ERP: Für wen taugt SAP Business Bydesign?

24.09.2007 von Frank Niemann
Nachdem SAP sein neues Mittelstandsprodukt vorgestellt hat, fragt sich die Fachwelt, wer wohl diese Software nutzt und wie. Fest steht, Partner werden Unternehmen bei der Einführung unterstützen. Der etablierte SAP-Channel muss dafür neben dem Projekt- ein Volumengeschäft hochziehen.

SAP beschreibt die künftigen Kunden von Business Bydesign so: Firmen mit 100 bis 500 Mitarbeitern, die am Anfang nicht viel Geld in ERP-Lösungen investieren wollen, noch über keine integrierte ERP-Lösung verfügen und keinen hohen Bedarf an Individualisierung haben. Wer also beispielsweise zu den Variantenfertigern zählt, dem dürfte der Standardfunktionsumfang des On-Demand-Systems kaum ausreichen. "Solche Anwenderunternehmen werden dann eher zu All-in-one greifen", so Lars Landwehrkamp, Geschäftsführer des SAP-Partners All for One aus Oberessendorf. Sein Unternehmen zählt zu denen, die das Mietsystem anbieten werden, sobald es im nächsten Jahr auf den Markt kommt.

Im Kern steckt die SAP-Sprache Abap

Business Bydesign ist ein neu entwickeltes Produkt, das sämtliche betriebswirtschaftlichen Prozesse eines mittelständischen Unternehmens abdecken soll. Zwar wurde die Software größtenteils in der SAP-eigenen Sprache Abap implementiert, doch handelt es sich nicht einfach um ein modifiziertes Client-Server-Produkt. Während SAP derzeit viel Mühe investiert, die bestehenden Applikationen in Services zu zerlegen, wurde Business Bydesign von vornherein aus Softwareservices entwickelt. Das Werkzeug "Visual Composer" dient dazu, über ein grafisches Frontend Abläufe ohne Programmierung zu gestalten. Die ERP-Software wird zunächst auf Rechnern in SAP-Datenzentren in St. Leon-Rot laufen. In seiner IT-Umgebung muss der Anwender daher keine SAP-Software installieren.

Keine ERP-Datenbank von Oracle erforderlich

Einschließlich der Datenbank liegen alle Komponenten auf SAP-Servern. Geschäftsdaten speichert das System in der hauseigenen "Max DB". Auch dies ist ein Novum: Bisher hatte der Kunde neben der Software meist auch immer eine Datenbank erworben, vorwiegend die von SAPs Erzrivalen Oracle oder von Microsoft.

Kunden werden Business Bydesign jedoch nicht im Web kaufen und selbst einrichten, auch wenn sie theoretisch dazu in der Lage wären. Vielmehr sollen Partner dabei helfen, die betriebswirtschaftlichen Abläufe zu gestalten sowie Stammdaten und Konten anzulegen. "Mit der klassischen R/3-Implementierung hat das wenig gemein", so Landwehrkamp. Aus diesem Grund hat der Manager für das Geschäft mit dem Mietprodukt Vertriebsleute eingestellt, die zwar betriebswirtschaftlich fit sind, aber keinen R/3-Hintergrund haben.

Business Bydesign soll betriebswirtschaftliche Funktionen eines Unternehmens abdecken. Vordefinierte Funktionen etwa zur Auftragsannahme sind gekoppelt mit entsprechenden Reports über Vertriebszahlen, die dem Bediener im jeweiligen Kontext angeboten werden.
Foto: SAP

Für Partner, die es gewohnt sind, dem Softwarekunden umfangreiche Dienstleistungen anzubieten, ist dieses Geschäft neu und nicht jeder dürfte davon begeistert sein. "Unsere Partner müssen erkennen, dass dies ein neues Geschäftsmodell ist", so Andreas Naunin, Leiter des Geschäftsbereichs Mittelstand in Deutschland. Mit Business Bydesign will SAP in den Massenmarkt. Auf 16.000 Unternehmen schätzt das Softwarehaus das Kundenpotenzial in Deutschland.

Nach dem Willen des SAP-Managers sollen die bestehenden Partner eine eigene Einheit in ihrem Unternehmen bilden, die sich abseits der klassischen ERP-Projekte um dieses Produkt kümmert. Überzeugen will Naunin den Vertriebskanal mit Wachstumsversprechen: "Wir müssen der Skepsis Geschäft entgegensetzen." Daneben macht sich SAP auf die Suche nach neuen Vertriebspartnern, die speziell dieses Produkt feilbieten sollen.

Was bleibt dem SAP-Partner zu tun?

Aufgabe der Partner wird es sein, den Kunden beim Einrichten des On-Demand-ERP-Systems zu helfen, Stammdaten der Altsysteme zu übernehmen beziehungsweise bestehende Drittsysteme an die Hosting-Plattform anzubinden. Dazu zählen zum Beispiel Office-Applikationen und Spezialsysteme zur Produktionssteuerung, Hardware wie beispielsweise Scanner sowie Programme zur Zeit- und Betriebsdatenerfassung. Für letztere Aufgaben wird es ein Gateway geben, das lokale IT-Systeme mit der Hosting-Plattform verbindet. Nicht auf der Agenda hat SAP bisher Szenarien, die es dem Kunden erlauben, die Mietlösung mit bestehenden ERP-Systemen zu verbinden. Auf diese Weise könnte ein Anwender eine ausländische Niederlassung mit einer eigenen Business-Software ausstatten, ohne dort vor Ort ein Programm aufspielen zu müssen.

Doch zunächst dürfte SAP alle Hände voll zu tun haben, Business Bydesign auf einer stabilen Plattform anzubieten. Später, vermutlich 2009, sollen auch andere Dienstleister als Hoster auftreten können. Partnerfirmen will der Softwarekonzern ferner in die Lage versetzen, eigene Softwarefunktionen auf der Mietplattform abzubilden – ein Konzept, dass die SAP mit "All in one" bereits praktiziert.

Viele Anwender der neuen SAP-Software werden vermutlich damit beginnen, die Funktionen für das Kunden-Management einzurichten. Der Vertriebsprozess lässt sich leichter und rascher aufsetzen, als beispielsweise die Buchhaltung. (fn)