Gratifikationen, Zulagen und Co.

Freiwilligkeitsvorbehalte - Achtung Fallstricke!

08.07.2010 von Renate Oettinger
Die vielen Rechtsstreitigkeiten bei Sonderzahlungen zeigen es: Arbeitgeber sollten betriebliche Zusatzleistungen flexibel gestalten, sagt Dr. Christian Salzbrunn.

Zahlreiche vorformulierte Arbeitsverträge sehen neben einer Grundvergütung des Arbeitnehmers auch weitergehendere Gehaltsbestandteile vor, die allerdings oftmals unter dem Vorbehalt einer freiwilligen Zahlung von Seiten des Arbeitgebers gestellt werden. Dabei können solche freiwillige Zahlungen ganz unterschiedliche Zwecke haben: zur Honorierung einer Betriebstreue oder eines bestimmten Arbeitserfolgs. Der wirtschaftliche Hintergrund für solche Freiwilligkeitsvorbehalte liegt auf der Hand: es liegt im Interesse des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen - vor allem Zusatzleistungen - wegen der Ungewissheit wirtschaftlicher Entwicklungen für die Zukunft flexibel auszugestalten, damit solche zusätzliche Leistungen in wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht weiter erbracht werden müssen.

Die Vereinbarung derartiger Freiwilligkeitsvorbehalte in vorformulierten Arbeitsverträgen ist rechtlich jedoch nicht ganz unproblematisch. In einem Urteil aus dem Jahr 2007 (BAG, Urteil vom 25.04.2007, Az.: 5 AZR 627/06) hat das BAG bereits klargestellt, dass Freiwilligkeitsvorbehalte bei laufenden Arbeitsentgelten (wie z. B. monatlich wiederkehrende Entgeltzulagen) unzulässig sind. Nun hatte das BAG in einem Urteil vom 30.07.2008 darüber zu befinden, inwieweit Freiwilligkeitsvorbehalte bei Sonderzahlungen, also bei zusätzlichen, außerhalb des laufenden Entgelts liegenden Zahlungen (z. B. Gratifikationen, Gewährung von Jahressonderzahlungen, Jubiläumszulagen etc.) möglich sind.

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In dem zu entscheidenden Fall stritten ein Arbeitgeber und eine Arbeitnehmerin über den Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthielt hierzu folgende Klausel: "Die Angestellte erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe des Bruttogehalts nach den betrieblichen Vereinbarungen. Ein Rechtsanspruch auf Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers dar." Nach jahrelanger Zahlung stellte der Arbeitgeber im Jahr 2004 die Zahlung der Gratifikation ein, woraufhin die Arbeitnehmerin eine entsprechende Zahlungsklage erhob.

Und sie bekam in letzter Instanz vor dem BAG Recht. Die Richter des BAG stellten zunächst klar, dass Freiwilligkeitsvorbehalte bei Sonderzahlungen - anders als bei laufenden Arbeitsentgelten - grundsätzlich zulässig seien, wodurch sich ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung für künftige Bezugszeiträume ausschließen lasse. Des Weiteren wiesen die Richter darauf hin, dass es für die Wirksamkeit eines solchen Freiwilligkeitsvorbehalts auch nicht darauf ankomme, welcher Zweck mit der Sonderzahlung verfolgt wird. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt sei auch dann wirksam, wenn der Arbeitgeber mit der Sonderzahlung ausschließlich im Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich honorieren wolle.

Freiwilligkeitsvorbehalte müssen dem Transparenzgebot entsprechen

Dennoch erkannten die BAG-Richter die streitgegenständliche Klausel für unwirksam. Insoweit wiesen die Richter nämlich darauf hin, dass derartige Freiwilligkeitsvorbehalte dem Transparenzgebot entsprechen müssen und damit klar und verständlich formuliert sein müssen. Daran fehle es im vorliegenden Fall, weil die Zahlung der Weihnachtsgratifikation einerseits zugesagt und anderseits ein Rechtsanspruch auf die Gratifikation wieder ausgeschlossen worden ist. Dies sei widersprüchlich. Des Weiteren sei der dritte Satz der vorliegenden Klausel sowohl als Freiwilligkeitsvorbehalt als auch als Widerrufsvorbehalt ausgestaltet worden. Auch dies sei unzulässig. Denn ein Widerruf von Leistungen durch den Arbeitgeber setze einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung voraus. Ein solcher Anspruch existiere aber nicht, sofern auch ein Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart sei. Ein Widerruf der Leistung ginge damit per se in Leere. Insgesamt also befanden die Richter die streitgegenständliche Klausel als unklar im Sinne des § 307 Abs. 1. S. 2 BGB und damit als rechtsunwirksam (BAG, Urteil vom 30.07.2008, Az.: 10 AZR 825/06).

Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig es ist, Freiwilligkeitsvorbehalte in Arbeitsverträgen sorgfältig zu formulieren. Unklarheiten bei den vorformulierten Bedingungen gehen zu Lasten des Verwenders, also des Arbeitgebers. In jedem Falle sollte es künftig vermieden werden, eine bestimmte vertragliche Leistung sowohl mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt als auch mit einem Widerrufsvorbehalt zu verbinden. Des Weiteren sollte bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen darauf geachtet werden, dass bestimmte Leistungen nicht zuerst zugesagt werden und dann unter einem nachgeschobenen Vorbehalt gestellt werden. Stattdessen sollten die Formulierungen lediglich auf eine mögliche zusätzliche Leistung hindeuten, auf die der Arbeitnehmer aber keinen Rechtsanspruch hat. Die Klausel zur Weihnachtsgratifikation wäre im vorliegenden Fall also nicht zu beanstanden gewesen, wenn sie wie folgt formuliert gewesen wäre: "Die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation erfolgt freiwillig. Hierüber wird jedes Jahr erneut entschieden. Auch im Falle einer wiederholten Zahlung besteht weder dem Grunde noch der Höhe nach ein Rechtsanspruch."

Kontakt:

Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Tel.: 0211 1752089-0, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de