Meedia, Deutschlands Medien-Portal, hat hierzu ein Nutzerzahlen-Ranking der Parteien-Websites erarbeitet. Mit Hilfe des Google-Research-Tools "Ad Planner" haben die Medienschaffenden für den Monat Juli 2009 eruiert, wie viele Besucher die offiziellen Websites der Parteien überhaupt vorweisen können. Fazit von Meedia: "Das Ergebnis ist für die großen Parteien erschreckend."
Immer wieder wird das Beispiel des US-Präsidenten Barack Obama zitiert. Er hat es verstanden, moderne Kommunikationsformen wie Internet, SMS, YouTube oder Twitter zu nutzen. So hat er es geschafft, eine möglichst breite Bevölkerungsschicht über unterschiedliche Medien anzusprechen. Mediale Legende geworden ist sein Auftritt im Wahlkampf als lässig tanzender Noch-Senator im Fernsehstudio von Moderatorin Ellen DeGeneres.
Wenn man auch hoffen mag, dass einem solche Auftritte von deutschen Entertainment-Wundern wie Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier oder Ulla Schmidt - um nur die Besten zu nennen - erspart bleiben mögen, so ist doch eins ganz klar: Die Bedeutung von Informationsplattformen wie dem Internet für Parteien und Kandidaten sind evident. Ob durch die intelligente Nutzung des Web in Deutschland schon Wahlen entschieden werden, ist zwar noch diskussionswürdig. Wer diese Informationskanäle allerdings unterschätzt, dürfte aber schon heute Nachteile beim Ringen um die Gunst der Wähler haben.
Internetauftritt ist wichtig für Politiker
Ein guter Auftritt von Parteien und Politikern im Internet entscheidet immer stärker über den Ausgang von Wahlen. Dies zumindest ist die zentrale Erkenntnis einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Branchenverbandes Bitkom. Vier von fünf Wahlberechtigten sind der Ansicht, dass ein guter Politiker im Internet präsent sein muss. Fast jeder Zweite (44 Prozent) meint, dass eine Partei ohne den Einsatz des Internets keine Wahl gewinnen kann.
Meedia hat für ihre Untersuchung alle 27 zur Bundestagswahl im September zugelassenen Parteien in die Wertung genommen und im Ad Planner nachgeschaut, wie viele Unique Visitors (UVs), also unterschiedliche Nutzer, die jeweiligen offiziellen Partei-Websites im Juli 2009 frequentierten. Ein Surfer, der sich einmal beispielsweise auf der Website der CDU einfand, wird so als Unique Visitor bezeichnet - egal, wie viele Unterseiten er dort ansurfte.
Verheerendes Ergebnis für Parteien
Erstes Ergebnis: Von den 27 zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien konnten nur 14 Parteien in das Ranking aufgenommen werden. Die Homepages der anderen 13 - darunter etwa die Bayernpartei, die Partei Bibeltreuer Christen oder die Rentner-Partei-Deutschland - wurden von so wenigen Surfern angesteuert, dass der Ad Planner keine Unique-Visitor-Zahlen ausspuckte.
Zweite Erkenntnis: Keine der etablierten Parteien - also weder die CDU, CSU, SPD, FDP, Die Linken oder Bündnis 90/die Grünen - landete bei der Zahl der Besucher an der Spitze. Hier thront absolut unangefochten die Piratenpartei. Ihre Homepage wurde im Juli 2009 immerhin von 160.000 Unique Visitors angesteuert.
Weit dahinter rangiert die SPD als Zweitplatzierter (58.000 UVs). Es folgen Bündnis 90/Die Grünen (48.000), CDU (43.000), Die Linke (32.000). Abgeschlagen auch die FDP, die lediglich 29.0000 UVs anziehen konnte - peinlicherweise genauso viele, wie die neofaschistische NPD auf sich vereinte. Die CSU war nur für 22.000 Unique Visitors attraktiv genug.
Extrem internet-affine Zielgruppe
Meedia erklärt das vergleichsweise sehr gute Abschneiden der Piratenpartei damit, dass "keine andere kleine Partei derzeit so viel Medienpräsenz bekommt und die Piraten zudem eine extrem internet-affine Zielgruppe haben". Überraschend sei lediglich der "Vorsprung der Piratenpartei und die miserablen Zahlen der etablierten Parteien".
Insgesamt haben 62,2 Millionen Bürgern das aktive Wahlrecht, dürfen also via Briefwahl oder am 27. September an der Wahlurne ihre Stimme abgeben. Die 58.000 Unique Visitors, die sich beispielsweise auf der SPD-Homepage verloren, entsprechen also einem Anteil an allen Stimmberechtigten von nur 0,09 Prozent. Für die übrigen Parteien ergeben sich entsprechend noch verheerendere Werte.
Meedia hat quasi außer Konkurrenz zwei Parteien aufgelistet, weil auch diese für einigen Medienrummel sorgten. Sie sind allerdings vom Bundeswahlleiter nicht für die Bundestagswahl zugelassen worden: Gabriele Paulis Freie Union kam auf über 18.000 Unique Visitors und läge damit nicht weit hinter der CSU. Martin Sonneborns Die Partei verzeichnete 11.000 Unique Visitors und hätte damit im Internet ebenfalls einen Top-Ten-Platz erreicht.
Fazit von Meedia: "Die Nutzerzahlen dieser Seiten sind für die Parteien ziemlich ernüchternd." Ein Massenpublikum lasse sich im Netz mit Parteienpolitik offenbar noch lange nicht erreichen.
Politiker reden - Bürger antworten
Vielleicht begegnen deutsche Politiker aber dem Internet auch mit einer gehörigen Portion Skepsis. Denn dort publizierte Beiträge eignen sich natürlich auch zur von Parteien gefürchteten Bumerangkommunikation. So hatte der Berliner Blog Spreeblick eine Ansprache von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zum biometrischen Ausweis für eine Cover-Version genutzt, um den CDU-Politker satirisch durch den Kakao zu ziehen. Schäuble mag sich getröstet haben, dass dieses Schicksal auch Größeren teilhaftig wurde wie etwa dem US-Präsidenten. Obama hat es allerdings nicht geschadet. (jm)