Die Arbeitswelt der Zukunft

Fluch und Segen der Flexibilität

08.02.2015 von Susanne Köppler
Die moderne Arbeitswelt 4.0 wird sich bis 2025 in vielen Branchen etablieren. Bis dahin werden sich Arbeit und Freizeit immer mehr verknüpfen, Personen und elektronische Arbeitsmittel umfassend vernetzen und moderne IT-Geräte und Technologien selbstständig miteinander kommunizieren.

Zu diesem Ergebnis kam zuletzt eine Expertenrunde im Rahmen des eco Kongresses 2014. Im Zeitalter von Laptop, Tablet und Smartphone können Unternehmen ihren Mitarbeitern immer mehr Freiheit zum Erledigen ihrer Aufgaben einräumen. Nach Expertenmeinung wird es beispielsweise für zwei Drittel der Büroarbeiter in Deutschland bis 2025 selbstverständlich sein, auch von zu Hause aus zu arbeiten. Dies führt dazu, dass Unternehmen weltweit ihre Büroflächen deutlich reduzieren werden. Für zehn Mitarbeiter sind zukünftig nur noch durchschnittlich 6,7 Schreibtische vorgesehen. Im Zuge der Zeit- und Standortunabhängigkeit wird auch das Arbeiten in der Cloud immer wichtiger.

Zukünftig wird es für zehn Mitarbeiter nur noch 6,7 Schreibtische im Durchschnitt geben. Da ist Standortunabhängigkeit gefragt.
Foto: Guryanov Andrey - shutterstock.com

Ressource Mitarbeiter steht im Mittelpunkt

Laut Lucia Falkenberg, HR-Managerin und Expertin der Kompetenzgruppe New Work bei eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V., steht die Digitalisierung im Mittelpunkt der Arbeitswelt 4.0.

Spätestens seitdem der demographische Wandel die Anzahl der Fachkräfte schrumpfen lässt und die Globalisierung uns vor neue Herausforderungen stellt, steht die "Ressource Mitarbeiter" noch stärker im Fokus der Personalabteilungen. "Allein in Deutschland wird die Anzahl an erwerbsfähigen Menschen bis 2025 um bis zu 6,5 Millionen Personen zurückgehen. Durch diese Entwicklung nähern wir uns immer mehr der Vollbeschäftigung, in der sich die meisten der hochqualifizierten sogenannten Wissensarbeiter ihren Arbeitgeber aussuchen können."

Wandel hin zum Arbeitnehmermarkt

Dieser Wandel hin zum Arbeitnehmermarkt führe zunehmend dazu, dass die zukünftigen Arbeitsbedingungen immer mehr an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden. Dies soll nach Angaben von Falkenberg zu einer besseren Vereinbarkeit von beruflichem Erfolg und Privat- oder Familienleben führen, mehr hochqualifizierten Frauen die Berufstätigkeit ermöglichen und jene psychischen Belastungen reduzieren, die heute der Spagat zwischen Arbeit und Privatleben mit sich bringt. "Jeder, der regelmäßig aus dem Meeting zur Kita hetzt, weiß, wovon die Rede ist", beschreibt Falkenberg.

Lucia Falkenberg, HR-Managerin bei eco: "Der Wandel hin zum Arbeitnehmermarkt wird Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen haben."
Foto: eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V.

Fluch und Segen zugleich

Bis 2025 wird es eine starke Nachfrage nach flexiblen Arbeitsformen geben. So gehen in einer empirischen Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) 70 Prozent der Beschäftigten davon aus, dass im Jahr 2025 "eine gelebte Work-Life-Balance" als Statussymbol gilt.

Die Arbeitswelt 4.0 kann jedoch zugleich Fluch und Segen sein: Der Arbeitgeber räumt seinen Mitarbeitern zwar eine größere Flexibilität zum Erledigen der Arbeiten ein, erwartet aber im Gegenzug auch eine größere Flexibilität von den Arbeitnehmern selbst. "Die Experten sind sich darüber einig, dass dies in den allermeisten Fällen zu längeren Arbeitszeiten führt als beim klassischen '9 to 5'. Viele Fachleute warnen daher vor einer ständigen Erreichbarkeit durch die duale Nutzung von Smartphones und Co., die dazu führen kann, dass sich Mitarbeiter rund um die Uhr 'on duty' fühlen ", räumt die HR-Expertin von eco ein.

Wie wird Arbeiten im Home Office effizient? -
Wie wird Arbeiten im Home Office effizient?
Unify gibt einige praktische Tipps, mit denen Mitarbeiter auch ihr Home Office möglichst produktiv gestalten können.
Grenzen setzen - auch zu Hause
Im eigenen Heim lauern zahlreiche Ablenkungen: Nicht abgespültes Geschirr, der Kühlschrank, Radio oder Fernseher üben ungeahnte Anziehungskräfte aus und stören die produktive Arbeit.
Ein festgelegter Arbeitsbereich, ...
... der vom übrigen Wohnraum abgetrennt ist, verhilft auch zu klaren Grenzen im Kopf. Die Gefahr der Ablenkung wird geringer.
Einen Fensterplatz buchen
Stress bremst die Produktivität. Ein Blick aus dem Fenster bietet Abwechslung, noch mehr wenn er direkt ins Grüne geht. Außerdem ist es für Bildschirmarbeiter sinnvoll, regelmäßig in die Ferne zu sehen, zumindest einige Meter hinter den Monitor.
Ein Fensterplatz ...
... verringert die Belastung der Augen und damit auch den Arbeitsstress. Tipp für alle, die keinen Platz am Fenster haben: Auch Zimmerpflanzen oder ein Zimmerbrunnen sorgen für entspannte Atmosphäre.
Mit Farben spielen
Farbe ist ein wichtiger Faktor für jeden Büroraum, egal ob in der Firma oder zu Hause. Farben beeinflussen die Stimmung wesentlich.
Neutrale Farben wirken beruhigend, ...
... während manche Orange- und Gelbtöne sogar das Hungergefühl fördern. Besonders zu empfehlen für eine produktive Arbeitsumgebung sind Zitronentöne, Pastellblau oder Cremefarben.
Auf einen ergonomischen Arbeitsplatz achten
Mitarbeiter können nur produktiv sein, wenn sie gesund sind und einen komfortablen Arbeitsplatz haben.
Das Büro zuhause ...
... soll auch nach ergonomischen Vorgaben eingerichtet werden, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Hier sind ebenfalls die Arbeitgeber gefragt: Sie sollten unbedingt dafür sorgen, dass alle ihre Mitarbeiter die nötigen Informationen zur Ergonomie am Arbeitsplatz bekommen.
Für Flexibilität sorgen
Auch wenn das Home Office seinen festen Platz in der Wohnung haben sollte: Stuhl und Schreibtisch festzuschrauben, hilft auch nicht weiter.
Dagegen fördert es die Kreativität ...
... gelegentlich die Position und damit den Blickwinkel auf die aktuelle Arbeit zu wechseln. Es ist ebenfalls hilfreich, Dinge neu sortieren zu können oder die Arbeit anders anzuordnen - dafür sollte auch im Home Office Platz sein.

Arbeitswelt 4.0 benötigt Regeln und Abstimmungsprozesse

Dass immer und überall gearbeitet wird, kann nach Meinung der New Work Spezialistin sogar zu einer Zunahme der psychischen Belastung am Arbeitsplatz und mehr Stress führen. Eben diesen Stress hat die Weltgesundheitsorganisation WHO nicht ohne Grund zu einer der "größten Gefahren des 21. Jahrhunderts" erklärt. Falkenberg ist sich jedoch sicher, dass die fortschreitende Digitalisierung hauptsächlich zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen wird. Die Aussicht, künftig Job und individuelle Lebensgestaltung besser vereinbaren zu können, eröffnet vielen Mitarbeitern neue Chancen. Außerdem wird selbstbestimmteres Arbeiten zu mehr Arbeitszufriedenheit führen. Grundlage hierfür ist aber, dass sich Unternehmen und Mitarbeiter auf die Einhaltung bestimmter Regeln einigen und die Zusammenarbeit vertrauensvoll und mit gegenseitigem Respekt abstimmen - dann werden die Trennung zwischen Beruflichem und Privatem und auch der verdiente Feierabend weiterhin möglich bleiben.

Kleine Übungen gegen Stress -
Immer mehr Stress
Die Arbeitswelt wandelt sich: Immer mehr wird von einem erwartet, die Aufgaben werden immer komplexer. Vielen Menschen wird der Stress zu viel. Das ist gefährlich, denn ...
Keine Zeit für nichts
... Burnout und Depressionen drohen. Doch mit kleinen Tricks und Übungen von der Gesundheitsexpertin Dr. Claudia Croos-Müller kann man Körper und Geist fit machen gegen Stress und Überlastung.
Es muss nicht immer Sport sein
Und keine Sorge: Ein ausuferndes Fitnessprogramm kommt nicht auf Sie zu. Obwohl mehr Sport im Alltag eine gute Idee ist, um Stress abzubauen.
Mehr Bewegung
"Jede Form der halbwegs lustvollen Bewegung sorgt dafür, dass antidepressive Hormone ausgeschüttet werden", erklärt Croos-Müller. Bewegung macht also tatsächlich glücklich.
Kleine Schritte
Es muss aber nicht gleich joggen sein. Es reicht schon, zum Beispiel häufiger aufzustehen, Meetings im Stehen abzuhalten oder ein paar Hundert Meter Spazieren zu gehen.
Entspannung für den Kopf
Wer sich bewegt, dessen Gehirn schaltet um. So rät Croos-Müller dazu, ein wenig auf der Stelle zu joggen, zum Beispiel wenn ...
Wut im Kopf
... Sie sich gerade über etwas ärgern. Ein bisschen Bewegung lässt den Ärger verfliegen - und das Stresslevel sinkt.
Kopfsache
Bei Bewegung werden im Gehirn Hormone mit antidepressiver Wirkung ausgeschüttet und solche, die Morphium ähneln.
Nicht immer so negativ
Mindestens so wichtig wie Bewegung: Aktivieren Sie die mentalen Ressourcen, trainieren Sie sich darauf, Angelegenheiten positiv zu sehen. Das ist leichter gesagt als getan. Doch schon kleine Schritte helfen. Zum Beispiel:
Freude empfinden
Seien Sie netter zu sich selbst, verzeihen Sie sich Fehler. Wer häufiger Freude, Liebe oder Stolz empfindet, dessen Stresslevel sinkt. So ist man resistenter gegen ...
Nicht unterkriegen lassen
... fiese Chefs und Kollegen. Auch das könne man trainieren, meint Croos-Müller. Wer übt, zuversichtlich zu sein, dessen Gehirn passt sich an.
Bitte lächeln
Probieren Sie auch einmal aus, mehr zu lächeln - vielleicht sogar sich selbst morgens im Spiegel. "Wer viel lacht, der ist gesünder", erklärt Croos-Müller.
Gut fürs Herz
Croos-Müller rät zudem dazu, sich kleine Morgenrituale zuzulegen. In unter drei Minuten den Kreislauf mit Dehnen und Stampfen in Schwung bringen, sich selbst im Spiegel anlächeln und tief atmen.
Entspannt im Büro
Wer nur ein paar dieser Übungen beherzt, der geht entspannter durch den Büroalltag - und durchs Leben.