Outsourcing

Europas Banken setzen auf Offshore-Dienste

04.08.2008
Die zunehmenden Offshore-Aktivitäten der Finanzdienstler sind aber nur in geringem Maße für den dortigen Stellenabbau verantwortlich.
Foto: Eurostat

Den Analysten von Deutsche Bank Research beziehen fast 90 Prozent der europäischen Banken IT- und TK-Services von externen Dienstleistern. Mehr als 22 Prozent greifen dabei auf einen im Ausland ansässigen Provider zurück, und elf Prozent arbeiten mit einem Tochterunternehmen im Ausland zusammen (Captive Offshoring).

Indien bleibt wichtigste Offshore-Region

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Indien gilt nach wie vor als wichtigste Offshore-Region. Die dortigen Arbeitskräfte sind nicht nur vergleichsweise billig, sie sind auch sehr gut ausgebildet und sprechen Englisch. Hauptkunden sind Provider, die sich auf die Finanzdienstleistungsbranche spezialisiert haben. Sie nehmen typische IT-Dienste wie Softwareentwicklung in Anspruch, aber auch IT-gestützte Geschäftprozess-Services - etwa Call-Center- und Buchhaltungsaufgaben. Dem indischen Branchenverband Nasscom zufolge entfallen mehr als 40 Prozent der in Indien erbrachten IT- und BPO-Dienste (Business Process Outsourcing) auf Finanzdienstleister.

Offshoring weiter auf dem Vormarsch

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In einer Umfrage unter 50 europäischen Handelsbanken gab fast die Hälfte an, in den nächsten fünf Jahren mehrere Funktionen in ein Niedriglohnland verlagern zu wollen. Momentan verfolgen 38 Prozent der Befragten diese Strategie.

Anteil der offshore Beschäftigten steigt

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Mittlerweile arbeitet rund ein Drittel der IT- und Support-Belegschaft europäischer Banken in einem Niedriglohnland. Laut DB Research beschäftigen Finanzdienstleister, die Offshore-Dienste nutzen, zwischen 32 Prozent (IT-Betrieb) und 38 Prozent (Support) ihrer Mitarbeiter im Ausland. In den nächsten Jahren soll dieser Anteil auf 40 bis 44 Prozent ansteigen, prognostizieren die Analysten.

Mitarbeiterrückgang bei den Banken

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Die europäischen Banken beschäftigen heute insgesamt 125.000 Mitarbeiter weniger als 2001. Das ist ein Rückgang um durchschnittlich vier Prozent, der sich allerdings sehr ungleich verteilt. So ist der Mitarbeiterschwund in Deutschland und Großbritannien am größten, während die Banken in Estland, Litauen, Irland und Spanien sogar neue Leute eingestellt haben. In den USA sind insgesamt 100.000 Stellen weggefallen - vor allem in Folge der dortigen Kreditkrise.

Offshoring ist kein Job-Killer

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Mit den zunehmenden Offshore-Aktivitäten der Banken hat der Stellenabbau allerdings kaum etwas zu tun, meinen die Experten von DB Research. In Europa seien von 2002 bis 2006 weniger als zehn Prozent der Stellenstreichungen mit Offshoring-Maßnahmen zu erklären.

Mitarbeiterschwund hat andere Gründe

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Den Analysten zufolge gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Offshore-Nutzung und dem Rückgang der Beschäftigten. Dieser sei vielmehr auf interne Restrukturierungsmaßnahmen - etwa die Schließung zahlreicher Zweigstellen in Deutschland - oder Faktoren wie die rasante Entwicklung der Finanzdienstleister in Osteuropa zurückzuführen.

Wichtiges Offshoring-Motiv: Einsparungen

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Offshore-Dienste dienen häufig dazu, die Kosten zu senken. Das Gros der befragten Banken gaben an, Einsparungen zwischen zehn und 20 Prozent gegenüber onshore erledigten Aufgaben erzielt zu haben. Allerdings kommen diese Vorteile erst nach einigen Jahren zum Tragen. Berechnungen von Pricewaterhouse Coopers zufolge verzeichneten 30 Prozent der Banken im ersten Jahr sogar einen Anstieg der Kosten. Nach fünf Jahren liegt dieser Anteil nur noch bei zwei Prozent. Das zeigt, dass Offshoring kein kurzfristiges Instrument zu Kostensenkung, sondern eine langfristige strategische Entscheidung ist, folgern die Experten.