Projektarbeit

Freiberufler bringen frischen Wind in die Firma

21.03.2012 von Ingrid  Weidner
Von externen Projektmitarbeitern erwarten Unternehmen eine umfangreiche Erfahrung und ein spezielles Wissen - zu überschaubaren Preisen. Eine Umfrage zeigt, dass IT-Freelancer den hohen Anforderungen gerecht werden.

Viele Unternehmen engagieren IT-Freiberufler inzwischen ganz selbstverständlich. Stehen große Projekte an, die die hauseigene Mannschaft nicht stemmen kann, holen sie sich Experten von außen. Die Vorteile liegen auf der Hand: IT-Freelancer bringen spezielles Know-how, Erfahrung und eine umfangreiche Expertise mit, Controller schätzen deren flexible Einsatzplanung und die überschaubaren Kosten.

Frischen Wind sollen IT-Freiberufler durch ihr Spezialwissen in Projekte bringen.
Foto: Aamon/Fotolia.de

Inzwischen entdeckt auch die Wissenschaft das Phänomen IT-Freiberufler. Im Rahmen des Forschungsprojekts Flink ("Freelancer im Spannungsfeld von Flexibilisierung und Stabilisierung") gab das Bundesministerium für Bildung und Forschung verschiedene Studien in Auftrag. Stephan Kaiser, Professor für Personal-Management und Organisation der Universität der Bundeswehr in München, befragte Freiberufler sowie deren Auftraggeber, nämlich CIOs, Geschäftsführer und IT-Entscheider. Themen der Studie waren die Anforderungen an Freiberufler, die Zusammenarbeit zwischen internen und externen Mitarbeitern sowie deren Zufriedenheit mit dieser Kooperation. Insgesamt beantworteten 74 IT-Freelancer und 37 Entscheidungsträger die Fragen der Forscher. An Gesamtstudie nahmen 450 Freelancer aus dem IT- und Medienumfeld sowie deren Auftraggeber teil.

Auftrag durch persönliche Empfehlung

Ob ein Unternehmen überhaupt Freelancer einsetzt, entscheiden meist Geschäftsführung, CIO oder Projektleiter, selten die Personalverantwortlichen. Auch wenn es um die konkrete Auswahl der externen Mitarbeiter geht, haben Personaler wenig Einfluss.Die Rekrutierungswege folgen einem gängigen Schema. Wer bereits für das Unternehmen gearbeitet hat, wird oft wieder beschäftigt. Auch persönliche Empfehlungen öffnen den Freiberuflern die Firmentüren. Vermittlungsplattformen oder soziale Netzwerke waren in den befragten Unternehmen dagegen weniger wichtig.

Erfolgsfaktoren für Projekte

Überraschend einig sind sich Auftraggeber und -nehmer, wenn um die Erfolgsfaktoren geht. Die Freiberufler wünschen sich einen direkten Ansprechpartner im Unternehmen, der sich Zeit für ihre Fragen nimmt. Noch wichtiger sind ihnen aber eine klar definierte Aufgabe, ein professionelles Projekt-Management sowie eine kollegiale Zusammenarbeit im Team. Der Erfolg eines Projektes hängt auch davon ab, dass die IT-Freelancer von den Festangestellten gut über das Projekt informiert werden. Keinen großen Wert legen Freiberufler indes darauf, dass sie zu Betriebsfeiern oder Firmenausflügen eingeladen werden.

79 Prozent der befragten Auftraggeber sehen IT-Freelancer ganz klar in der Rolle des Spezialisten, von deren Fachwissen sie und die eigenen Mitarbeiter profitieren. Auch 82 Prozent der Freiberufler schätzen sich als Spezialist ein. Allerdings unterscheidet sich das Rollenverständnis der Externen in einigen Punkten von dem ihrer Auftraggeber. Während sich 76 Prozent der Freiberufler außerdem als Berater definieren, teilt nur knapp die Hälfte der Unternehmen diese Meinung. 40 Prozent der Firmen sehen Externe als Projektleiter, allerdings nur 32 Prozent der Freiberufler setzen sich selbst diesen Hut auf. Hier könnte eine klare Rollenverteilung Missverständnissen vorbeugen.

Außerdem schätzen Firmen die unabhängige Sichtweise der Externen. Gemischte Projektteams aus internen und externen Mitarbeitern sind für 88 Prozent der Auftraggeber produktiver als nur intern besetzte Teams. Allerdings übersteigt die Zahl der Externen selten die 25-Prozent-Marke. Freiberufler fühlen sich im Allgemeinen gut in die Teams integriert und akzeptiert. Allerdings steigt der Leistungsdruck innerhalb gemischter Teams, das sehen Festangestellte wie Freiberufler so.

"Viele Firmen öffnen sich für externes Wissen"

Professor Stephan Kaiser forscht an der Universität der Bundeswehr in München und befragte Freiberufler sowie deren Auftraggeber.
Foto: Kaiser

Professor Stephan Kaiser forscht an der Universität der Bundeswehr in München. Im Rahmen des Forschungsprojekts Flink befragte er Freiberufler sowie deren Auftraggeber. Im Gespräch mit der Computerwoche erläutert er, welche Chancen die Zusammenarbeit von IT-Freiberufler und Unternehmen bietet.

CW: Kurze Projekteinsätze sind die Ausnahme. Nach Ihrer Studie arbeiten die meisten IT-Freelancer zwischen einem halben und einem ganzen Jahr im Unternehmen. Wie wichtig ist eine gute Einarbeitung?

Stephan Kaiser: Hier gibt es viele Parallelen zur klassischen Teamentwicklung. Überall dort, wo Freelancer mit traditionell Beschäftigten oder anderen Externen zusammenarbeiten, ist eine gute Einarbeitung und Integration angebracht. Nur dann können diese gemischten Teams auch Höchstleistungen erbringen. Dazu gehören neben den Fakten wie projekt- und unternehmensbezogene Informationen auch weiche Faktoren wie eine klare Rollenverteilung.

CW: Die meisten Unternehmen versprechen sich von den IT-Freelancern über die Projektarbeit hinaus neue Ideen und sehen sie als externe Wissensvermittler. Waren Sie von diesem Ergebnis überrascht?

Kaiser: Davon waren wir nicht wirklich überrascht. Gerade in dynamischen Branchen sind Unternehmen zunehmend auf externes Wissen angewiesen, denn sie können nicht für jede neue Entwicklung interne Kompetenzen aufbauen. Viele Firmen öffnen sich für externes Wissen.

CW: Wo und wie lässt sich die Zusammenarbeit von Unternehmen und IT-Freelancern verbessern?

Kaiser: Konfliktpotenzial gibt es beispielsweise in der Zusammenarbeit zwischen internen und externen Mitarbeitern. Oft werden wichtige Informationen nicht vollständig an die Freiberufler weitergegeben. Das führt zu unnötigen Verzögerungen im Projekt. Weiteres Verbesserungspotenzial sehe ich in einer intelligenten und strategischen Projekt-Steuerung.

CW: Gemischte Projektteams gelten als besonders erfolgreich. Ist das ein Plädoyer für mehr IT-Freiberufler in Unternehmen?

Kaiser: Es ist vor allem ein Plädoyer für die Nutzung externer Kompetenzen in dynamischen Branchen. Dieses Wissen können Firmen über IT-Freelancer oder andere Dienstleister ins Unternehmen holen. Wichtig ist, dass sie die Zusammenarbeit mit externen Wissensträgern aktiv, professionell und zielgerichtet managen.