Freiberufliche Projekt-Manager

Erfahrung wichtiger als Zertifikat

05.10.2011
Sie fordern überdurchschnittliche Honorare, sind aber auch erfahrener als der durchschnittliche Freiberufler. Womit externe Projektleiter punkten, zeigt eine aktuelle Studie.

Um Aufträge zu bekommen, sollten selbständige Projektleiter nicht nur die gängigen Projekt-Management-Techniken und Standards beherrschen. Mindestens ebenso wichtig sind Soft Skills oder internationale Kompetenz. Zertifizierungen sind dagegen kein Ausschlusskriterium. Das ergab eine Marktstudie der Projektbörse www.gulp.de.

Für Frank Rugen als selbständigen Projektleiter ist interkulturelle Kompetenz immer entscheidender, um Projekte erfolgreich zu beenden.
Foto: Privat

In Anfragen für Projekt-Manager, die bei Gulp eingehen, spielen klassische Projekt-Management-Skills wie Projektstrukturpläne, Ressourcen-Management, Aufwandsabschätzungen, Budgetplanung, Kostenkalkulation oder Überwachen der Terminpläne eine wichtige Rolle. Da Projekt-Manager oft an der Schnittstelle zur Technik arbeiten, sollten sie auch IT-Methoden und -Prozesse verstehen. Entscheidend ist vor allem die Erfahrung in der Leitung oder im Management von Projekten. Dem stimmt auch Holger Rentsch zu, der als externer Projektleiter arbeitet: "Fachliche Skills wie Meilensteinplanung, Projektplanung, Projektberichtswesen, Qualitäts-, Test- und Anforderungs-Management sind die Grundvoraussetzungen, die jeder Projektleiter mitbringen sollte." Entscheidend für den Erfolg seien auch die Soft Skills, die aber oft vernachlässigt würden. Für Projektleiter Frank Rugen sind "Kommunikations- und Durchsetzungsfähigkeit unentbehrliche Instrumente, um Projekte in den kritischen Phasen gezielt auch gegen Widerstände zum Erfolg zu führen." In interkulturellen Umgebungen sei auch Teamfähigkeit eine wichtige Voraussetzung, allerdings müsse sich auch der externe Projektleiter bewusst sein, dass der die " die alleinige Verantwortung für die zielgerichtete erfolgreiche Umsetzung in Qualität, Budget und Zeitrahmen" hat. Da Englisch immer häufiger Projektsprache ist, brauchen Projekt-Manager nicht nur gute Sprachkenntnisse, sondern auch interkulturelle Kompetenz.

Soft
1. Kommunikative Kompetenz
Ihre Kommunikationsfähigkeit hilft Ihnen, Konsens herzustellen und Verständnis für Ihre Ziele und Wünsche zu erzeugen.
2. Selbstbewusstsein
Selbstbewusst bedeutet unter anderem, sich selbst bewusst wahrzunehmen, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen.
3. Einfühlungsvermögen
Wer empathisch ist, kann andere leichter von seiner Sache überzeugen.
4. Teamfähigkeit
In jeder Stellenanzeige ist Teamfähigkeit gefordert. Teamfähig zu sein bedeutet unter anderem, seine Rolle im Team zu erkennen und sich entsprechend der an diese geknüpften Erwartungen zu verhalten.
5. Kritikfähigkeit
Kritikfähig zu sein bedeutet nicht nur, Kritik zu üben (fair, sachlich), sondern auch Kritik annehmen, reflektieren und entsprechend umsetzen zu können. Besonders in Teams, Projekten und in Führungssituationen spielt der Umgang mit Kritik eine entscheidende Rolle.
6. Analytische Kompetenz
Wenn Sie Ihre analytischen Fähigkeiten trainieren, sind Sie in der Lage, Situationen rasch zu erfassen und entsprechend schnell zu reagieren.
7. Vertrauenswürdigkeit
Vertrauen ist die Erwartung, sich in kritischen Situationen auf den anderen verlassen zu können.
8. Selbstdisziplin/Selbstbeherrschung
Wer sich nicht selbst beherrscht, bleibt immer Knecht. Nur wer sich selbst im Griff hat, kann andere überzeugen.
9. Neugierde
Neugierde ist die Voraussetzung für Kreativität.
10. Konfliktfähigkeit
Nur wenn Sie andere Auffassungen akzeptieren können und sich offen mit Ihren Mitmenschen auseinander setzen, leben Sie ein selbstbestimmtes Leben.
11. Durchsetzungsvermögen
Sich angemessen durchzusetzen bedeutet zu überzeugen, statt zu überreden - oder zu zwingen. Überzeugt folgen Ihnen andere gern auf Ihrem Weg.
Mehr zum Thema Soft Skills ...
... finden Interessierte im gleichnamigen Buch von Gabriele Peters-Kühlinger und Friedel John - erschienen bei Haufe im praktischen "TaschenGuide"-Format (passt in jede Hosentasche).

Kein Muss sind dagegen Zertifizierungen wie PMP oder GPM/IPMA. Allerdings bringen sie Vorteile, so die Erfahrung des selbständigen Projektleiters Andreas Wolf: "Zertifizierungen sind durchaus nachgefragt, obwohl im Zweifel die einschlägige Erfahrung und der persönliche Eindruck überwiegen dürften. Eine passende Zertifizierung hilft auf zwei Arten: Durch sie nimmt man formale Hürden und kommt in die engere Auswahl. Sie standardisiert die verwendete Begrifflichkeit und schafft so eine gute Grundlage, um sich in derselben Sprache über das Projekt und die eigene Erfahrung auszutauschen." Unter den Zertifizierungen ist PMI die am häufigsten nachgefragte, dicht gefolgt von PRINCE2. Erst mit großem Abstand folgen IPMA, PMP und GPM.

Mehr Erfahrung = mehr Geld

Erfahrung ist ein Wert, der nicht nur in Gorilla-Sippen hoch geschätzt wird.
Foto: Fotolia, Jens Klingebiel

Die Gulp-Analyse zeigt auch, dass Projekt-Leiter zu den teuersten Freiberuflern gehören, aber auch erfahrener sind als der Durchschnittsfreiberufler. Die Honorare, die freiberufliche Projekt-Manager fordern, liegen mit 88 Euro um 15 Euro höher als der Durchschnitt aller bei Gulp eingetragenen IT-Freelancer (73 Euro). Besonders auffällig: Mehr als jeder Fünfte verlangt über 100 Euro in der Stunde, in diese Regionen wagen sich nur 8,5 Prozent aller IT-Selbständigen vor. Mit den überdurchschnittlichen Forderungen gehen auch ein höheres Alter und eine längere Berufserfahrung einher: Freie IT-Projekt-Manager sind im Schnitt drei Jahre älter als alle IT-Freelancer und verfügen über zwei Jahre mehr Berufserfahrung. Jünger als 40 Jahre sind nur 16,3 Prozent der Projekt-Manager - aber etwa ein Viertel aller IT-Selbständigen. Um Projektleiter zu werden, ist in der Regel ein gewisser Erfahrungsschatz nötig: Etwa die Hälfte aller IT-Freiberufler blickt auf weniger als 20 Jahre Berufserfahrung zurück. Bei den Projekt-Managern ist es nur ein gutes Drittel.

gehalt
Wie viel verdienen IT-Projektleiter und Gruppenleiter?
Die Gehaltsstudie von COMPUTERWOCHE und Personalmarkt zeigt, in welche Branchen IT-Projektleiter und Gruppenleiter am besten verdienen.

erhält...
ein IT-Projektleiter pro Jahr in Banken.
Diese zahlen nicht nur IT-Projektleiter, sondern auch andere IT-Führungspositionen überdurchschnittlich gut.

verdient...

bekommt...
ein Projektleiter in der Automobilindustrie.
Auch die Autobauer gehören zu den Branchen, die ihre IT-Führungskräfte sehr gut vergüten.

erhält...
ein Projektleiter in Systemhäusern.

verdient...

bekommt...
ein Projektleiter in Softwarehäusern.
Hier vierdient er im Schnitt 20.000 Euro im Jahr weniger als ein IT-Projektleiter in Banken.

verdient...
ein IT-Gruppenleiter in der Konsum- und Gebrauchsgüterindustrie.
Diese bezahlt demnach ihre IT-Gruppenleiter im Vergleich zu den anderen Branchen am besten.

bekommt...
ein IT-Gruppenleiter in Banken.

erhält...
ein IT-Gruppenleiter in der Autoindustrie.
Autobauer gehören neben Banken zu den Anwenderbrachen, die ihre IT-Führungskräfte am besten vergüten.

verdient...
ein Gruppenleiter aus der Halbleiterindustrie.

bekommt...
ein IT-Gruppenleiter in der Bekleidungs-/Textilindustrie.

erhält...
ein Gruppenleiter in der Telekommunikationsindustrie.
.

verdient...
ein Gruppenleiter in einem IT-Systemhaus.

bekommt...
ein Gruppenleiter in Softwarehäusern.
Hier verdient ein Gruppenleiter rund 17.000 Euro weniger im Jahr als in der Konsumgüterindustrie.

Die Nachfrage nach externen Projekt-Managern ist laut Gulp konstant. So richteten sich im August etwa 1110 Angebote an Projekt-Manager. Das entspricht acht Prozent aller über Gulp verschickten Projektanfragen im August. Im Vergleichsmonat des Vorjahres waren es 1050 Anfragen an Projekt-Manager. (am)