Fried Saacke, Doag: Oracle vernachlässigt den persönlichen Support

13.11.2007
Fried Saacke, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Oracle Anwendergruppe (Doag) erläutert im Gespräch mit CW-Redakteur Martin Bayer, welche Forderungen die Kunden beim Support und der Produktentwicklung an Oracle stellen.

CW: Ein Dauerthema für viele Oracle-Kunden ist die Supportqualität. Wie steht es aktuell um die Servicegüte von Oracle?

SAACKE: Zunächst einmal möchte ich für Oracle eine Lanze brechen. Die Qualität des Oracle-Supports ist in vielen Punkten besser als die des Wettbewerbs. Dennoch gibt es Kritik und Verbesserungspotenzial. Unsere jüngste Umfrage hatte das Thema: "Wachstumsstrategie von Oracle – Vorteil oder Nachteil für den Kunden?" Wie beeinflussen die Zukäufe den Support Oracles? Ein Randergebnis war, dass viele Anwender befürchten, die Unterstützung seitens Oracle könne schlechter werden. Man muss jedoch betonen, dass die Frage zum Support bewusst subjektiv gestellt war. Die Antworten spiegeln nicht wider, wie der Support tatsächlich aussieht, sondern drücken die Befürchtungen der Anwender aus.

CW: Lässt sich denn zwischen konkreter Wahrnehmung und Befürchtung eine scharfe Grenze ziehen?

Fried Saacke: 'Unsere Kritik am Support von Oracle wird nicht ausreichend ernst genommen.'
Foto: Doag

SAACKE: Sicher nicht. Wir spüren nach wie vor, dass unsere Kritik am Support von Oracle nicht ausreichend ernst genommen wird. Dabei stehen wir in Deutschland nicht alleine. So gab es aus dem asiatischen Bereich sehr deutliche Beschwerden. Auch benachbarte User Groups in Europa haben sich kritisch geäußert. Das Thema eskaliert mittlerweile bis ins internationale User Council, wo sich eine Arbeitsgruppe damit beschäftigt. Ich befürchte, dass der Support immer noch nicht auf dem Level steht, den wir uns als Anwender wünschen.

CW: Warum tut Oracle so wenig, um den Support zu verbessern?

SAACKE: In einigen Bereichen hat sich die Supportqualität verbessert. Beispielsweise ist Metalink wesentlich stabiler geworden, und auch die Zufriedenheit der Kunden mit dem Online-Tool ist deutlich gewachsen. Oracle hat an dieser Stelle kräftig investiert, um das Werkzeug nutzerfreundlicher zu machen. Allerdings wird der dialogorientierte und persönliche Support zu sehr vernachlässigt. Nach meinem Gefühl versucht Oracle unter dem Druck, die Kosten zu senken, seine Supportorganisation so effizient und schlank wie möglich aufzustellen. Sicher plant das Unternehmen dabei nicht ein, dass die Qualität leidet und die Kunden unzufrieden werden. Oracle will bestimmt einen hochwertigen Support liefern. Aus Sicht der Anwender wird dieses Ziel jedoch verfehlt.

Oracle konsolidiert seine Supportzentren

CW: Was macht Oracle falsch?

SAACKE: Früher gab es in jedem Land eine eigene Supportorganisation. Der Service war damit lokal ausgeprägt und persönlich. Heute versucht Oracle, eine höhere Effizienz durch Konzentration in wenige Support-Center zu erreichen. Dabei entstehen aber oft Probleme im Dialog. Ein schlecht Englisch sprechender Supportmitarbeiter und ein unsicherer Anwender aus Deutschland können schwer miteinander kommunizieren. Hinzu kommen kulturelle Differenzen und fehlendes betriebswirtschaftliches Verständnis. Das heißt, dass den Oracle-Mitarbeitern für manche Anforderungen und Probleme schlicht das Verständnis fehlt.

CW: Sieht Oracle diese Probleme nicht?

SAACKE: Fakt ist, dass Oracle einen hohen Anspruch an sich stellt, einen hochwertigen Support zu leisten. Deswegen investieren die Verantwortlichen auch eine ganze Menge in Qualitätssicherungsmaßnahmen. Sie stehen dabei jedoch in dem Konflikt, gleichzeitig so effizient und kostengünstig wie möglich zu sein.

CW: Ist dieser Konflikt überhaupt zu lösen?

SAACKE: Oracle stellt zurzeit eigene Befragungen an. Supportkunden bekommen dabei nach der Abwicklung des Calls einen Fragebogen. Ich vermute jedoch, dass 90 bis 95 Prozent der Fragen, die Oracle gestellt werden, Standardfragen sind: Der Kunde schildert sein Problem, der Supportmitarbeiter sieht in seiner Datenbank nach, schickt dem Anwender einen Patch, und das Problem ist aus der Welt. Wenn Oracle diese Supportfälle abfragt, äußern sich die Kunden natürlich zufrieden. Es gibt jedoch einen gewissen Prozentsatz an Fragen, die Oracle nicht ad hoc beantworten kann. Der Anwender hat ein Problem, und Oracle hat zunächst einmal keine Lösung parat. Man muss nachfragen und forschen. Es kann sein, dass der Kunde sein Problem nicht richtig beschrieben oder erkannt hat. Oracle muss erst einmal Aufwand in die Analyse hineinstecken, um das Problem einzugrenzen.

CW: Damit wird das Ganze natürlich aufwändiger.

SAACKE: Genau. Der Ball geht immer wieder zwischen dem Kunden und Oracle hin und her. Nach acht Stunden übernimmt bei einer hohen Priorität der nächste Supportitarbeiter den Fall. Dann kann es passieren, dass dem Anwender womöglich die gleichen Fragen noch einmal gestellt werden. Spätestens jetzt sind die Kunden unzufrieden, weil sie sich nicht richtig wahrgenommen fühlen. Der Bereich der komplexeren Störungen wird von Oracle nicht vernünftig abgehandelt. Wenn ich als Kunde Oracle im Jahr 100 Problemmeldungen schicke, und 99 werden gelöst, aber ein Problem zieht sich über Wochen oder sogar Monate hin, dann bin ich mit der Supportqualität von Oracle trotzdem unzufrieden. Der Kunde wertet nicht die Fälle, die sofort gelöst wurden. Er wertet das eine Problem, das sein Geschäft erschwert oder beeinträchtigt hat.

CW: Welche konkreten Probleme treten dann auf?

Doag-Konferenz 2007

Die 20. Auflage der Jahreskonferenz der Deutschen Oracle Anwendergruppe (Doag) findet in diesem Jahr am 21. und 22. November im Congress Center in Nürnberg statt. Den Umzug aus Mannheim begründen die Doag-Verantwortlichen in erster Linie mit räumlichen Problemen. Die Veranstaltung sei für die dortigen Örtlichkeiten zu groß geworden. Außerdem sei es in Nürnberg besser möglich, die 5. Oracle-Business-Software-Anwenderkonferenz in die Veranstaltung zu integrieren. Schwerpunktthemen der Konferenz sind die neue Datenbankversion 11g sowie die Bereiche Middleware und Applications. Dazu bietet die Anwendervereinigung über 200 Vorträge sowie spezielle Fachlabore an, in denen die Oracle-Lösungen im Praxiseinsatz gezeigt werden sollen.

SAACKE: Oracle reicht bestimmte Fälle rund um den ganzen Globus weiter: von Deutschland in die USA, nach Indien und wieder zurück nach Deutschland. Auch wenn der Kunde darum bittet, den Fall in deutscher Sprache zu behandeln, bohrt Oracle manchmal nach, ob es nicht doch auch auf Englisch ginge. Mancher Kunde möchte seinen Fall weiter eskalieren, damit er von einem dezidierten Manager koordiniert wird. Oracle wiederum entgegnet, eine Eskalation sei nicht gerechtfertigt. Im Prozess und der Kommunikation zwischen Oracle und den Kunden treten in diesen Fällen oft Störungen auf. Dabei geht es nicht um die Tatsache, dass Oracle das Problem nicht lösen kann, sondern vielmehr darum, dass Oracle das Problem erkennt und richtig damit umgeht. Hinzu kommt, dass Kunden, die mit komplexen Problemen kämpfen, oft ihre eigenen Experten an den Fall setzen. Diese haben sich bereits intensiv damit auseinandergesetzt und arbeiten oft schon sehr lange mit Oracle-Lösungen. Wenn dann jemand auf Seiten Oracles seinen Standardkatalog abfragt, fühlen sich die Anwender erst einmal in ihrer Kompetenz nicht ernst genommen, sondern wie ein kleines Kind behandelt. Das ist sicher nicht beabsichtigt von Oracle. Allerdings nimmt der Hersteller an dieser Stelle die Bedürfnisse seiner Kunden nicht richtig wahr. Oracle geht mit diesen komplexen Problemen nicht richtig um.

CW: Dann konzentriert sich Oracle im Grunde nur auf die 08/15-Probleme der Nutzer?

SAACKE: Oracle hat seine gesamte Supportorganisation daraufhin optimiert, die Standardprobleme schnell und effizient zu lösen. Da ist Oracle sicher gut und viel besser als der Wettbewerb. Man stellt eine enorme Wissensdatenbank zur Verfügung. Damit kann sich der Anwender im ersten Schritt schon einmal selbst weiterhelfen. In Metalink finden sich Lösungen zu fast allen Problemen, die irgendwann einmal im Oracle-Umfeld aufgetreten sind. Auch die Werkzeuge für die Diagnose und Fehlersuche funktionieren gut. Damit verfolgt Oracle allerdings auch eigene Interessen. Alles, was der Kunde alleine löst, kostet Oracle kein Geld. An den Stellen, wo ein Dialog gefordert ist, wird es dagegen schwierig. Allerdings muss ich Oracle zugutehalten, dass die IT mittlerweile so komplex geworden ist, dass es zunehmend schwieriger wird, Probleme zu lösen. Trotzdem muss sich Oracle dieser Herausforderung stellen.

Entwicklung der Fusion Applications verzögert sich

CW: Eine andere Herausforderung, mit der Oracle aktuell zu kämpfen hat, ist die Fusion-Entwicklung. Die Doag hat auch immer wieder gefordert, tiefere Einblicke in Fusion zu bekommen. Sind Sie damit bei Oracle auf offene Ohren gestoßen?

SAACKE: Ehrlich gesagt bekommen die User Groups nicht mehr Informationen als jeder andere Kunde auch. Es hat außerdem den Anschein, dass Oracle seine Termine still und heimlich immer weiter nach hinten verschiebt. Ich habe noch Folien vor Augen, wonach für 2008 ein komplettes Fusion-Applications-Release angekündigt war. Jetzt spricht man nur noch von ersten Modulen, die Ende nächsten Jahres herauskommen sollen. Damit stecken wir im Grunde noch in einer sehr frühen Phase.

CW: Wie können Sie sich als User Group in die Entwicklung einbringen?

SAACKE: Wir können einen gewissen Einfluss ausüben, indem wir Wünsche äußern. Dazu gibt es auch international tätige Gremien. Zum Beispiel leitet die Doag einen weltweiten Arbeitskreis, in dem es darum geht, die Lokalisierungsanforderungen festzulegen und zu priorisieren.

CW: Setzt Oracle die Ergebnisse auch um?

SAACKE: Das werden wir erst sehen, wenn die neue Applikationslinie auf dem Markt ist. Derzeit können wir nur versuchen, deutlich zu machen, wie wichtig das ist – gerade auch aus dem deutschen Interesse heraus. Die Befürchtungen bei den Anwendern hierzulande sind groß, dass es gerade im Bereich der Lokalisierung wieder Schwächen geben könnte. Wir haben ein großes Interesse daran, dass die künftigen Oracle-Produkte auch tauglich für den deutschen Markt sind.

Produkt-Lokalisierung lässt zu wünschen übrig

CW: Vor allem die J.D.-Edwards-User haben in der Vergangenheit immer wieder über Lokalisierungsprobleme geklagt.

SAACKE: Aus diesen Reihen kommen auch die aktuellen Bedenken. Dinge wie eine Umsatzsteuerverprobung oder Anlagenspiegel kennt man nur hier in Deutschland. Von Seiten Oracles höre ich dann immer wieder die Rückfrage: Wie viele Anwender gibt es denn, die das brauchen? Diese Frage ist aus meiner Sicht falsch. Die Antwort für mich lautet: Ein einziger reicht. Ein Hersteller muss jedem seiner Kunden eine passende Softwarelösung zur Verfügung stellen. Es ist natürlich nachvollziehbar, dass der Hersteller an dieser Stelle wirtschaftliche Interessen verfolgt. Aber ich denke, dass eine Firma wie Oracle gut beraten ist, diese Frage nicht zu stellen.

CW: Also sind die lokalen Anpassungen auch bei den bestehenden Applikationen nach wie vor ein Problem?

SAACKE: Immer wieder. Es ist zwar in vielen Fällen besser geworden, aber oft nach wie vor ein Knackpunkt. Dabei dürfte der Geschäftserfolg Oracles gerade mit diesem Punkt stehen und fallen. SAP ist an dieser Stelle von Haus aus gut – gerade im deutschen Markt natürlich.

CW: Sehen Sie denn Abwanderungstendenzen von Oracle-Kunden in Richtung SAP?

SAACKE: Es gibt immer einzelne Kunden, die wechseln, und zwar in beide Richtungen. Aber ich sehe keinen Abwanderungstrend. Im Gegenteil: In den Reihen der Oracle-Community stelle ich ein zunehmendes Vertrauen gegenüber dem Unternehmen fest. Bei den europäischen Nachbarn hat Oracle bereits so viel Vertrauen gewonnen, dass mittlerweile auch wieder ein deutliches Neukundengeschäft generiert wird. Allein im J.D.-Edwards-Umfeld hat man in Europa mehr als 100 neue Kunden gewonnen. Hier in Deutschland stellen wir wachsendes Vertrauen der Bestandskunden fest. Was noch fehlt, sind nachhaltige Erfolge im Neukundengeschäft. Da muss der deutsche Markt noch etwas aufholen.

CW: Wobei Deutschland mit der übermächtigen SAP natürlich auch ein schwieriges Pflaster darstellt.

SAACKE: Nach meiner persönlichen Einschätzung geht Oracle mit Fusion Applications den richtigen Weg. Wenn es Oracle gelingt, seine Versprechen zu halten, nämlich eine SOA-basierte Suite mit offenen Standards und wirklich offenen Schnittstellen auf den Markt zu bringen, dann wird man nahe an die SAP herankommen. Oracle muss allerdings den SOA-Gedanken konsequent zu Ende führen, um alle Applikationen unter einen Hut zu bekommen. Ich gehe davon aus, dass Oracle dann in fünf bis zehn Jahren auf Augenhöhe mit SAP agieren kann.

Deutschland bleibt schwieriges Pflaster für Oracle

CW: Auch in Deutschland?

SAACKE: In Deutschland wird es immer etwas schwieriger für Oracle sein. Aber auch hier gibt es traditionell einen Markt jenseits der SAP. Innerhalb der 30 bis 40 Prozent Marktanteil, die nicht von der SAP erreicht werden, kann sich Oracle nicht nur als ein Anbieter von vielen positionieren – wie das heute der Fall ist –, sondern durchaus eine beherrschende Rolle einnehmen und damit die Nummer zwei in Deutschland werden. Dieses Potenzial ist vorhanden.

CW: Was macht Sie da so sicher?

SAACKE: SAP ist betriebswirtschaftlich sehr gut, wird aber immer eine proprietäre Lösung bleiben. Ich sehe keine Anzeichen, die auf das Gegenteil hindeuten. Ich glaube aber, die Welt braucht offene Lösungen auf Basis offener Standards. Wer das anbietet, wird in Zukunft deutlich Marktanteile gewinnen.

CW: Das muss Oracle aber noch unter Beweis stellen.

SAACKE: Das ist der entscheidende Punkt.

CW: SAP hat mit "Business ByDesign" einen Paradigmenwechsel eingeläutet. Welche Rolle spielen Konzepte wie SaaS und On-Demand für die Oracle-Community?

SAACKE: Im Grunde hat SAP einen Weg eingeschlagen, den Oracle schon längst gegangen ist. Oracle verfolgt mit der eigenen Architektur schon lange den Servicegedanken. Inwieweit sich jedoch die On-Demand-Idee durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Meiner Ansicht nach wollen die Kunden keine Services mieten, sondern die Applikation selbst betreiben oder auf dezidierten Systemen nutzen.

CW: Es gibt also nach wie vor Vorbehalte gegen das On-Demand-Modell?

SAACKE: Wenn ich Services miete, dann muss ich mich an den Standard anpassen. Ich kenne aber kein Unternehmen, das nicht irgendeine Erweiterung in seinem System programmiert hat. Dazu sehe ich derzeit keine Bereitschaft, auf diese Extrafunktionen zu verzichten. Das muss ja nicht einmal falsch sein. Jeder Anwender kennt sein Geschäft am besten und weiß, warum er manche Dinge genau so macht, wie er sie eben macht. Wenn jetzt ein Anbieter daherkommt und fordert, man müsse sich im Standard bewegen, dann verlieren diese Unternehmen womöglich ihren Wettbewerbsvorteil. Aus meiner Sicht kann sich On-Demand nur dort durchsetzen, wo Alleinstellungsmerkmale nicht in Form von Prozessen in der IT abgebildet sind.

Oracle überrascht mit hoher Produktqualität

CW: Oracle hat versprochen, auch die bestehenden Produktlinien weiter zu pflegen. Ist das Versprechen bislang eingehalten worden?

SAACKE: Hier hat uns Oracle positiv überrascht. Alles, was der Hersteller in diesem Jahr an Applikationen auf den Markt gebracht hat, besaß gerade im Vergleich zu früher einen hohen Qualitätsstandard. Es wurden quer durch die gesamte Produktpalette viele neue Funktionen implementiert. Sicher gibt es das eine oder andere Problem, das ist ganz normal. Aber die Qualität ist deutlich besser geworden.

CW: Setzen die Kunden die neuen Versionen ein, oder warten viele erst einmal ab, um dann direkt auf Fusion zu wechseln?

SAACKE: Die Kunden beobachten erst einmal. Sie nehmen die neuen Releases wohlwollend auf, sind aber erst vereinzelt auf die aktuellen Versionen umgestiegen. In erster Linie helfen die überarbeiteten Versionen, das Vertrauen der Anwender in die Oracle-Strategie zu stärken und Abwanderungsgedanken zu verwerfen. Gerade im Mittelstand wechseln die Anwender jedoch so spät wie möglich. Solange diese Unternehmen die neuen Funktionen nicht benötigen, bleiben sie auf den bestehenden Systemen. Das hat Oracle erkannt und beispielsweise auch den J.D.-Edwards-"World"-Anwendern auf der alten AS/400 ebenfalls ein neues Release angeboten. Die Kunden können damit in ihrer Welt bleiben und müssen keine Systemumstellung in Angriff nehmen. Oracle zeigt damit, dass alte Produkte, die schon J.D. Edwards einstellen und auch Peoplesoft nicht weiterentwickeln wollte, weiter gepflegt werden und damit eine Perspektive besitzen. Oracle beweist so, dass es die Themen Lifetime Support und Application Unlimited durchaus ernst meint. Natürlich auch, weil man erkannt hat, dass da ein wichtiger Markt dahintersteckt. Indem ich eine Produktfamilie einstelle, ist damit längst nicht sichergestellt, dass der betroffene Kunde dann ein anderes Produkt von mir kauft. Außerdem zahlen die Kunden auch Support.

CW: Vertrauen Sie Oracles Pflegeversprechen für die alten Produkte?

SAACKE: Die Lifetime-Support- und Application-Unlimited-Strategien Oracles sind glaubhaft – auch wenn wir wissen, dass Oracle früher oder später Anreize schaffen wird, auf Fusion Applications zu wechseln. Das könnte in etwa fünf Jahren der Fall sein. Vorerst wollen die Kunden aber erst einmal Sicherheit für die nächsten fünf bis zehn Jahre – und die ist da.

CW: Die aktuelle Diskussion ist stark technikgetrieben. Ist das für die Anwender, die in Funktionen denken, überhaupt relevant?

SAACKE: Dass die Diskussion heute so techniklastig ist, hat für mich einen einfachen Grund: Das ist das, was wir bis heute sehen. Oracle hat die Datenbank und vor allem eine Middleware, um SOA-Applikationen zu entwickeln und zu betreiben. Damit ist der Technikdiskussion Tür und Tor geöffnet. Ein weiteres Beispiel ist die Application Integration Architecture (AIA). Damit hat Oracle eine Lösung präsentiert, um heute schon die verschiedenen Applikationen miteinander zu verbinden. Auch das ist ein Thema, das vorrangig von der Technik bestimmt ist, das man sich aber auch schon konkret ansehen kann. Wir müssen uns an die Dinge halten, die vorhanden sind, die sich hinterfragen lassen und anhand derer man Oracle auf die Probe stellen kann.

Oracle muss Anreize für Fusion Applications schaffen

CW: Inwieweit ist AIA ein Hinweis darauf, dass sich Oracle mit Fusion Applications verspäten wird und deshalb eine Zwischenlösung braucht?

SAACKE: Oracle muss auch einen reibungslosen Übergang von den bestehenden Applikationen zu den Fusion-Anwendungen gewährleisten. Kunden müssen in die Lage versetzt werden, alte Module parallel zu den Fusion-Applications-Modulen zu betreiben. Mit AIA schafft Oracle auch Anreize, in Richtung Fusion Applications aufzubrechen. Ich bin mir sicher, dass sich die überwiegende Mehrzahl der Kunden zunächst nur für einzelne Fusion-Anwendungsbausteine interessiert und damit die ersten Gehversuche in Richtung der SOA-basierten Applications machen wird.

CW: Die Kunden werden sich also langsam an die neue Welt herantasten?

SAACKE: Davon gehe ich aus. Dazu kommt, dass Oracle gar nicht in der Lage ist, auf einen Schlag ein komplettes Fusion-Applications-Set zur Verfügung zu stellen. Der Hersteller wird im kommenden Jahr erste Module herausbringen. Die Verantwortlichen wollen natürlich, dass die Kunden schon diese ersten Bausteine kaufen. Das macht es notwendig, die alte mit der neuen Welt so gut wie möglich miteinander zu verknüpfen.

CW: Wird damit auch die Implementierung der neuen Technik einfacher?

SAACKE: Es wird ein wichtiger Erfolgsfaktor sein, wie aufwändig sich die Implementierung der neuen Technik gestalten wird. Auch daran wird sich Oracle messen lassen müssen. In der jüngeren Vergangenheit ist es zu aufwändig geworden, neue Anwendungen einzuführen. Die SAP ist an dieser Stelle sicherlich das Negativbeispiel schlechthin. Das können sich die Anwender in Zukunft jedoch nicht mehr leisten. Wer auf dem Markt erfolgreich sein will, muss Lösungen anbieten, die mit deutlich geringerem Aufwand implementierbar sind, als man heute gemeinhin gewohnt ist. Gerade wenn man im Mittelstand erfolgreich sein will. Ein Mittelständler denkt bei IT-Projekten nicht in Jahren, sondern in Monaten. Es muss möglich sein, eine Applikation innerhalb von drei bis sechs Monaten benutzbar zu machen.

CW: Wie kann das funktionieren?

Doag organisiert Applications-Anwender

Im vergangenen Jahr hat die Deutsche Oracle Anwendergruppe erstmals mit der J.D.-Edwards- und Peoplesoft-Anwendergruppe sowie den Siebel-Anwendern die Applications-Konferenz im Rahmen der jährlichen Deutschen-Oracle-Anwenderkonferenz ausgerichtet, berichtet Doag-Vorstand Fried Saacke. Zudem gebe es seit diesem Jahr unter dem Dach der Anwendervereinigung zwei neue Special-Interest-Groups (SIGs): die Siebel-Community als SIG Siebel sowie die SIG J.D. Edwards. Bei Siebel habe es früher keine eigenständige Anwendergruppe gegeben. Die Nutzer seien sehr herstellernah organisiert gewesen. Auf der Gründungsveranstaltung waren Saacke zufolge etwa 70 Teilnehmer dabei. "Die Peoplesoft User Group, die im Grunde nur die hiesigen J.D.-Edwards-Anwender vertritt, wird als SIG J.D. Edwards in die Doag eintreten", berichtet der Doag-Vorstand. In diesem Zuge löse die J.D.-Edwards-Community ihren Verein zum Ende dieses Jahres auf. "Mit den Peoplesoft-Anwendern, die im Grunde eine reine HR-Community bilden, kooperieren wir eng", sagt Saacke.

SAACKE: Das Schwierige dabei ist nicht, das Produkt zu installieren und zum Laufen zu bringen, sondern den Kunden innerhalb dieser wenigen Monate auch in die Lage zu versetzen, mit der Applikation zurechtzukommen. Dazu gehören Veränderungen von Geschäftsprozessen. Wer zu viel anpasst, verbiegt die Applikation zu sehr. Man muss den Kunden auf schlanke Prozesse bringen, die zu den Applikationen passen, ohne jedoch seine Kernkompetenz in Frage zu stellen. Dazu muss man Change-Management-Prozesse anstoßen, Organisationsstrukturen verändern, Daten migrieren, den Kunden schulen und ihn auf dem System fit machen. Diese Herausforderungen gilt es zu bewältigen. Wem es gelingt, eine komplexe Applikationssuite innerhalb weniger Monate beim Kunden in Gang zu bringen, der wird am Ende Erfolg haben.

Oracle braucht im deutschen Applikationsgeschäft eine kritische Masse

CW: Ein wichtiger Erfolgsfaktor werden dabei sicher die Partner sein. Kann Oracle hier auf ein funktionierendes Netz bauen?

SAACKE: Das ist ein Henne-Ei-Problem. Die kritische Masse im Oracle-Applications-Markt ist zu gering, um Partner anzulocken. Auf der anderen Seite braucht es viele Partner, um die kritische Masse zu erreichen. Das hat auch Oracle erkannt und investiert massiv, um eine funktionierende Partnerlandschaft aufzubauen. Die Verantwortlichen haben erkannt, dass man sich das Branchen-Know-how dazuholen muss. Oracle braucht die Partner, um seine Lösungen für vertikale Märkte anzupassen. Die Gefahr ist jedoch, dass der Partner auf dem Weg dorthin verhungert, weil zunächst einmal die Masse fehlt. Die Partner tun sich schwer, nachhaltig Implementierungsgeschäft zu generieren. Es ist insgesamt zu wenig Masse da, um kontinuierlich Geschäft an Land zu ziehen.

CW: Was muss Oracle aus Ihrer Sicht tun, um dieses Problem zu lösen?

SAACKE: Oracle muss noch viel stärker, als es derzeit der Fall ist, die Partner an die Hand nehmen und auf diesem Weg unterstützen. Dabei tut sich Oracle bislang allerdings noch schwer. Die Organisationsstrukturen von Oracle sind darauf ausgerichtet Lizenzabschlüsse unter Dach und Fach zu bringen. Oracle hat eine gut funktionierende Vertriebsorganisation, um effizient Lizenzen am Markt zu platzieren. Nach dem Deal verpufft das Interesse, bis eventuell irgendwann wieder neue Lizenzkäufe anstehen. Auch in dieser Phase ist jedoch Betreuung notwendig, die durchaus mit Partnern abgewickelt werden kann. Die Schnittstellen müssen aber nahtlos sein. Der Kunde will, dass Hersteller und Partner an einem Strang ziehen. Er möchte nicht, dass sich Oracle völlig aus der Verantwortung stiehlt.

CW: Hier gibt es also auch noch Optimierungsbedarf?

SAACKE: Auf jeden Fall. Es wird noch mehr Projekte brauchen, in denen sich Oracle an der Implementierung beteiligt. Dazu wird sich Oracle aber noch bewegen müssen: zum Beispiel in Sachen Festpreisprojekte. Wenn der Partner entsprechende Angebote unterstützt, kann es nicht sein, dass Oracle für seine Leute auf Stundensätzen beharrt. Dann haben wir einen Konflikt. Oracle tut sich momentan noch schwer damit, sein Angebot flexibler zu gestalten. Die Kunden bekommen zwar jede Kompetenz, müssen sich aber strikt an die Regeln des Herstellers halten. Damit steht Oracle für mich zu wenig in der Ergebnisverantwortung für ein solches Projekt.

CW: Wären die Anwender denn bereit, Oracle als alleinigen Softwarelieferanten zu akzeptieren?

SAACKE: In unserer jüngsten Umfrage haben16 Prozent der Antwortenden erklärt, sie könnten sich Oracle durchaus als ihren alleinigen Softwarelieferanten vorstellen. Das ist aus meiner Sicht eine ganze Menge. Ich gehe davon aus, dass die anderen Hersteller auch keine besseren Werte erzielen. Die Bereitschaft wird da sein, wenn das Angebot stimmt. Dazu gehören die passenden Produkte, Lokalisierung, Support und Implementierungskompetenz. Daran wird ein Anbieter gemessen. Wenn das Gesamtpaket stimmt, dann ist der Kunde auch bereit, sich auf einen Anbieter einzulassen.

Kunden schauen neugierig auf das Oracles neues Datenbank-Release

CW: Zum Gesamtpaket gehört auch die Datenbank. Wie beurteilen Sie das neue Release, das diesen Sommer herauskam?

SAACKE: Wir stecken noch in einer frühen Phase. Der Launch in Deutschland war erst Ende September. Traditionell herrscht zunächst einmal viel Neugier. Die Kunden wollen die neuen Funktionen kennen lernen und sehen, wie nützlich sie für ihr Geschäft sind.

CW: Gibt es denn schon erstes Feedback von Seiten der Anwender?

SAACKE: Bislang ist das Feedback durchaus positiv. Es hat mit 11g zwar keinen innovativen Einzelansatz gegeben wie beispielsweise bei 10g mit der Grid-Technik. Die Datenbank ist aber insgesamt anwenderfreundlicher geworden. Trotz der wachsenden Komplexität hat Oracle viel getan, um die Bedienung und die Administration des Systems zu vereinfachen. Deshalb handelt es sich auch um ein interessantes Datenbank-Release, weil die Software in erster Linie qualitativ besser geworden ist. Die vielen Kleinigkeiten sind in der Summe auch ein wichtiger großer Schritt.

CW: Sind denn noch große Entwicklungsschritte in der Datenbanktechnik zu erwarten?

SAACKE: Der Trend, dass Datenbank und Anwendungen enger zusammenwachsen, wird weiter anhalten. Es werden immer mehr Funktionen in die Datenbank hineinwandern. Ziel ist, dass die Datenbank nicht einfach nur Informationen ausspuckt. Gerade im Umfeld von Business Intelligence sind noch große Potenziale gegeben, immer komplexere Auswertungen in größeren Datenmengen schneller zur Verfügung zu stellen. In dieser Richtung kann ich mir weitere Innovationen vorstellen. Darüber hinaus bleibt der Grundgedanke einer Datenbank, gigantische Datenmengen effizient zu verwalten, nach wie vor aktuell und wird immer im Mittelpunkt stehen. Hier gibt es noch genügend Herausforderungen. Der Trend, dass die Datenmengen exponentiell wachsen, wird kaum abreißen. Das allein ist schon Herausforderung genug. Dem sind in der Vergangenheit nur wenige Anbieter gerecht geworden. Deshalb hat es in den zurückliegenden Jahren auch eine deutliche Bereinigung am Datenbankmarkt gegeben.

Streit mit SAP ist lächerlich

CW: Oracle hat mit seiner Akquisitionspolitik viel zur Marktbereinigung beigetragen, veranstaltet dabei allerdings auch viel Getöse. Wie bewerten Sie den Streit zwischen Oracle und SAP rund um TomorrowNow?

SAACKE: Das Ganze ist ein Stück weit lächerlich. Im Grunde bringt es niemandem etwas. Oracle muss durch Taten überzeugen und nicht durch kräftige Worte. Uns interessiert nicht, wer im Marketing stärker austeilen kann. Uns interessiert, wer die besseren Produkte liefert. Darauf sollte sich ein Hersteller konzentrieren.

CW: Übertreibt es Oracle mit dem Marktgeschrei?

SAACKE: Das soll nicht heißen, dass Oracle kein Marketing betreiben soll. Im Gegenteil – Oracle macht zu wenig und vor allem zu wenig effizientes Marketing. Wir wollen, dass Oracle seine Produkte reif am Markt platziert. Das heißt auch, den Markt dafür zu interessieren und neugierig zu machen.

CW: Sollte Oracle also weniger auf die Pauke hauen?

"Wir können User Groups nicht kaufen"

"Wir sind mit der aktuellen Entwicklung sehr zufrieden", sagt Fried Saacke, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Oracle Anwendergruppe (Doag). Ende August dieses Jahres habe die User Group ihr 3000. Mitglied begrüßen können. Damit sei es gelungen, innerhalb der zurückliegenden vier Jahre die Zahl der Mitglieder zu verdoppeln. Das hängt Saacke zufolge auch damit zusammen, dass sich mit den Anwendern der Produktlinien, die Oracle in den vergangenen Jahren dazugekauft hat, die Zielgruppe vergrößert hat.

"Wir können User Groups nicht kaufen", beschreibt Saacke die aktuelle Situation. Vielmehr müsse man die Anwender motivieren und überzeugen. Das sei viel schwieriger, als Unternehmen mit einem großen Geldbeutel zusammenzukaufen. Dazu komme, dass sich die neu hinzugekommenen Anwendergruppen immer als kleine Minderheit sähen. Beispielsweise habe der Bereich Applications in der Vergangenheit immer im Schatten der wesentlich umfangreicheren Themen rund um die Datenbanken und die Middleware gestanden. Deshalb gebe es natürlich Befürchtungen, dass vergleichsweise kleine Gruppen ihre Interessen innerhalb der Doag nicht vertreten könnten, räumt der Doag-Vorstand ein. Die Kunst sei es, diese Gruppen davon zu überzeugen, dass sie in der Doag keinesfalls untergehen.

Das entscheidende Kriterium, wie sichtbar eine Gruppe innerhalb der Doag ist, hänge allein von ihrem Engagement und ihrer Aktivität ab und nicht von der Größe, wirbt Saacke für seine Community. Eine kleine, sehr aktive Gruppe könne wesentlich sichtbarer sein als eine große, die aber wenig aktiv ist. Man müsse diese Gruppen entsprechend motivieren. Die einzelnen Mitglieder sollen nicht nur Wissen konsumieren, sondern ihr Know-how auch mit den anderen teilen. Es gehe darum, den Erfahrungsaustausch innerhalb der Community zu fördern.

SAACKE: Die Pauke erzeugt eine gewisse Aufmerksamkeit, die aber irgendwann langweilig wird. Oracle sollte lieber versuchen, nachhaltiges Interesse im Markt zu wecken. Wenn Oracle nicht an der CeBIT teilnimmt, dann muss das Unternehmen mindestens das gleiche Geld ausgeben, um auf 20 anderen Veranstaltungen präsent zu sein. Innovationen lassen sich nur dann vermitteln, wenn sie an geeigneter Stelle präsentiert werden. Da kann ich Plakate aufhängen so viel ich will. Das nimmt heute kaum noch jemand wahr. Außerdem sollte sich der Hersteller die Mühe machen, sich mit Eigenheiten lokaler Märkte auseinanderzusetzen. Oracle muss sich genau ansehen, was die Bedürfnisse der Unternehmen in Deutschland sind. Das sind andere als in England oder den USA.

Bei Oracle kreist alles um die US-Zentrale

CW: Ist es ein Problem, dass Oracle zentralistisch aus den USA gesteuert wird und die Landesorganisationen zunehmend bedeutungsloser werden?

SAACKE: Das ist auch meine Wahrnehmung. Die Bedeutung der Landesorganisationen geht immer weiter zurück. Am liebsten würde Oracle ignorieren, dass es Länder gibt. Eine weltweit einheitliche Organisation würde für Oracle vieles einfacher machen. Das versuchen die Verantwortlichen so weit wie möglich in ihrer Organisation abzubilden – sicher auch mit dem Hintergedanken, effizienter zu werden.

CW: Was bedeutet das für Sie als Nutzervereinigung?

SAACKE: Es wird für uns zunehmend wichtiger, im International User Council vertreten zu sein, um den direkten Draht zur Konzernführung nicht abreißen zu lassen. Wir haben festgestellt, dass wir nicht einmal auf europäischer Ebene unsere Themen richtig platzieren konnten. Deshalb haben wir darauf gedrängt, dass wir, wie auch die Kollegen aus Großbritannien sowie eine asiatische User Group, als große Anwendervereinigung direkt im internationalen Gremium der weltweiten Oracle-Nutzer vertreten sind. Hier können wir an oberster Stelle unsere Interessen positionieren.

CW: Es reicht also nicht aus, über die deutsche Oracle-Organisation Einfluss auszuüben?

SAACKE: Man muss beides tun. Deshalb treffen wir uns auch regelmäßig mit der hiesigen Oracle-Führung. Wir müssen natürlich auch darauf achten, die lokale Organisation zu stärken und ihr nicht in den Rücken zu fallen. Es reicht aber nicht mehr aus, die Kontakte zu Oracle nur in Deutschland zu pflegen. Teilweise bekommen wir sogar Signale, ob wir nicht helfen könnten, bestimmte Themen in der Oracle-Zentrale auf den Tisch legen, damit die deutschen Interessen gehört werden. Es ist wichtig, sich dort Beachtung zu verschaffen, wo wirklich die Entscheidungen gefällt werden. Und dies ist immer öfter in den USA. Dinge, die wir hier in Europa auf den Weg bringen, kommen nur sehr gefiltert in der Zentrale an. Das ist wie bei der Flüsterpost.

CW: Wie hoch sind denn die Chancen, gehört zu werden?

SAACKE: Das geht natürlich nur begrenzt. Oracle wird nicht 420 User Groups Aufmerksamkeit widmen können. Wir dürfen aber nicht nur unsere eigenen Interessen verfolgen, sondern müssen auch die weltweiten Interessen der Oracle-Nutzer mittragen und unterstützen.

CW: Hat sich in der Zusammenarbeit mit Oracle hierzulande etwas geändert, seit in Deutschland Jürgen Kunz am Ruder steht?

SAACKE: Eine gewisse Veränderung gab es allein dadurch, dass Herr Kunz hauptsächlich das Technologiegeschäft verantwortet, während das Applikationsgeschäft auf anderen Schultern ruht. Dieser Bereich ist stark vertikalisiert aufgestellt, so dass es fünf weitere Verantwortliche für die Anwendungen gibt, die alle mehr oder weniger auf der gleichen Ebene wie Herr Kunz stehen, der die Zusatzaufgabe hat, als Geschäftsführer die juristische Klammer zu bilden.

Oracle braucht als Lösungsanbieter neue Konzepte

CW: Gibt diese Aufstellung aus Ihrer Sicht Sinn?

SAACKE: Man muss Oracle zugutehalten, dass es logischerweise neuer Konzepte bedarf in einem Unternehmen, das sich in den vergangenen Jahren radikal verändert hat – von einem Datenbankspezialisten zu einem kompletten Lösungsanbieter. Diese Veränderung bedeutete eine stärkere Fokussierung auf die Branchen. Das muss sich in der Organisation widerspiegeln. Oracle hat eine klar branchenorientierte Organisation und ordnet dem alles andere unter, so auch regionale Anforderungen.

CW: Es stellt sich dann aber die Frage, inwieweit Oracle auf länderspezifische Bedürfnisse Rücksicht nehmen kann.

SAACKE: Das ist die Kunst. Oracle hätte allerdings die Chance, über die User Groups kostengünstig Wissen zu regionalen Anforderungen einzusammeln. Man darf schließlich nicht vergessen, dass sich die Märkte nur langsam ändern. Der deutsche Markt wird auch in 20 oder 30 Jahren noch seine deutschen Eigenarten haben.