GDPdU-Ratgeber

ERP-Software auf die Steuerprüfung vorbereiten

16.09.2009 von Olaf Paetsch
Steuerprüfer benötigen Zugriff auf ERP-Software und andere Programme. Unternehmen müssen hierzu technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen. Auch für abgeschaltete Altsysteme.

Eigentlich sind die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) ein alter Hut. Schon seit Januar 2002 sind die Vorschriften verpflichtend. Doch viele Unternehmen haben sich mit der Umsetzung Zeit gelassen. Schließlich stehen Steuerprüfungen nicht jährlich an, sondern in längeren Zeitabständen. Zudem waren viele Finanzämter in den ersten Jahren kulant. Das hat sich jetzt geändert. Zum einen ist in den Behörden die elektronische Steuerprüfung inzwischen eine geübte und gelebte Praxis. Zum anderen hat sich mit dem 1. Januar 2009 die Rechtslage verschärft. Denn das Jahressteuergesetz sieht erstmals Verzögerungsgelder zwischen 2500 und 250.000 Euro für GDPdU-Verweigerer vor. Das hat dazu geführt, dass der Informationsbedarf zum Thema GDPdU in diesem Jahr deutlich zugenommen hat, gerade auch unter Anwendern von SAP-Software.

Die grundsätzliche Aufgabe bei der Erfüllung der GDPdU besteht darin, den Prüfungsbehörden einen elektronischen Zugriff auf die steuerlich relevanten Daten zu ermöglichen. Dabei unterscheidet man alternativ die Zugriffe:

Alle drei Zugriffsarten können auch kumulativ zum Einsatz kommen, und alle beziehen sämtliche Systeme ein, die steuerliche Daten erzeugen. Betroffen sind somit nicht nur ERP-Systeme oder Software für die Anlagen-, Finanz- und Lohnbuchhaltung, sondern auch Vor- und Nebensysteme. GDPdU-Projekte sind technisch komplex, da viele mögliche Datenquellen zu berücksichtigen sind, beispielsweise auch E-Mail-Systeme.

Techniker und Organisatoren sind gefragt

Zudem gibt es organisatorische Herausforderungen: Die Teams, die in einem GDPdU-Projekt zusammenarbeiten müssen, sind heterogen zusammengesetzt. Die internen Projektteammitglieder kommen aus den Bereichen Finanz- und Rechnungswesen, Controlling, Steuern, Organisation und IT. Oft werden von externer Seite noch Experten aus Wirtschaftsprüfungsunternehmen und Steuerberatungen sowie von Systemhäusern herangezogen. Idealerweise sollten Firmen ein GDPdU-Projekt daher so angehen, dass neben den informationstechnischen auch alle organisatorischen, steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlich relevanten Zusammenhänge berücksichtigt werden.

Komplexität von GDPdU-Projekten wird unterschätzt

Häufig unterschätzen Firmen jedoch die Komplexität der GDPdU-Umsetzung, die aus dem interdisziplinären Projektansatz resultiert. Da sich Betriebswirte und Techniker unterschiedlicher Vokabulare bedienen, kann es immer wieder zu Problemen kommen. Es ist beispielsweise nicht jedem Leiter der Abteilung "Finanz- und Rechnungswesen" sofort klar, aus welchen Tabellen und Spalten seines ERP-Systems er Daten für eine Datenträgerüberlassung aufbereiten muss. Beispielsweise dann, wenn auf das Unternehmen eine Umsatzsteuersonderprüfung für ein bestimmtes Jahr zukommt, die von den Finanzbehörden nur wenige Wochen im Voraus angemeldet wird.

Identifikation und Aufbereitung der Daten

Aber nicht nur diese Hürde muss genommen werden. Die Identifikation der Daten benötigt genauso viel Zeit wie ihre fachliche und technische Aufbereitung. Das Projektteam muss nicht nur Zeit für die Datenextraktionen einplanen, sondern beispielsweise auch für die technischen und fachlichen Tests sowie deren Dokumentation. In der Regel müssen die Beteiligten dies parallel zum Tagesgeschäft erledigen. Das hat zur Folge, dass die Zeit von der Ankündigung bis zum Erscheinen der Prüfer meist viel zu kurz ist, um die geforderten Unterlagen vorzubereiten, besonders dann, wenn auch externe Berater involviert sind und Softwarekomponenten beschafft sowie implementiert werden müssen. Dadurch steigt die Gefahr von Strafzahlungen wegen Verzögerungen.

Die Konsequenz daraus ist, dass der Projektorganisation besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Sinnvoll ist in jedem Fall die Mitarbeit eines Projektmoderators: Eine reibungslose Kommunikation sowohl zwischen den internen Projektmitarbeitern als auch zwischen internen und externen Beteiligten muss sichergestellt sein.

Nach der GDPdU ist vor der GDPdU

Wichtig ist es, sich schon zu Beginn bewusst zu machen, dass man mit den GDPdU nicht nur einmal zu tun haben wird. Eine Steuerprüfung kann sich wiederholen. Es ist wenig sinnvoll, mit der gesamten Arbeit bei der nächsten Prüfung noch einmal von vorn anfangen zu müssen. Das GDPdU-Projekt muss auf Dauer zum Ziel haben, die rechtlichen Vorgaben zu gewährleisten. Andererseits darf dies aber nicht dazu führen, das Projektteam zu überlasten.

Oft planen Unternehmen beispielsweise schon im Initialprojekt, die Zugriffarten Z1 bis Z3 für alle relevanten Systeme gleichzeitig einzuführen. Die Komplexität eines solchen Ansatzes überfordert das Projektteam in der Regel. Besser ist es, die Zugriffsarten zunächst einmal für das Hauptsystem zu implementieren. Schritt für Schritt können dann die weiteren Systeme einbezogen werden. Ratsam ist es, eine Stelle zu schaffen, die für die zyklisch wiederkehrenden GDPdU-Projekte verantwortlich zeichnet. Auf diese Weise erwirbt das Unternehmen GDPdU-Kompetenz.

Vorgehensmodell und Dokumentation

Empfehlenswert ist ein Projektvorgehensmodell, das von Jahr zu Jahr erweitert, verbessert und protokolliert wird. Bereits bei der Projektplanung sollte man ein Fachkonzept, daraus abgeleitete technische Konzepte sowie die dazugehörigen Test- und Systembeschreibungen dokumentieren. Darauf baut dann eine Verfahrensdokumentation auf. Diese sollte so aufgesetzt und strukturiert werden, dass die regelmäßig fortzuschreibenden Unterlagen im Sinne eines Versions-Managements transparent und mit relativ wenig Aufwand aktualisiert werden können.

Zugriff auf Daten aus Altsystemen

Eine Besonderheit bei der GDPdU stellt der Umgang mit Altsystemen dar, die abgeschaltet wurden. Gründe für solche Systemstilllegungen können vielfältig sein, von der technischen Überalterung über den Wechsel auf andere Systemplattformen bis hin zu Unternehmensfusionen, -aufspaltungen etc. Aus Gründen der Steuerprüfung wäre das weitere Betreiben dieser Systeme zwar notwendig, doch in der Regel ist das nicht möglich beziehungsweise nicht wirtschaftlich. In solchen Fällen müssen das Unternehmen und die Finanzbehörden abstimmen, wie sich die gesetzlichen Anforderungen mit vertretbarem Aufwand umsetzen lassen. Eine mögliche Lösung bildet das "Auswertbare Archiv", wie es im Fragen- und Antworten-Katalog des Bundesministeriums für Finanzen definiert wurde. Bei der Stilllegung eines Altsystems werden die steuerlich relevanten Daten in eine "Datenkonserve" überführt und darin revisionssicher aufbewahrt.

Darüber hinaus muss eine solche Lösung über Auswertungsmechanismen verfügen: Zugriffe gemäß Z1, Z2 oder Z3 müssen auch auf die Datenkonserve möglich sein. Ferner sind auch hier Mechanismen für Datenextraktion, -aufbereitung, -speicherung und -auswertung sowie Dokumentation und Qualitätssicherung umzusetzen. Das ist viel Arbeit, bietet jedoch die Chance, die einmal eingerichteten Prozesse auch für Systeme zu nutzen, die das Unternehmen in der Zukunft abschalten will.

Mehrwerte erschließen

Wenn Firmen schon so viel Aufwand betreiben, um den GDPdU zu genügen, sollten sie auch davon profitieren. Doch meist erkennen sie das entsprechende Potenzial nicht. Gestalten Firmen Prüfungsabläufe, können sie zum Beispiel bei dieser Gelegenheit ihr Rechnungswesen wirtschaftlicher und transparenter machen. Dazu gehören automatisierte Abläufe sowie die maschinelle Unterstützung bei der Verfahrensdokumentation. Das gelingt mit Hilfe von IT-Werkzeugen wie etwa einer digitalen Steuerakte. Diese unterstützt nicht nur den Prüfungsprozess selbst, sondern bietet zudem flexible Berichts- und Auswertefunktionen, die sich auch anderweitig verwenden lassen. Unter anderem können Firmen die wesentlichen Ergebnisse einer Prüfung vorab simulieren. Darüber hinaus hilft die digitale Steuerakte, Verfahren anhand von Strukturen, Methoden und Templates zu dokumentieren.

Fazit

Wer seine Unternehmenssoftware fit für die GDPdU machen will, sollte ein interdisziplinäres Projekt einleiten, in dem die Verantwortlichkeiten auf technische und betriebswirtschaftliche Fachleute verteilt sind. Die Erfüllung der Auflagen bietet Firmen die Chance, das eigene Rechnungswesen effizienter und transparenter zu gestalten: von der Pflicht zur Kür.