Mobile Anwendungen sind die nächste große Herausforderung des Software-Testings, so das Ergebnis des vierten „World Quality Reports“ von Capgemini, Sogeti und HP. Die diesjährige Studie zeigt, dass sich die Mehrheit der Unternehmen mit den Herausforderungen der Mobile-Welt schwer tut.
Nur ein knappes Drittel aller befragten Unternehmen testet derzeit ihre mobilen Anwendungen systematisch (31 Prozent). Und die Organisationen, die mobile Qualitätssicherung betreiben, konzentrieren sich überwiegend auf Performance (64 Prozent) und Funktionen (48 Prozent), nur 18 Prozent widmen ihre Aufmerksamkeit Sicherheitsaspekten.
Wie Qualitätssicherungs-Teams ihre integrierten Testing-Strategien optimieren sollten, weiß Stefan Gerstner, Vice President Global Testing Services bei Sogeti, einem Tochter-Unternehmen von Capgemini: „Qualitätssicherungsteams mu¨ssen heute mehr denn je ihre Strategie an den Erfordernissen ihrer internen Kunden ausrichten, um relevante Unterstützung anbieten zu können.“
Die internen Kunden stünden in aller Regel unter erheblichem Kostendruck, hätten hohe Time-to-Market-Anforderungen und erwarteten hohe Qualitätsstandards. „Das ist nicht unbedingt neu, aber die Intensität des Drucks sowie erhöhte Komplexität der IT-Landschaft machen diese Aufgabe stets schwieriger“, betont Gerstner. Dies bedeute, dass Qualitätssicherungsteams kritisch prüfen müssen, ob sie diese Aufgabe allein lösen können oder ob sie ihr Wissen mit externem Know-how verstärken sollten.
Der Experte nennt zwei Möglichkeiten, wie man Freiberufler einsetzen kann: Der punktuelle Einsatz externer Spezialisten als Ergänzung zum internen Team oder der Aufbau eines spezialisierten Testing Center of Excellence (TCoE) in Zusammenarbeit mit einem externen Partner oder eines Dienstleistungsmenüs mit Komponenten, die auf Abruf von einem externen Dienstleister erbracht werden. Der richtige Mix hänge immer stark vom einzelnen Kunden ab, so Gerstner weiter.
Spitzenreiter im Mobile Testing
In Deutschland kristallisieren sich beim Mobile Testing drei Trends heraus: Zum ersten gibt es auch hier einen Trend zum Testing Center of Excellence (TCOE), waren es 2011 noch 53 Prozent der Unternehmen, die keines einplanten, sind es aktuell nur noch 21 Prozent der Befragten.
Bei der Migration von Anwendungen in die Cloud sind deutsche Unternehmen weit vorsichtiger als der weltweite Durchschnitt, jedoch mit 66 Prozent migrierter oder gehosteter Anwendungen in der Cloud im Rahmen der Erwartungen von 2011 (67 Prozent). Bis 2015 wird nur ein geringer Anstieg erwartet. Allerdings teste kein anderes Land so viele Mobile-Anwendungen und Mobilgeräte.
Auch der Anteil an cloud-basierenden Test-Umgebungen ist mit 35 Prozent einer der höchsten dieser Studie – global sind es im Schnitt 28 Prozent. Fu¨r Deutschland wird bis 2015 eine Steigerung des Anteils um drei weitere Prozentpunkte erwartet.
Testen in der Cloud gewinnt an Bedeutung
Cloud Computing gewinnt bei Testing und Qualitätssicherung (QS) an Bedeutung. Fast ein Viertel der Anwendungen (22 Prozent) der befragten Firmen werden in der Cloud betrieben, bis 2015 soll diese Zahl um zehn Prozent steigen. Infolge dessen gewöhnen sich immer mehr QS-Verantwortliche an die Cloud als Testing-Plattform, aktuell liegt der Anteil bei 28 Prozent, bis 2015 soll er noch auf 39 Prozent klettern. Nur vier Prozent der Unternehmen nehmen an, dass sie auf Cloud-Technologien zur Qualitätssicherung in den kommenden drei Jahren verzichten können. Vor zwei Jahren waren das noch 31 Prozent.
Testing-Strategien überdenken
Die meisten Unternehmen weltweit (51 Prozent) testen intern, lediglich 13 Prozent der Befragten haben das Testing komplett an einen externen Dienstleister ausgelagert. Unglücklicherweise können gerade die QS-Teams der Unternehmen, die das Testing intern erledigen, mit den neuen Technologien kaum Schritt halten. Da passt es ins Bild, dass mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer (59 Prozent) das interne Know-how hinsichtlich Testwerkzeugen und Technologien als nur durchschnittlich einstuft.
Zwei Drittel der Befragten räumen zudem ein, dass sie nicht über die entsprechenden Tools verfügen, um mobile Anwendungen zu testen. Einem Drittel fehlt es an geeigneten Testmethoden (34 Prozent) sowie an Spezialwissen (29 Prozent). „Globale Unternehmen müssen Tausenden von Mitarbeitern und manchmal Millionen von Kunden mit unterschiedlichsten mobilen Geräten ununterbrochen Zugang gewähren, mit all den Herausforderungen, die das mit sich bringt,“ so Gerstner. Er ist überzeugt, dass Qualitätssicherungsteams ihre integrierten Testing-Strategien daher ernsthaft überdenken müssen, wenn sie Alt und Neu, Anwendungen und Mobile abdecken und dabei mit ihren Nutzern Schritt halten wollen.
Daher rät der Sogeti-Manager Qualitätssicherungsexperten mit Blick auf erforderliches Know-how: „Auftraggeber von Testexperten erwarten neben Testmethodik und spezifischem IT-Wissen auch das Verständnis branchenspezifischer Prozesse sowie Kenntnisse spezifischer Anwendungen, damit diese schnell und mit echtem Mehrwert in ihrem Umfeld einsetzbar sind."
Komplett externes Testing und QS
Externe Experten in Testing und QS können nach Tendenzen im „World Quality Report“ zunehmend Projekte und Aufträge erwarten. Gerstner meint sogar, dass externe Dienstleister Testing und QS prinzipiell komplett u¨bernehmen könnten. Capgemini und Sogeti hätten dies bereits mit Kunden im Bereich von Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Logistik erfolgreich getan und wären langjähriger Test-und QS-Partner dieser Unternehmen. Hierfu¨r sei allerdings eine intensive Transitionsphase erforderlich, damit man das kundenspezifische Know-how aufbauen und die Verantwortung kontrolliert übertragen könne. (kf)
Dieser Artikel ist auch im IT-Freelancer Magazin (Ausgabe 6/2012) erschienen.