IT-Organisation

Eine Alignment-Organisation zwischen IT und Business

22.03.2012 von Karin Quack
Wie der Maschinenbauer Sandvik die Brücke zwischen dem Geschäft und der Informationstechnik schlägt.
Starke Trucks sind eine der Domänen von Sandvik.
Foto: Sandvik Mining

Mit den klassischen Alignment-Methoden ist es kaum möglich, die notwendige Nähe der IT zum Business herzustellen. So jedenfalls sieht es Olaf Bey, CIO für Europa bei Sandvik, einem internationalen Hersteller von Maschinen für den Gesteinsabbau. Die IT habe ihre Kernkompetenzen in den technischen Fragen, Business-Zusammenhänge könne sie nur am Rande einschätzen. Und deshalb scheiterten die Versuche, ein wirkungsvolles Business-IT-Alignment umzusetzen, mit schöner Regelmäßigkeit.

Wer sich so weit aus dem Fenster lehnt, muss eine Alternative in petto haben. Und die findest sich bei Sandvik. Das Maschinenbau-Unternehmen hat seine IT-Aktivitäten dreifach gestaffelt: in eine Shared-Services-Organisation für die operativen Aufgaben, eine Konzern-IT für die Kontrollfunktionen und eine eigens geschaffene Organisationsform für die Demand-Seite; man könnte sie auch als Alignment-Organisation bezeichnen. Das ist der Bereich, den Bey für Sandvik Mining & Construction auf europäischer Ebene leitet.

Zu 70 Prozent Business

In der Firmenstruktur ist dieses zehnköpfige Team zwischen den IT-Ressourcen und dem Business angesiedelt. Seine Aufgabe ist es, die Anforderungen aus den Geschäftsprozessen in klare und möglichst interpretationsfreie Aufträge an die IT zu übersetzen. Mit den operativen IT-Services hat das nicht mehr viel zu tun. Wie Bey es ausdrückt, ist diese Organisation zu 70 Prozent Business und zu 30 Prozent IT.

"Wir sind zu beiden Seiten hin völlig unabhängig, haben quasi eine Middleware-Funktion mit einer stark gestalterischen Aufgabe", so beschreibt der CIO den Ansatz: "Uns beschäftigen die Fragen, die für die Geschäftsprozesse relevant sind, und nicht die technischen Fragen."

Die Anforderungen lassen sich laut Bey in drei Kategorien unterteilen: die großen strategischen Demands, dann die "Major Demands" und die "Minor Demands", die sich durch Umfang und Bedeutung unterscheiden. "Heute beschäftigt sich IT im Allgemeinen zuviel mit den Minor Demands", bemängelt der CIO. Eine eigene Demand-Organisation könne helfen die Anforderungen besser zu priorisieren.

Schulungen im Fachbereich

Die dreistufige IT-Organisation erlaubt eine konsequente Trennung von Demand, Governance und Operations.
Foto: Sandvik

Allerdings wirft das Demand-Team die Anforderungen nicht einfach über den Zaun. Vielmehr beobachtet es den Projektverlauf von der Warte des Business aus; es hält nach, ob der beabsichtigte Mehrwert auch tatsächlich erzielt wird, und es trägt (Mit-)Verantwortung für die Einführung der durch die IT erzielten Änderungen in den Business-Betrieb.

Als das größte Kapital dieser Organisationseinheit bezeichnet Bey das Business-Know-how. Durch ihre Ausbildung und berufliche Biografie bringen die Mitarbeiter nicht nur Kompetenz in den jeweiligen Geschäftsprozessen mit. Darüber hinaus werden sie auch immer wieder in den Business-Bereichen geschult.

Ein Erfolgsfaktor ist für Bey auch die ausführliche und aktuelle Dokumentation der Geschäftsprozesse. Aus der Prozessdokumentation lasse sich herauslesen, welche Funktionen gebraucht würden und an welcher Stelle in den Prozessen anzusetzen sei. Auf dieser Basis werde dann ein funktionales High-Level-Design erarbeitet, das schließlich zur operativen Umsetzung beispielsweise an die Software-Abteilungen weitergegeben werde.

Der Servicekatalog als Lernfeld

Der CIO-Bereich bei Sandvik ist auch für das IT-Service-Management verantwortlich. Das schließt die Nutzung eines Servicekatalogs ein. Allerdings geht Bey auch hier eigene Wege. Bei der Erstellung des Katalogs lässt er sich konzeptionell von der ITSM Consulting AG unterstützen. Deren Vorstand Frank Zielke erläutert die Unterschied zu herkömmlichen IT-Leistungsverzeichnissen: "Zu den größten Schwächen vieler Servicekataloge gehört, dass die darin abgebildeten IT-Dienste zu wenig auf die Geschäftsprozesse derer abgestellt sind, denen sie dienen sollen." Die Angebote dürfen nicht länger aus dem Blickwinkel der IT heraus konzipiert, sondern müssten mit den Augen der Kunden entwickelt werden.

Bey erachtet diese Aufgabe als ein spannendes Lernfeld: "Wir sind dazu gewungen, genau zu betrachten, was sich hinter den Services - bezogen auf ihre Art und das Design - verbirgt."

Außerdem gilt es in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, welche Dienste nicht im eigentlichen Sinne wertschöpfend sind und möglicherweise ausgelagert werden sollten. Eine bloße Übernahme historisch entstandener Services sei eine verpasste Möglichkeit, so Bey: "Wir verstehen die Entwicklung eines Servicekatalogs auch als eine Chance, uns mit aktuellen Akzenten neu zu positionieren."

Die beschriebene Neupositionierung der IT macht aus der Sicht von Bey auch ein neues Selbstverständnis notwendig. In einem solchen Konstukt sei die IT nicht mehr in erster Linie eine Rationalisierungsabteilung, sondern eine Brücke zum Business: "Ihr künftiges Kennzeichen muss darin bestehen, dass sie die kontinuierlichen Agilitäts- und Flexibilitätsanforderungen des Unternehmens wirksam unterstützt."

Performance-Monitoring erwünscht

An die Adresse des Business richtet Bey die Forderung, ein Performance-Monitoring bei der Unterstützung von Geschäftsprozessen zu implementieren. "Es wird immer notwendiger, den Nutzen und Mehrwert von Changes in den Praxisbedingungen zu analysieren." Dazu müssten aber neue Kennzahlen entwickelt werden. Und es sei notwendig, dass auch das Business mitwirke und daraus lerne. (qua)