundermittel. Im Kern geht es darum, Köder etwa in Form von spektakulären Seiten auszuwerfen, die Web-Autoren veranlassen, darauf zu verweisen. Als Zielgruppe dafür sind die alle möglichen Social Media interessant, besonders aber Blogger.

Zweifelhaftes Link-Ködern

Die Grenzen zwischen dem Kauf und dem Ködern von Links sind indes fließend, wie der Online-Unternehmer Thomas Promny in seinem Vortrag zeigte. So empfahl er aus eigener Praxis, anstelle von Glücksspielen mit ungewissen Gewinnchancen den ersten hundert Autoren, die auf die eigene Website verweisen, etwa einen iPod zu schenken. Die zirka 4000 Euro wären gut angelegt und man müsse ja nicht gleich bekannt geben, dass alle Geräte schon weg seien. Auf diese Weise könnten sich weit mehr als 100 Links einstellen.

Einen noch unangenehmeren Beigeschmack hatte Promnys Empfehlung, für das Link Building auf wohltätige Zwecke zu setzen. Als Beispiel nannte er die Unterstützung des WWF durch seine Firma Gimahhot, die für einen eingehenden Link 10 Euro für den Klimaschutz spendet. Bis dato habe man so schon 160 Verweise gesammelt und "vielleicht hat der WWF damit schon einen Eisbären gerettet".

Es lässt sich allerdings absehen, dass Site-Betreiber und Autoren auch im deutschsprachigen Web den ausgelegten Link-Ködern immer seltener auf den Leim gehen werden. In "Webmasters on the Roof Allstars" schwelgten namhafte Vertreter der Optimiererszene in ihren Großtaten. Dabei stellte Moderator und SEO-Guru Marcus Tandler fest, dass Link Baiting in den USA viel schwieriger geworden sei. "Die Leute merken, wenn etwas als Köder gedacht ist".