Gesichtsverlust - Manager verschleppen Insolvenzantrag

28.09.2006
Management-Versagen ist einer repräsentativen Studie zufolge die mit Abstand häufigste Ursache für Insolvenzen.

Schwerwiegende Fehleinschätzungen in der Unternehmensführung sind in der Regel der Grund, warum Unternehmen Pleite gehen. Der Kreditversicherer Euler Hermes untersuchte in einer gemeinsamen repräsentativen Studie mit dem Zentrum für Insolvenz und Sanierung (ZIS) an der Uni Mannheim, wo konkret die Fehler gemacht werden. Dabei wurden bundesweit 125 führende Insolvenzverwalter nach den wichtigsten Insolvenzursachen gefragt. Am häufigsten genannt wurden fehlendes Controlling (79 Prozent), Finanzierungslücken (76 Prozent) und ein unzureichendes Debitoren-Management (64 Prozent).

Das Votum ist eindeutig: Insolvenzen gehen Management-Fehler voraus

Der Umgang mit Schuldnern, beziehungsweise das Eintreiben von Außenständen - auch als Debitoren-Management bezeichnet - stellt sich als ein Kernproblem dar. "Die Ergebnisse decken sich mit unseren Erfahrungen, dass viele Unternehmen das Debitoren-Management vernachlässigen und dadurch in Existenz bedrohende Krisen beraten", bestätigt Gerd-Uwe Baden, Vorstandsvorsitzender der Euler Hermes Kreditversicherung.

Doch es gibt weitere Probleme. Beispielsweise bezeichnen 57 Prozent der befragten Insolvenzverwalter eine "autoritäre, rigide Führung" als Insolvenzursache. Hinzu kommen ungenügende Transparenz und Kommunikation (44 Prozent), Investitionsfehler (42 Prozent) und falsche Produktionsplanung (41 Prozent).

Fehlendes Controlling und Finanzierungslücken treiben Firmen in den Ruin.

Zu viele Unternehmenslenker können außerdem offenbar nicht ihre Niederlage eingestehen. Sie scheuen den Insolvenzantrag und verschleppen ihn, was die Rettung des betroffenen Betriebs deutlich erschwert. 72 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass der Gang in die Insolvenz in der Regel zu spät erfolgt. Damit wird oft die Chance verpasst, durch rechtzeitige Gespräche mit den Gläubigern die Liquidität des Unternehmens abzusichern und so die Fortführung des Geschäfts zu ermöglichen.

Die Ursachen sind psychologischer Natur: Unternehmer verkennen den Ernst der Situation oder reagieren mit Verdrängungs- und Abwehrmechanismen. Man möchte vor Bekannten und in der Branche nicht als Versager bloßgestellt werden. "Viele gehen davon aus, dass mit der Insolvenz zwangsläufig das Ende eines Unternehmens verbunden ist. Dabei sollte das Ziel eines Insolvenzverfahrens immer die Sanierung sein", so Georg Bitter vom ZIS. In einem "typischen Insolvenzfall", so sagen 56 Prozent der Befragten, kann ein Unternehmen weitergeführt werden. Je größer der Konzern, desto größer die Chance auf Erhalt.

Inhabern fehlt das Betriebswirtschafts-Know-how

Eine Insolvenz ist deutschen Unternehmern peinlich

Die Studie zeigt, dass sich inhabergeführte Unternehmen besonders schwer tun mit dem Gang vor den Insolvenzrichter. Diese kleineren Betriebe werden in der Regel von sehr guten Fachexperten gegründet, denen es aber an betriebswirtschaftlichen Kenntnissen fehlt. Das Problem potenziert sich, wenn die Konkurrenz härter und die Märkte schwieriger werden. Ferner fällt auf, dass große Unternehmen eher bereit zum Gang nach Canossa sind und dass jüngere Unternehmen (unter 15 Jahren) häufiger mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben als ältere.

Schlechte Zahlungsmoral der Kunden sowie rechtliche Aspekte sind externe Einflussgrößen

Neben den internen Insolvenzursachen nennt die Studie auch externe Einflussfaktoren. Zuvörderst werden die "teilweise extrem schlechte Zahlungsmoral der Kunden" genannt (82 Prozent) sowie das Arbeits- und Sozialrecht, das oft zu bürokratisch angewendet werde (81 Prozent). Außerdem tragen den Insolvenzverwaltern zufolge Arbeitsgerichte eine hohe Verantwortung: Sie verhindern notwendige personelle Umstrukturierungen (72 Prozent). Als weitere Problemherde tauchen Basel 2 (ungünstiger Einfluss auf Finanzierungsmöglichkeiten im Unternehmen), die "ausgedehnteren Zahlungsziele im Ausland", unerwartete Probleme bei der Projektabwicklung im Ausland, sowie ein fehlendes Kapital für Wachstumsideen auf. (hv)