Virtualisierung

Fitness-Check für Server

17.12.2008 von Oliver Häußler
Virtualisierung bietet viele Vorteile: Mehr Effizienz, höhere Effektivität, aber auch gesteigerte Flexibilität und Verlässlichkeit der IT. Virtualisierung erhöht die Auslastung von IT-Ressourcen, verbessert die Qualität und vereinfacht das Management der Systeme. Vor der Einführung sollte jedes Unternehmen prüfen, ob Team und Netzwerk fit für die Virtualisierung sind.

Die wirtschaftlichen Vorteile einer Server-Virtualisierung liegen eindeutig in der Kostenersparnis. Je nach Rahmenbedingungen lässt sich die Zahl der physikalischen Server im Verhältnis 15:1 oder mehr reduzieren. Das hat Einsparungen bei der Hardwareanschaffung und dem Systembetrieb zur Folge. Ebenso wirkt sich die Reduzierung der Hardware auf den Platzbedarf und somit gegebenenfalls auf die Mietkosten aus.

Aus IT-Sicht liegen die Vorteile in der Konsolidierung der Server. Damit verbunden sind weniger Administrationsaufwand, ein geringeres Sicherheitsrisiko und vereinfachte Wartung. Außerdem bietet das System nach der Virtualisierung eine höhere Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit und lässt sich leichter skalieren.

Andi Mann: "Eine präzise Vorbereitung und Prüfung ist die wichtigste Voraussetzung für die erfolgreiche Virtualisierung".

Virtualisierung rechnet sich dennoch nicht für jedes Unternehmen. Experten raten, vorab eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchzuführen. Doch selbst wenn diese zum Ergebnis kommt, dass Virtualisierung im Unternehmen wirtschaftliche Vorteile bietet, sind eine Reihe weiterer Punkte zu berücksichtigen. Der Erfolg eines Projekts hängt stark von der richtigen Vorbereitung ab. Diese bezieht sich sowohl auf technische Voraussetzungen, die zu schaffen sind, als auch auf die eigene Bereitschaft und Leistungsfähigkeit.

Die zehn zentralen Punkte, die IT-Verantwortliche vorab klären sollten, sind aus Empfehlungen der US-Beratung Enterprise Management Associates (EMA) abgeleitet. Der verantwortliche Analyst von EMA, Andi Mann, warnt davor, Virtualisierung über das Knie zu brechen. "Eine präzise Vorbereitung und Prüfung ist die wichtigste Voraussetzung neben der Wirtschaftlichkeitsprüfung für die erfolgreiche Virtualisierung", so Mann.

Der EMA-Experte rät IT-Verantwortlichen, das Virtualisierungsvorhaben nicht als isoliertes Projekt, sondern vielmehr als Strategie zu begreifen. Dabei sei es wichtig, den langfristigen Nutzen herauszustellen, um auch langfristig von den Vorteilen zu profitieren.

Vor einem unternehmensweiten Vorhaben zur Virtualisierung empfiehlt Mann die Bearbeitung folgender Punkte:

1. Machen Sie Ihr Team fit

Virtualisierung ist für die meisten IT-Mitarbeiter ein neues Thema. Laut Andi Manns Rückmeldung aus Unternehmen fühlen sich drei Viertel der Unternehmen, die noch nicht virtualisiert haben, nicht kompetent genug für den Einsatz und Betrieb der Technologie. Daher muss in der Abteilung die Frage nach der eigenen Kompetenz gelöst werden, bevor eine Virtualisierung durchgeführt wird. "Sie stellt in der Regel die größte Herausforderung dar". Mann empfiehlt, bereits vor dem Projektstart die Mitarbeiter zu trainieren und die Anforderungen festzulegen, absehbare Veränderungen zu dokumentieren und mit begrenzten Pilotversuchen zu starten.

2. Fachabteilungen mit einbeziehen

Wird Virtualisierung als eigenständiges IT-Projekt betrachtet, fehlt den Fachabteilungen der Bezug dazu. Ist sie strategisch aufgehängt (s.o.), so wird der Nutzen auch in den Fachabteilungen transparent und deren Mitarbeiter akzeptieren das Vorgehen.

Da aber in vielen Unternehmen Fachabteilungen eigenständig arbeiten, kann es vorkommen, dass sich einzelne Gruppen weigern, ihre Server mit anderen zu teilen. In diesem Fall hilft es, die Skeptiker von der höheren Leistung der virtualisierten Systeme zu überzeugen oder ihnen die Angst davor zu nehmen, dass die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten Nachteile mit sich bringt.

3. Risiken vermeiden

Bei allen Vorteilen, die Virtualisierung verspricht, muss dem IT-Verantwortlichen bewusst sein, dass sie zunächst einmal auch das Risiko erhöht. Durch die Verringerung der Serveranzahl besteht automatisch ein zunehmendes Ausfallrisiko. Hinzu kommt, dass sich mehr Nutzer und Applikationen als zuvor auf weniger virtuelle Umgebungen konzentrieren, die komplexer in der Verwaltung sind. Das bedeutet, dass Fehler, Sicherheitslücken oder Hardwareausfälle bei virtualisierten Systemen stärker ins Gewicht fallen. Die EMA rät daher, zuvor detaillierte Pläne für Business Continuity und Disaster Recovery zu entwickeln.

4. Sicherheitssysteme absichern

Virtualisierung bringt auch neue Sicherheitslücken mit sich. Die Anfälligkeit der Systeme erhöht sich und "die wenigsten Unternehmen sind in der Lage, die Schwachstellen zu schützen", so Mann.

"Hypervisor-Infektionen, Rootkit-Viren und bösartige virtuelle Maschinen können an den heutigen Tools praktisch unerkannt vorbeischlüpfen", sagt der EMA-Analyst. Er rät dazu, die virtuellen Server in gleichem Maße zu sichern wie die physikalischen Rechner. Man müsse sich klar darüber sein, dass dies zusätzlichen Aufwand bedeute, der zu berücksichtigen sei.

5. Kompatibilität prüfen

Wie immer, wenn eine Technologie komplexer wird, stellt sich die Frage nach der Kompatibilität. So gebe es Anwendungen und Systeme, die nach der Virtualisierung nicht mehr oder nicht ohne Einschränkungen funktionieren. Das zeichne sich oft bei sehr effizienten Anwendungen und bei Spitzenbelastungen aus.

6. Kapazitätsplanung erstellen

Um ein unkontrolliertes Wachstum virtueller Server zu vermeiden, empfiehlt der EMA-Analyst, eine detaillierte Kapazitätsplanung vorzunehmen und sicherzustellen, dass keine Ressourcen-Engpässe entstehen.

7. Installationen überprüfen

Nicht jedes Unternehmen arbeitet mit Standard-Applikationen, die eine Virtualisierung unterstützen. Viele proprietäre oder nicht besonders verbreitete Anwendungen funktionieren in virtuellen Umgebungen nicht mehr. Daher ist im Vorfeld zu prüfen, ob alle Programme virtualisierbar sind, beziehungsweise, welche erst noch dafür fit gemacht werden müssen.

8. Netzprobleme vermeiden

Anwendungsorientierte Applikationen erfordern eine hohe Transferrate, die durch das Netzwerk nicht immer gewährleistet wird. Netze und Speicher sind daraufhin zu prüfen und bei Bedarf zu optimieren.

9. Management-System adaptieren

Eigentlich sollte eine virtuelle Umgebung einfacher zu managen sein. Zunächst einmal ist aber zu prüfen, ob auch die Überwachungssysteme in der virtuellen Umgebung laufen. In der Praxis funktioniert dies meist bei der Umstellung gut, doch sobald die Anzahl virtueller Server zunimmt, wird die Administration aufwändiger. Das Management-System muss diesen Zuwachs beherrschen, schließlich solle es dem IT-Administrator die Arbeit erleichtern und nicht zusätzliche Probleme bereiten.

Die bei der Virtualisierung zusätzlich geschaffene Softwareschicht erhöht die Komplexität und stellt eine weitere Herausforderung an die Management-Systeme dar. Andi Mann rät zur Festschreibung von Prozessen etwa für Performance-, Konfigurations-, Patch- und Service-Level-Management sowie für Beschaffung und Disaster Recovery.

10. Business-Orientierung berücksichtigen

Da Virtualisierung nicht als Projekt, sondern als Strategie zu verstehen ist, muss sie sich an den geschäftlichen Zielen ausrichten. "Dies wird in der Praxis am häufigsten übersehen". Bereits in der Planungsphase sind daher die Ziele der Virtualisierung zu definieren. Gemeint sind nicht allein die technischen Ziele, sondern jene, die sich an den Unternehmenszielen ausrichten.

Weitere Tipps zur Server-Virtualisierung hat auch das Marktforschungsinstitut Gartner zusammengestellt.