Es geht auch ohne Outsourcing

13.07.2004 von Joachim Hackmann
Viele Anwender stehen dem Outsourcing skeptisch gegenüber. Sie fürchten die Abhängigkeit vom externen Dienstleister, den Verlust von wichtigem Betriebs-Know-how sowie die schleppende und teure Umsetzung von Neuerungen. Als Alternative zur Auslagerung bietet sich an, die Abläufe zu verbessern und selbst zu betreiben.

In vielen Unternehmen steckt Potenzial, die Infrastruktur mit eigenen Ressourcen effektiver zu gestalten. Als geeignetes Mittel empfehlen die Berater von Deloitte Touche, administrative Aufgaben im hauseigenen Shared Service Center (SSC) zu konzentrieren. Ihren Rat stützen sie auf eine eigene Umfrage unter 56 Unternehmen aus Deutschland sowie eine weitere Erhebung unter 70 Firmen aus den USA, Europa und Asien.

Gründe für die Einrichtung von Shared Service Center

Anwender, die sich für die Implementierung von Shared Services Center entscheiden haben, zielen vor allem auf verbesserte Prozesse und Services. Kaum eine Rolle spielt der Vergleich von Standorten. Quelle: Deloitte

Nachverhandlungen sind gang und gäbe

"Viele Unternehmen sind unzufrieden mit ihrem Outsourcing-Partner, weil sich die versprochenen Einsparungen nicht eingestellt haben", schildert Gerd Schwarz, Leiter Serviceline Performance Management bei der Deloitte Touche GmbH, Düsseldorf. Outsourcing erweist sich der Studie zufolge vor allem dort als ungeeignet, wo eine klare Servicedefinition bei Vertragsabschluss noch nicht möglich ist, weil die ausgelagerten Leistungen aufgrund ihrer Komplexität kaum zu überschauen sind.

Das deckt sich mit den Erfahrungen, die Georg Hänsel, selbständiger Unternehmensberater aus Stuttgart, gemacht hat: "Die Anwenderunternehmen haben keine Übersicht über ihre Installationen. Meiner Einschätzung zufolge können sie allenfalls 80 Prozent der Leistungen beschreiben, die ausgelagert werden", schildert der IT-Outsourcing-Experte. Sein Wort hat Gewicht, weil er in seiner langjährigen Laufbahn unter anderem Geschäftsführer von IBMs Outsourcing-Tochter IBB war. "Sobald der Dienstleister die Installation übernommen hat, durchforstet er sie akribisch. Alle Services, die im Vertrag nicht dokumentiert sind, werden nachverhandelt."

Die Vorbehalte, die die befragten Anwender den Deloitte-Berater nannten, beschränkten sich nicht auf verfehlte Einsparziele. Die Unternehmen fürchteten zudem die Monopolstellung des Outsourcing-Anbieters, verlangsamte Prozesse, Qualitätsmängel und den Verlust von wichtigen Betriebs-Know-how. "Zum Teil wollen oder dürfen die Unternehmen ihre Daten nicht außer Haus geben", ergänzt Schwarz. "Wer will beispielsweise gerne seine Einkaufskonditionen oder Kundendaten einem Fremden zugänglich machen?"

Portfolio wird bereinigt

Als Grund für die Implementierung von Shared Service Centers nannten fast alle Unternehmen, Prozesse und Service verbessern zu wollen. Zudem hat sich bei der Hälfte der befragten internationalen Firmen gezeigt, dass eine ERP-Einführung schneller betrieben werden kann, da die neue Software nur noch an einer zentralen Stelle implementiert werden muss.

In Deutschland nannten zehn Prozent dies als Grund für die Einrichtung einer Servicezentrale. Allerdings hat der Vorzug, Prozesse, Applikationen und Daten in eigener Verantwortung zu wissen, seinen Preis. "Shared Service Centers bieten ihre Leistungen vermutlich teurer als externe Dienstleister an", räumt Schwarz ein. "Sie werden auch vornehmlich aus qualitativen Gründen eingerichtet. Dennoch lässt sich mit ihnen der Betrieb günstiger gestalten, weil das Leistungsportfolio bereinigt und der Sitz nicht unbedingt am Standort mit den höchsten Lohnkosten gewählt wird. Außerdem fördern Spezialisierung und Arbeitsteilung die Effizienz."

Die Erfahrung in deutschen Unternehmen hat gezeigt, dass sich die Zentralen zumeist innerhalb von einem Jahr einrichten lassen. 60 Prozent der befragten Anwender benötigten zwölf Monate, in neun von zehn Häusern waren die Service-Center innerhalb von 18 Monaten betriebsbereit. Die Aufwendungen zahlen sich zudem in der Regel innerhalb von zwei Jahren aus. Wie externe Dienstleister vereinbaren die Shared Service Center mit den internen Geschäftsbereichen und Fachabteilungen Service Level Agreements und je nach Qualität abgestufte Preise. Allerdings orientierten sich die Preise nicht an marktüblichen Standards. Stattdessen werden die Betriebskosten umgelegt.

Darin unterscheiden sich die internen Dienstleistungszentren auch von den vielfach in deutschen Firmen eingerichteten IT GmbHs, die sich mit ihren Leistungen an den etablierten Dienstleistern orientieren und sich auch mit ihnen messen wollen "IT GmbHs gehen stärker auf den Drittmarkt zu. Shared Service Centers bedienen zunächst einmal ausschließlich das eigene Unternehmen vor externen Wettbewerbern geschützt, weil die eigenen Anwender die Leistungen vom hausinternen Anbieter beziehen müssen", schildert Schwarz. Das Augenmerk liegt immer darauf, zunächst die internen Abläufe zu bereinigen und zu verbessern. Ist dies gelungen, ist das Outsourcing oder die Öffnung der Servicezentralen für Kunden aus dem Drittmarkt nach wie vor eine Option.