Die Besten halten

Firmen ignorieren den Fachkräftemangel

19.11.2008 von Hans Königes
Unternehmen müssen sich künftig stärker darauf konzentrieren, ihre Leistungsträger zu erkennen und an sich zu binden. Diese Vorstellung entpuppt sich allerdings oftmals als Wunschdenken. Denn bei vielen Arbeitgebern besteht keine klare Strategie in Fragen der Mitarbeiterbindung und Förderung.

Unternehmen fehlt es oft an einer nachhaltigen Personalpolitik. Selbst bei der Besetzung von Schlüsselpositionen führt das Prinzip des Glückstreffers Regie. Experten zufolge ist dies in Anbetracht der aktuellen und vor allem der für die Zukunft prognostizierten Arbeitsmarktsituation unhaltbar. Neben dem Fach- und Führungskräftemangel kommt mit der wirtschaftlichen Stagnation, hervorgerufen durch die Krise in der Finanzwelt, eine weitere Herausforderung hinzu: der Einstellungsstopp. Mangels Experten auf dem Arbeitsmarkt oder der internen Firmenpolitik werden keine beziehungsweise nur sehr begrenzt neue Mitarbeiter eingestellt. So müssen sich Personalverantwortliche stärker am bereits vorhandenen Personal orientieren und dieses fördern.

Talente und Wissen intern binden

Interne Mitarbeiter erweisen sich oft als ideale Besetzung für eine neue oder offene Position. Der Vorteil: Sie kennen das Unternehmen, das Unternehmen kennt sie. Allerdings zeigt sich, dass bei der Förderung der eigenen Mitarbeiter Unternehmen großen Nachholbedarf haben. Wichtig ist vor allem, die notwendigen internen Personalstrategien und -maßnahmen umzusetzen, um Talente zu erkennen, deren Förderung voranzutreiben und sie stärker an das eigene Unternehmen zu binden. Dies weiß auch Roland Netter, Vorstand der Personalberatung QRC Group: "Viele Unternehmen bauen einzig auf das obligatorische Feedbackgespräch bei der Mitarbeiterförderung. Weitere Möglichkeiten wie etwa das Etablieren von Talent-Pools oder Skill-Datenbanken werden meist sträflich vernachlässigt."

Doch gerade Talent-Pools und Skill-Datenbanken sind gängige Instrumente in der Personalentwicklung. Diese unternehmensintern angelegten und gepflegten Datenbanken dienen im Rahmen der Mitarbeiterrekrutierung oder Personalentwicklung als Informationsbasis für eine treffende Auswahl bei Stellenbesetzungen. Seltener noch werden die Vorteile von Audits und Assessments genutzt. Dabei haben sich diese differenzierten Analysetools bei der Beurteilung von Mitarbeiterleistungen gut bewährt. "Den Unternehmen wird mittelfristig nichts anderes übrig bleiben als die gegebenen Werkzeuge stärker in ihre interne Personalentwicklungsstrategie einzubinden, wollen sie nicht auf das Mitarbeiterpotenzial verzichten und den Anschluss verlieren", so Netter.

Tipps für eine zielgerichtete Personalpolitik

  • Werkzeuge in der Personalentwicklung wie Talent-Pools oder Skill-Datenbanken besser nutzen;

  • Mitarbeitern mehr Entwicklungsperspektiven aufzeigen, um das Potenzial und Wissen im eigenen Haus zu halten;

  • Etablierung einer klaren Personal-Management-Strategie;

  • Unternehmen sollten stärker für sich werben (Employer Branding).

Werben in eigener Sache

Die Folgen einer unzureichenden Personalentwicklungspolitik sind gravierend. Mangelt es den Mitarbeitern an beruflichen Perspektiven in der eigenen Firma, kündigen sie innerlich oder suchen nach Alternativen. Und diese tun sich dann bei der Konkurrenz auf. Einige große Unternehmen haben dies längst erkannt und legen Wert auf die Pflege ihres Images sowie der Förderung von qualifizieren Mitarbeitern. Aber auch mittlere und kleine Unternehmen müssen sich positionieren, um für Fach- und Führungskräfte interessant zu sein.

"Gelingt es nicht, Mitarbeiter mit den entsprechenden Qualifikationen zu gewinnen oder zu fördern, hat das langfristig wirtschaftliche Negativfolgen. Gerade in Zeiten, in denen die qualifizierte Arbeitskraft zur knappen Ressource und damit zum Wettbewerbserfolg wird, sollten Organisationen transparent kommunizieren, welche Vorteile sie zu bieten haben", so Netter. Hier hat sich das so genannte Employer Branding etabliert - ein Konzept, mit dessen Hilfe Unternehmen sich als attraktive Arbeitgeber darstellen und positiv von Wettbewerbern abheben können. Gerade in Zeiten des Mangels und der Krise ist dies ein wirkungsvolles Mittel bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern.

Studie zum Personal-Management

Die QRC Group hat eine neue Studie zum Thema "Personalmanagement heute" herausgebracht. Das Ergebnis unter rund 130 befragten Unternehmen (vorwiegend aus dem IT-Umfeld) fällt eher ernüchternd aus: Viele Firmen erkennen das interne Mitarbeiterpotenzial zu wenig. So gaben rund 90 Prozent der Befragten an, dass sie das Feedback-Gespräch immer oder meistens bei der Personalentwicklung nutzen. Weitere Instrumente wie etwa der Einsatz von Skill-Datenbanken oder Assessments kommen dagegen kaum zum Einsatz.