Filemaker 9: Neue Version der Datenbank-Entwicklungsumgebung mit SQL-Zugriff

10.07.2007 von Tom Dassel
Filemaker geht in die neunte Runde: Bei der neuen Version der Datenbank-Entwicklungsumgebung, die ab Anfang August auf Deutsch verfügbar sein wird, hat sich die Apple-Tochter auf eine erweiterte Daten- und Web-Integration sowie die Überarbeitung des Filemaker-Servers konzentriert.

Innerhalb der Produktfamilie (Filemaker und Filemaker Server) haben die Anwender weiterhin die Wahl zwischen einer “Pro”- und einer “Pro Advanced”-Version - letztere enthält zusätzliche Entwicklungs- und Design-Tools. Filemaker Pro 9 kostet 350 Euro (Advanced: 500 Euro), Filemaker Pro 9 Server schlägt mit 1000 Euro (Advanced: 2500 Euro) zu Buche.

Hinweis: Das Programm liegt uns in einer englischen Pre-Release-Version vor; wir testen hier ausschließlich die “Pro Advanced”-Version und werden über die neuen Server-Funktionalitäten demnächst berichten.

Vereinfacht: Zugriff auf externe SQL-Quellen

Die einfacher zu handhabende Anbindung von Filemaker an externe ODBC-Quellen (wie SQL Server, Oracle und MySQL) gehört zu den wesentlichen Verbesserungen von Version 9. Zwar konnten bereits früher SQL-Datenbanken abgefragt und in eine lokale Filemaker-Datenbank importiert werden, nun jedoch ist eine leicht zu konfigurierende Live-Anbindung möglich. Filemaker kommt hier der Nachfrage kleiner und mittelständischer Unternehmen nach, die beispielsweise intern eine Filemaker-Kundendatei im Einsatz haben und diese mit "Bezugsdatensätzen" externer SQL-Daten verknüpfen möchten.

Für einen ersten Test installieren wir zunächst den frei verfügbaren ODBC-Treiber MySQL Connector/ODBC 3.51 und stellen anschließend über "Systemsteuerung > Verwaltung > Datenquellen (ODBC)" eine Verbindung zu der externen MySQL-Datenquelle her. User-Name und Passwort für den Zugriff auf die externe Datenbank lassen sich bereits hier vordefinieren und speichern - falls dies nicht geschieht, fragt Filemaker beim Öffnen der Datei die Zugangsdaten ab.

Die Einbindung der externen Daten in ein beliebiges Filemaker-Layout erfolgt über den Menüpunkt "Manage > Database". Im Reiter "Relationships" wird hierzu eine neue Tabelle über den "Add Table"-Button hinzugefügt, wobei im Drop-down-Menü "Data Source" die zuvor definierte SQL-Datenquelle erscheinen sollte. Diese wird dann als neues Tabellenauftreten im Beziehungsdiagramm angezeigt und kann wie jede andere (lokale) Filemaker-Tabelle behandelt werden. Ein typisches Anwendungsszenario wäre beispielsweise, eine lokale Adressdatenbank mit den Bezugsdatensätzen einer externen SQL-Tabelle zu verknüpfen, um diese in einem Layout-Portal anzeigen zu lassen. Ob die eingebundenen SQL-Daten bearbeitet oder gelöscht werden können, hängt von den gewährten Zugriffsrechten auf die externern Daten ab, liegt also letztendlich in der Hand des jeweiligen SQL-Administrators.

Eine Änderung der externen SQL-Datenbankstruktur ist allerdings nicht möglich - Filemaker versteht sich explizit nicht als SQL-Frontend.

Einrichtung und Handling des SQL-Zugriffs ist auch für Anwender ohne tiefer gehende SQL-Kenntnisse möglich: Bei unserem ersten Versuch stolpern wir einzig über die Tatsache, dass Filemaker einen Primärschlüssel (unique key) in der externen SQL-Quelle erwartet und - falls nicht vorhanden - das Hinzufügen des SQL-Tabellenauftretens verweigert. Einer solcher Primärschlüssel kann beispielsweise ein Zähler, der pro Datensatz nach oben gezählt wird, sein. Nachdem die SQL-Tabelle um ein entsprechendes Feld erweitert wird, klappt der Zugriff ohne Probleme.

Erweitert: Bearbeitung von Layoutobjekten

Auch bei der Bearbeitung von Layoutobjekten stellt Version 9 einige neue Funktionen zur Verfügung, die Zuspruch bei der Entwicklergemeinde finden werden.

Autoresize: Die Objekt-Info-Palette wurde um die Funktion Autoresize erweitert - für alle vier Objektkanten lässt sich festlegen, ob das Layoutobjekt beim Aufziehen des Datenbank-Fensters automatisch mit skaliert wird.

Eine äußerst praktische Funktionserweiterung wurde dem "Objekt-Info"-Fenster spendiert: Bei jedem Layoutobjekt lässt sich nun über vier Checkboxen festlegen, an welchen Seiten sich das Objekt beim Aufziehen eines Filemaker-Fensters automatisch mit vergrößert ("Autoresize"). Insbesondere der Umgang mit Web-Viewer-Objekten gestaltet sich hierdurch komfortabler. So ist man mit Filemaker 9 nicht mehr gezwungen, mehrere Layouts für unterschiedliche Monitorgrößen zu definieren, sondern kann es vielmehr dem Anwender überlassen, ein Web-Viewer-Fenster auf die jeweils passende Größe aufzuziehen.

Dass Felder in Abhängigkeit von den enthaltenen Werten automatisch formatiert werden, ist von vielen Office-Programmen (wie zum Beispiel Excel) her bekannt. In Filemaker ließ sich eine solche "bedingte Formatierung" bislang nur über zusätzliche Formelfelder realisieren, war entsprechend aufwendig und verdoppelte die Anzahl der Felder.

Bedingte Formatierung: Die Feldwertüberprüfung umfasst Zahlen und Datumsberechnungen sowie Textstring-Analysen.

Mit dem über das Kontextmenü erreichbaren Punkt "Conditional Formatting ..." ist damit Schluss: Jedes Feld kann individuell auf Feldinhalte abgeprüft und entsprechend formatiert werden. Diese Überprüfung bezieht sich entweder auf den Feldwert ("value") oder auf das Ergebnis einer Formelberechnung ("formula"). Beim Check von Feldwerten bietet Filemaker ein Set an Zahlen-, Datums- und Textstring-Berechnungen an, im Falle von Formelberechnungen erwartet den Anwender das bekannte Formel-Fenster mit allen Optionen.

Filemaker 9: Neuerungen im Layout-Bereich

Wie bei jedem Programm-Update hat auch Filemaker 9 kleinere Neuerungen und kosmetische Ergänzungen im Layout-Bereich erhalten.

Tab Control: Zwei zusätzliche Aufklapp-Menüs erleichtern das Arbeiten mit den Registersteuer-Elementen.

- Bei den Registersteuer-Elementen ("Tab Controls") lässt sich nun festlegen, welches Register standardmäßig bei einem Layoutwechsel aufgeklappt sein soll. Darüber hinaus kann die Breite jedes Registers über das Aufklapp-Menü "Tab Width" besser gesteuert werden - bislang war hierfür die Länge des Registernamens maßgeblich.

- Werden Web Viewer in eine Anwendung eingebunden, so kann auf Wunsch ein Statusbalken eingeblendet werden, der den Fortschritt beim Laden einer Webseite anzeigt. Anwender mit schlechten Verbindungen ins Internet werden dies zu schätzen wissen.

Rechtschreibprüfung: Mit Version 9 kann für jedes Feld individuell festgelegt werden, ob eine automatische Rechtschreibprüfung erfolgen soll oder nicht.

- Die automatische Rechtschreibprüfung in Filemaker war bislang nur felderübergreifend für die gesamte Datenbank ein- oder ausschaltbar und wurde von Anwendern häufig deaktiviert, da ihr Einsatz in der Regel nur für bestimmte Textfelder sinnvoll war. Ab Version 9 wird die Rechtschreibprüfung im Layout-Modus über den Menüpunkt "Field/Control > Behavior" für jedes Feld einzeln konfiguriert und wird - zumindest bei textlastigen Datenbanken - häufiger zum Einsatz kommen.

- Außerdem erhalten Filemaker-Anwender nun bei der Bearbeitung von Daten eine multiple "UnDo"-Funktion, die bei anderen Applikationen längst Standard ist.

Organisiert: Neues bei der Skriptverwaltung

Wer komplexere Anwendungen mit Filemaker programmiert und entsprechend viele Skripte einsetzt, wird sich über die Neuerungen beim Umgang mit der Skriptverwaltung freuen. Wenngleich diese eher kosmetischer Natur sind, verbessern sie doch die Übersichtlichkeit des "Skripts"-Menüs und erleichtern so das Auffinden einzelner Skripte.

Ein neu hinzugekommenes Eingabefeld im Skripte-Fenster bietet die Möglichkeit, nach bestimmten Strings in den Skriptnamen zu suchen, um so die sichtbare Skriptliste einzuschränken. Von größerem Nutzen ist jedoch ein "New"-Button im unteren Teil des Skriptfensters, hinter dem sich auch der Eintrag "New Group ..." findet. Über diesen lassen sich Skripts in Ordnern zusammenfassen, die dann auch sortiert im Skripte-Menü erscheinen. Entwickler und Anwender sind so mit kürzeren und sinnvoll sortierten Skriptlisten konfrontiert.

Noch unausgereift: Der Umgang mit mehreren Skriptfenstern

Skriptverwaltung: Filemaker-Entwickler werden dankbar zur Kenntnis nehmen, dass sie ab Version 9 mehrere Skript-Fenster geöffnet lassen können.

Die für Filemaker-Entwickler wohl innovativste Neuerung bei Version 9 ist die Möglichkeit, mehrere Skript-Fenster gleichzeitig geöffnet zu lassen und zwischen diesen wechseln zu können. Hierdurch gestaltet sich zum Beispiel der Austausch von Skriptschritten via Copy-and-paste einfacher und spart viele zeitraubende Klicks. Die Entwickler in Santa Clara scheinen sich vom Prinzip der modalen Fenster verabschiedet zu haben - das für den Test von Skripts bis Version 8.5 notwendige (und lästige) Schließen von Skriptfenstern scheint der Vergangenheit anzugehören.

Skriptverwaltung: Die aus Filemaker 8.5. bekannten Schaltflächen für Kopieren, Einfügen, OK und Abbrechen sucht man in Filemaker 9 vergeblich.

In der vorliegenden Pre-Release-Version wirft das Skripting-Interface jedoch einige Fragen auf: Das Kopieren und Einfügen von Skriptschritten funktioniert zwar weiterhin über die Tastaturkürzel <CTRL-C>/Befehl-C und <CTRL-V>/Befehl-V, im Skriptfenster sucht man jedoch vergeblich nach den entsprechenden Buttons. Besonders irritierend ist, dass auch eine "OK"- beziehungsweise "Cancel"-Schaltfläche für das Speichern von Skriptänderungen fehlt, was den Prinzipien der Gestaltung von Programmoberflächen völlig zuwider läuft. Intern "weiß" Filemaker von getätigten Skriptänderungen – versucht man ein Skriptfenster zu schließen oder ruft ein geändertes Skript über das Menü auf, so erfolgt eine Fehlermeldung mit der Aufforderung, alle Skriptänderungen entweder zu speichern oder zu verwerfen. Aus Usability-Gesichtspunkten ist dieses Verfahren noch unbefriedigend, und man darf gespannt sein, wie sich hier die finale Programmversion dem Anwender präsentiert.

Positiv: Der Skript-Debugger wurde um zusätzliche Funktionen erweitert, die Tests vereinfachen und transparenter machen.

Filemaker 9 Pro Advanced: Weitere Features & Fazit

- Beim Programmstart präsentiert Filemaker nun ein "Quickstart"-Fenster, das den Zugriff auf verwendete Dateien oder Hilfe-Assistenten komfortabler gestaltet. Neben dem Anlegen von Favoritenlisten für häufig verwendete Datenbanken bietet der Quickstart auch eine Filterfunktion, um rascher auf kürzlich geöffnete Filemaker-Dateien zugreifen zu können.

- Filemaker überprüft einmal die Woche automatisch, ob Programm-Updates vorliegen. Über den Menüpunkt "Help > Downloades and Updates" kann dieser Check jederzeit vorgenommen werden.

- Werden Datenbanken in einem Netzwerk gemeinsam verwendet, so lässt sich nun ein entsprechender Hyperlink über den Befehl "File > Send Link" bequem an andere Anwender via Mail versenden. Hierzu wird das vorkonfigurierte Mail-Programm geöffnet und der Link zusammen mit einem erläuternden Kommentar an den Adressaten geschickt.

PDF-Export: Als PDF exportierte Datensätze lassen sich an eine bereits bestehende PDF-Datei anhängen.

- Der Skript-Dialog "Als PDF speichern" hat eine zusätzliche, sinnvolle Checkbox namens "Append to existing PDF" erhalten. Hierdurch lassen sich als PDF exportierte Layouts an ein bereits bestehendes PDF-Dokument anhängen, was sich als praktisches Feature zum Beispiel für Archivierungszwecke oder zur Erstellung von aus mehreren Layouts bestehenden Reports erweist.

Fazit: Die Neuerungen in Filemaker 9 Pro Advanced beschränken sich nicht auf kosmetischen Änderungen, sondern bieten gerade im Bereich des Skriptings, der Layoutbearbeitung sowie des Zugriffs auf externe Daten innovative Features. Zusammen mit den Funktionserweiterungen bei den Server-Versionen ist die Datenbank-Entwicklungsumgebung einen großen Schritt vorangekommen.