In der Speicherwelt deutet sich eine Wachablösung an. Beherrschten in den vergangenen Jahren noch herkömmliche Festplatten mit Speicherscheiben und mechanischen Schreib- und Leseköpfen die Szene, drängt seit einiger Zeit eine neue Technik in den Markt. Immer mehr Hersteller bieten Flash-basierende Massenspeicher, so genannte Solide State Drives (SSDs), an.
Technisch gesehen bietet die neue Storage-Generation eine Reihe von Vorteilen: Flash-Speicher arbeiten deutlich schneller als herkömmliche Festplatten und sind unempfindlicher gegenübermechanischen Beanspruchungen. Dagegen können die Vertreter aus der Scheibenwelt zumindest bis dato noch in Sachen Kapazität und Preis punkten. Doch der Vorsprung schmilzt. Die Hersteller packen immer mehr Speicherplatz in ihre SSDs und auch die Preise werden allmählich erschwinglich. Für die Nutzer stellt sich damit die Frage, auf welche Speichertechnik sie setzen sollen. Die Redakteure der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation PC-Welt haben beide Storage-Welten genau unter die Lupe genommen und miteinander verglichen.
Lesen Sie mehr über die SSDs und aktuelle Speichertechniken:
Festplatte vs. SSD - Vor- und Nachteile
In mobilen Geräten wie Handys und MP3-Playern dominiert Flash-Speicher gegenüber ferromagnetischen Festplatten schon seit längerem. Nun hält die Flash-Disk - die gängige Bezeichnung lautet Solid State Drive / Disk (SSD) - zunehmend auch Einzug im Computer. Insbesondere die Netbooks - kleine und günstigen Mini-Notebooks - haben die SSD salonfähig gemacht. Die Ankündigungen zahlreicher Hersteller in den vergangenen Monaten, den Markt mit einer wahren Flut neuer SSD-Modelle zu überschwemmen, ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die Flash-Disk 2009 mit Macht in den Massenmarkt vordringt.
Die Vorraussetzungen sind gut, dass das schon dieses Jahr gelingen könnte. Kontinuierlich sinkende Preise für Flash-Speicher bei gleichzeitig rasant ansteigender Kapazität der neuen SSD-Modelle setzen genau bei den beiden Nachteilen an, mit der die Technik noch zu kämpfen hat: So halbierte beispielsweise Samsung bei seinem brandneuen 256-GB-Modell den Einstiegspreis für Hochleistungs-SSDs auf 2,70 Euro pro Gigabyte, während Toshiba seit April 2009 eine SSD mit 512 GB Kapazität anbietet.
Je nach Kapazität und Flash-Speicher-Technik liegt der GB-Preis für SSDs zwischen 2 und 13 Euro. Für 2,5-Zoll-Laufwerke mit klassischer Magnettechnik müssen Sie hingegen 20 bis 50 Cent pro Gigabyte berappen. Durchschnittlich kostet Sie das Gigabyte bei einer Solid State Disk im jeweils günstigsten Fall also noch zehnmal so viel. Die Kapazitätslücke schließen die SSDs hingegen zunehmend seit April 2009 mit den 512-GB-Modellen von A-Data und Toshiba.
Deutlich ungünstiger fällt der Vergleich mit 3,5-Zoll-Festplatten aus, schließlich denkt der eine oder andere Anwender bestimmt darüber nach, mittelfristig eine SSD auch im Desktop-PC einzusetzen. Bei den Dickschiffen reicht der Gigabyte-Preis aktuell von 8 Cent bis 1,20 Euro. Im günstigsten Fall kostet bei dieser Gegenüberstellung das Gigabyte einer Solid State Disk also ungefähr zwanzigmal so viel. Zugleich bieten 3,5-Zoll-Laufwerke derzeit noch bis zu achtmal so viel Kapazität. Mittlerweile gibt es die ersten Modelle mit einer Speicherkapazität von 2 TB.
Kommen wir nun zu den Vorteilen, die SSDs gegenüber herkömmlichen Festplatten haben: Eine Solid State Drive arbeitet gänzlich ohne bewegliche Teile, also erzeugt die Festplatte auch kein Betriebsgeräusch. Zudem sind SSDs dadurch auch viel robuster als ferromagnetische Laufwerke, die im Betrieb Erschütterungen von maximal 350 G vertragen, während SSDs bis zu 1500 G aushalten. Ohne bewegliche Teile sind SSDs darüber hinaus unempfindlicher gegen übermäßige Wärmeentwicklung: Sie vertragen eine Betriebstemperatur von bis zu 70 Grad Celsius, während herkömmliche 2,5-Zoll-Modelle bereits ab 55 Grad Celsius das Hitzesegel streichen.
Sparsamer im Stromverbrauch sind SSD auch noch. Vor allem im Leerlauf glänzen sie mit extrem niedrigen Werten zwischen 0,06 und 0,6 Watt, während sich klassiche 2,5-Zoll-Platten zwischen 0,5 und 2,0 Watt genehmigen. Aber auch die Verbrauchswerte unter Last liegen in einem genügsamen Bereich zwischen 0,15 und 2,5 Watt, insbesondere die Intel X25-M SSDSA2MH080G1 spielt hier mit 0,06 sowie 0,15 Watt eine Vorreiterrolle. All diese Eigenschaften prädestinieren SSD insbesondere für den Einsatz im Notebook und lassen klassische Scheibendreher schlecht aussehen.
Technik: Das sollten Sie über SSDs wissen
Während herkömmlichen Festplatten eine Datenscheibe magnetisieren, um Informationen zu speichern, nutzen SSDs dazu elektrische Ladungszustände in Speicherzellen. Anders als etwa beim Arbeitsspeicher bleiben die Ladungszustände auch erhalten, wenn Sie die SSD von der Stromzufuhr trennen - nur deswegen lässt sich die SSD als Massenspeicher nutzen. Für die Datenspeicherung kommen grundsätzlich zwei Techniken zum Einsatz: Die Single Level Cell (SLC) speichert mit einer fest definierten Spannung nur ein Bit pro Flash-Zelle. Die Technik Multi Level Cell (MLC) sichert bis zu vier Bit pro Speicher-Zelle, muss allerdings beim Auslesen unterschiedliche Spannungen anlegen. MLC-Chips erlauben daher höhere Speicherkapazitäten pro Fläche und sind deshalb auch deutlich preisgünstiger als ihre SLC-Kollegen. Letztere sind dafür leistungsfähiger und grundsätzlich langlebiger.
Die Zugriffe auf die Speicherchips steuert, wie bei den klassischen Scheibendrehern ein Controller-Chip, dessen Qualität maßgeblichen Einfluss auf die Leistung hat. Ein Cache zur Datenpufferung fehlt hingegen noch bei vielen SSDs, was sich negativ auf die Datenraten im Alltagsbetrieb auswirkt. Der Grund dafür sind die unterschiedlichen Aufzeichnungstechniken:
Während klassische Festplatten die Daten Sektor für Sektor auf der Speicherschicht schreiben, geschieht das bei Solid State Drives blockweise, da Flash-Speicher-Zellen in größeren Gruppen hintereinander geschaltet sind. Gerade bei großen Datenmengen kommt es deshalb bei SSDs ohne Datenpuffer zu einem Einbruch der Datenraten. Dass der Controller Daten nur in Blöcken überträgt, hat aber auch Vorteile: Es erhöht die Lebensdauer der Flash-Zellen, da mit steigender Anzahl der Zugriffe die Fähigkeit abnimmt, elektrische Ladungszustände zu speichern.
Deshalb setzen Solid State Drives auch eine weitere Technik ein, die die Zellenalterung reduzieren soll: Der Controller verteilt mittels ausgeklügelter Algorithmen Zugriffe so gleichmäßig wie möglich auf alle zur Verfügung stehenden Zellen. Zudem besitzen SSDs - ähnlich wie klassische Festplatten - Reserve-Speicherplatz, um defekte Zellen beziehungsweise Sektoren in begrenztem Maße ersetzen zu können.
Trotz all dieser Techniken bleibt die tatsächliche Lebensdauer von Solid State Drives bis auf weiteres ein Mysterium. Denn die maximal mögliche Anzahl von Schreibvorgängen, die eine Flashzelle aushält, variiert je nach Typ und Fertigungsqualität um den Faktor 50: Während minderwertige MLC-Bausteine bestenfalls 100.000 Schreibzyklen überdauern, können erstklassige SLCs mehr als 5 Millionen Schreibzugriffe bewerkstelligen. Und selbst die Herstellerangaben - sofern man sie recherchieren kann - sind auch nur ein statistischer Mittelwert. Erst Langzeit- und Alterungsstudien, die die noch junge Massenspeichertechnik in den kommenden Jahren begleiten, werden daher Aufschluss über die Lebenszeit einer SSD bringen. Unterm Strich ist die Haltbarkeit aktueller Solid State Drives aber durchaus mit der von herkömmlichen Festplatten vergleichbar.
Eine weitere wichtige technische Kenngröße ist die Zuverlässigkeit (MTBF = Mean Time Between Failures), also die mittlere Betriebsdauer zwischen Ausfällen. Bei SSDs liegt die MTBF zwischen einer und zwei Millionen Stunden, herkömmliche 2,5-Laufwerke müssen mit 0,3 bis 0,6 Millionen Stunden vorlieb nehmen. SSDs fallen also nicht schneller aus als klassische Scheibendreher - ganz im Gegenteil.
Auf das Innenleben kommt es an
Ein Blick ins Innenleben verrät viel über die Qualität und Leistungsfähigkeit eines Solid State Drive. Für unsere Tests dokumentieren wir, welche Speicherchips verbaut sind, was für ein SATA/300-Controller zum Einsatz kommt und ob die Modelle auch einen Cache-Baustein besitzen, der vor allem beim Schreiben die so wichtige Datenpufferung übernimmt.
Beispielsweise verwenden preisgünstige SSDs wie die 128-GB-Modelle Transcend TS128GSSD25S-M, G.Skill FM-25S2S-128GB und Patriot Warp SSD V2 PE128GS25SSD identische Chips: Flash-Speicherchips K9HCG08U1M-PCB0 von Samsung sowie den SATA/300-Controller JMF602 von Jmicron, der die Datenpufferung über einen Cache-Baustein gar nicht unterstützt. Hersteller wie Intel und Samsung, die selbst Flash-Speicher produzieren, nutzen hingegen spezielle Chips sowie für diese optimierte Controller - wobei beide Bausteine selbstredend aus eigener Herstellung stammen.
Wie unsere Tests gezeigt haben, sind solche hauseigenen Lösungen deutlich leistungsfähiger als die Stangenware. Anderseits lassen sich Intel und Samsung die maßgeschneiderten SSDs auch fürstlich bezahlen. Aber auch hier kommt Bewegung in den Markt. So verbaut beispielsweise Kingston aktuelle Intel-Technik und Hersteller wie Corsair, OCZ und Patriot dürfen auf das technische Grundgerüst der wegweisenden Samsung MMDOE56G5MXP-0VB zurückgreifen.
Tempo: Zugriffszeiten und Datenraten
Bei herkömmlichen 2,5-Zoll-Festplatten muss die Laufwerkssteuerung zunächst den gewünschten Datensektor suchen, den zuständigen Schreib-Lese-Kopf dorthin bewegen und warten, bis der Kopf ruhig über der Spur läuft. Im Mittel dauert das, je nach Modell, zwischen 6 und 10 Millisekunden. Eine SSD kann hingegen jede Speicherzelle direkt ansteuern und so sprichwörtlich unmittelbar auf Daten zugreifen. Dafür benötigt der Flashspeicher durchschnittlich nur ein hundertstel dieser Zeitspanne. Auf die Praxis übertragen ist so etwa die Datei- und Index-Suche auf einer SSD spürbar schneller.
Einen noch höheren Beschleunigungsfaktor erfährt die Fullstroke-Zugriffszeit - das ist die Zeitspanne, die die Schreib-/Leseköpfe bei den klassischen Scheibendrehern benötigen, um von den äußersten Datenspuren auf die innersten zu wechseln: Je nach Festplatte dauert dieser Vorgang zwischen 14 und 18 Millisekunden. Bei SSDs hingegen, die keine inneren und äußeren Datenspuren haben, erfolgt der Fullstroke wieder unmittelbar durch den direkten Zugriff auf Speicherzellen. Das kann bis zu 140 Mal schneller gehen, da die meisten SSDs für den Fullstroke nicht länger benötigen als für die mittlere Zugriffszeit.
Der direkte Zugriff auf Speichersektoren verhilft SSDs auch zu sehr hohen sequenziellen Transferraten. In diesem ungepufferten Betriebsmodus loten wir das theoretische Maximum aus, das in der Praxis nur sehr selten erreicht wird; etwa bei Lesen und Schreiben großer Mengen kleiner Dateien. Beim sequenziellen Lesen lag die maximale Datenrate der von uns getesteten SSDs bisher zwischen 101 und 252 MB/s. Damit erreichte selbst die langsamste SSD noch deutlich höhere Datenraten als die aktuell schnellste herkömmliche 2,5-Zoll-Festplatte mit maximal 87 MB/s. Andererseits las die schnellste SSD im Test nicht nur fast dreimal so flott Daten aus, sondern kam dem technisch möglichen Limit der SATA/300-Schnittstelle mit über 250 MB/s bereits gefährlich nahe.
Neben dem deutlich überlegenen maximalen Tempo haben SSDs noch einen weiteren Vorteil gegenüber den klassischen Scheibendrehern: Sie bieten zudem eine konstant hohe sequenzielle Leserate. So lag die Differenz zwischen minimaler und maximaler Leserate im SSD-Testfeld lediglich zwischen 0,8 und 13,4 MB/s, während sie bei ferromagnetischen Laufwerken zwischen 19 und 43 MB/s betrug.
Weniger deutlich fiel die Überlegenheit der SSDs bei der maximalen Schreibrate aus. Zwar gab es auch hier Hochleistungs-SSDs, die in der Spitze bis zu 214 MB/s erreichten. Allerdings pendelte sich ein Großteil der bisher getesteten SSDs bei knapp 100 MB/s ein. Und drei Geräte erreichten nur Schreibraten von 77, 69 sowie 43 MB/s, womit sie zum Teil deutlich unterhalb der Transferleistung von herkömmlichen 2,5-Zoll-Festplatten lagen, die häufig schon über 80 MB/s erzielten.
Die erste Schwäche einige SSDs, die ebenfalls die sequenziellen Schreibraten betrifft, zeigte sich bei Modellen mit MLC-Technik: So erreichte etwa die Transcend TS128GSSD25S-M minimal nur knapp ein Fünftel (19 Prozent) ihrer maximalen Schreibrate und fiel von knapp 134 auf magere 25,6 MB/s. Die minimale Schreibrate von SSDs mit SLC-Technik hingegen konnte sich auf hohem Niveau behaupten. So kam beispielsweise die Samsung MCCOE64G5MPP-0VA minimal mit 75,4 MB/s noch auf 74 Prozent der maximalen Schreibrate von gut 93 MB/s.
Im Praxis-Benchmark führten die Tester der PC-Welt Lese-, Schreib- und Kopiertests unter realen Bedingungen durch. Die hier ermittelten Datenraten liegen naturgemäß deutlich unter den sequenziellen Transferraten. Herkömmlichen 2,5-Zoll-Festplatten, die in der Spitze in allen drei Tests auf rund 30 MB/s kamen, können hier ebenfalls den meisten SSDs nicht das Wasser reichen: Im Lesetest etwa erreichte das SSD-Testfeld zwischen 30 und 106 MB/s.
Ein ähnliches Bild ergab sich für den Kopiertest, bei dem zumindest neun von elf SSDs zum Teil deutlich über 30 MB/s erzielten. Hochleistungs-Modelle wie die Intel X25-E SSDSA2SH032G1C5 und die Samsung MMDOE56G5MXP-0VB kratzten hier sogar an der 100-MB/s-Grenze. Nur die beiden Transcend-Modelle der ersten SSD-Generation - die Transcend TS64GSSD25S-M sowie die Transcend TS64GSSD25S-S - lagen mit 13,5 respektive 21,9 MB/s signifikant unter der Transferleistung klassischer 2,5-Zoll-Scheibendreher.
Im Schreibtest konnten hingegen bisher nur die vier Modelle Intel X25-E SSDSA2SH032G1C5 (99,8 MB/s), Samsung MMDOE56G5MXP-0VB (83,9 MB/s), Intel X25-M SSDSA2MH080G1 (58,8 MB/s), Samsung MCCOE64G5MPP-0VA (39,6 MB/s) die Überlegenheit der SSDs gegenüber ferromagnetischen Festplatten behaupten. Grund: Allen anderen SSD-Testprobanten fehlt ein Pufferspeicher. Dieses Manko sorgt für massive Einbrüche bei der Praxis-Schreibrate, die sich meist bei nur knapp 21 MB/s einpendelte und bei der Transcend TS64GSSD25S-M sogar auf lächerliche 5,8 MB/s absackte.