Gebrauchte Software - mehr Interesse, aber auch mehr Risiko?

07.08.2006
Vor allem rechtliche Risiken behindern das Geschäft mit Second-Hand-Lizenzen. Nach Einschätzung der Marktforscher der Experton Group werden bislang lediglich zehn Prozent des potenziell möglichen Marktvolumens tatsächlich realisiert.

Angesichts weiter rückläufiger IT-Budgets liebäugeln Anwender verstärkt mit dem Kauf gebrauchter Softwarelizenzen. Allerdings sei die rechtliche Seite dieser Vermögenswerte nach wie vor umstritten und damit auch die entsprechenden Transaktionen potenziell risikobehaftet, so die Einschätzung der Experton Group. Dieses Spannungsfeld sei dafür verantwortlich, dass der Markt nur schleppend in Gang komme. Die Marktforscher taxieren das mögliche Geschäft mit Gebrauchtlizenzen in Deutschland auf 400 Millionen Euro im Jahr. Aktuell würden jedoch weniger als zehn Prozent davon umgesetzt.

"Durch den Kauf oder den Verkauf von gebrauchter Software können Anwenderunternehmen das ohnehin knappe Budget der IT-Abteilungen entlasten beziehungsweise aufstocken", glaubt Axel Oppermann, Advisor der Experton Group. Allerdings müssten die interessierten Firmen genauso potenzielle Risiken mit bewerten. Vor allem individuelle Einschränkungen in den Lizenzverträgen müssten beachtet werden, da ein Verstoß gegen das Urheberrecht drastische Konsequenzen nach sich ziehen könne und strafrechtlich verfolgt werde. Außerdem müsse der organisatorische Aufwand im Rahmen des Beschaffungs-Managements mit kalkuliert werden.

Derzeit fehle dem Second-Hand-Markt noch die kritische Masse, mutmaßt Oppermann. Akzeptanz und Erfolg des Geschäftsmodells gebrauchter Software sei davon abhängig, dass alle Marktteilnehmer die Zahl der Beteiligten als annehmbar groß einschätzten. Darüber hinaus sei eine transparente und marktgerechte Preisfindung erforderlich, um den Markt weiter anzutreiben. Außerdem müssten die Lizenzhändler Kooperationen mit Unternehmen aus dem Bereich Software-Lizenz-Management und mit den Softwareherstellern als Anbietern von Wartungsverträgen suchen. Damit lasse sich ein Mehrwert und zusätzliche Sicherheit für die Kunden schaffen.

Von diesen Kooperationen scheint der Markt allerdings noch weit entfernt. Das Verhältnis von Softwareherstellern und Second-Hand-Händlern ist eher von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Meist treffen sich beide Parteien vor dem Richter (siehe auch: Oracle punktet gegen Lizenzhändler). Aktuell stehen sich der Münchner Lizenzhändler Usedsoft und Oracle in der Gerichtsarena gegenüber. Der Datenbankspezialist wirft dem Softwarehändler vor, widerrechtlich Nutzungsrechte verkauft und damit gegen das Urheberrecht verstoßen zu haben. Die Usedsoft-Verantwortlichen pochen dagegen auf den Erschöpfungsgrundsatz, wonach sich mit dem Verkauf einer Software auch die Rechte des Urhebers erschöpfen.

Aktuell führt Oracle nach Punkten. Eine einstweilige Verfügung des Landgerichts München, wonach Usedsoft keine online vertriebenen Oracle-Lizenzen weiter veräußern darf, wurde erst kürzlich vom Oberlandesgericht München bestätigt. Das Hauptsacheverfahren ist jedoch noch anhängig. Peter Schneider, Geschäftsführer von Usedsoft, will notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Oppermann von der Experton Group kann diesen Streitigkeiten jedoch auch etwas Positives abgewinnen. "Spätestens mit Entscheidungen in anhängigen Gerichtsverfahren könnte der Markt an Dynamik gewinnen", prognostiziert er. Allerdings könnte Rechtssicherheit den Markt auch in einer ganz anderen Hinsicht beeinflussen. "Die andere Alternative ist natürlich, dass nach negativen juristischen Entscheidungen und Änderungen der Lizenzbedingungen durch die Softwareanbieter dieses Segment wieder vollkommen verschwindet." (ba)