Eine modulare Softwarearchitektur ist gefragt

FAQ – Digitalisierung und Industrie 4.0 im IoT-Umfeld

24.05.2019 von Christian  Jeske
Die Digitalisierung ist in deutschen Unternehmen angekommen. Doch wie sollte die Soft- und Hardwareausstattung aussehen? Wir zeigen was im IIoT-Umfeld zu beachten ist.
Mit IoT lassen sich die Wertschöpfungsprozesse in der Produktion optimieren.
Foto: Membrain

Digitalisierung bezeichnet die Umwandlung von analogen Prozessen in digitale Formate. Im Vordergrund steht die Vernetzung von mobilen Geräten, Maschinen und zum Beispiel führenden ERP-Systemen (etwa SAP) sowie die Automatisierung von Prozessen und Workflows im industriellen IoT-Umfeld (IIoT). Wertschöpfungsprozesse lassen sich damit optimieren und die Transformationsphase hin zur intelligenten Fabrik (Smart Factory) einleiten. Digitalisierung ist in deutschen Unternehmen angekommen, die gegenwärtige Aufgabe ist es, diese nun mit geeigneter Soft- und Hardware auszustatten und so für die Zukunft zu wappnen.

Welche Bedeutung spielt die Datenerfassung?

Um kritische Prozesse digital abzubilden, werden relevante Daten zeitnah in den führenden Systemen benötigt. Diese Daten werden mit Hilfe von Scannern, RFID, Steuerungen oder mobilen Systemen erfasst. Denn nur mit relevanten Daten können zum Beispiel automatische Aktionen oder Maßnahmen getroffen werden. Hierbei spielen heute mobile Datenerfassungslösungen noch eine zentrale Rolle. Ziel sollte aber eine Kommunikationslösung sein, die die einzelnen Komponenten soweit wie möglich ohne menschliche Interaktion verbindet. Denn Grundvoraussetzung ist es, kritische Informationen in Echtzeit verfügbar zu machen, um so auf Ereignisse unmittelbar reagieren zu können.

Welche Ziele werden damit verfolgt?

Der zunehmend härtere Wettbewerb im globalen Markt zwingt Unternehmen, zum Beispiel im produzierenden Gewerbe, ihre Produktivität genauer unter die Lupe zu nehmen. Automatisierung und Digitalisierung sorgen dafür, Prozesse und Workflows zu optimieren und somit Unternehmensprozesse effizienter zu gestalten. Digitalisierung hilft dabei, den großen Anteil von sich ständig wiederholenden manuellen Aufgaben mit Hilfe von Technologien zu automatisieren und auf ein Minimum zu reduzieren. Die dabei freigewordenen Ressourcen können dann wiederum für anspruchsvolle Aufgaben mit entsprechend höherer Wertschöpfung gewinnbringend eingesetzt werden. Oberstes Ziel ist es, ein unterbrechungsfreies und schnelles Arbeiten zu gewährleisten. Die Datenerfassungsarchitektur soll Prozesse vereinfachen, höchste Transaktionssicherheit gewährleiten, Mitarbeitereffizienz steigern und menschliche Fehler vermeiden. Dabei ist wichtig, dass die Digitalisierungsstrategie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Denn Insellösungen mit Medienbrüchen eliminieren keine menschlichen Fehler und schaffen somit nur punktuelle Effizienzsteigerungen, aber keine durchgehende Digitalisierung.

Wo stehen deutsche Unternehmen bei der Digitalisierung?

Deutsche Unternehmen sind auf dem Sprung ins digitale Zeitalter. Disruptive Technologien sind im Markt angekommen und auch die Innovationsbereitschaft ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Getrieben wird dieser Trend ebenfalls durch die großen IT-Unternehmen. Doch Vorsicht: Für die großen Hersteller und Dienstleister ist Industrie 4.0 genau genommen eine Lösung, die sie den Kunden am liebsten aus einer Hand anbieten. Was dem Gedanken an die Digitalisierung nicht gerade widerspricht, aber speziell im Hinblick auf eine bestehende Infrastruktur doch problematisch erscheint.

Viele Unternehmen verfügen bereits über eine Digitalisierungs-Roadmap. Dieser Transformationsprozess lässt sich auch als Digital Journey bezeichnen - also die Transformation von einem transaktionalen Unternehmen zu einem digitalen und schließlich zu einem intelligenten Unternehmen mit lückenloser Digitalisierung und intelligenten Systemen. Aktuell befinden sich sehr viele deutsche Unternehmen in der Transformationsphase auf dem Weg hin zum digitalen Unternehmen (Digital Enterprise).

Welche Branchen sind Vorreiter der Digitalisierung?

Aufgrund hoher Qualitätsstandards, komplexer Produktionsprozesse sowie einer umfangreichen Supply Chain hat die Automobilindustrie bereits einen sehr hohen Grad an Digitalisierungsstandards erarbeitet. Denn trotz enormer Stücklistentiefe, großer Teilevielfalt und zunehmendem Outsourcing an externe Partner verfügt die Automobilindustrie über äußerst schlanke Prozesse, minimale Bestände und erlaubt keinerlei Fehler. Neben der Automobilbranche sind weitere Industrien wie die Prozessindustrie Vorreiter, wenn es um Digitalisierung geht. Großes Potential haben zudem alle Industrien, bei denen Rückverfolgbarkeit und die Überwachung kritischer Prozesse in Echtzeit gefordert wird, oder eine umfangreiche Supply Chain vorhanden ist.

Welche IoT-Anwendungsbereiche profitieren?

Eine wesentliche Grundvoraussetzung für das IIoT-Umfeld ist das Vorhandensein von technischen Standards und Normen. Nur so kann eine übergreifende Kommunikation zwischen Menschen, Maschinen und Systemen ermöglicht werden. Weiterhin sind leistungsstarke Systeme erforderlich, um Echtzeitanwendungen zu ermöglichen.

Smart Maintenance

Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen sind auch die Anwendungsbereiche unterschiedlich weit in den Unternehmen etabliert: Der Bereich Smart Maintenance (mobile und systemgestützte Wartung) verfügt über einen hohen Grad an Standards sowie klar definierte Prozesse. Aus diesem Grund lassen sich herkömmliche papierbasierte manuelle Prozesse sehr einfach durch eine mobile Lösung (App) ablösen. Instandhaltungsaufträge können so direkt von mobilen Geräten bearbeitet/verwaltet werden. Das erspart unnötige sowie lange Wege. Auch eine schlechte Erreichbarkeit der Mitarbeiter, die Komplexität der Auftragszuteilungen sowie der enorme Verwaltungsaufwand lassen sich so deutlich optimieren. Im Ergebnis werden so menschliche Fehler vermieden und eine 100-prozentige Transaktionssicherheit gewährleistet.

Digitale Fabrik

In der Digitalen Fabrik sorgt die fortschreitende Digitalisierung ebenfalls für optimierte Prozesse und effiziente Arbeitsabläufe. In der Fertigung kann es besonders wichtig sein, dass auf möglichst aktuelle Daten zugegriffen wird. Der komplette Fertigungsprozess kann dann stets aktuell vom führenden System überwacht und gesteuert werden. Das Vorhandensein vollständiger Information über zum Beispiel Lagerbestände, Maschinenzustände etc. vermeidet Produktionsengpässe und Stillstände. Die Integration mit "Predictive Maintenance" und weiteren digitalen Komponenten führt zu einer deutlich verbesserten Produktivität und Auslastung.

BANF

Beim Einsatz von Smartphones oder Tablets als Kontrollinstanz empfiehlt sich eine modulare Softwarearchitektur.
Foto: Membrain

Ein weiterer prädestinierter Anwendungsbereich für die Digitalisierung sind mobile Genehmigungsprozesse und mobile Freigaben von Bestellanforderungen (BANF), beziehungsweise Genehmigungen. Dank der klaren Prozessstrukturen und standardisierten Workflows eignet sich dieser Bereich ebenfalls besonders für die Digitalisierung. So lassen sich Bestellprozesse von Material oder Dienstleistungen digital deutlich schneller abwickeln. Der hohe Aufwand des manuellen Prozesses (Nachfassen, Laufzettel mit Unterschriften) wird durch die mobile Lösung eliminiert und erheblich optimiert, indem der komplette Prozess über die App in Echtzeit abgewickelt und direkt im führenden ERP-System freigegeben wird. Sie ermöglicht ein schnelles und einfaches mobiles Bearbeiten (freigegeben/abgelehnt/weitergeleitet) von Genehmigungen und Bestellanforderungen mit nur einem Klick auf dem Smartphone oder Tablet. Somit werden Geschäftsabläufe schneller, effizienter und somit auch profitabler abgewickelt. Ebenfalls übernimmt diese Lösung automatische Erinnerungen sowie Eskalationsschritte bei ausbleibender Antwort beziehungsweise Reaktion.

Welche weiteren Branchen sind dafür prädestiniert?

Die Einsatzgebiete der Digitalisierung sind nahezu endlos - und zwar branchenübergreifend: ob automatische Steuerung/Kontrolle einer Maschine, Management der Lieferkette, Optimierung interner Betriebsabläufe oder aber die Automatisierung und Vereinfachung stationärer Business-Prozesse. Hierbei spielt es keine Rolle, ob Daten automatisiert von einer systemangebundenen Maschine direkt ins Backend geschrieben werden oder von einem mobilen Gerät kommen. Im Fokus stehen fast immer aktuelle Daten. Diese verhelfen zu Effizienzsteigerung, höherer Transparenz und zur lückenlosen Dokumentation.

Insbesondere in der produzierenden Branche zeigt sich das enorme Potenzial mit seinen zahlreichen Vorteilen. So können mit mobilen Datenerfassungslösungen beispielsweise Störungsmeldungen und auch vorrausschauend Warnungen einer Maschine in Echtzeit auf einem Smartphone angezeigt werden. Mobile Datenerfassungslösungen ermöglichen auch die Abbildung des aktuellen Produktionsstatus oder der gesamten Materialwirtschafts- und Produktionsprozesskette - vom Wareneingang und Rückmeldung bis hin zu Umbuchung, Kommissionierung und Versand inklusive der direkten Buchung ins ERP-System. So sind eine vollständige Analyse, Steuerung und Dokumentation der Logistik- und Produktionsprozesse möglich.

Was sind die technischen Voraussetzungen für die Digitalisierung im IoT-Umfeld?

Voraussetzung für die Einführung solcher Technologien ist aber das Vorhandensein einer echten, herstellerneutralen Integration. Denn die daraus resultierenden positiven Effekte ergeben sich nur durch eine vollständige Anbindung von bestehenden IT-Systemen wie ERP, CRM oder SAP an beispielsweise mobile Anwendungen. Nur so können komplexe Unternehmensprozesse automatisiert und nahtlos auf höchstem Niveau gewährleistet werden. Gefordert ist also eine Art Datendrehscheibe in Form eines Kommunikationsserver, der sämtliche Daten zeitnah, einfach und sicher zwischen verschiedenen IT Systemen transportiert. Viele Anbieter setzen dabei auf Punkt-zu-Punkt Ansätze, wie auch SAP mit Fiori, geraten aber damit schnell an ihre technologischen und budgettechnischen Grenzen.

Kommunikationsserver mit einer modularenSoftwarearchitektur ermöglichen eine problemlose und integrierte Anbindung von bereits vorhandenen Drittsystemen, wie Web Services, Exchange oder auch Steuerungen. Mit diesen Kommunikationsservern werden Daten bidirektional vom Backend verwaltet und beliebigen Frontends, wie mobilen Geräten, Terminals oder Maschinen, zur Verfügung gestellt.

Das Backend-System dient dabei als steuernde Instanz. So ist eine lückenlose Rückverfolgbarkeit sowie hundertprozentige Transaktionssicherheit möglich. Der Kommunikationsserver sollte plattformunabhängig sein, um die Digitalisierung bereichsübergreifend - auch zu einem späteren Zeitpunkt - im Unternehmen zu implementieren. Dedizierte Applikationen (Apps) können dann ganz einfach mit dem Server (Dienst) verbunden werden und entsprechende Prozesse mobil abbilden.

Auf diese Weise lassen sich Fertigungsaufträge, die zum Beispiel automatisch aus Steuerungen aus dem Produktionsbereich generiert werden, direkt ins ERP schreiben. Auch sollte die Plattform über zertifizierte System-Schnittstellen (etwa SAP) verfügen und unbedingt echtzeitfähig sein. Weiterhin sollte ein Hybrid-Modus (On- und Offline-Betrieb) möglich sein, der ein unterbrechungsfreies Arbeiten ermöglicht. So kann ein zuverlässiges und kontinuierliches Arbeiten bei schlechter oder gar ohne Internetverbindung (mobile Daten, WLAN) garantiert werden.

Auch das Thema Cloud spielt eine wichtige Rolle. Verfügbare Cloud-Konnektoren ermöglichen eine einfache und schnelle Anbindung an einen Kommunikationsserver (zum Beispiel an die SAP Cloud Platform), eine eigene Cloud, oder ein eigenes lokalesRechenzentrum. Das sorgt für höchste Flexibilität und Performance sowie eine sichere Anbindung mobiler Geräte in die IT-Landschaft des Unternehmens. Letztlich ermöglicht die Verwendung von Standardkomponenten ein "Go-Live" innerhalb weniger Tage und macht somit eine teure IT-Projektberatung überflüssig.