HR-Software

Firmen halten im Personalwesen an Aktenschränken fest

31.03.2009 von Frank Niemann
Obwohl es mittlerweile ausgereifte Software für das Personal-Management gibt, verbreiten sich die elektronische Personalakte, Programme zur Mitarbeiterentwicklung und zur Auswertung von Personalinformationen nur zögerlich. Noch laufen viele Vorgänge nur zum Teil IT-gestützt ab.

Lohnbuchhaltung und Personalstammdatenverwaltung macht heute kaum einer mehr auf Papier. Firmen betreiben entweder eigene Lohn- und Gehaltsabrechnungssysteme oder beauftragen IT-Dienstleister, die ihnen die Arbeit abnehmen. An diesen Softwarelösungen ändert sich auch kaum etwas, sieht man einmal von den regelmäßigen Aktualisierungen aufgrund gesetzlicher Änderungen ab.

Anbieter von Personalsoftware konzentrieren sich daher auf Funktionen, mit denen Unternehmen Abläufe in der Personalabteilung verbessern können. Besonders betonen Softwarehäuser derzeit die digitale Personalakte. Die Idee dabei: Sämtliche Informationen über einen Angestellten liegen in elektronischer Form vor. Das soll den Zugriff auf Stammdaten und Dokumente beschleunigen sowie Auswertungen erleichtern. Personalexperten würden so weniger Zeit mit der Suche und Verwaltung verlieren und könnten sich den Aufgaben wie etwa der Personalentwicklung und dem Talente-Management widmen, versprechen die Hersteller. Aus elektronisch geführten Akten können Personaler bequem die Altersstruktur der Belegschaft und die Qualifikation von Angestellten in Erfahrung bringen. Ferner erlaubt es die Computerakte, Vorgänge über Workflows zu steuern. Für Briefe an Angestellte können Sachbearbeiter die hinterlegten Angaben verwenden. Ebenso können sie eingehende Schreiben per Mausklick der entsprechenden Mitarbeiterakte zuweisen. Dezentral organisierte Gesellschaften können die digitalen Aktenschränke zentral pflegen, während die Anwender in verschiedenen Standorten darauf zugreifen können.

Große Firmen haben die elektronische Personalakte bereits. Doch obwohl die erforderliche Technik seit mehr als einem Jahrzehnt bereitsteht, hat sich die Alternative zum Aktenordner noch nicht auf breiter Front durchgesetzt. "Gerade sieben bis acht Prozent der deutschen Firmen verfügen über eine digitale Personalakte", schätzt Rainer Kolb, Chef des Softwareherstellers Persis aus Heidenheim.

Papierakten scannen kostet Zeit und Geld

Die Gründe für die Zurückhaltung der Anwender sind vielschichtig. Einerseits gibt es Personal-Manager, die wenig davon halten, ihre Akten am Bildschirm durchblättern zu müssen. Vor allem aber scheuen Firmen den enormen Aufwand, bestehende Formulare einzuscannen, zu kategorisieren und in die elektronischen Aktenordner einzubinden. "Für 300 Mitarbeiter sämtliche Personalakten einzulesen dauert ewig. Wir müssten extra dafür eine Person abstellen", so eine Fachangestellte in der Personalabteilung eines mittelständischen Unternehmens aus München. Ganz verschließen will sich die Firma der Digitalisierung indes nicht: Zumindest neue Dokumente werden eingescannt und wie die am PC verfassten Schriftstücke in einem Archivsystem abgelegt.

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Zu den regen Nutzern digitaler Personalakten zählt die Lufthansa. Daten und Dokumente über Piloten, Stewardessen und Stewards verwalten die Personaler mit einem Web-basierenden System der Firma aconso aus München. Der Hersteller hat sich auf die digitale Personalakte spezialisiert. Die Daten bezieht das aconso-Produkt aus bestehenden Lohnabrechnungsprogrammen von SAP, ADP ("Paisy") und P&I ("Loga") sowie aus Dokumenten-Management- und Archivsystemen. Bei Persis wie auch bei anderen HR-Softwareherstellern ist die Personalakte integraler Bestandteil einer HR-Suite.

Auf Grundlage der elektronischen Akte können Unternehmen standardisierbare Abläufe automatisieren, argumentiert das Softwareunternehmen. Dazu gehören die Prozeduren beim Einstellen eines Mitarbeiters: Hat ein Bewerber den Vertrag unterschrieben, landen die Personaldaten in der Akte. Der Personalverantwortliche des "Neuen" wird per E-Mail informiert, ebenso die interne Verwaltung, die eine neue Zutrittskarte anfertigen muss. Gleichzeitig lässt sich vormerken, welche Kurse der neue Mitarbeiter demnächst besuchen soll.

Von der Mitarbeiterliste zur "HR-Intelligence"

Personalverwaltungssysteme speichern eine Unmenge an Personalinformationen. Darin sind sie perfekt. Funktionen zum Analysieren dieser Daten sind dagegen verbesserungswürdig. Hersteller wie Perbit Software aus Altenberge bieten in ihren Produkten bereits Funktionen zur bequemen Abfragegestaltung, doch reichen diese Bausteine nicht, um beispielsweise Abweichungen bei Personalkosten vorherzusagen. Perbit will daher die eigene HR-Umgebung um Module des auf Unternehmensplanung und -steuerung spezialisierten Anbieters CP Corporate Planning erweitern. Dies soll Anwendern der Perbit-Software künftig erlauben, ihre Personalkosten besser zu planen und mit der tatsächlichen Entwicklung vergleichen. Betriebswirtschaftliche Verfahren zur Entscheidungsfindung wie die ABC-Analyse ließen sich dann auch im Personalwesen anwenden.

Das Web-basierende Interface von Umantis soll Internet-verwöhnte Nutzer ansprechen. Ein Assistent führt den Anwender durch das Formular für die Mitarbeiterbeurteilung.

Damit auch wenig versierte Nutzer in der Lage sein sollen, Listen von Mitarbeitern nach bestimmten Auswahlkriterien anzufertigen, erweitern die Softwareanbieter ihre Lösungen. Persis beispielsweise hat nun die Open-Source-Software JasperReports eingebunden. Damit, so der Anbieter, können Nutzer sich Felder und Struktur eines Berichts rasch und ohne vorherige Schulung selbst zusammenklicken.

HR-Arbeit per Web-Schnittstelle

Viele Personalsoftwareprodukte sind aus der Lohnbuchhaltung entstanden, und so manche Benutzerschnittstelle lässt dies auch erahnen. Jüngere Unternehmen wie etwa Umantis aus St. Gallen in der Schweiz oder die erwähnte Firma Aconso wollen mit Web-basierenden Oberflächen die Gunst der Anwender gewinnen. HR-Software soll sich so einfach und selbsterklärend bedienen lassen wie die Web-Angebote von Google und Ebay. Ein Assistent im Umantis-Modul "Mitarbeiter-Management" führt den Anwender durch die einzelnen Schritte einer Angestelltenbeurteilung. Wer den Vorgang schon kennt, schaltet das Hilfsangebot einfach ab. Ohne große Umwege kann der Manager von dem Bewertungsdialog in die eigene Personalakte wechseln.

Die erwähnten HR-Softwarehersteller bieten selbst keine Lohnabrechnung, sondern konzentrieren sich auf Funktionen, mit denen Mitarbeiter entwickelt und bewertet werden können. Lohn- und Gehaltsabrechnungen lassen viele Firmen von der Datev, bei ADP oder einem der zahlreichen anderen Dienstleiter erledigen. ADP versucht nun verstärkt auch mittelständische Unternehmen für das Outsourcing ihrer Personalprozesse zu gewinnen.

Business Process Outsourcing für Lohnzettel

Das Angebot "Smartpay" setzt auf der Software Loga von P&I auf. ADP hat dafür eine Betreiberumgebung entwickelt, die es gestattet, Abrechnungskunden als Mandanten auf Loga-System zu fahren. Dem Nutzer steht dabei neben der Lohnabrechnung der komplette Funktionsumfang des P&I-Systems gegen Mietgebühr zur Verfügung.

Schon allein der Mangel an Abrechnungsexperten veranlasst Firmen dazu, das Schreiben der Lohnzettel einem externen Spezialisten zu überlassen, erwartet ADP. Zudem sei die Preisgestaltung flexibler, da sich die Kosten nach der Anzahl der Abrechnungen richteten. Demgegenüber blieben die Aufwände für ein im eigenen Haus betriebenes Lohnsystem gleich, auch wenn die Belegschaft kleiner werde.

Neue HR-Produkte und -Funktionen

Auf der Fachmesse "Personal 2009" in München stellten einige HR-Spezialisten neue oder erweiterte Funktionen vor.

HRworks, Anbieter von Funktionen für die Reisekosten- und Abwesenheitsverwaltung, hat die Arbeitsmittelverwaltung überarbeitet. Laut dem Hersteller können Firmen nun besser überblicken, welche Mitarbeiter welche Arbeitsmittel wann bekommen haben. Dazu zählen Handy, Auto, Werkzeuge, Zugangskarten und Computer. Oft erhalten Mitarbeiter diese Dinge von unterschiedlichen Abteilungen. Zudem lässt sich überwachen, wann beispielsweise ein Leasing- oder Handy-Vertrag ausläuft. Eine Schnittstelle zu Anlagenbuchhaltungen will HRworks entwickeln, wenn die Kunden Bedarf signalisieren.

ZMI, Hersteller von Zeiterfassungslösungen, hat das Web-Interface zum Eingeben von Arbeitszeiten verbessert. Mit dem Tool können Anwender über jeden Rechner mit Internet-Zugang Arbeits- beziehungsweise Projektzeiten erfassen.

Mit diesem Verfahren sollen Unternehmen ihre Stundenzettel oder Excel-gestützte Zeiterfassungen ablösen. Die Java-basierende Web-Schnittstelle lässt sich darüber hinaus auf Handys und PDAs nutzen.

ADP, IT-Dienstleister für Lohn- und Gehaltsabrechnung und Personal-Management, bietet Firmen Hilfe beim Einrichten von elektronischen Personalakten an. Das Unternehmen holt Aktenordner beim Kunden ab, um sie dann zu scannen und zu kategorisieren.

Persis, Anbieter einer Personal-Management-Suite, hat ein Add-on für die Online-Bewerbungsfunktion entwickelt. Bewerber können ihren Lebenslauf damit als Datei hochladen. Die Software überträgt die Angaben in ein Formular, so dass sie gleich an die Personaldatenbank übergeben werden können. Auf diese Weise muss der Stellensuchende keine Online-Fragebögen ausfüllen, und das einstellende Unternehmen kann die Daten ohne vorherige Erfassung begutachten beziehungsweise auswerten.