Mehr Überwachung gefordert

Geldwäscher gehen immer geschickter vor

19.09.2011
Geldwäscher werden immer dreister - und suchen zunehmend Komplizen im Internet. Denn dort lassen sich die Spuren kaum verfolgen. Einen neuen Höchststand erreicht die Zahl der Geldwäsche-Verdachtsfälle.

Geldwäscher verwischen ihre Spuren immer geschickter. Anonyme Zahlungen über Internet oder Mobiltelefon hinterließen keine Papierspur mehr, sagte der Exekutivdirektor der Bankenaufsicht Bafin, Michael Sell, am Freitag in Wiesbaden. Das Bundeskriminalamt (BKA) verzeichnete im vergangenen Jahr fast ein Viertel mehr Verdachtsmeldungen auf Geldwäsche. 11.000 Meldungen gingen laut Bericht von Bafin und BKA ein.

Bei jeder zweiten Meldung habe sich später der Verdacht auf eine Straftat erhärtet, meist ging es um Betrug, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke. "Geldwäsche zielt darauf, illegal erworbene Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf zu bringen." Das Internet spiele dabei eine immer größere Rolle.

Im vergangenen Jahr seien vermehrt Fälle des Abschöpfens von Kontodaten im Internet (Phishing) aufgetreten, ebenso betrügerische Auktionen im Internet. Die Täter machten immer mehr an sich ahnungslose Konteninhabern zu Komplizen, um die illegal abgehobenen Gelder weiterzuschleusen. "Als Belohnung winkt eine Provision zwischen 5 und 20 Prozent", sagte Ziercke. Oft kassierten die Täter das weitergeleitete Geld nicht direkt bar ab, sondern schalteten einen weiteren Finanzagenten ein, um die Spur noch sicherer zu verwischen.

Der BKA-Chef warnte ausdrücklich davor, sein Konto auf diese Weise missbrauchen zu lassen. "Sie haben als Finanzagent auf die Dauer keine Chance", sagte auch Bafin-Direktor Sell. Dem Jahresbericht zur Geldwäsche zufolge ginge es bei jeder vierten Verdachtsmeldung um solche Finanzagenten. Das sei eine Steigerung um 39 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Oft wird illegales Geld bar oder vom Konto in sogenanntes E-Geld umgewandelt; dies funktioniert wie die Prepaid-Aufladung von Handys. Ein Komplize im Ausland muss nur noch die Codenummer bekommen, um die Summe seiner Geldkarte gutzuschreiben. "Die Spur verliert sich an den Stellen, an denen das Geld vom Konto auf das E-Geld übergeht", sagte Sell. Deshalb sollte sich jeder Käufer von E-Geld ausweisen müssen.

Prepaid-Branche läuft Sturm

Sell verteidigte einen entsprechenden Gesetzentwurf, gegen den die junge Branche der Prepaid-Zahlungsprodukte aber Sturm läuft. Ihre Lobbyorganisation Prepaid-Forum befürchtet das wirtschaftliche Aus für diese Art des Zahlungsverkehrs.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Peter Schaar, kritisierte ebenfalls die Pläne der Bundesregierung, Möglichkeiten zum anonymen Erwerb von elektronischem Geld generell abzuschaffen. Mit flächendeckender und systematischer Überwachung sämtlicher Zahlungsgeschäfte ließen sich Geldwäsche oder die Finanzierung terroristischer Straftaten nicht verhindern.

Neuregelungen im Geldwäschegesetz sehen seinen Angaben zufolge vor, beim Vertrieb von elektronischem Geld, etwa in Form von Prepaid-Karten, Name, Geburtsdatum und Anschrift der Kunden unabhängig vom Wert der Karte zur Identifizierung zu erheben. "Damit müsste jede Tankstelle, die eine 5-Euro-Prepaid-Karte verkauft, Kundendaten erheben und für mindestens fünf Jahre vorhalten", kritisierte Schaar. "Wenn man diesen Ansatz weiterdenkt, müsste demnächst auch der Gebrauch von Bargeld registriert werden."

Die BaFin werde künftig noch stärker prüfen, ob deutsche Banken ihrer Sorgfaltspflicht bei politisch hochgestellten Auslandskunden nachkommen, sagte Sell. Zu diesen etwa 500.000 auf Listen erfassten Personen zählen Staatschefs, Minister, Militärs und deren Verwandtschaft. Wenn etwa der Neffe eines afrikanischen Herrschers auffällige Geldeingänge auf seinem Konto habe, müsse das geprüft werden, sagte Sell. Bei einem Prozent der Geldwäschemeldungen gebe es mögliche Verbindungen zu Terroristen, sagte Ziercke. (dpa/ajf)