Einstiegsgehälter

Frauen verdienen von Anfang an weniger als Männer

30.06.2010 von Alexandra Mesmer
Sie haben die besseren Noten, waren öfters im Ausland und engagieren sich mehr. Dennoch verdienen Absolventinnen schon in ihrem ersten Job um 3000 Euro im Jahr weniger als ihre männlichen Kollegen.

Dass Frauen im Durchschnitt 22 Prozent weniger verdienen als Männer ist eine erwiesene Tatsache. Der Grund für diesen Verdienstunterschied wird meist in der Erwerbsbiografie der Frauen gesucht. In einer Studie für die Hans-Böckler-Stiftung gehen die Professorin Kirsten Wüst und die Diplom-Psychologin Brigitte Burkart von der Hochschule Pforzheim der Frage nach, ob diese Einschätzung richtig ist.

Frauen haben oft familiär bedingte Erwerbsunterbrechungen, arbeiten häufiger in Teilzeit und besetzen seltener eine Führungsposition. Typische Frauenberufe sind schlechter bezahlt als Männerberufe - die Fakten sind bekannt. Aber sind die Gehälter von Frauen und Männer wirklich gleich, wenn ihre Ausgangspositionen identisch sind? Werden Frauen und Männer einheitlich entlohnt, wenn sie die identische Stelle innehaben und die gleiche Erwerbsbiografie aufweisen?

Der Forschungsansatz der Pforzheimer Wissenschaftlerinnen ist klar: Wenn der Grund für den Gehaltsunterschied wirklich in der Erwerbsbiografie zu finden ist, müssten Frauen bei gleichem Studienabschluss und einem Vollzeitjob zumindest beim Berufseinstieg ein vergleichbares Gehalt beziehen wie ihre männlichen Konkurrenten. Das ist aber nicht der Fall.

It-Gehälter 2010

IT-Gehälter hängen von vielen Faktoren ab: Ausbildung und Berufserfahrung spielen eine wichtige Rolle ebenso wie Region und Branche, in der die Firma tätig ist. Wir haben aus der Gehaltsstudie fünf Beispieldatensätze herausgenommen, um zu zeigen, was einzelne IT-Fach- und Führungskräfte verdienen. (Foto: Joachim Wendler/Fotolia.com)
Der Systemadministrator
Alter: 52 Jahre<br/> Ausbildung: IT-Systemkaufmann<br/> Unternehmen: Maschinenbauer, Mittelstand<br/> Sitz des Unternehmens: Hessen<br/> Gehalt: 58.000 Euro im Jahr, keine Prämie (Foto: Andrzej<br/> Puchta/Fotolia.com)
Die IT-Beraterin
Alter: 38 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom-Ingenieurin (FH)<br/> Unternehmen: IT-Systemhaus<br/> Sitz des Unternehmens: Frankfurt am Main<br/> Gehalt: 68.000 Euro im Jahr, davon 8.000 Euro Prämie<br/>
Der Leiter Softwareentwicklung
Alter: 40 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom-Ingenieur (FH)<br/> Unternehmen: IT-Systemhaus<br/> Sitz des Unternehmens: Hamburg<br/> Gehalt: 92.000 Euro im Jahr, davon 11.000 Euro Prämie<br/>
Der IT-Leiter
Alter: 46 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom- Informatiker (Universität)<br/> Unternehmen: Automobilzulieferer<br/> Sitz des Unternehmens: Raum Bremen<br/> Gehalt: 106.000 Euro im Jahr, davon 9.000 Euro Prämie<br/>
Der Leiter SAP-Beratung
Alter: 41 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom- Informatiker (Universität)<br/> Unternehmen: IT-Systemhaus<br/> Sitz des Unternehmens: Raum Stuttgart<br/> Gehalt: 154.000 Euro im Jahr, davon 28.000 Euro Prämie<br/>Quelle: Personalmarkt<br/>

Männer sind mobiler als Frauen

Die Befragung von über 3000 Absolventen der Pforzheimer Fakultät Wirtschaft und Recht im Zeitraum von 1998 bis 2008 ergab, dass Absolventinnen ein um acht Prozent geringeres Einstiegsgehalt erzielen als männliche Absolventen des gleichen Studiengangs. Und das, obwohl sie im Schnitt die besseren Noten haben, öfters im Ausland waren und sich mehr in studentischen Organisationen engagieren. Diese Unterschiede treten bei allen Studiengängen ohne Ausnahme auf. Im Mittel verdienen die Frauen so schon beim Berufseinstieg pro Jahr rund 3.000 Euro weniger als die Männer.

Wüst und Burkart können belegen, dass ein Teil der Gehaltsunterschiede auf der höheren Mobilität der männlichen Absolventen basiert. Als weitere Gründe vermuten sie eine Selbstselektion der Frauen, die eine anderen Lebensplanung vorziehen und eher auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie abzielen als auf ein möglichst hohes Gehalt. Die Autorinnen schließen aber auch eine Diskriminierung von Frauen nicht aus. Arbeitgeber könnten versucht sein, Frauen im Hinblick auf künftig zu erwartende Erwerbsausfälle schlichtweg weniger Geld anzubieten als Männern.

Die Autorinnen fordern eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten sowie eine in die Hochschule integrierte Karriereförderung für Frauen. Damit sollen die geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschiede der künftigen Absolventen verringert und das Selbstbewusstsein der Frauen gestärkt werden.

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