Bessere Flexibilität

ERP-Zufriedenheit 2012

18.01.2013 von Karsten Sontow
Insgesamt wächst die Zufriedenheit der Anwender mit ihren ERP-Lösungen. Gerade in kritischen Bereichen wie dem Funktionsumfang und der Flexibilität konnten die Anbieter Fortschritte erzielen. Kritisiert werden Usability und die Preise.
Laut Trovarit wächst die Zufriedenheit der Anwender mit ihren ERP-Systemen.
Foto: N-Media-Images, Fotolia.com

ERP-Lösungen spielen eine zentrale Rolle in den Unternehmen, und sie spielen diese Rolle insgesamt recht gut. So die Erfahrungen aus über 2500 Anwenderunternehmen - vorwiegend aus dem deutschsprachigen Raum -, die im Zuge der aktuellen Studie "ERP in der Praxis" durch die Analysten von Trovarit und die Wissenschaftler des FIR an der RWTH mittlerweile zum sechsten Mal seit 2004 befragt wurden. Die Bewertung von über 50 ERP-Lösungen zeigt im Vergleich zu 2010 leichte Verbesserungen der Anwenderzufriedenheit, insbesondere im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung der Dienstleistungen von Implementierungs- beziehungsweise Wartungspartnern.

Der langjährige Trend, dass Lösungen von kleineren Anbietern sowie den Branchenspezialisten in der Bewertung der Anwender besser wegkommen, setzt sich 2012 fort.
Foto: Trovarit AG

Von den servicebezogenen Aspekten werden nicht zuletzt auch die Beratung und das Engagement sowie der Support durch Berater bei ERP-Implementierungen und Release-Wechseln spürbar besser bewertet. Auch die ERP-Lösungen selbst schnitten insgesamt leicht verbessert ab, so dass die Anwender sowohl für die Software als auch die Dienstleistungen mittlerweile als Gesamtnote ein klares "Gut" vergeben.

Gewinner und Verlierer

Die Zufriedenheit im Allgemeinen darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der ERP-Markt nicht nur Licht, sondern auch Schatten zeigt: Vergleicht man die verschiedenen Softwarelösungen und -anbieter, dann fällt das Zufriedenheitsurteil der Anwender sehr unterschiedlich aus. Auch offenbart der Zweijahresvergleich einige Auf- beziehungsweise Absteiger in puncto Anwenderzufriedenheit.

Datenbasis und Studienkonzept

  • 3437 Fragebögen angelegt;

  • 2518 Fragebögen vollständig und freigegeben (+ 22 Prozent);

  • 2159 Bewertungen nach Qualitätssicherung (ca. +13 Prozent im Vergleich zu 2010);

  • insgesamt 193 ERP-Systeme erfasst;

  • insgesamt 48 ERP-Systeme mit uneingeschränkt belastbarer Bewertung (acht mit eingeschränkt belastbarer Bewertung);

  • die teilnehmenden Unternehmen weisen einen Schwerpunkt im Bereich mittelständischer Industrieunternehmen auf;

  • die Teilnehmer stammen aus der DV (44 Prozent), Geschäftsführung (20 Prozent) sowie Finanzen/Controlling (15 Prozent);

  • die Marktanalyse wurde von Ende März bis Anfang Juli 2012 als Online-Befragung vorgenommen;

  • Trovarit initiiert die Studie gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Partner FIR an der RWTH Aachen sowie mit den Regionalpartnern 2BCS AG (St. Gallen) und ERP-Tuner (Wien) seit 2004 zum sechsten Mal. In diesem Jahr ist erstmals zusätzlich der niederländische Regionalpartner Praqmatique aus Zoetermeer an der Studie beteiligt.

Informationen zur Studie sowie eine kostenlose Zusammenfassung der Ergebnisse finden sich im Internet.

Lösungen für die "größeren Unternehmen"

Wie in den Vorjahren bewegt sich SAP ERP insgesamt stabil im Mittelfeld der Studie und ist damit führend unter den Lösungen für größere Unternehmen. Im Vergleich zu 2010 geben die SAP-Anwender bessere Noten im Hinblick auf das "Schulungs- und Informationsangebot" (+0,483) sowie den "Support bei Updates/Release-Wechseln" (+0,388). Auch bezüglich der in der Vergangenheit viel kritisierten "Eignung für den Mittelstand" (+0,298) bescheinigen die Anwender Verbesserungen, wobei mit einer aktuellen Bewertung von 3,6 immer noch Luft nach oben besteht. Offenbar honorieren die Kunden SAPs Strategie, die Modernisierung der Software statt mittels seltener, großer Release-Sprünge durch kleinere, aber dafür häufigere Verbesserungsschritte ("Enhancement Packages") voranzutreiben.

Anbieter verbessern Support

Bei der Lösung x-trade handelt es sich um eine hoch spezialisierte Branchenlösung, die vor allem bei größeren Unternehmen aus dem Bereich Filialhandel im Einsatz ist. Hersteller Maxxess betreut heute insgesamt etwa 30 Kunden aus der Branche. Durch die hohe Spezialisierung in Verbindung mit einer besonders intensiven Betreuung des überschaubaren Kundenkreises erzielt die Lösung im Vergleich überdurchschnittliche Zufriedenheitswerte.

Im Segment der Schwergewichte positiv entwickelt hat sich zuletzt Infor ERP LN: Von einem schwachen Niveau 2010 ausgehend, hat sich die Qualität des Service offenbar deutlich verbessert. Dies gilt insbesondere für alle Aspekte des Betriebs-Supports, aus dem eine klar verbesserte Betreuung durch die Account-Manager (+0,501), durch die Hotline (+0,465) sowie im Rahmen von Updates und Release-Wechseln (+0,407) herausragen. Infor hat zuletzt die Betreuung vieler LN-Kunden selbst übernommen. Gleichzeitig scheint die Organisation des Anbieters nach personellen Umwälzungen bis Ende 2010 langsam zur Ruhe zu kommen.

Ähnlich verhält es sich offenbar mit Infor ERP Xpert. Die auf anspruchsvolle Automobil- und Zulieferprozesse spezialisierte Lösung verzeichnet 2012 in nahezu allen Aspekten verbesserte Noten. Allerdings hatte die Lösung im Jahr 2010 auch ausgesprochen schwach abgeschnitten. Hervorzuheben sind deutliche Verbesserungen im Bereich der Beratung (+0,535), der Anwenderschulung (+0,440) und des Customizing (+0,465) sowie im Hinblick auf den Support bei Updates und Release-Wechseln (+0,680). Die Verbesserungen bei der Software betreffen insbesondere die Schnittstellen (+0,456), die Ergonomie (+0,444) sowie die Performance (0,422). Damit hat Infor ERP Xpert wieder Anschluss im Segment der Lösungen für größere Unternehmen gefunden.

SaaS-fähige ERP-Angebote
SaaS-fähige ERP-Angebote
Aus Sicht der Anwender stellen sich die Rahmenbedingungen von SaaS-fähigen ERP-Angeboten folgendermaßen dar:
Zugriffsmöglichkeiten
Das System wird ohne Aufbau von Infrastruktur - quasi aus der Steckdose - bezogen: Notwendig sind ein Rechner mit einem Internet-Browser sowie eine entsprechende Verbindung, eine Installation ist nicht notwendig. Für den Einsatz in einer Büroumgebung ist das eine funktionierende Konstellation. Zu klären sind Offline-Arbeitsmöglichkeiten, beispielsweise die Zugriffsmöglichkeiten mobiler Mitarbeiter.
Datenschutz und Datensicherheit
Die Applikation bietet hohe Standards mit entsprechender Zertifizierung in Bezug auf Datensicherheit, Performance und Verfügbarkeit: Entsprechende Service-Level-Agreements und Zertifizierungen erreichen in der Regel eine sehr gute Verfügbarkeit und meistens auch einen besseren Schutzlevel als Server, die in kleinen und mittelständischen Unternehmen installiert sind. Zusätzlich garantiert der Anbieter auch Backup- und Recovery-Szenarien. Anwender müssen klären, welche gesetzlichen Grundlagen gegebenenfalls die Verwendung ihrer ERP- oder Kundendaten einschränken und welcher Gesetzgebung der Anbieter unterliegt. In diesem Bereich sollten Unternehmen nicht leichtfertig agieren, sondern sich mit dem Thema Datenschutz und Datensicherheit eingehend beschäftigen.
Pay-per-Use
Die Bezahlung erfolgt periodisch nach diversen "Pay-per-Use"-Modellen: In der Regel bestimmen die Komponenten Laufzeit, Anzahl der Nutzer und Funktionsumfang den Preis. Eine echte verbrauchsabhängige Abrechnung ist das zwar noch nicht, doch diese Modelle sind kalkulierbar und schützen vor bösen Überraschungen. Es sind keine Anfangsinvestitionen für Software und gegebenenfalls Hardware nötig. Entsprechend wird die Liquidität geschont.
Einfach konfigurierbar
Das System kann sehr einfach, in der Regel ohne IT-Fachwissen oder Beratungs-Know-how, konfiguriert werden: Dies hat allerdings den Nachteil, dass Anwender sich im Rahmen der Herstellervorgaben bewegen müssen und so manche geliebte Eigenart ihrer Abläufe aufgeben müssen.
Usability
Die Systemoberfläche ist sehr einfach und intuitiv und kann (weitgehend) ohne Schulung erlernt und bedient werden
Erweiterbarkeit
Die Systemfunktionalität kann durch eine weitgehend nicht reglementierte und unabhängig agierende Entwickler-Community erweitert werden: Erweiterungen werden in der Regel über entsprechende Systemmarktplätze bereitgestellt. SAP bietet mit Entwicklungswerkzeugen Partnern die Möglichkeit, kleine Ergänzungen, aber auch Branchen-Templates nach einem Zertifizierungsprozess zur Verfügung zu stellen.

Lösungen für die "mittleren Unternehmen"

Die Daten in ein neues ERP-System zu bekommen, gilt als besonders schwierig.
Foto: Trovarit AG

Während die Spitzenreiter - wie die Mehrzahl der etablierten "Mittelstandsanbieter" - recht stabile Zufriedenheitsbewertungen erzielen, hat sich bei Dynamics AX die Zufriedenheit der Anwender mit vielen Serviceaspekten deutlich verbessert: Hervorzuheben sind hier Beratung und Support (+0,251) sowie das Engagement der Berater (+0,381) während der ERP-Einführung, die Hotline/der Betriebssupport (+0,399) und das Schulungs- und Informationsangebot (+0,300) in der Nutzungsphase. Die Verbesserungen im Beratungsbereich schlagen sich zudem in einer deutlich besseren Bewertung der Termin- und Budgettreue (+0,490 beziehungsweise +0,517) nieder. In den Vorjahren konnte sich Dynamics AX mit dem Release AX2009 vor allem hinsichtlich der Software verbessern. Das, verbunden mit intensiven Bestrebungen von Microsoft zur Qualifizierung der AX-Partner, wirkt sich nun offensichtlich positiv im Service rund um die Software aus. Die umfangreiche Weiterentwicklung von AX im Zuge von AX2012, das Ende 2011 eingeführt wurde, spiegelt sich noch nicht in den Zufriedenheitsbewertungen wider, da bisher nur knapp zehn Prozent der Studienteilnehmer dieses Release einsetzen.

NAV: Fortschritte bei Funktionen

Bei dem ebenfalls ausschließlich über Systemhäuser/Partner vertriebenen Microsoft Dynamics NAV ist die Zufriedenheit mit den betreuenden Anbietern leicht und mit der Software selbst deutlich gestiegen (+0,221). Ausschlaggebend hierfür sind offenbar die Fortschritte im Bereich der Funktionalität (+0,261) und der Stabilität der Lösung (+0,245). Zugelegt hat NAV dem Anwenderurteil zufolge aber auch bei oft kritisierten Aspekten wie der Release-Fähigkeit (+0,159) und der Bedienerfreundlichkeit (+0,137), wobei hier weiterhin Verbesserungspotenzial besteht. Nachdem zwischenzeitlich rund zwei Drittel der NAV-Anwender mit NAV 2009 arbeiten, sind die damit einhergehenden Produktverbesserungen, die Microsoft seit dem Release 2009 bietet, auf dem Weg über die NAV-Partner und deren Produkt-Add-ons bei den Anwendern angekommen.

Defizite im Analysebereich

Mit eGECKO verzeichnet ein weiterer Spezialist für das Finanzwesen und Controlling auf breiter Front Verbesserungen. Die größten Fortschritte bescheinigen Anwender der Hotline (+0,507) sowie der "Unterstützung bei Updates und Release-Wechseln" (+0,476). Aber auch bei anderen Serviceaspekten wie der Beratung im Rahmen der Einführung, bei Anwenderschulungen oder der Anpassung der Software an projektspezifische Belange erzielt eGECKO Pluspunkte. Nicht ganz so stark verbessert sich die Lösung an sich: Hier wird in puncto "Stabilität" (+0,441) und bei der "Ergonomie" (+0,25) zwar ein spürbarer Aufwärtstrend verzeichnet. Für eine leichte Eintrübung sorgt aber die schlechtere Bewertung der "Formulare und Auswertungen" (-0,463), was bei einer auf das Finanzwesen und Controlling spezialisierten Lösung eigentlich nicht der Fall sein dürfte. Dieses Manko wird aber offenkundig durch den stark verbesserten Service kompensiert, da auch die Software insgesamt spürbar besser bewertet wird.

Normalisierung bei FEPA

Die rückläufigen Zufriedenheitswerte von FEPA-Anwendern sind vor dem Hintergrund eines ausgeprochen hohen Ausgangsniveaus zu sehen, da FEPA 2010 zu den Spitzenreitern der Studie zählte. Rückgänge verzeichnet FEPA im Bereich des Supports, bei der "Betreuung durch den Account Manager" (-0,374), im Bereich des "Schulungs- und Informationsangebotes" (-0,348) sowie bei den Gesamtnoten für den Betriebssupport (-0,409). Da die Zufriedenheit der FEPA-Anwender jedoch weiterhin überdurchschnittlich ausfällt, handelt es sich dabei um eine Normalisierung.

Belastungsprobe für die ERP-Architekturen
Jörg Blom, Deloitte
Es geht darum, die eigene IT-Landschaft zu dokumentieren und ihre Weiterentwicklung mit einer Methode zu begleiten. Das Ziel ist es, durch diesen Ansatz die Komplexität der Architekturen in den Griff zu bekommen.
Marco Lenck, DSAG
Gerade im mobilen Bereich nimmt die Komplexität mit Sicherheit massiv zu.
Uwe Günzel, Capgemini
Derzeit kommen einige neue technische Möglichkeiten ins Spiel, die das Zeug haben, ERP-Systeme alter Prägung - ich will nicht sagen, in Frage zu stellen -, aber doch Anlass geben, diese zu überdenken.
Karsten Sontow, Trovarit
Der klassische Mittelständler fordert zwar lautstark ein flexibles und anpassbares ERP, sieht aber nicht, dass dies eigentlich Architekturthemen sind.
Michael Gottwald, Softselect
Eine moderne Software-Infrastruktur, die sich auf die im Unternehmen vorhandenen Prozesse abstimmen lässt und auch auf Änderungen flexibel reagiert, kann zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.
Deutschen Baan Usergroup (DbuG)
In vielen Unternehmen werden noch ältere Versionen von ERP-Systemen eingesetzt, die in ihrer Architektur historisch bedingt eher monolithisch und somit den aktuellen Anforderungen nur eingeschränkt oder nicht gewachsen sind.
Frank Niemann, Pierre Audoin Consultants (PAC)
Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass sie ihre ERP-Systeme in immer kürzeren Zyklen anpassen müssen. Sie wollen nicht mehr nur Transaktionen abwickeln, sondern mehr Entscheidungsunterstützung.

Lösungen für die "kleineren Unternehmen"

Steigende Anforderungen an die Systeme ziehen Performance-Probleme nach sich.
Foto: Trovarit AG

Ausgehend von einem guten Niveau im Jahr 2010 gewinnt insbesondere Steps Business Solutions (in der Grafik Seite 22 "Step Ahead") noch einmal auf breiter Front: Anwender bescheinigen der Lösung besonders deutliche Verbesserungen im Bereich der Release-Fähigkeit (+0,505), aber auch im Hinblick auf die Funktionalität zur "Unterstützung der Geschäftsprozesse" (+0,433) sowie bei der Ergonomie (+0,352). Auch im Hinblick auf Service- aspekte wie den Support bei Updates/Release-Wechseln (+0,410) oder die Termineinhaltung bei der Softwareeinführung (+0,557) gewinnt die Lösung hinzu.

Einflüsse auf die Zufriedenheit

Die Ergebnisse der aktuellen ERP-Studie bestätigen die grundlegende Erkenntnis, dass Lösungen für größere Unternehmen beziehungsweise breit aufgestellte Generalisten insgesamt kritischer bewertet werden als solche für kleinere Betriebe und/oder (Branchen-)Spezialisten. Ursächlich hierfür ist die Tatsache, dass bei Mittelständlern viele Problembereiche von ERP-Installationen weniger stark ins Gewicht fallen. So weisen die Installationen in der Regel eine deutlich geringere Komplexität auf. Die Software ist zudem oft einfacher gehalten, wird nahe am Standard eingesetzt und bietet die erforderliche Flexibilität. Gleichzeitig ist die ERP-Software in eine einfachere Softwarelandschaft eingebettet und wird meist Standalone betrieben. Auch muss die Software auf die Belange von weniger Anwendern zugeschnitten werden, und es sind weniger Anwender zu schulen. Schließlich fallen bei kleineren Installationen, die oft nahe am Softwarestandard betrieben werden, Release-Wechsel leichter.

Die (Branchen-)Spezialisierung wirkt sich in zweierlei Hinsicht positiv auf die Anwenderzufriedenheit aus: Branchenlösungen decken die Anforderungen der jeweiligen Zielgruppe in der Regel von vornherein besser ab als branchenunabhängig aufgestellte ERP-Lösungen. Entsprechend sind der Aufwand für die Implementierung und das Projektergebnis oft besser. Branchenspezialisten unter den ERP-Anbietern verfügen zudem oft über tieferes Fach- und Branchen-Know-how als die Generalisten. Die Berater und das Support-Personal sprechen die Sprache der Anwender und kennen viele Sachverhalte bereits aus anderen Projekten. Darüber hinaus betreuen Spezialisten in der Regel weniger Kunden als Generalisten. Aufgrund dieser intensiveren und oft auch individuelleren Kundenbetreuung fällt es den ERP-Spezialisten daher meist leichter, die Kunden enger an sich zu binden.

Kommunikation erfolgskritisch

Diese Beispiele offenbaren zudem einige grundsätzliche Erkenntnisse bezüglich der ERP-Anwenderzufriedenheit: Die Software als solche schafft die Grundlage für gelungene Implementierungsprojekte und eine anforderungsgerechte Anwenderbetreuung - neben der notwendigen funktionalen Unterstützung wirken sich hier offenbar eine gute Release-Fähigkeit, hohe Anpassbarkeit und Flexibilität, die Bedienerfreundlichkeit und ein leistungsfähiger Berichts-/Formulargenerator besonders stärkend auf die Anwenderzufriedenheit aus. Bestehen hier Schwächen, dann erzielen die Anbieter oft auch weniger gute Noten für ihre Dienstleistungen, da sich Defizite der Software nur in begrenztem Umfang durch Dienstleistungen kompensieren lassen.

Zu- und Abgänge

Erstmals oder nach Unterbrechung wieder dabei:

  • A+L,

  • BMD,

  • CANIAS,

  • ConAktiv,

  • FactWork,

  • Infor AS,

  • Infor Blending,

  • OpaccOne,

  • Syslog,

  • TOSCA.

Nicht mehr dabei:

  • eEvolution,

  • WINLine,

  • UNO.fert.

Die Beratungs- und Support-Dienstleistungen während der Implementierung, aber auch während des späteren Betriebs, haben einen ganz erheblichen Einfluss auf die Beurteilung der ERP-Software. Hapert es hier an Beratungs- und Betreuungskapazität, -kompetenz und/oder Reaktionsgeschwindigkeit, fällt dies oft auch auf die Software zurück. Das gilt besonders dann, wenn sich Release-Wechsel schwierig gestalten. Dabei besteht dann die Gefahr, dass eine Installation auf einem veralteten Technologiestand "hängen" bleibt.

Eine enge und intensive Kommunikation mit den Bestandskunden über das Tagesgeschäft hinaus ist insofern erfolgskritisch, als Anwender ausgesprochen allergisch reagieren, wenn die Zukunftsperspektive der Lösung und des Anbieters in Frage gestellt werden. Wie das Beispiel Oxaion zeigt, können dann sogar grundsätzlich positive Entwicklungen wie die umfassende Modernisierung einer ERP-Lösung deutlich auf die Stimmung schlagen.

Herausforderungen für die Zukunft

Bei aller Zufriedenheit im Allgemeinen offenbart die Studie bei näherem Hinsehen auch Schwächen und negative Trends hinsichtlich relevanter Details des ERP-Alltags: So kritisieren die Anwender seit jeher die unzureichenden Möglichkeiten, die ERP-Systeme im Hinblick auf das Reporting und Formularwesen bieten. Dies hat sich auch in den letzten beiden Jahren nicht nennenswert verbessert.

Regelmäßig in der Kritik - bei gleichbleibend negativem Trend - steht darüber hinaus die Performance der ERP-Lösungen. Lange wurde dieser Aspekt völlig unkritisch bewertet, doch offenbar steigt inzwischen der Ressourcenbedarf der Software bei gleichzeitiger Zunahme des zu verarbeitenden Datenvolumens schneller als die Leistungsfähigkeit der IT-Infrastruktur. Ebenso regelmäßig bemängeln Anwender immer noch die mangelhafte Bedienerfreundlichkeit der ERP-Software, ein Umstand, der den Nutzen des Werkzeugs ERP-Software durchaus beeinträchtigen kann.

Böse Überraschungen erleben Anwender immer wieder im Hinblick auf die Budget- und Termintreue bei ERP-Projekten. Ursächlich hierfür sind neben Schnittstellenproblemen meist große Aufwände beim Einrichten und Anpassen von Formularen und Reports sowie - oft unerwartete - Probleme bei der Migration von Daten in die neue ERP-Software.

Abseits von Software und Anbieter birgt die ERP-Implementierung aber offenbar auch Herausforderungen auf der Anwenderseite: So stellten zuletzt knapp 20 Prozent der ERP-Anwender fest, dass ihr ERP-Projekt durch eine unklare Definition der Anforderungen an die Lösung beeinträchtigt wurde. Dabei hat sich die Quote der Problemfälle in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Hier schlägt sich unter anderem nieder, dass die Anforderungen an ERP-Lösungen immer komplexer werden, auch weil diese in immer mehr Firmenbereichen zum Einsatz kommen.

Darüber hinaus klagt mehr als jeder fünfte Anwender über unzureichende Personalressourcen für die ERP-Implementierung - Tendenz steigend. Offenbar wird der Aufwand für derartige Projekte weiterhin unterschätzt. Gleichzeitig verfügen Unternehmen heute im Allgemeinen über eine recht knapp bemessene Personaldecke, was die Belastung der Projektmitarbeiter durch das Tagesgeschäft erhöht. Die Herausforderung der Einführungsphase im ERP-Lebenszyklus unterstreicht auch die Tatsache, dass zuletzt nur noch rund 13 Prozent der Vorhaben als "problemlos" eingestuft wurden, wobei diese Quote bei größeren ERP-Projekten nochmals deutlich schlechter ausfällt. Eine Herausforderung für den ERP-Betrieb bleibt weiterhin der Aufwand für Updates und Release-Wechsel, der von gut 15 Prozent der Anwender als problematisch eingestuft wird. Dabei bestehen offenbar erhebliche Unterschiede von Software zu Software beziehungsweise von Anbieter zu Anbieter.

Darüber hinaus bleibt die Anpassbarkeit und Flexibilität der ERP-Lösungen ein Kritikpunkt, auch wenn zuletzt allem Anschein nach Fortschritte erzielt wurden. Hier schlagen sich modernere Technologien sowie optimierte ERP-Architekturen positiv nieder. Eine weitere Herausforderung für die Zukunft resultiert aus der immer stärkeren Nutzung mobiler Technologien: Zwar bemängeln nur rund sechs Prozent der Studienteilnehmer die entsprechenden Möglichkeiten ihrer ERP-Lösung. Allerdings hat der Anteil der Problemfälle gegenüber 2010 um gut die Hälfte zugenommen. Bei aller Kritik ist erfreulich, dass immerhin mehr als ein Viertel der ERP-Installationen als "problemlos" eingestuft werden.

Anforderungen an ERP-Systeme

Die wichtigsten Anforderungen sind "Funktionale Eignung", "Flexibilität der Software" und "Praktikabilität/Mittelstandseignung".Die Anforderungen an ERP-Lösungen haben sich in den vergangenen zehn Jahren verändert. Besonders fällt die höhere Bedeutung der "Flexibilität der Software", "Anschaffungskosten" und der "Internationalen Ausrichtung der Software" auf.

Bei allen Unterschieden erfüllen die ERP-Anbieter insgesamt doch weitgehend die wichtigsten Anforderungen der Anwender. So sticht ins Auge, dass zum Beispiel die Zufriedenheit mit der "Funktionalität" und der "Mittelstandseignung" insgesamt relativ gut ausfällt. Problematisch bleiben allerdings die "Bedienerfreundlichkeit", die Anpassbarkeit von "Formularen und Auswertungen" sowie das "Preis-Leistungs-Verhältnis". (hi/ba)