Die Schonfrist ist vorbei

Fiskus macht ernst mit der digitalen Betriebsprüfung

30.01.2003 von von Stefan
Anfang 2002 traten die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfung digitaler Unterlagen“ (GDPdU) sowie die Abgabenordnung (AO) in ihrer neuen Form in Kraft. Wer jetzt den Betriebsprüfer nur verständnislos anblickt, wenn er mit Laptop und Prüfsoftware zur Außenprüfung erscheint und einen Datenträger mit sämtlichen steuerrelevanten Daten verlangt, handelt sich Ärger ein.

VIELE UNTERNEHMEN haben sich dem Thema überhaupt noch nicht gestellt. Wer sich aber heute nicht mit den GDPdU beschäftigt, kann bei einer Betriebsprüfung in drei bis vier Jahren gewisse Daten in der verlangten Form nicht liefern“, beschreibt Thomas Hafner, Senior Consultant bei Ernst & Young, die derzeitige Lage. Dabei ist beinahe jedes Unternehmen in Deutschland betroffen: „Die GDPdU gelten für alle steuerpflichtigen Firmen, die ihre Buchhaltung mit DV-Unterstützung abwickeln, vom Konzern bis hin zum kleinen Handels- oder Handwerksbetrieb“, so Manfred Waltz von PwC Deutsche Revision.

Mit der Änderung der AO und den GDPdU tragen die Finanzbehörden dem Umstand Rechnung, dass elektronische Geschäftsvorfälle in der Mehrzahl der deutschen Unternehmen mittlerweile überwiegen. Das Interesse der Finanzbehörden verlagert sich daher weg von den physisch vorhandenen Ausdrucken und Belegen hin zu den elektronisch erzeugten, steuerrelevanten Vorgängen in den DV-Systemen eines Betriebes.

Kein Online-Zugriff

In der Praxis haben Außenprüfer die Wahl zwischen drei Zugriffsvarianten. Beim unmittelbaren Datenzugriff (Z1-Verfahren) nutzt der Außenprüfer die Hard- und Software des zu prüfenden Unternehmens. Dabei darf er im Nur-Lese-Zugriff sämtliche Auswertungsfunktionen nutzen, die das System bietet. Beim mittelbaren Datenzugriff (Z2-Verfahren) nimmt der Steuerpflichtige diese Auswertungen nach den Vorgaben des Prüfers selbst vor. Ein Online-Zugriff ist dem Prüfer nicht gestattet.

Die Datenträgerüberlassung (Z3-Verfahren) wird von den Finanzbehörden wohl bevorzugt werden. Dabei sind alle steuerrelevanten Daten auf einem Transportmedium wie CD-R, DVD-R oder MO dem Prüfer auszuhändigen. ZIP-Drive-Medien oder exotische Datenträger werden von den Finanzbehörden wahrscheinlich nicht akzeptiert. Neben den gespeicherten Unterlagen sind der Finanzbehörde alle zur Datenauswertung notwendigen Strukturinformationen in maschinell auswertbarer Form zur Verfügung zu stellen.

Für die Durchführung der digitalen Prüfungen nutzen die Finanzbehörden 14 000 Laptops, die mit der Prüfsoftware Idea von Audicon ausgestattet sind. Die Erfahrung zeigt, dass Prüfer auf die folgenden Punkte besonderen Wert legen und diese deshalb von jedem Steuerpflichtigen eingehend im eigenen Unternehmen analysiert werden sollten.

Die Finanzbehörden fordern in jedem Falle die Möglichkeit der maschinellen Auswertbarkeit der Daten, das heißt den „…wahlfreien Zugriff auf alle gespeicherten Daten einschließlich der Stammdaten und Verknüpfung mit Sortier- und Filterfunktionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“. Wegen fehlender „wahlfreier Zugriffsmöglichkeit“ werden keine Reports oder Druckdateien akzeptiert. Das gilt auch für archivierte Daten, bei denen während des Archivierungsvorgangs eine „Verdichtung“ stattgefunden hat oder stattfinden könnte. Die Vielzahl der momentan verfügbaren, digitalen Archivierungs-Systeme sind dazu wohl noch ebenso wenig in der Lage wie die meisten Anbieter von FiBu-, Lohn- oder ERP-Software. Einen Lösungsansatz könnte hier der Beschreibungsstandard für die Datenträgerüberlassung bieten, zu dem weitere Informationen beim BMF unter

www.bundesfinanzministerium.de abgerufen werden können.

Der zweite entscheidende Maßstab für die Finanzbehörden ist die Revisions- und Datensicherheit. Danach müssen alle archivierten digitalen Informationen gegen jede nachträgliche Veränderung und Manipulation geschützt sein und gleichzeitig die Möglichkeit der lückenlosen, retrograden Rekonstruktion aller steuerlich relevanten Vorgänge bieten. Die gesamte IT-Architektur muss dabei in allen Prozessen nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) konzipiert sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass CD-R und DVD-R von den Finanzbehörden in keinem Fall als revisionssicheres Archivmedium anerkannt werden, sondern lediglich als Transportmedium der Datenträgerüberlassung.

Mehrwert schaffen

Die Finanzbehörden helfen bei der Auswahl der passenden Lösung nicht, da sie selbst keine Systeme zertifizieren. Auch sind Unternehmen einfach zu unterschiedlich, es existiert kein Königsweg. Dennoch sollten Unternehmer alle steuerrelevanten Daten über den gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungszeitraum von sechs beziehungsweise zehn Jahren revisionssicher archivieren und ohne erheblichen Aufwand und Kosten wieder lesbar und maschinell auswertbar machen können.

Abschließend lässt sich festhalten, dass neben den GDPdU noch andere Vorgaben, insbesondere die des IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer), in einem Archivierungsprojekt Beachtung finden sollten. Noch wichtiger ist der zu erwartende Mehrwert. Ein erfolgreiches Archivierungsprojekt ist durch den Zusatznutzen gekennzeichnet, der sich in den optimierten Unternehmensabläufen widerspiegelt. Eine plattformunabhängige und von Migrationen im Produktivsystem weitgehend unabhängige Archivierungslösung muss die entscheidende Zielvorgabe sein. (uk)

Checkliste zum download (pdf, 177KB)

* Stefan Groß, Diplom-Kaufmann und Steuerberater bei der Kanzlei Peters, Schönberger & Partner GbR in München, ist Leiter des Arbeitskreises Recht und Steuern beim VOI (www.voi.de).