Sparen mit Open Source Hardware

Facebook legt Data Center Design offen

26.11.2012 von Alexander Dreyßig
Facebooks Vorzeige-Data-Center in Oregon verbraucht 38 Prozent weniger Energie und das bei 24 Prozent geringeren Kosten. Diese Werte sind beeindruckend. Grund genug also für jeden kostenbewussten CIO, sich das Ganze einmal näher anzuschauen.

Wo also liegt das Geheimnis hinter diesen Einsparungen? Facebook hat sich beim Design seines neuen Data Centers auf seine Hacker-Wurzeln besonnen und sowohl das Rechenzentrum als auch die Server inklusive der Management-Tools von Grund auf individuell entwickelt. Im Grunde genommen also nichts anderes, als das was Google mit seinen Rechenzentren schon seit zehn Jahren praktiziert. Der große Unterschied besteht jedoch darin, dass Facebook alle Daten nun frei zugänglich gemacht hat.

Analog zum Open-Source-Modell bei Software hat Facebook alle Informationen zu Servern, Server-Management, Storage-Komponenten, Energieversorgung und Kühlung an die Open Compute Project (OCP) Foundation übermittelt, welche die Informationen in OCP-Spezifikationen übersetzt und formalisiert hat. Diese sind frei und kostenlos zugänglich.

Kosten sparen mit dem OCP-Konzept

Eine Grundidee hinter der Entwicklung der OCP-Spezifikationen bestand darin, dass man die überflüssige Differenzierung zwischen den Produkten verschiedener Hersteller, wie Sie in den meisten Rechenzentren vorherrscht, unbedingt vermeiden wollte, erklärte Frank Frankovsky, Facebooks Präsident für Hardware-Design und Logistik.

Handelsübliche Server zum Beispiel seien nicht besonders ökonomisch, da sie immer einen ganze Reihe an Features böten, die die meisten Firmen überhaupt nicht bräuchten. Dies würde zu extra Kosten und Energieverschwendung führen, so Frankovsky. Zudem könne man zum Beispiel HP-Server und Dell-Server nicht auf die gleiche Weise managen. Proprietäres Management zeitige hier verheerende Auswirkungen. Aus diesen Gründen hat sich Facebook von klassischen Anbietern wie Dell und HP abgewandt und ist dazu übergegangen, seine OCP-Server immer öfter direkt zu günstigen Konditionen bei asiatischen Herstellern zu ordern.

Der Grundgedanke hinter diesen OCP-Servern besteht darin, dass sie nur mit den unbedingt erforderlichen Hardware-Komponenten ausgestattet sind und zudem über eine effiziente Energieversorgung verfügen. Zusätzliche Kosteneinsparungen werden durch die Verwendung einer hocheffizienten Kühlung im Data Center realisiert.

Auch kleinere Unternehmen können profitieren

Facebook hat mit seinem Data Center in Oregon bewiesen, dass diese Rechnung aufgeht. Welche Schlüsse aber sollten Unternehmen mit deutlich überschaubareren Rechenzentren aus diesen Erfahrungen ziehen? Zwar sieht auch Frankovsky den Nutzen der OCP-Spezifikation am ehesten in Großunternehmen, die entsprechende Data-Center-Kapazitäten benötigen.

Dennoch könnten auch kleinere Firmen von den Erfahrungen profitieren. So müssten diese nicht sofort ein neues Data Center auf die Beine stellen, könnten aber dennoch Nutzen aus einzelnen OCP-Spezifikationen ziehen. So könne man beispielsweise von der gehäuften Verwendung von OCP-Servern und einer angepassten Energieversorgung profitieren und Kosten sparen. Frankovsky rechnet damit, dass sich auf diese Weise etwa 50% der von Facebook realisierten Energieeinsparungen auch in kleineren Unternehmen erreichen ließen. Im Bereich der Kosten rechnet Frankovsky sogar mit ähnlichen Effekten wie im neuen Facebook Data Center. Ursächlich hierfür sein die hohen Rabatte, die Facebook schon vorher auf Komponenten der großen Anbieter bekommen hat.

Das OCP-Konzept in der Praxis

Eine Firma, die das OCP-Konzept zukünftig in ihren Rechenzentren umsetzen möchte, ist Digital Realty Trust, ein großer Anbieter von Rechenzentrums-Kapazitäten. Digital Realty Trust plant, einige seiner Data Center mit Komponenten auszustatten, die dem OCP Open Rack Standard einschließlich des OCP Integrated Power Distribution Systems entsprechen. Kunden könnten dann OCP-Server nach Bedarf mieten. Da dies jedoch in bereits bestehenden Data Centern passieren soll, könnten Kunden leider nicht von OCP-Kühlungssystemen profitieren. Dies sei aber kein Problem, da die verbaute Kühlung bereits hocheffizient arbeite, so Jim Smith, CTO von Digital Realty Trust. Kunden könnten auf diese Weise 75-85% der Vorteile genießen, die Facebook in seinen eigenen Rechenzentren erreicht habe.

Laut Smith adressiert Digital Realty Trust mit seinen OCP-Umgebungen kleinere und mittlere Unternehmen, die Kapazitäten von ein bis drei Megawatt benötigen. Bisher hätten sich jedoch noch keine Kunden gewinnen lassen. Einen Grund hierfür sieht Smith in Vorbehalten gegenüber dem OCP-Konzept. So wären viele Kunden noch nicht überzeugt, dass das Open Source Hardware Design wirklich funktioniert. Diese würden daher momentan lieber noch auf etablierte Komponenten der großen Anbieter setzen. Smith geht jedoch davon aus, dass sich das in naher Zukunft ändern wird. „Denken Sie an die Anfangszeit von Linux und wie unsicher die Leute damals bezüglich der Risiken waren. Aber denken Sie auch an die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der sich der Markt für Open Source-Software entwickelt hat und übertragen Sie dies auf den Hardware-Bereich“, führt Smith aus.

Die Liste der Anbieter für Open Source-Hardware wächst

Inzwischen springen immer mehr Anbieter auf den Zug auf. So gibt es eine immer größere Anzahl von OCP Solution Providern wie Avnet, ZT Systems und Hyve Solutions. Immer mehr Unternehmen verkaufen OCP-Hardware auch direkt an Enduser, so zum Beispiel QCT , ein taiwanesischer Original Design Manufacturer (ODM) im Besitz von Quanta, der unter anderem auch für Dell Server produziert oder auch Wiwynn, ebenfalls ein taiwanesischer ODM.

Zudem bieten immer mehr klassische Hardware-Anbieter Produkte, die den OCP-Spezifikationen entsprechen. So haben HP und Dell unter dem Codenamen „Coyote“ basierend auf HPs Proliant-Plattform entsprechende Server angekündigt. Auch VMware bewegt sich in Richtung OCP und will zukünftig seine vSphere Virtualisierungsplattform für OCP zertifizieren.

Der OCP Solution Provider Hyve Solutions stattet Standart OCP-Server mit entsprechender Verkabelung, Laufwerken und Netzwerk-Komponenten aus und liefert diese dann als OCP-Racks. Steve Ichinaga, Geschäftsführer von Hyve Solutions, sieht eine signifikant steigende Nachfrage nach OCP-Servern seit Facebook Zahlen und Daten zu den möglichen Einsparungen veröffentlicht hat. „Zuvor haben die Leute einfach gekauft, was verfügbar war, vielleicht Dell- oder HP-Server. Inzwischen sehen wir aber immer mehr große Namen, die zu uns kommen und nach günstigeren Servern suchen, die weniger Energie verbrauchen und sich zudem individuell anpassen lassen“, so Ichinaga.

Die Zukunft von OCP

Bisher hat sich die OCP-Foundation primär auf Hardware, insbesondere Server, Storage und Data-Center-Design konzentriert. Wohin wird die Entwicklung in der Zukunft gehen? „Linux war dank der vielen Entwickler, die gemeinsam am Projekt gearbeitet haben, so erfolgreich. Wir wollen zuerst einmal studieren, wie dieser Erfolg genau zustande gekommen ist, bevor wir weiter ausholen“, so Frankovsky. Ob OCP in Zukunft auch andere Bereiche wie Netzwerke und Mobile Devices erobern wird, sei noch offen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation CIO.com.