Excelsis konfiguriert Open Source für E-Business

03.04.2003 von Stefan Ueberhorst
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Open-Source-Software eignet sich auch für unternehmenskritische E-Business-Anwendungen. Dieser Meinung ist die Excelsis AG aus Stuttgart, die aus ihrer Projekterfahrung eine „Open Source Platform“ zusammengestellt und dafür auch eine Analyse zu den Total Cost of Ownership anbietet.

Excelsis-Architekturkomponenten (Quelle: Excelsis AG)

Die Plattform besteht im Wesentlichen aus den drei Ebenen für „Solution“, „Enabling“ und „Infrastructure“ sowie einem Framework als Bindeglied. Im Solution Layer sind die Frontends mit ihren diversen Client-Systemen, die fachliche Geschäftslogik sowie die Anbindung von Backends zur weiteren Datenverarbeitung via XML und Web-Services abgebildet. Die in dieser Ebene eingeführten Applikationen sind nicht als Open-Source-Komponenten verfügbar, sondern müssen entsprechend den Kundenanforderungen individuell entwickelt werden.

Auf dem Niveau kommerzieller Produkte

Standardisierte Open-Source-Software, überwiegend aus dem Apache-Bereich, kommt mit dem Enabling Layer. Hier empfiehlt Excelsis als J2EE-Ablaufumgebung den Applikations-Server „Jboss“, der ab Version 3.0 die Definitionen von Enterprise Javabeans 2.0 (EJB) unterstützt. Jboss wird sowohl mit einer eigenen Servlet-Engine, als auch mit der von „Tomcat“ ausgeliefert. Da Tomcat die aktuelle Servlet-Spezifikation 2.3 erfüllt, befindet sich die Kombination der beiden Open-Source-Produkte bezüglich der Standards auf gleichem Niveau wie viele kommerzielle Applikations-Server. Daneben hebt der Plattformanbieter als herausragende Jboss-Eigenschaften dessen Modularität und Konfigurierbarkeit über XML-Dateien hervor.

Enabling Layer

Jboss, J2EE-Applikations-Server

Tomcat, Servlet Engine

Struts, Open-Source-Framework zur Erstellung von Web-Applikationen

Jetspeed, Enterprise Information Portal

Open CMS, Content-Management-System

Apache Webserver

My SQL, Datenbank

SMS-Server-Tools

Hylafax, Fax-Server

Auch Tomcat lasse sich sehr einfach bedienen: Sobald die Servlet-Engine gestartet wird, können kompilierte Web-Anwendungen in Form von Web Archives (WARs) in das entsprechende Unterverzeichnis kopiert werden und sind sofort lauffähig. Java Server Pages (JSPs) brauchen nicht einzeln vorkompiliert zu werden, so dass sich insgesamt schnelle Turnaround-Zeiten in der Softwareentwicklung sowie kurze Unterbrechungen beim Update eines Produktionssystems ergeben.

Als Open-Source-Framework zur Erstellung von Web-Applikationen mit Standardtechniken wie JSPs, Servlets und Javabeans kommt „Struts“ zum Einsatz. Das Framework sei im E-Business-Umfeld weit verbreitet, so dass sich inzwischen eine Reihe von Special Interest Groups gebildet hat. Die Nachhaltigkeit der für Struts entwickelten Anwendungen könne deshalb als gesichert betrachtet werden, heißt es bei Excelsis. Hauptaufgabe von Struts ist es, die aus den JSPs kommenden Parameter eines Requests auszulesen und der Applikation zur Verfügung zu stellen.

Infrastructure Layer

Linux-Betriebssystem

Snort, Intrusion Detection

IPTables, in Linux enthaltener Paketfilter als Firewall,

Tripwire, Integrity Check

Open SSH, SSL-Toolkit

FreeS/WAN, Linux-Implementierung des IPSec Protokolls

Linux Virtual Server, Load Balancing für Linux auf TCP- und UDP-Ebene

Piranha, Failover-Mechanismen von Red Hat

Die Open-Source-Implementierung eines Enterprise Information Portals ist mit „Jetspeed“ gegeben. Unter Verwendung von Java und XML ist der Portal-Aufruf unabhängig vom verwendeten Endgerät möglich, die Darstellung erfolgt über JSP und HTML. Zur Erstellung und Verwaltung der Websites steht das Content-Management-System „Open CMS“ zur Verfügung. Die Software bietet eine in ihrer Benutzerfreundlichkeit mit bekannten Office-Tools vergleichbare, Web-basierende Schnittstelle. Ein Workflow mit entsprechender Rechteverwaltung ist integriert. Schließlich umfasst die Excelsis-Plattform noch den „Apache“-Webserver, der als sehr ausgereiftes und flexibel einsetzbares Produkt bezeichnet wird, sowie die Datenbank „My SQL“, deren Transaktionsfähigkeit mittlerweile auch geschäftskritische Anwendungen beherrsche.

Mit Eclipse kommt eine robuste Entwicklungsumgebung

Auf der Infrastruktur-Ebene enthält Excelsis neben Linux diverse Sicherheitskomponenten, darunter das Intrusion-Detection-Tool „Snort“, den in Linux enthaltenen Paketfilter „IPTables“ als Firewall und das Integrity-Check-Tool „Tripwire“. Die Entwicklungsumgebung wird durch das Open-Source-Projekt „Eclipse“ repräsentiert, das eine robuste, auf Java basierende IDE für den kommerziellen Einsatz zur Verfügung stellt.

Entwicklung

Eclipse, Entwicklungsplattform

Concurrent Versioning System (CVS), Versionierung

Bugzilla, Bug-Tracking-System

Ant, Build-Tool

Velometer, Performance-Test

Siege, Regressionstest und Benchmark

Testmaker, Framework für den Test von Web-Services

Apache Jmeter, Funktions- und Performance-Tests

Ergänzungen hier sind das „Concurrent Versioning System“ (CVS) zur Versionierung sowie Bug-Tracking mit Hilfe von „Bugzilla“ - zusammengenommen eine mächtige Lösung für das Konfigurations-Management und für Replikationsprobleme. Schließlich kontrolliert das von Apache entwickelte und auf Java und XML aufbauende Build-Tool „Ant“ die Erstellung von ausführbaren Dateien. Bei den Testwerkzeugen hat sich Excelsis unter anderem für die Open-Source-Software „Velometer“ (Performance-Tests) entschieden.

Wenn Anforderungen zu komplex für Standardsoftware sind

Aus solchen und anderen Open-Source-Komponenten hat Excelsis ein Referenzprojekt bei einem spezialisierten Finanzdienstleister aufgesetzt. Es ging darum, dessen Vertriebspartner über das Internet enger mit dem Anbieter zu koppeln, wobei man gleichzeitig ein breiteres Serviceangebot und eine größere Funktionstiefe zur Verfügung stellen wollte. Mit der über Jahre aus Insellösungen gewachsenen IT-Infrastruktur waren diese Anforderungen nicht mehr zu erfüllen, die Einführung einer Standardsoftware kam aber aufgrund der komplexen Finanzdienstleistungen nicht in Betracht. Das Ergebnis ist eine individuell programmierte Java-Applikation als Rechenkern, der Rest der Online-Vertriebsunterstützung wurde aus Open-Source-Modulen zusammengestellt. Die Kosteneinsparung im Vergleich zu einer Lösung auf Basis kommerzieller Software soll 40 Prozent betragen haben.

Betrieb

Open NMS, Management-Framework

Nagios, Netz-Monitoring

Log4J, Logger-System

Amanda, Backup und Recovery

Bei der TCO-Betrachtung räumt Excelsis ein, dass eine Open-Source-Architektur für E-Business nicht automatisch geringere Betriebskosten bedeutet. Im Gegenteil: Anfänglich eingesparte Lizenzkosten könnten durch erhöhte Aufwendungen für Wartung und Betrieb schnell wieder aufgezehrt werden. Als Entscheidungsgrundlage sollte deshalb eine sorgfältige TCO-Analyse dienen.

Am Beispiel einer typischen E-Business-Architektur rechnet der Anbieter vor, dass eine Open-Source- gegenüber einer kommerziellen Infrastruktur durchaus Einsparungen bis zu 50 Prozent bringen kann. Dabei vergleicht Excelsis Anschaffungskosten, einmalige und laufende Aufwände sowie Betriebskosten über einen Zeitraum von fünf Jahren. Bei der Variante mit „Bea Weblogic“, „Solaris“ und „Sun Fire“ als Server kommt man auf eine Gesamtsumme von drei Millionen Euro, während die Open-Source-Variante auf Compaq-Hardware nur 1,5 Millionen Euro kostet.