Gerüchte: Oracle bastelt an neuer Linux-Strategie

20.10.2006
Spekulationen zufolge planen die Oracle-Verantwortlichen eine engere Verzahnung der gesamten Produktpalette mit dem Open-Source-Betriebssystem. Angeblich sitzt Linux-Distributor Ubuntu mit im Boot.

Die Gerüchteküche brodelt: Nachdem bereits im Frühjahr dieses Jahres darüber spekuliert worden war, Oracle könnte sich einen Linux-Distributor einverleiben, gibt es nun neue Anzeichen für eine Open-Source-Annäherung. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass Oracle bis Ende des Monats eine Reihe vorkonfigurierter Lösungen auf Linux-Basis ankündigen wird. Grundlage soll die Distribution des europäischen Linux-Anbieters Ubuntu sein. Weder Oracle noch Ubuntu wollten bislang zu den Gerüchten Stellung beziehen.

"Wir haben gehört, dass Ubuntu derzeit daran arbeitet, seine kürzlich vorgestellte Server-Version für alle wichtigen Oracle-Produkte zu zertifizieren, inklusive Datenbank und Middleware", berichtet Katherine Egbert, Analystin von Jefferies & Company. Der europäische Linux-Anbieter hatte im Mai diese Jahres eine Server-Variante seines Systems auf den Markt gebracht. Oracles Pläne könnten eine Reaktion auf die gescheiterten Bemühungen sein, enger mit Red hat zu kooperieren, meint die Expertin (siehe auch: Oracle greift Red Hat frontal an).

Branchenbeobachtern zufolge könnte eine Kooperation für beide Seiten fruchtbar sein. Ubuntu hätte mit der Unterstützung Oracles im Rücken bessere Chancen, sein Linux-System im Rechenezentrumsumfeld zu platzieren. Oracle wiederum könnte mit günstigen vorgefertigten Linux-Paketen vor allem kleine und mittelständische Kunden ansprechen. Gerade weil diese Kunden über meist geringe eigene IT-Ressourcen verfügten, seien bei dieser Klientel einfach zu installierende und zu wartende Pakete sehr gefragt, meint Stuart Williams, Senior Analyst von Technology Business Research.

Oracles Linux-Ambitionen sind nichts Neues. Im Februar 2006 hatte der Hersteller Sleepycat übernommen, den Anbieter einer Open-Source-Datenbank (siehe auch: Oracle übernimmt Sleepycat). In der Folge wurde darüber spekuliert, Oracle könnte auch Jboss, Anbieter eines quelloffenen Application Server, schlucken (siehe auch: Oracle wildert im Open-Source-Revier). Dabei war allerdings Red Hat schneller. Der Linux-Distributor schnappte sich Jboss im April dieses Jahres (siehe auch: Jboss geht unter dem Dach von Red hat in die Offensive). Oracle-Chef Lawrence Ellison ließ sich davon jedoch nicht irritieren. Im Gegenteil: Mit selbst gestreuten Informationen fachte er die Diskussionen um Oracles Linux-Strategie weiter an. "Ich hätte gerne den kompletten Software-Stack", sagte er der "Financial Times". Ellison zufolge hätten die Kunden großes Interesse daran, sämtliche Software aus einer Hand zu bekommen, vom Betriebssystem über die Datenbank und Middleware bis hin zu den Applikationen (siehe auch: Anwender begrüßen die Linux-Visionen von Oracle).

Wie künftig eine Zusammenarbeit zwischen Ubuntu und Oracle aussehen könnte, bleibt offen. Egbert glaubt jedoch nicht, dass Oracle das Linux-System separat anbieten wird. Auch von einer Übernahme geht sie vorerst nicht aus. Vielmehr sei zu erwarten, dass der Datenbankanbieter vorkonfigurierte Pakete auf Linux-Basis auf den Markt bringen wird. Die Analystin rechnet mit dedizierten Hardware-Appliances, die je nach Anforderung mit einem bestimmten Software-Stack ausgeliefert werden. Entsprechende Ankündigungen könnten schon auf der Oracle-Konferenz "Open World" (22. bis 26. Oktober in San Francisco) in wenigen Tagen folgen. (ba)