GAD-Chef Anno Lederer im Gespräch

GAD: "Fusion nicht um jeden Preis"

02.05.2008
Im Januar 2008 zog Fiducia-Chef Michael Krings im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE erneut eine Fusion mit dem zweiten genossenschaftlich IT-Dienstleister GAD in Betracht. Nun antwortet GAD-Vorstandssprecher Anno Lederer im Gespräch mit CW-Redakteur Joachim Hackmann.
Foto: GAD

CW: Schon vor ein paar Jahren wollten die Fiducia und die GAD fusionieren. Im Frühjahr 2006 wurden die Verhandlungen überraschend gestoppt. Warum?

Lederer: Auch nach jetzt fast zwei Jahren werde ich gelegentlich immer noch auf dieses Thema angesprochen. Hintergrund war, dass ein bis zu dem damaligen Zeitpunkt gemeinsam erarbeitetes Rahmenkonzept für einen Zusammenschluss der Unternehmen final nicht die uneingeschränkte Zustimmung des Aufsichtsrats der Fiducia erhalten hatte. Darauf hin wurden die Gespräche seitens des Aufsichtsrats der GAD unterbrochen.

CW: Was hat dem Fiducia-Gremium missfallen?

Lederer: Da müssen Sie eigentlich die Kollegen der Fiducia befragen. Die Vorschläge zur grundsätzlichen Ausrichtung der zukünftigen Unternehmensgruppe mit einer zu gründenden Steuerungsgesellschaft am Standort Frankfurt am Main sowie zur anzustrebenden Parität bei der Gremienzusammensetzung waren in Frage gestellt worden. Insbesondere die Idee eines gemeinsamen Managements in einer Steuerungsgesellschaft sollte die Grundlage schaffen, eine gemeinsame Verantwortung für die mittel- bis langfristige Zusammenführung von unterschiedlichen IT-Lösungen zu verankern.

GAD und Fiducia haben jeweils ein eigenes Kernbankensystem. Der Schlüssel für Einsparpotenziale liegt in einem gemeinsamen System. Das lässt sich jedoch nur umsetzen, wenn die beiden Vorstandsgremien in ein gemeinsames Management-Board eintreten.

Das damals gemeinsam erarbeitet Konzept wurde von unserem Aufsichtsrat bestätigt. Der Fiducia-Aufsichtsrat hat an zwei entscheidenden Stellen Nachverhandlungen gefordert.

Krings und Lederer zur Fusion
Anno Lederer, GAD: Banken scheuen das Risiko einer Fusion
Wir haben eine Verantwortung für die Mitglieder und Kunden der GAD, aber auch für die Weitergestaltung der genossenschaftlichen IT. Ich verfolge den Konsolidierungsprozess seit 30 Jahren. Es gab einstmals elf Rechenzentralen, heute sind es zwei. Dass der letzte Schritt der schwierigste ist, war mir klar. Wir haben in den vergangenen Jahren viele Initiativen unternommen, die Zusammenarbeit zu intensivieren und den Prozess anzustoßen. Das werden wir auch weiterhin tun. Die Banken sehen die Vorteile einer Fusion auch, wollen aber auf gar keinen Fall ein Betriebsrisiko eingehen. Sie wollen Wirtschaftlichkeit und Unterstützung. GAD und Fiducia stehen bei einem Zusammenschluss zudem in der Pflicht, die in Aussicht gestellten Einsparungen tatsächlich zu erzielen.
Michael Krings, Fiducia: Die Fusion ist aus Effizienzgründen wichtig
Die Fusion ist aus Kosten- und Effizienzgründen notwendig. Wir machen und haben heute alles doppelt, etwa den Rechenzentrumsbetrieb und die Entwicklung. Wir könnten erhebliche Synergien schaffen und zu deutlich geringeren Kosten arbeiten. Außerdem wären wir in der Entwicklung neuer Anwendungen schneller, wenn wir die vorhandenen Mitarbeiter auf ein Bankverfahren konzentrieren könnten. Mit zunehmender Größe hätten wir auch einen besseren Stand gegenüber Lieferanten. Ferner haben die letzten zwei IT-Dienstleister der Sparkassen ihre Fusion beschlossen und uns gegenüber damit Skalenvorteile.
Anno Lederer, GAD: Es gibt enormes Synergiepotenzial
Die GAD hat in den letzten Jahren seit dem Zusammenschluss mit der GRZ von 2001 kumuliert etwa 280 Millionen Euro im Bereich des Umsatzes mit ihren Banken an Synergiepotenzial gehoben. Das war möglich - und das ist der entscheidende Punkt -, weil beide Unternehmen bereits seit Mitte der 90er Jahre gemeinsam das Bankenverfahren BB3 betrieben haben, so dass Migrationsaufwendungen für Banken zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses beider Häuser nicht mehr anfielen. Wichtig für das Heben von weiteren Synergien wird es vor allem sein, wie die verschiedenen IT-Lösungen bank21 und agree sinnvoll und in Stufen zusammengeführt werden können. Am langen Ende und bei einer wohlüberlegten und risikoorientierten Vorgehensweise kann ich mir vorstellen, dass ein dreistelliger Millionenbetrag an Synergiepotenzial pro Jahr realistisch ist.
Michael Krings, Fiducia: Eine Kooperation mit den Sparkassen-Dienstleister ist denkbar
Es gibt ein sehr erfolgreiches Beispiel einer Kooperation zwischen genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Banken: Das ist die dwp Bank. Sie betreibt die Wertpapierabwicklung für die beteiligten Finanzinstitute und konnte auch Privatbanken als Kunden gewinnen. Warum sollte etwas Ähnliches nicht auch in anderen Segmenten vorstellbar sein?
Anno Lederer, GAD: Wir brauchen ein gemeinsames System
Die Vorschläge zur grundsätzlichen Ausrichtung der zukünftigen Unternehmensgruppe mit einer zu gründenden Steuerungsgesellschaft am Standort Frankfurt am Main sowie zur anzustrebenden Parität bei der Gremienzusammensetzung waren in Frage gestellt worden. Insbesondere die Idee eines gemeinsamen Managements in einer Steuerungsgesellschaft sollte die Grundlage schaffen, eine gemeinsame Verantwortung für die mittel- bis langfristige Zusammenführung von unterschiedlichen IT-Lösungen zu verankern. GAD und Fiducia haben jeweils ein eigenes Kernbankensystem. Der Schlüssel für Einsparpotenziale liegt in einem gemeinsamen System. Das lässt sich jedoch nur umsetzen, wenn die beiden Vorstandsgremien in ein gemeinsames Management-Board eintreten.
Michael Krings, Fiducia: Ich halte nichts von strategischen Fusionen
Im Detail bestanden sehr unterschiedliche Auffassungen. Ich halte nichts von so genannten strategischen Zusammenschlüssen. Die Fusion muss Spareffekte bringen, geringere Betriebskosten, bessere Marktunterstützung oder eine schnellere und effizientere Softwareentwicklung. Der Dreh- und Angelpunkt ist das Bankverfahren. Ich halte den Zusammenschluss nicht nur für sinnvoll, sondern sogar für notwendig, nicht zuletzt wegen der Situation der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die Fiducia möchte die Fusion, und ich bin sicher, dass es wieder Gespräche geben wird.

CW: Die Zweifel an der Parität sind verständlich, denn sie begünstigt die GAD. Immerhin ist die Fiducia annähernd doppelt so groß, was Umsatz, Kunden und Mitarbeiter betrifft.

Lederer: Flächenmäßig sind die betreuten Gebiete etwa gleich groß. Die Kunden der GAD haben jeweils ein deutlich größeres Geschäftsgebiet. Im Süden, wo die Fiducia die IT-Versorgung verantwortet, gab es unter den Banken bislang noch keine so intensive Konsolidierung wie im Norden. Geht man von der addierten Bilanzsumme aus, beläuft sich das Verhältnis auf ungefähr 60 zu 40 zugunsten der von der Ficudia betreuten Banken.

Allerdings war es der Ansatz der ersten Sondierungsgespräche, dass die Größe eines Unternehmens und die Anzahl der betreuten Banken nicht ausschlaggebend dafür sein kann, welches gemeinsame Kernbankensystem weitergeführt wird.

Anno Lederer, GAD: Ich könnte mir vorstellen, dass man sich auf einen Prozess verständigt, die guten Frontends beider Häuser miteinander zu verbinden, und das bessere der beiden Backends als Basis definiert.
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CW: Der Vorwurf der Fiducia nach den gescheiterten Fusions-Gespräche im Jahr 2006 lautete: Die GAD bewegt sich nicht in Fragen der Standorte, Mitarbeiter und Verfahren. Sie möchte alles bewahren.

Lederer: Um den Fusionsprozess durchgehend partnerschaftlich zu gestalten, haben wir akzeptiert, dass die Fiducia mit zwei Standorten und wir mit einem Standort aus dem Zusammenschluss hervorgehen. Eine Dachgesellschaft sollte aber an einem neutralen Standort entstehen, um deutlich zu zeigen, dass kein Partner bevorzugt behandelt wird. Die ganze Banken- und IT-Szene hat ihren Schwerpunkt in Frankfurt, daher erschien es uns logisch, dort die Dachgesellschaft zu gründen. Die beiden Tochtergesellschaften Fiducia und GAD hätten wir noch drei Jahre weitergeführt. Das war ein gemeinsam entwickeltes Konzept immer mit dem Gedanken: Wir schaffen die Zusammenführung der Verfahren nicht mit zwei getrennten Unternehmen.

CW: Die ungeklärte Frage nach dem Kernbankensystem ist der Schlüssel zur Fusion. Fiducia und GAD haben jeweils unter erheblichem finanziellem Aufwand ihre Lösungen "Agree" und "Bank21" weiterentwickelt. Lassen sich beide Lösungen zusammenführen?

Lederer: Ich meine ja! Die Bankenlösung besteht jeweils aus einem zentralen Core-Banking-System sowie den dezentralen Anwendungen, die an das Backend angeflanscht werden. Ich könnte mir vorstellen, dass man sich auf einen Prozess verständigt, die guten Frontends beider Häuser miteinander zu verbinden, und das bessere der beiden Backends als Basis definiert.

CW: Die Frage ist doch: Welche Backend-Lösung ist besser? Wer muss die Investitionen abschreiben?

Lederer: Eine mögliche Idee ist, beide Lösungen zusammenzuführen. Das ist sicher nicht trivial. Aber es ist ein Ansatz von vielen.

CW: Die GAD hat gerade 450 Institute auf Bank21 und die Fiducia mehr als 800 Banken auf Agree migriert. Sie können Ihren Kunden kein weiteres Umstellungsprojekt zumuten.

Lederer: Das ist ein Problem. Dennoch: Größe ist kein Kriterium. Gleichwohl ist die Anzahl der Anwender ein wichtiger Punkt. In einer genossenschaftlichen Verbundorganisation müssen wir einen vernünftigen Weg finden, die eventuell entstehenden Migrationslasten gerecht zu verteilen. Unsere Banken haben bereits enorme Aufwendungen auf sich genommen, als sie von vielen unterschiedlichen Systemen auf "BB3", den Vorläufer von Bank21, migrierten. Das liegt bereits ein paar Jahre zurück - unser Vorteil.

Dennoch sind wir offen für partnerschaftliche, faire Gespräche, wollen aber keine Fusion um jeden Preis. In eine Diskussion mit der Vorgabe, der Größere schluckt den Kleineren, steigen wir nicht ein.

Unsere Situation ist nicht vergleichbar mit der im Sparkassen-Sektor. Die Finanz IT suchte ein neues Kernbankensystem und wird wohl mit der Sparkassen Informatik fusionieren und deren Lösung übernehmen. Herr Krings und ich wissen beide, dass es ein solches Vorgehen in unserem Segment nicht geben kann.

Anno Lederer: Ich kann mir vorstellen, dass ein dreistelliger Millionenbetrag an Synergiepotenzial pro Jahr realistisch ist. Ich sage allerdings ganz klar: Eine Fusion um jeden Preis wird es nicht geben.
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CW: Gibt es derzeit wieder Fusionsgespräche mit der Fiducia?

Lederer: Nein. Wir kooperieren seit 20 Jahren im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft genossenschaftlicher IT-Dienstleister. Die bestand einmal aus elf regionalen Rechenzentralen, heute gibt es mit der Fiducia und der GAD noch zwei. Hier reden wir miteinander und betreiben gemeinsame Projekte.

CW: Drängen die Gesellschafter, also die genossenschaftlichen Banken, auf einen Zusammenschluss?

Lederer: Der Druck kommt über die Kosten. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Zusammenschluss Kosten reduziert. Alle bisherigen Fusionen auf der GAD- wie auf der Fiducia-Seite haben Synergien gehoben.

CW: Welche Einsparungen sind durch eine Fusion möglich?

Lederer: Interessant ist hier, dass über die Presse Zahlen von 200 Millionen Euro pro Jahr genannt werden. Ich kann nicht nachvollziehen, wie solche Angaben zustande kommen. Die GAD hat in den letzten Jahren seit dem Zusammenschluss mit der GRZ von 2001 kumuliert etwa 280 Millionen Euro im Bereich des Umsatzes mit ihren Banken an Synergiepotenzial gehoben. Das war möglich - und das ist der entscheidende Punkt -, weil beide Unternehmen bereits seit Mitte der 90er Jahre gemeinsam das Bankenverfahren BB3 betrieben haben, so dass Migrationsaufwendungen für Banken zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses beider Häuser nicht mehr anfielen.

Wichtig für das Heben von weiteren Synergien wird es vor allem sein, wie die verschiedenen IT-Lösungen bank21 und agree sinnvoll und in Stufen zusammengeführt werden können. Am langen Ende und bei einer wohlüberlegten und risikoorientierten Vorgehensweise kann ich mir vorstellen, dass ein dreistelliger Millionenbetrag an Synergiepotenzial pro Jahr realistisch ist. Ich sage allerdings ganz klar: Eine Fusion um jeden Preis wird es nicht geben.

CW: Der Betrieb von Rechenzentren ist heute schon stark automatisiert, und dieser Trend wird sich fortsetzen. Banken werden IT künftig einkaufen wie Strom. Sind nach einem möglichen Zusammenschluss die enormen heutigen Kapazitäten noch erforderlich?

Lederer: Wie sehen uns als Datenverarbeitungsversorger, analog zum Energieversorger. Nur gibt es Grenzen der Konzentration und Konsolidierung. Die haben wir in den früheren Gesprächen mit der Fiducia schon abgesteckt. Der Standort Münster wird - auch aus Gründen der globalen Risikooptimierung - bei einem Zusammenschluss immer erhalten bleiben, sowohl was Entwicklung als auch Produktion betrifft. Am Ende des Weges wird man zwei identische Produktionsstandorte mit jeweiligen Backup-Funktionen haben.

CW: Wieso wird man zwei Entwicklungsstandorte benötigen?

Lederer: Es wird übergreifende Projekte geben, da das Know-how verteilt ist. Darüber hinaus positionieren sich bereits heute beide genossenschaftlichen IT-Dienstleister als Partner für die genossenschaftlichen Zentralbanken und Verbundunternehmen. Die GAD verfügt in diesem Umfeld über sehr viel Know-how. Ich bin davon überzeugt, dass in diesem Bereich noch sehr viel Potenzial vorhanden ist. Entscheidend ist nicht, wo die Entwickler sitzen, sondern wie hoch der Bedarf an Entwicklungskapazität ist. Das Gleiche gilt für die Produktionsstandorte. Für die GAD kann ich sagen: Wir haben auf das Maß reduziert, das wir benötigen.

Anno Lederer: Seit dem Stopp der Sondierungsgespräche hat sich eine etwas neue Ausrichtung eingestellt, plötzlich treffen wir in Bereichen als Wettbewerber für Aufträge aufeinander, die in der Vergangenheit je nach Kompetenz verteilt wurden.
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CW: Obwohl beide Partner die Fusion wollen, klingen die Positionen von Fiducia und GAD heute sehr unversöhnlich.

Lederer: Nein, unversöhnlich ist das Verhältnis nicht. Klar ist aber auch, dass wir nicht jedes Jahr Sondierungsgespräche führen können. Das beunruhigt die Banken und die Mitarbeiter. Deshalb haben wir für unser Haus festgelegt, frühestens im Frühjahr 2009 wieder Sondierungsgespräche auf der Basis der seinerzeit erarbeiteten Eckpunkte aufzunehmen.

CW: Dann wären drei Jahre seit den letzten Gesprächen verstrichen. In dieser Zeit wurden die Positionen durch Migrationsprojekte verfestigt, so dass ein Zusammenschluss noch schwerer fällt.

Lederer: Nichtsdestotrotz haben wir eine Verantwortung für die Mitglieder und Kunden der GAD, aber auch für die Weitergestaltung der genossenschaftlichen IT. Ich verfolge den Konsolidierungsprozess seit 30 Jahren. Es gab einstmals elf Rechenzentralen, heute sind es zwei. Dass der letzte Schritt der schwierigste ist, war mir klar. Die GAD verfolgt keine starre Position. Wir haben in den vergangenen Jahren viele Initiativen unternommen, die Zusammenarbeit zu intensivieren und den Prozess anzustoßen. Das werden wir auch weiterhin tun.

CW: Herr Krings hat sich in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE im Januar 2008 ähnlich geäußert.

Lederer: Wir verstehen uns auch sehr gut. Wir haben beide einen Auftrag und eine schwere Verantwortung zu tragen. Nur bin ich zum Teil irritiert, wenn bestehende Prozesse der Zusammenarbeit plötzlich in Frage gestellt werden. Es gab in der Arbeitsgemeinschaft der genossenschaftlichen Rechenzentralen die Übereinkunft, wonach anstehende Aufgaben je nach Kompetenz verteilt werden. Durch den Stopp der Sondierungsgespräche hat sich eine etwas neue Ausrichtung eingestellt, plötzlich treffen wir in Bereichen als Wettbewerber für Aufträge aufeinander, die in der Vergangenheit je nach Kompetenz verteilt wurden.

CW: Rennt Ihnen die Zeit davon?

Lederer: Nein, wir haben klare Prioritäten gesetzt. Beispielsweise werden wir mit unseren IT-Lösungen kurzfristig die Prozesse der Banken optimieren und insbesondere ihre Vertriebskraft stärken. Aber wie gesagt, der letzte Schritt ist der schwierigste. Die Banken sehen die Vorteile einer Fusion auch, wollen aber auf gar keinen Fall ein Betriebsrisiko eingehen. Und sie wollen in der Fusionsphase keinen Bruch in ihren Vorhaben, die Prozesskosten weiter zu optimieren. GAD und Fiducia stehen bei einem Zusammenschluss zudem in der Pflicht, die in Aussicht gestellten Einsparungen tatsächlich zu erzielen.

Auch die Banken wollen die Fusion nicht um jeden Preis. Sie wollen Wirtschaftlichkeit und Unterstützung. Der Preis für eine Einheit darf nicht größer sein als die derzeitige Doppelbelastung in der Entwicklung. Ein Fusions- und Migrationsprozess dauert drei bis fünf Jahre, in der Zeit liegen viele andere Aufgaben brach.

Würden wir im Frühjahr 2009 die Gespräche beginnen, könnten wir im darauf folgenden Jahr den Beschluss rückwirkend fassen. Offizieller Start des gemeinsamen Unternehmens wäre der 1. Januar 2010. Dann könnten wir in Details einsteigen, ob wir beispielsweise zunächst einzelne Sparten auf eine gemeinsame Plattform migrieren oder einen Big-Bang-Ansatz zur Einführung des gemeinsamen Kernbankensystems verfolgen.

CW: Die Situation scheint verfahren. Ist eine Fusion mit einem Sparkassen-Dienstleister oder einem anderen IT-Dienstleister denkbar?

Lederer: Theoretisch denkbar ist Vieles. Es gibt und gab auch gemeinsame Projekte mit den Sparkassen-Organisationen. Ich halte eine Fusion über die Grenzen der Bankenlandschaft hinaus für ausgeschlossen, so lange beide Segmente nicht vollständig konsolidiert wurden. Die Schrittfolge ist damit klar.

CW: Bei dem ganzen Hickhack könnten die Gremien natürlich die Frage stellen: Wir sind Banken, wozu brauchen wir eine eigene IT-Organisation? Warum versilbern wir GAD und Fiducia nicht einfach und verkaufen?

Lederer: Erfolgreiches Bankgeschäft ist ohne IT nicht denkbar.

CW: Die kann ein externer Provider liefern.

Lederer: Man sollte den Charme dieser Konstruktion im Auge behalten. Das besondere Asset in unserer Organisation ist, dass unsere Kunden gleichzeitig unsere Eigentümer sind. Damit bestimmen die Volks- und Raiffeisenbanken durch ihre Vertreter in unseren Gremien direkt die Ausrichtung und die Prioriäten der IT-Unterstützung.

Vieles dieser Einflussmöglichkeiten ginge verloren, wenn die IT nicht mehr im Eigentum der VR-Banken wäre. Und die Banken haben ganz und gar nicht das Gefühl, dass sie schlecht betreut werden. Es gibt also keine Notwendigkeit, GAD und Fiducia zu verkaufen. Auch die SAP-Standardsoftware für die Bankenbranche ist keine Alternative. Die SAP-Lösung deckt bei weitem nicht die erforderlichen Funktionen einer Bank ab. Fiducia und GAD haben hier einen enormen Vorsprung.

CW: Wie sieht die Landschaft der IT-Dienstleister für Banken in fünf Jahren aus?

Lederer: Ich kann keine Prognose darüber abgeben, ob Fiducia und GAD dann schon ein Unternehmen sind. Der Konsolidierungsprozess wird einerseits deutlich vorangeschritten sein, andererseits werden sich die Dienstleistungsangebote ausweiten und verändern. Hier liegen interessante Perspektiven und Potenziale für den genossenschaftlichen Bereich.

In den nächsten fünf bis zehn Jahren sind auch Gespräche über den genossenschaftlichen Bankensektor, also mit der Sparkassen Informatik, denkbar. Allerdings werden wir innerhalb unserer Gruppe auf dem Fusionsweg deutlich weiter sein.

GAD: Bankendienstleister im Norden

Die Gesellschaft für automatische Datenverarbeitung (GAD) wurde Ende 1963 als Rechenzentrumsbetreiber für die Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken in Westfalen gegründet. Sie betreut heute rund 470 Volks- und Raiffeisenbanken in Nord- und Westdeutschland vom Standort und Hauptsitz in Münster aus. Dort betreibt die GAD zwei Rechenzentren. Der Umsatz belief sich im Jahr 2007 auf 350 Millionen Euro, die gesamte Unternehmensgruppe nahm 560 Millionen Euro ein. Zum Konzern zählen Tochtergesellschaften wie Ratiodata (technische Services wie etwa Rollout) und Elaxy (Bankenapplikationen etwa zur Vertriebssteuerung) sowie Beteiligungen an Anbietern wie VR Bankenservice (Geschäftsprozess-Outsourcing) und Giropay (Internet-Bezahldienst). Die GAD positioniert sich als Full-Service-Provider für Genossenschaftsbanken. Die Institute sind frei in der Wahl des Providers. Sie sind jedoch nicht nur Kunde des IT-Dienstleisters, sondern auch Eigentümer, so dass die Bande zur GAD traditionell sehr eng geknüpft sind. Vertreter der Banken stellen den Aufsichtsrat der GAD.

Basis der Geschäftstätigkeit ist das Kernbankensystem "Bank21". Die Lösung hat die GAD Anfang der 90iger Jahre zusammen mit der GRZ aus Hannover unter der Bezeichnung "BB3" als Großrechnerapplikation entwickelt. Bank21 ist laut GAD die evolutionäre Weiterentwicklung von BB3. Erst im September 2007 hat der Anbieter das eigenen Angaben zufolge größte Projekt seiner Geschichte abgeschlossen, in dessen Verlauf 461 Banken auf die neue Applikation umgestellt wurden. Neben Volks- und Raiffeisenbanken nutzen auch 23 Privatbanken die Applikationen. Das Drittmarktgeschäft verbessert die Auslastung, hat für die GAD aber keine strategische Bedeutung.

Die größte Herausforderung, der sich die GAD stellen muss, ist die Fusion mit der Fiducia, ihrem süddeutschen Pendant. Im Jahr 2005 haben beide Unternehmen Verhandlungen über einen Zusammenschluss geführt, die im März 2006 abgebrochen wurden. Während der GAD-Aufsichtsrat dem gemeinsam erstellten Fusionsfahrplan zustimmte, verlangte das Gremium der Fiducia Nachverhandlungen hinsichtlich der vereinbarten Parität und der geplanten Dachgesellschaft mit Sitz in Frankfurt am Main.

Die Aufgabe, den Zusammenschluss zu meistern, ist in der Zwischenzeit nicht einfacher geworden, weil sowohl die Fiducia mit "Agree" als auch die GAD mit "Bank21" über ein vollwertiges Kernbankensystem verfügen. Ein sinnvoll fusionierter Anbieter benötigt jedoch nur ein Kernbankensystem. Das ist ein großes Problem, denn auch die Fiducia hat kürzlich ein umfangreiches Migrationsprojekt zur Einführung von Agree in 840 Banken abgeschlossen. Weder Fiducia noch GAD können den Banken ein weiteres großes Veränderungsprojekt aufbürden. Außerdem haben beide IT-Dienstleister viel Geld in die Weiterentwicklung der eigene Software gesteckt. Einer muss die Investition abschreiben.

Gescheitert ist der erste Fusionsversuch aber auch an der paritätischen Besetzung der Gremien. Die Fiducia pocht auf mehr Einfluss, weil sie deutlich größer ist. Die GAD fordert Gleichbehandlung, weil sie sich in ihren Konsolidierungsbemühungen weiter als der designierte Partner wähnt.