Was tun nach der Entlassung?

Erfolg hat, wer mit Niederlagen umgehen kann

11.05.2010 von Ingrid  Weidner
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist ein Jobverlust besonders bitter. Es kommt darauf an, aus Rückschlägen zu lernen und sich selbst realistisch zu beurteilen.

Lücken im Lebenslauf können ganz unterschiedliche Gründe haben. Manche schlittern aufgrund von wirtschaftlichen Turbulenzen ihres Arbeitgebers in die Arbeitslosigkeit, andere entscheiden sich bewusst für eine Auszeit, in der sie sich ihrer Familie widmen, eine Weiterbildung absolvieren, verreisen oder einfach nichts für den Lebenslauf Verwertbares anstellen. Irgendwann kommt jedoch für die meisten der Tag, an dem ein Plan für die Rückkehr ins Arbeitsleben auf den Tisch muss. Spätestens dann drängt sich die Frage auf, wie man seinem zukünftigen Chef möglichst elegant die Pause erklären soll.

Michael May, Syngenio: 'Wer Auszeiten nicht schlüssig erklären kann, stimmt mich kritisch.'

"Von Verschleierung halte ich nichts. Ich empfehle Bewerbern, offen damit umzugehen und eine vernünftige Begründung zu liefern", sagt Michael May, Vorstand des Beratungsunternehmens Syngenio AG in München. Wer aufgrund der Wirtschaftskrise seinen Job verloren hat und sich neu orientieren muss, braucht häufig etwas Zeit dazu.

Nachdenken, mit Familie und Freunden sprechen und sich dann auf neue Ziele konzentrieren, das wünschen sich die zukünftigen Arbeitgeber von den Bewerbern. "Nicht den Kopf in den Sand stecken", empfiehlt Personalberater Michael Heidelberger von HR Partners aus Stuttgart. Oft lasse sich die Situation nicht ändern, und die Einflussmöglichkeiten des Einzelnen sind gering. Doch gerade als Vorbereitung für eine intensive Bewerbungsphase sieht es Heidelberger als besonders wichtig an, dass Betroffene "die Situation für sich im Kopf verarbeiten und nicht im Hintergrund gären lassen".

Erfolgte der Personalabbau aufgrund einer Sozialauswahl, liegt es nicht am Leistungsprofil des Bewerbers, dass er gehen musste. Selbstvorwürfe verschlimmern in solchen Phasen die Situation nur. "Das Argument, dass die besten Leute im Unternehmen gehalten werden, stimmte für die IT-Branche schon in den Krisenzeiten von 2001 bis 2003 nicht mehr", gibt Syngenio-Mann May zu bedenken.

Karrierewebsites
1. Platz: Bertelsmann
Bertelsmann punktet im Ranking der Unternehmensberatung Potentialpark mit seiner Karriere-Site. Der Medienkonzern stellt die Jobmöglichkeiten multimedial dar: Von Youtube-Videos über Jobs via Twitter bis hin zu Unternehmenspräsentationen in den wichtigen sozialen Netzwerken.
2. Platz: Deutsche Telekom
Auch der TK-Konzern setzt im Recruiting auf Social Media. Die Jobangebote können auch über eine kostenlose iPhone-Applikation abgefragt werden.
3. Platz: ThyssenKrupp
Thyssen-Krupp hat die drittbeste Karriere-Website. Sie besticht mit einem übersichtlichen Aufbau: Auf einen Blick erkennen Bewerber, wie viel offene Stellen es für Einsteiger oder Berufserfahrene gibt.
4. Platz: RWE
Wer sich um einen Ausbildungsplatz bei RWE bewerben will oder dem Engergiekonzern eine Initiativbewerbung schicken will, muss sich vorher online registrieren.
5. Platz: Deutsche Post DHL
Aktuelle Stellenangebote finden sich bei der Post gleich auf der ersten Karriere-Site der Post im Überblick.
6. Platz: Bayer
Übersicht ist Trumpf: Bayer steht mit seiner differenzierten Jobsuchmaschine Online-Jobbörsen in nichts nach.
7. Platz: KPMG
KPMG liefert auf seiner Karriere-Site auch allgemeine Tipps und Informationen zum Thema Bewerbung.
8. Platz: Allianz
Multimedial informiert der Versicherungskonzern den Nachwuchs über Karriere- und Einstiegschancen.
9. Platz: PricewaterhouseCoopers
Die Praktikanten lässt die Unternehmensberatung PWC auf ihrer Karriere-Site zu Wort kommen.
10. Platz: Procter & Gamble
Eine Karriere-Site für Westeuropa hat der Konsumgüterhersteller Procter & Gamble.

Über sich selbst nachdenken

Selbst wenn es ziemlich abgedroschen klingt: Krisen bieten Chancen! Eine ehrliche Analyse des bisherigen Jobs, der Branche und der eigenen Qualifikation lenkt die Gedanken in neue Bahnen. "Ein Stärken-Schwächen-Profil hilft vielen weiter", rät Heidelberger. Auch Gedankenspiele, welche anderen Interessen sich ins Arbeitsleben integrieren lassen oder ob die Zeiten für einen Branchenwechsel gut sind, bieten sich in Zeiten des Umbruchs an.

Barbara Lötters, StratOz: 'In einem Jahr kann man es schaffen, einen neuen Job zu finden.'

Barbara Lötters, Personalchefin des mittelständischen Unternehmens StratOz in Schwerte, erwartet von Bewerbern Eigeninitiative, um Krisen zu meistern. "Wir setzen stark darauf, unsere Mitarbeiter selbst auszubilden. Bei uns haben sich einige ehemalige Studenten mit einem abgebrochenen Informatikstudium beworben und erfolgreich eine IT-Ausbildung absolviert."Über neue Optionen nachzudenken und einen einmal eingeschlagenen Weg wieder zu verlassen, wenn er sich als Sackgasse entpuppt, bringt mehr, als sich starr in eine bestimmte Richtung zu orientieren.

"Setzen Sie sich bewusst mit der Situation auseinander und versuchen Sie, neue Antworten für sich zu finden", sagt May. "Der Job eines Beraters muss einem liegen und beinhaltet zum Beispiel auch häufiges Reisen. Das sollte in der Familie klar abgesprochen werden, denn sonst gibt es neue Probleme." Für die Bewerbungsphase empfiehlt der Münchner Firmenchef Jobsuchenden auch, sich gut zu überlegen, welche Aufgaben für sie erfüllend und machbar sind. "Alles anzunehmen, nur um wieder in Arbeit zu kommen, hilft meistens nicht." Schnell zeige sich, wo die Belastungsgrenzen liegen und ob der Bewerber den Anforderungen des neuen Jobs gewachsen ist.

Galten vor einigen Jahren Bewerber nach drei Monaten ohne Job schon als Problemfälle, die sich nur noch schwer vermitteln ließen, macht sich jetzt - zumindest in den Aussagen von Personalverantwortlichen - eine neue Toleranz bemerkbar. "Früher waren schon drei Monate kritisch, heute sind neun Monate für die Stellensuche üblich. Es gibt auch interessante Leute, die seit einem Jahr einen neuen Job suchen", meint Michael Heidelberger. Auch Lötters sieht solche Bewerbungsphasen als vertretbar an: "In einem Jahr kann man es schaffen, einen neuen Job zu finden." Die Personalchefin empfiehlt allerdings, sich in dieser Zeit auch weiterzubilden.

Pausen sinnvoll nutzen

Es gilt, Lücken im Berufsleben mit neuen Inhalten zu füllen. "Ich erwarte vom Bewerber eine klare Story", sagt May. "Wer Auszeiten nicht schlüssig erklären kann, über den früheren Arbeitgeber schimpft oder statt einer Erklärung nur mit den Schultern zuckt, stimmt mich kritisch. Ich versuche mir dann vorzustellen, was der Bewerber bei der ersten schwierigen Situation im neuen Job macht", schildert der Syngenio-Chef seine Erfahrungen in Vorstellungsgesprächen.

Heute interessieren Personalverantwortliche weniger die Leerlaufzeiten im Lebenslauf, sondern sie fragen sehr genau nach, wie jemand diese Zeit genutzt hat. Ob es die lückenhaften Englischkenntnisse sind, die ein Bewerber in dieser Zeit mit einem Sprachtraining aufpoliert, ob er mit einer IT-Weiterbildung sein Fachwissen auf den neuesten Stand bringt oder in einem Rhetorikkurs besser argumentieren lernt, bleibt meistens dem Einzelnen überlassen. Für Arbeitgeber zählt, ob sich Jobsuchende anstrengen. Das können sie auch in Familienphasen tun, in denen alle Zeit und Aufmerksamkeit dem Nachwuchs gilt.

Selbständigkeit als Notlösung?

Manche stürzen sich, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, während der Jobsuche in die Freiberuflichkeit. Zukünftige Arbeitgeber sehen dieses Engagement mitunter kritisch. Gerade für IT-Berater bietet sich diese Lösung zwar an, doch wer alle paar Jahre zwischen Selbständigkeit und Festanstellung wechsle, habe ein Glaubwürdigkeitsproblem, so die Personalexperten. "Viele Jüngere sehen oft nur das Geld, das sie als Freiberufler verdienen können. Doch für Arbeitgeber hierzulande ist Loyalität immer noch wichtig", sagt May. "Irgendwann muss man sich entscheiden", gibt auch Personalberater Heidelberger zu bedenken. In Vorstellungsgesprächen kommt dieses Thema natürlich zur Sprache, und Bewerber sollten sich auf einschlägige Fragen vorbereiten.

Kritisch wird es für Kandidaten, die eine mehrjährige Pause, beispielsweise für Familienzeiten, einlegen. May empfiehlt, sich in einem ehrlichen Gespräch mit dem Arbeitgeber intensiv über Motivation und eventuell notwendige Qualifizierungsmaßnahmen zu unterhalten: "Meistens können Bewerber nach drei Jahren Pause nicht mehr zum gleichen Gehalt einsteigen." Oft werde das vorherige Verdienstniveau mit der Zeit wieder erreicht.

Flexibel bei Gehalt und Arbeitsort

Michael Heidelberger, Personalberater: 'Manche Bewerber lehnen attraktive Angebote ab, weil sie nicht auf ihre hohen Gehaltsforderungen verzichten wollen.'
Foto: Michael Heidelberger

Gerade wer bisher in einer Branche tätig war, die gute Gehälter gezahlt hat, wird sich genau überlegen müssen, welche Zugeständnisse den Wiedereinstieg erleichtern. "Es gibt Kandidaten, die aus der Automobilbranche kommen, hohe Gehälter gewohnt sind und deshalb interessante Angebote ablehnen, weil sie nicht von ihren Gehaltsforderungen abweichen möchten", erzählt Heidelberger aus seinem Alltag. Ganz verstehen kann er das nicht, denn häufig könne man nach einigen Jahren im neuen Unternehmen wieder ein ähnliches Gehalt bekommen wie zuvor. Bei manchem Stellensuchenden vermisst Heidelberger auch Flexibilität. "Ich hatte einen Bewerber, der in Stuttgart lebte und sich trotz eines interessanten Angebots nicht vorstellen konnte, für den neuen Job nach Heilbronn zu pendeln."

Wer seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt realistisch einschätzt, wird auch in der Gehaltsfrage nicht völlig unflexibel auftreten. "Die Bewerber können ihre Gehaltsvorstellungen äußern, doch es kommt auf das Umfeld und das Unternehmen an, ob diese Wünsche auch erfüllbar sind", meint Lötters. Sie empfiehlt, sich im Vorstellungsgespräch nach Perspektiven und Entscheidungsspielräumen in der neuen Firma zu erkundigen, denn diese Faktoren beeinflussen die Jobzufriedenheit oft stärker als ein paar hundert Euro mehr.

"Ich erwarte vom Bewerber Verantwortung für die eigene Situation. Wer beispielsweise 20 Berufsjahre in einem Konzern mit allen sozialen Annehmlichkeiten verbracht hat, kann sich oft nicht vorstellen, dass diese paradiesischen Zustände nicht in jedem Unternehmen vorherrschen", so May

Mittlerweile verzeichnen die Internet-Börsen wieder mehr Jobangebote. Mancher IT-Spezialist, der während der Wirtschaftskrise vor die Tür gesetzt wurde, kann sich berechtigte Hoffnungen auf eine neue Anstellung machen. Doch wer sich an den Schreibtisch setzt und Bewerbungsunterlagen zusammenstellt, sollte auf Professionalität achten. Nach mehreren Berufsjahren passt das Foto aus Studienzeiten einfach nicht mehr zum Lebenslauf. Der Gesprächspartner grübelt dann, was die Gründe für diese Nachlässigkeit sind. Im Vorstellungsgespräch brauchen Jobsuchende sinnvolle Erklärungen für entstandene Lücken. Wer plausibel darlegen kann, wie er diese Krisenzeiten gemeistert und was er für sich daraus gelernt hat, liefert seinem zukünftigen Arbeitgeber gute Argumente dafür, dass er in kritischen Projektphasen ebenfalls einen kühlen Kopf bewahren wird.

Gehälter

IT-Gehälter hängen von vielen Faktoren ab: Ausbildung und Berufserfahrung spielen eine wichtige Rolle ebenso wie Region und Branche, in der die Firma tätig ist. Wir haben aus der Gehaltsstudie fünf Beispieldatensätze herausgenommen, um zu zeigen, was einzelne IT-Fach- und Führungskräfte verdienen. (Foto: Joachim Wendler/Fotolia.com)
Der Systemadministrator
Alter: 52 Jahre<br/> Ausbildung: IT-Systemkaufmann<br/> Unternehmen: Maschinenbauer, Mittelstand<br/> Sitz des Unternehmens: Hessen<br/> Gehalt: 58.000 Euro im Jahr, keine Prämie (Foto: Andrzej<br/> Puchta/Fotolia.com)
Die IT-Beraterin
Alter: 38 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom-Ingenieurin (FH)<br/> Unternehmen: IT-Systemhaus<br/> Sitz des Unternehmens: Frankfurt am Main<br/> Gehalt: 68.000 Euro im Jahr, davon 8.000 Euro Prämie<br/>
Der Leiter Softwareentwicklung
Alter: 40 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom-Ingenieur (FH)<br/> Unternehmen: IT-Systemhaus<br/> Sitz des Unternehmens: Hamburg<br/> Gehalt: 92.000 Euro im Jahr, davon 11.000 Euro Prämie<br/>
Der IT-Leiter
Alter: 46 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom- Informatiker (Universität)<br/> Unternehmen: Automobilzulieferer<br/> Sitz des Unternehmens: Raum Bremen<br/> Gehalt: 106.000 Euro im Jahr, davon 9.000 Euro Prämie<br/>
Der Leiter SAP-Beratung
Alter: 41 Jahre<br/> Ausbildung: Diplom- Informatiker (Universität)<br/> Unternehmen: IT-Systemhaus<br/> Sitz des Unternehmens: Raum Stuttgart<br/> Gehalt: 154.000 Euro im Jahr, davon 28.000 Euro Prämie<br/>Quelle: Personalmarkt<br/>

Von Krisen profitieren

Die Autorin Doris Märtin sammelte in ihrem Buch "Mich wirft so schnell nichts um" viele Tipps und Strategien, wie Menschen in ihrem Alltag mit kleinen und größeren Krisen umgehen können, ohne daran zu verzweifeln. Viele Beispiele helfen den Lesern, für sich passende Ratschläge auszusuchen und im Alltag auszuprobieren. Im Gespräch erläutert Doris Märtin, weshalb Scheitern keine Katastrophe sein muss.

CW: Manche stecken Krisen besser weg als andere. Lässt sich ein gewisses Maß an Lässigkeit erlernen?

Doris Märtin: 'Menschen, die Verantwortung für sich übernehmen, lernen aus Misserfolgen.'

MÄRTIN: Gerade wem es gut geht, empfehle ich, seine Widerstandskräfte zu stärken. Wer mit kleinen Aufgaben, bei denen er scheitern könnte, seine Krisenkompetenz wie einen Muskel aufbaut, verkraftet im Ernstfall Rückschläge besser.

CW: Sie sprechen in Ihrem Buch von "Nehmerqualitäten". Was heißt das für die Krisenbewältigung?

MÄRTIN: Unter Nehmerqualitäten verstehe ich, intelligent mit der Verliererrolle umzugehen. Menschen, die es in Krisensituationen schaffen, Verantwortung für sich und das eigene Leben zu übernehmen, und außerdem den Mut haben, etwas Neues anzupacken, lernen aus Misserfolgen.

CW: Sie schildern Beispiele von Unternehmern, die Scheitern als Lernerfolg sehen. Wie wird man aus Fehlern klüger?

MÄRTIN: Wer es schafft, die Ursachen des Scheiterns sachlich zu analysieren und daraus Handlungsstrategien für die Zukunft abzuleiten, kann aus seinen Fehlern lernen.

CW: Sie empfehlen, in frustrierenden Situationen im Job nett zu bleiben und nach Feierabend Wut und Ärger mit einer Joggingrunde abzubauen. Hilft das?

MÄRTIN: Mit schädlichen Bewältigungsstrategien wie Jammern, Dramatisieren, selbst zerstörerischer Ursachenforschung oder auch Bagatellisierung schadet man sich nur selbst. Gerade wer beispielsweise seinen Job verloren hat, sollte sich bei Freunden ausweinen, auf keinen Fall in der Firma. Nach der Schockphase ist es wichtig, mit festen Strukturen für sich den Weg aus der Krise zu finden. Sport ist eine wunderbare Methode, um das innere Gleichgewicht wiederzufinden.

Buchtipp: Doris Märtin: Mich wirft so schnell nichts um. Wie Sie Krisen meistern und warum scheitern kein Fehler ist. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2010, 240 Seiten, 17,90 Euro.