Working Capital Maturität

Fünf Schritte zur Cashflow-Optimierung

30.11.2015 von Paul Moody
Konsequentes Management von Cashflow und Umlaufvermögen darf nicht nur in Krisen betrieben werden. Es muss im Unternehmen nachhaltig verankert sein.

Was erfolgreiche Unternehmen auszeichnet, kann am bestem mit einer Allegorie aus dem Spitzensport beschrieben werden. Wie im Hochleistungssport ist für den Unterschied zwischen den Besten und dem Rest nicht nur ein Faktor verantwortlich, sondern die Summe einer Vielzahl von Details, die das Spitzenunternehmen besonders gut realisiert. Im Klartext: Oft geht es nicht darum, wesentliche Änderungen oder Weichenstellungen durchzuführen, es geht - wie im Spitzensport - stattdessen oft um Adjustierungen und Feintuning. Aber dieses Feintuning setzt analytische Selbstkritik und Konsequenz voraus.

Working Capital Management ist immer ein Work in Progress.
Foto: Thomas Weissenfels, Fotolia.com

Denkweisen müssen verändert werden

Die Working Capital Untersuchung 2015 von REL, in der 1.000 europäische Großunternehmen auf ihre Performance in Sachen Umlaufvermögen untersucht wurden, hat klar gezeigt, dass lediglich drei Prozent der Unternehmen es geschafft haben, ihre Kapitalbindungsdauer über die letzten fünf Jahre kontinuierlich zu verbessern.

Die parallel dazu durchgeführte US-Studie hat für die nordamerikanischen Großunternehmen weitgehend das gleiche Ergebnis gezeigt. Einer der Gründe: Wie so oft in Fragen der Nachhaltigkeit rückt das Umlaufvermögen nur dann in den Fokus der Topmanager, wenn unternehmerische Krisen drohen. Ohne Risiken werden unerlässliche Kontrollmechanismen und die Erfassung wichtiger Kennzahlen vernachlässigt. Das Unternehmen zahlt die Zeche. Bis zu 15 und mehr Prozent des EBIT gehen Unternehmen ohne konsequentes Working Capital Management verloren.

Die Korrektur dieser Fehlhaltung ist nicht durch einen Schritt möglich, sie bedarf stattdessen einer Veränderung des unternehmerischen Mindsets, die - je nach Bereitschaft der Unternehmensführung und der Mitarbeiter zum Umdenken - mehrere Jahre dauern kann. Typischerweise befinden sich Unternehmen in vier Zustandsstufen auf dem Weg zur Working Capital Maturität:

Stufe 1: Die Unternehmen unternehmen nur wenig oder überhaupt nichts zur Verbesserung der Working Capital Performance, da der Cash flow und das Umlaufvermögen nicht als Priorität gesehen wird. Die Folge: Im Unternehmen werden die Potenziale der Optimierung der Liquidität nicht erkannt.

Stufe 2: Zumindest in der kritischen Phase zum Ende des Geschäftsjahres fokussieren sich die Unternehmen auf den Kapitalfluss und Working Capital. Sie sind mit einer durchschnittlichen Performance in diesem Bereich zufrieden und vernachlässigen die Rolle eines optimierten Umlaufvermögens als Wettbewerbsfaktor.

Stufe 3: Auf dieser Stufe investieren Unternehmen durchaus Ressourcen und intellektuelle Anstrengungen, um Hemmnisse zu beseitigen, die einer Optimierung des Working Capital im Weg stehen. Sie strengen sich an, um in das erste Quartil einer World Class Performance aufzusteigen und überprüfen ihr Cash- und Working Capital-Verhalten regelmäßig und klar strukturiert.

Stufe 4: Unternehmen, die diese Stufe erreicht haben, nutzen ihren optimierten Cash flow und ihr verbessertes Umlaufvermögen als Wettbewerbsvorteil. Sie haben beides ganz konsequent in ihre Unternehmensstrategie und -kultur integriert und fokussieren sich darauf, die entsprechenden Prozesse so transparent wie immer möglich zu machen.

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Gleich, wo in diesem Szenario sich die Unternehmen befinden - der Weg zur Working Capital Maturität kann relativ einfach skizziert werden. Dieser Reifungsprozess umfasst im Wesentlichen fünf Schritte, die zumindest überlappend, teilweise auch parallel ausgeführt werden sollten:

Einbindung wichtiger Stakeholder

Es gilt, das Verständnis für die strategische Bedeutung der Working Capital Optimierung auf allen Organisationsebenen im Unternehmen zu wecken und konsequent zu fördern: Lokale und zentrale Stakeholder, also Abteilungen wie Finanzen und Rechnungswesen, Einkauf und Beschaffung, Supply Chain und Logistik, Marketing und Vertrieb, müssen in Prozesse eingebunden werden, die die Optimierung des Umlaufvermögens und damit die Kapitalverfügbarkeit sicherstellen.

Benchmarking der eigenen Performance

Ein regelmäßiger Vergleich via Benchmarking mit öffentlich notierten Unternehmen und deren Working Capital Performance gibt Aufschluss über den jeweiligen Status quo im eigenen Unternehmen, zeigt mittel- und längerfristige Veränderungen und Trends auf und identifiziert Schwachstellen, aber auch Stärken. Parallel zu diesen externen Vergleichen müssen regelmäßig interne Benchmarkings der unterschiedlichen Divisions und Länderniederlassungen durchgeführt und analysiert werden. Die Bewertung führt zu einem besseren Verständnis der Best Practices und eigenen Fähigkeiten.

Das eigene Unternehmen verstehen

Enorm wichtig ist das Verständnis dafür, wie das eigene Unternehmen tickt - umfassende Analysen sind dafür Voraussetzung. Was ist die Unternehmensstrategie hinsichtlich Working Capital, wie wird sie umgesetzt auf allen Ebenen, wie sieht das Organisationsdesign aus, wie laufen Prozesse ab, welche Technologien (ERP's) werden wie genutzt, wie werden Leistungen bewertet, wie Kennzahlen erhoben und analysiert? Wo sind Best Practice Lösungen bereits Realität, was ist verbesserungswürdig, was muss neu aufgesetzt werden, wo wurden End-to-End-Prozesse erfolgreich installiert und wo müssen sie noch entwickelt werden? Wo liegen die Gründe für eine mangelhafte Performance und mit welchen Maßnahmen kann sie verbessert werden?

Verbesserungspotenziale festlegen

Eigentlich ist Working Capital Performance eher simpel. Sie beschreibt nichts anderes als den Zeitraum in Tagen, in dem Liquidität in den unterschiedlichen Elementen des Cash Conversion Cycle gebunden ist (DSO + DIO - DPO). Exakte Echtzeit-Informationen sowie die Entwicklung wichtiger Metriken und Zielsetzungen aufgrund der externen und internen Benchmarks schaffen Voraussetzungen für die Erkenntnis, wo Verbesserungen möglich und besonders erfolgversprechend sind.

Ergebnisse und nächste Schritte

Wenn alle diese Schritte realisiert wurden und die daraus resultierenden Informationen verfügbar sind, kann daraus abgeleitet werden, welche der Prozesse, die Working Capital Performance bestimmen, bevorzugt verändert werden müssen. Genauso lässt sich daraus ableiten, welche Faktoren die Performance negativ beeinflussen und wie sie - etwa durch Schulung der Mitarbeiter oder neue Strategien - eliminiert werden können.

Nicht zuletzt liegen damit alle Informationen vor, um zu ermitteln, welche Working Capital Prozesse zuerst weiterentwickelt und welcher Aufwand für die Implementierung der Veränderungen über alle Unternehmensebenen notwendig ist. Aber über Eines müssen sich die Verantwortlichen im Klaren sein: Selbst wenn diese Schritte erfolgreich vollzogen wurden, ist es damit nicht getan - Working Capital Management ist immer ein Work in Progress. Und nur die Unternehmen, die eine nachhaltige Cash Culture entwickeln, werden dauerhaft eine Spitzenstellung im Wettbewerb einnehmen und auch halten können. (bw)