Manager fühlen sich zu wenig gefördert

Frustrierte Führungskräfte

20.01.2013 von Andrea König
Viele Führungskräfte vermissen seitens ihres Arbeitgebers Unterstützung bei der Karriere-Entwicklung. Das zeigt eine Umfrage für die Bertelsmann-Stiftung.
Die große Mehrheit der Manager (84 Prozent) bewertet ihren Arbeitsplatz als sicher.
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Gerade mal ein Drittel der Manager gibt an, durch den Arbeitgeber aktiv gefördert zu werden. Die übrigen zwei Drittel fühlen sich bei der Entwicklung der persönlichen Karriere vernachlässigt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Führungskräfte-Instituts im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, an der 375 Führungskräfte aus Deutschland teilgenommen haben.

Jeder Dritte klagt wegen zunehmender Arbeitsbelastung über Schwierigkeiten, Berufs- und Privatleben miteinander zu vereinbaren. 38 Prozent halten ihre Belastungssituation auch nicht in Bezug auf ihren Managerposten für angemessen. Solchen Schwierigkeiten steuern Ansätze in Unternehmen entgegen, die Work-Life-Balance auch ganz ausdrücklich zu einem Führungskräftethema zu machen. So hat beispielsweise Daimler gerade Leitlinien für Führungskräfte verabschiedet, die alle stark auf die Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben zielen.

Work-Life-Balance
Robert Laube, Director und Service Line Lead Business Intelligence für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, drei Kinder:
"Ich habe E-Mails von meinem Mobiltelefon verbannt. Auch nehme ich mir, wann immer möglich, die Zeit, morgens mit meinen Kindern zu frühstücken und sie in die Schule und den Kindergarten zu bringen."
Yasmine Limberger, Group Manager Personalmarketing für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, ein Kind:
"Ich will vor allem das Gefühl haben, dass es meiner Tochter gut geht, ich aber auch als Teilzeitführungskraft einen guten Job mache. Außerdem benötige ich auch ein wenig Luft für persönliche Dinge. Das bedarf einer exakten Terminplanung. Man darf Dinge nicht liegenlassen, sondern muss seine Prioritäten zeitnah abarbeiten und immer alles im Blick behalten."
Petra Kaltenbach-Martin, Service Line Lead Dynamics CRM für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, ein Kind:
"Es ist schwierig, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Bisher klappt es aber mit viel Organisation. Beispielweise nutze ich die Schlafzeiten meines Kindes, um Dinge abzuarbeiten. Zudem muss man viel Energie und Motivation für Kind und Beruf mitbringen. Dennoch ist es schön, beide Welten zu verbinden."
Hans-Peter Lichtin, Country Director Avanade Schweiz, zwei Kinder:
"Die gemeinsame Zeit mit meiner Familie versuche ich so bewusst wie möglich zu nutzen. Es gibt Tage, da kann ich durchaus mit meiner Familie frühstücken und auch zu Abend essen. Das Wochenende verbringe ich mit meiner Familie."
Dominik Steiner, Business Development Executive Avanade Schweiz, Zwillinge:
"Aus meiner Sicht ist es enorm wichtig, dass man lernt, sich persönlich abzugrenzen und sich Freiräume schafft oder auch spontane Freiräume mal für sich nutzt. Ich versuche von Zeit zu Zeit früh nach Hause zu gehen und so den Abend mit der Familie zu genießen und arbeite dann liegen gebliebene Arbeit am Abend nach - etwa wenn meine Kinder im Bett sind. Oder ich frühstücke mit den Kindern und bringe sie dann in die Tagesstätte. An einem solchen Tag beginne ich dann eben eine Stunde später zu arbeiten."
Eva Steiger-Duerig, HR & Recruiting Consultant bei Avanade, zwei Kinder:
"Wir haben die Kinderbetreuung sehr gut organisiert. Zudem habe ich das Glück, dass die Stadt Zürich ein gutes Kinderbetreuungsangebot hat und mein Mann sich auch an der Kinderbetreuung mitbeteiligt. Dennoch ist das Betreuungsangebot in Zürich auch mit sehr hohen Kosten verbunden."
Carmen Egelhaaf, Senior Marketing Specialist Avanade, ein Kind:
"Abends schreibe ich mir eine Checkliste, was privat am nächsten Tag alles organisiert und erledigt werden will: Lebensmittel einkaufen, aufräumen, Hemden und Blusen zur Reinigung bringen, Geburtstagskarte an Tante Irmgard schreiben, Geschenk für das Patenkind besorgen etc., damit ich nach der Arbeit gleich durchstarten kann. Unsere Putzfrau trägt viel dazu bei, dass ich von einigen Haushaltsaufgaben entlastet bin und möglichst viel Zeit mit meinem Sohn verbringen kann. Und ein Netzwerk von Freunden (da keine Oma in der Nähe) hilft aus, wenn mein Sohn krank ist oder Kindergartenferien zu überbrücken sind."
Andrea Cebulsky, Director Legal Europe Avanade, zwei Kinder:
"Sicherlich ist auch das Reisen manchmal eine Herausforderung - ich bin fast immer mindestens ein- bis zweimal die Woche unterwegs. Ein-Tages-Reisen sind noch zu managen. Problematischer wird es, wenn man für ein paar Tage weg muss, dann muss auch mal die Oma mithelfen. Da ist es dann wichtig, dass man frühzeitig planen kann, insbesondere weil mein Mann die Woche auch unterwegs ist. Der Terminkalenderabgleich mit vier Familienmitgliedern ist manchmal eine Herausforderung für sich."

Fehlerkultur bekommt schlechte Noten

In der Umfrage der Bertelsmann-Stiftung bemängeln viele der Befragten unternehmensinterne Strukturen und Prozesse. 56 Prozent bewerten die Ausprägung der Fehler- und Innovationskultur überwiegend negativ. 44 Prozent kritisieren das Krisen- und Veränderungsmanagement sowie die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Fast jeder Zweite (47 Prozent) klagt über immer stärkere Kämpfe bei der Ressourcenverteilung. Die Transparenz von Zielen, Strategien und Entscheidungen bewerten 37 Prozent der Manager als schlecht.

Doch trotz Kritik fallen die Urteile alles in allem mehrheitlich positiv aus. Zwei Drittel der Führungskräfte halten ihr Unternehmen insgesamt für einen attraktiven Arbeitgeber. Darüber hinaus empfinden ebenso viele ihre persönlichen Werte und die Werte ihres Arbeitgebers als gut miteinander vereinbar. 78 Prozent haben das Gefühl, dass ihre Leistungen im Unternehmen wertgeschätzt werden.

Mehr als 70 Prozent von ihnen äußern sich zufrieden über Kundenorientierung, Beziehungen zu Lieferanten und den Umgang mit Wettbewerbern beim Arbeitgeber. 86 Prozent beschreiben den Umgang mit Compliance- und Nachhaltigkeitsforderungen als positiv.

Betriebsklima weitgehend positiv

Auch wenn das bei der oft kurzen Verweildauer von Managern ein wenig verwundert: Die große Mehrheit der Befragten (84 Prozent) bewertet ihren Arbeitsplatz als sicher. Dazu geben fast drei Viertel von ihnen (71 Prozent) dem allgemeinen Betriebsklima gute Noten.

Bei Betriebsklima und Arbeitsbedingungen fallen die Prognosen für die kommenden sechs Monate verhaltener aus: 52 Prozent der Befragten rechnen mit einer Verschlechterung, die übrigen prognostizieren eine Verbesserung. 61 Prozent der Befragten glauben, dass sich das Umfeld für ihr Unternehmen geringfügig oder sogar stärker verschlechtern wird. Lediglich bei der persönlichen Situation überwiegt der Anteil der Manager, die eine zumindest leichte Verbesserung ihrer Situation im Unternehmen erwarten.

In fast allen Fragen fielen die Antworten bei Führungskräften aus Großunternehmen geringfügig besser aus als bei ihren Kollegen aus kleineren Firmen. Allerdings gibt es dabei zwei Ausnahmen: Arbeitgeber mit mindestens 2000 Angestellten werden als weniger flexibel wahrgenommen. Außerdem wird die Förderung der Karriereentwicklung in großen Unternehmen kritischer bewertet als bei kleineren Firmen.

An der Umfrage des Führungskräfte-Instituts haben 375 Führungskräfte aus großen und mittleren Unternehmen in Deutschland teilgenommen. Auftraggeber der Studie war die Bertelsmann-Stiftung. (kf)

Dieser Artikel ist zuerst in der CW-Schwesterpublikation CIO-Magazin erschienen.