Gehaltsverhandlung

Es geht um jeden Tausender!

25.08.2012 von Alexandra Mesmer
Wie viel möchten Sie verdienen? Für Jobsuchende ist das eine heikle Frage. Ein CW-Gespräch mit Bewerbercoach Gerhard Winkler über das richtige Gehaltsverständnis.
In jedem Bewerbungsgespräch geht es auch um Geld. Gut vorbereitet ist halb gewonnen.
Foto: mkabakov_Shutterstock

CW: Immer mehr Unternehmen verlangen schon in Stellenanzeigen, dass Bewerber im Anschreiben ihre Gehaltsvorstellung angeben sollen. Soll man konkrete Summen nennen?

WINKLER: Ja, wenn Sie Einsteiger sind. Ja, wenn Sie sich nur auf eine Verhandlung mit Leuten einlassen wollen, deren Budget Sie nicht sprengen. Ja, wenn Sie Ihren Preis nicht kennen - es zwingt Sie zu einer realistischen Selbst- und Markteinschätzung. Nein, wenn Sie zur Leistungselite zählen.

CW: Wer in Krisenzeiten seinen Job verliert und sich eine neue Stelle sucht, muss mit finanziellen Einbußen rechnen. Sehen Sie das auch so?

WINKLER: Arbeitgeber verhalten sich so, wie sie es sich leisten können - also in Krisenzeiten gegenüber Jobsuchenden tendenziell eher mies. Dabei argumentieren sie stets damit, dass sie entweder mehrere geeignete Kandidaten oder keinen Spielraum wegen des Sparzwangs haben. In einem schlechten Markt versuchen verunsicherte Jobsuchende zugleich oft damit zu punkten, dass sie auch ungünstige Konditionen akzeptieren.

Mein Tipp: Konzentrieren Sie sich darauf, Ihre besondere Jobeignung, Ihr tiefes Verständnis des Jobs und Ihre identische Wellenlänge mit dem Jobanbieter zu kommunizieren. Tun Sie im Übrigen so, als stünden auch Ihnen mehrere gute Optionen zur Wahl! Sie wollen nicht um jeden Preis ins Boot! Sie wollen die Crew verstärken, wenn das Unternehmen, das Team und der Job stimmen. Wenn Sie so auftreten und argumentieren, wird ein Jobanbieter es weniger wagen, Ihnen mit dreisten Zahlenspielchen zu kommen.

gehalt 2012
Für ihre große Gehaltsanalyse 2012...
...hat die IG Metall 28.200 Daten aus 132 Unternehmen der ITK-Branche untersucht. Schauen Sie, wieviel Softwareingenieure, IT-Berater, Mitarbeiter in Vertrieb und Support verdienen. Die angegebenen Gehälter beziehen sich auf eine 35-Stunden-Woche.
Für ihre große Gehaltsanalyse 2012...
...hat die IG Metall 28.200 Daten aus 132 Unternehmen der ITK-Branche untersucht. Schauen Sie, wieviel Softwareingenieure, IT-Berater, Mitarbeiter in Vertrieb und Support verdienen. Die angegebenen Gehälter beziehen sich auf eine 35-Stunden-Woche.
im Jahr verdient.....
ein IT-Trainer.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich sein Gehalt kaum verändert.
im Jahr erhält.....
ein Junior-Vertriebsbeauftragter.
Mit zunehmender Berufserfahrung kann er sein Gehalt auf 69.500 Euro im Jahr steigern.
bekommt...
ein Senior-Vertriebsbeauftragter.
Damit verdient er doppelt soviel wie der Einsteiger im Vertrieb.
verdient...
...immer noch der Vertriebsleiter.
Sein Einkommen hat den höchsten variablen Anteil und hat sich im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent gesteigert.
bekommt...
ein System-Ingenieur im Rechenzentrum.
Auch für das Rechenzentrum gilt: Die Gehälter der Führungskräfte stiegen viel deutlicher an als die der Mitarbeiter.
verdient...

Als Senior Techniker kann er mit knapp 47.000 Euro im Jahr rechnen.
Ein Service-Techniker....
bekommt jährlich....
erhält...
ein Support-Spezialist.
Innerhalb der Berufsgruppe Servicetechnik hat der Support-Spezialist sein Gehalt am deutlichsten im Vergleich zum Vorjahr steigern können.
verdient...
der Leiter des Kundendienstes.
bekommt...
ein Anwendungs- und Systementwickler...
.... am Anfang seines Berufslebens.
erhält...
...Senior-Entwickler mit langjähriger Berufserfahrung.
verdient...
Leiter Software Engineering.
Für die Softwareentwicklung gilt dasselbe wie für die anderen Bereiche: Das Gehaltsplus für die Führungskräfte ist doppelt so hoch wie das der übrigen Mitarbeiter.
bekommt...
...ein Hardware-Entwickler.
erhält...
ein Gruppenleiter in der Hardwareentwicklung.
verdient...
ein Junior-Marketing Spezialist.
Marketing-Profis gehören zu den am besten bezahlten Berufsgruppen in der IT-Branche.
bekommt...
ein Senior-Marketing Spezialist.
erhält...
ein Leiter Marketing.
Damit verdient er mehr als das Doppelte wie der Einsteiger im Marketing.
verdient...
ein Projekt-Manager,
...der noch über wenig Berufserfahrung verfügt. Doch im Projekt-Management gibt es genügend Spielraum nach oben.
...erhält....
...ein Projekt-Manager,...
....der über langjährige Erfahrung verfügt und Großprojekte leitet.
verdient...
ein Junior Berater/in.
Mit zunehmender Erfahrung steigt auch hier das Gehalt rasch an.
bekommt...
ein Senior Berater.
erhält...
der Leiter der Beratung.
erhält...
ein Junior Kundenbetreuer im Callcenter.
Die Call-Center-Mitarbeiter befinden sich traditionell am unteren Ende der Gehaltsskala.
verdient...
ein Kundenbetreuer im Call Center.
erhält...
ein Junior Teamleiter im Callcenter.

Nennen Sie keine Gehaltsspannen!

CW: Wie sollen Bewerber reagieren, wenn sie in Vorstellungsgesprächen nach ihrer Gehaltsvorstellung gefragt werden?

WINKLER: Sprechen Sie das Thema nie selbst an und nennen Sie auf eine direkte Frage Ihre letzte oder Ihre erwartete Jahresvergütung auf tausend Euro genau. Wer Preisspannen ausmisst, wer herumdruckst oder sich windet, der suche bitte den nächsten Karriereberater auf - zwecks Aufbau eines stabilen beruflichen Selbstbewusstseins.

Der Weg zur Gehaltserhöhung

CW: Sollen Bewerber, die bisher überdurchnittlich gut verdient haben, in Vorstellungsgesprächen schummeln, wenn sie nach ihrem Verdienst gefragt werden?

WINKLER: Es gibt Jobprofis, die so viel geleistet und so gut dabei verdient haben, dass sie es sich erlauben können, weniger zu verdienen, um etwas Neues, Spannendes und persönlich Befriedigendes anzugehen. Der Verdienst ist ein gutes Kriterium dafür, wie man Leistung einschätzt. Sagen Sie deshalb: "Ich habe nicht erwartet, dass Sie mir mein Gehalt von xy Euro zahlen können. Ich erwarte aber, dass Sie mir ein bisschen mehr zahlen, als Sie können."

CW: Wie reagieren Personaler auf Bewerber, die zu finanziellen Einbußen bereit sind?

WINKLER: Bewerber sollten sich klarmachen: Die Qualität einer Leistung bemisst sich am Preis. Darum ist die Gehaltsverhandlung immer ein Vehikel, um über klare und angemessene Forderungen das eigene Leistungsprofil, die besonderen Qualitäten und Stärken zu vermitteln.

CW: Was empfehlen Sie langjährigen Mitarbeitern, die mehr Gehalt haben wollen?

WINKLER: Leisten Sie viel. Dokumentieren Sie diese Leistung für sich. Thematisieren Sie Ihre Erfolge im Mitarbeitergespräch. Verknüpfen Sie das mit der Gehalts- oder Bonusfrage. Kommunizieren Sie es unmissverständlich, wenn Sie bereit sind, mehr Verantwortung zu übernehmen. Stellt sich der Arbeitgeber stur, lassen Sie sich ein Zwischenzeugnis ausstellen, das Ihre Entwicklung und Ihre bisherigen Leistungen verzeichnet.

11 fehler
Sie reden zu leise
Wie unangenehm vielen Arbeitnehmern die Gehaltsverhandlung ist, merkt man besonders an der leisen Stimme. Die Autorin Friedrichsen rät: "Treten Sie nicht als Mäuschen auf. Formulieren Sie Ihre Argumente klar und deutlich, kurz und prägnant."
Sie hören nur halb zu
Wer nach dem ersten Satz des Gegenübers bereits über seine Antwort nachdenkt, verschenkt wichtige Informationen und produziert nicht selten Missverständnisse.
Sie schauen Ihrem Gegenüber nicht in die Augen
Sie sehen während des Gesprächs zum Fenster oder gucken zu Boden? Das suggeriert mangelndes Selbstbewusstsein - oder gar Desinteresse.
Sie haben keine Agenda
Sie sind schlecht vorbereitet und haben sich kaum Gedanken über das Gespräch gemacht? Dann ist der Ausgang vorprogrammiert: Unstrukturierte Gespräche führen zu vagen Ergebnissen.
Sie haben Ihren Verhandlungspartner vorher nicht genügend informiert
Wenn Ihr Verhandlungspartner nicht weiß, worum es geht, fühlt er sich möglicherweise überrumpelt und macht im Zweifelsfall die Schotten dicht.
Sie lassen dem Gegenüber zuviel Raum
Geben Sie das Ruder nicht aus der Hand. Ergreifen Sie die Initiative, lenken Sie durch gezielte Fragen immer wieder geschickt auf Ihr Verhandlungsziel über. Achtung: Das heißt nicht, dass Sie die ganze Zeit reden sollen. Sie sollen nur die Verhandlung steuern. Das geht sogar oft besser, wenn Sie weniger reden.
Sie geben Ihre besten Argumente schon zu Beginn preis
Verschießen Sie Ihr Pulver nicht auf einmal. Spielen Sie Ihre Trümpfe nach und nach gezielt aus, halten Sie den Joker möglichst lange in der Hand.
Sie ignorieren Einwände
Versuchen Sie nicht, Zweifel zu vertuschen. Nehmen Sie Kritik des anderen besser selbst vorweg ("Sie scheinen an den Ergebnissen zu zweifeln . . . ") oder fragen Sie nach Problemen ("Was spricht gegen mein Argument?").
Sie haben keinerlei Verhandlungsspielraum eingeplant
Sich ein Ziel zu setzen, ist oberstes Gebot jeder Verhandlung. Wer dieses Ziel jedoch stur verfolgt, muss damit rechnen, dass auch der Partner auf stur schaltet. Überlegen Sie sich vorher, auf welche Kompromisse Sie sich einlassen können und wo Ihre Schmerzgrenze liegt.
Sie sprechen "Absolutbotschaften" und "Killerphrasen" aus
Begriffe wie "jeder", "alle", "immer", "ständig", "pausenlos", "nie" und so weiter sind Gesprächskiller. Vermeiden Sie diese!
Sie verlieren die Fassung
Lassen Sie sich nicht zu barschen Äußerungen hinreißen, wenn Sie Ihr Gegenüber auf die Palme bringt. "Bist du wütend, zähl bis vier, hilft das nicht, dann explodier": Wer den Tipp von Wilhelm Busch befolgt, kommt um einen destruktiven Wutausbruch meist herum.
Der Lektüretipp
Wer sich umfassender mit dem Thema Gehaltsverhandlung befassen will, dem empfehlen wir die Lektüre des Buches "Die erfolgreiche Gehaltsverhandlung" von Heike Friedrichsen. Die Autorin gibt umfassende Tipps rund um Gehaltsgespräche für Einsteiger, Aufsteiger und Umsteiger. Das Buch ist in der Reihe "Pocket Business" bei Cornelsen erschienen und kostet 6,95 Euro (ISBN 978-3-589-23471-4).

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