Keine Spur von Routine

Ein Tag mit einer Projektleiterin

02.02.2012 von Hans Königes
Reden, verhandeln, präsentieren - im Mittelpunkt des Projektleiteralltags steht die Kommunikation, wie der Arbeitstag von Claudia Payer zeigt.
Claudia Payer, Commerz Finanz GmbH: "Es geht darum, Zeit, Geld und Mitarbeiter vernünftig zu organisieren."
Foto: Commerz Finanz GmbH

Claudia Payer bezeichnet sich als "Seiteneinsteigerin" und hat die IT von der Pike auf in einem großen süddeutschen Verlag, später bei einem IT-Dienstleister gelernt - angefangen vom PC-Support über Netzadministration und Datenbankimplementierung bis hin zu Internet-Projekten. In über 20 Jahren hat sie sich ein fundiertes IT-Know-how angeeignet, was sie als wichtige Grundlage erachtet, um IT-Projekte zu leiten. Sie sieht sich vor allem als Kommunikations- und Ressourcen-Managerin. "Wer das magische Dreieck Kosten, Termine, Leistungserbringung beherrscht, ist auf der sicheren Seite", lautet ihr Credo. Größte Herausforderung bleibt aus ihrer Sicht "Zeit, Geld und Mitarbeiter vernünftig zu organisieren", weil "die immer knapp sind". Die COMPUTERWOCHE durfte Payer einen Tag begleiten:

7:50 Claudia Payer betritt das Büro, sie ist noch allein. Schnell fährt sie ihren Laptop hoch. Um 9 Uhr beginnt ein Workshop zum Software-Entwicklungsprojekt für die Händler-Einkaufsfinanzierung mit dem Projektteam aus München und Paris. Payer ist noch eine wichtige Ergänzung für die Powerpoint-Präsentation eingefallen, die sie rasch einarbeiten möchte.

8:20 Die Präsentation ist fertig, und Payer startet den Ausdruck der Handouts auf dem Farbdrucker: "Hoffentlich lässt mich der Drucker jetzt nicht im Stich!"

8:30 Zeit, die Mails zu checken und grob vorzusortieren, was nach dem Workshop gleich bearbeitet werden muss. Es gibt ein paar Rückfragen zum Reporting für das SEPA-Projekt (Single Euro Payments Area) bezeichnet im Bankwesen das Projekt eines europaweit einheitlichen Zahlungsraums für Transaktionen in Euro), in dem sie Teilprojektleiterin für den Bereich Operations ist.

8:45 Ein kurzer prüfender Blick in den Spiegel, anschließend packt Payer ihr Notizbuch, Druckbleistift und Schlüsselkarte zusammen und verlässt das Büro in Richtung Sitzungsraum auf dem gleichen Stockwerk. Dort schaltet sie die Videokonferenzanlage ein, legt die Handouts bereit, fährt den Laptop hoch und bereitet die Präsentation vor.

Die Commerz Finanz GmbH...

...ist ein Gemeinschaftsunternehmen der BNP Paribas Personal Finance S.A. und der Commerzbank AG. Schwerpunkt der Tätigkeit ist die Vergabe von Konsumentenkrediten, insbesondere die Absatzfinanzierung im stationären Handel sowie im E-Commerce. Das Produktportfolio umfasst Ratenkredite, Kartenprodukte mit Verfügungsrahmen und endfällige Kredite. Vertriebspartner sind Handelsunternehmen jeder Größe, Banken und Versicherungen.

8:55 Der Kollege aus Frankreich wählt sich ein, ist auf dem Bildschirm zu sehen, aber nicht zu hören. Payer ruft einen Kollegen auf dem Handy an und informiert ihn über das Problem. Kurze Zeit später ist alles gelöst, die Video-konferenz kann beginnen.

9:00 Die Kollegen aus dem Projektteam in München erscheinen pünktlich. Die Projektleiterin begrüßt die Teilnehmer offiziell auf Englisch, stellt die Agenda vor und fragt nach, ob jeder die Präsentation erhalten und vorliegen hat.

Sitzungen - sei es mit Vorgesetzten, sei es mit Teammitgliedern - sind für Projektleiterin Claudia Payer (im Bild mit zwei Kollegen) an der Tagesordnung.
Foto: Commerz Finanz GmbH

Danach bittet sie um eine kurze Vorstellungsrunde der Kollegen, die heute aus dem Produkt-Management, dem Vertrieb, der Händlereinkaufsfinanzierung und der IT mit an Bord sind.

9:10 Payer führt die Kollegen durch die Präsentation und erläutert anhand eines Excel-Dokuments die detaillierten technischen Anforderungen an die neue Software. Das Thema ist komplex, und es bedarf einiger Detailerklärungen, um alle Teilnehmer auf denselben Kenntnisstand zu bringen.

In der Diskussion beißen sich die Kollegen an einem Punkt fest, zu dem es zu diesem Zeitpunkt noch keine Lösung geben kann. Payer ist bemüht, die Sitzungsteilnehmer davon zu überzeugen, dass sie sich zunächst auf das Sammeln von Informatio-nen konzentrieren sollten, bevor sie nach einer Lösung für Detailfragen suchen.

10:55 Nach rund zwei Stunden fasst die Sitzungsleiterin die Ergebnisse und Beschlüsse mündlich zusammen, skizziert kurz die nächsten Schritte und fragt, ob man mit diesem Resümee einverstanden sei.

11:10 In 20 Minuten beginnt Payers wöchentliche halbstündige Besprechung mit ihrem Teamleiter, in der sie ihn über die Projektfortschritte informieren und offene Fragen klären will. Dazu hat sie sich "wie immer", wie sie versichert, eine eigene Agenda notiert, um die knappe Zeit des Chefs möglichst ökonomisch zu nutzen.

Frauen in Führungspositionen
Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
Ralica Yancheva, Beraterin bei Conargus:
"Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert."
Inge Hanschke, Geschäftsführerin bei Iteratec:
"Frauen müssen wissen, was sie wollen und gelassen auf das Platzhirschgebaren reagieren."
Rebecca de Souza, Diversity Managerin bei General Electric (GE)
"Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland."
Patricia Rezic, verantwortlich für Controlling und Personal bei Projektron
"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder."
Eva Faenger, Diversity-Managerin bei Hewlett-Packard:
"Besonders im Service und im Outsourcing-Geschäft gibt es Handlungsbedarf."
Claudia Kedor: Leiterin Marketing bei Projektron:
"Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellen."
Edeltraud Leibrock, Vorstand IT bei der KfW Bank:
"Frauen tendieren öfters als Männer dazu, ihre Fähigkeiten kritisch zu bewerten."
Katrin Jenkins, Abteilungsleiterin Systemdesign und Customizing bei DB-Systel:
"Junge Mütter sind besonders engagiert, weil sie sich nichts nachsagen lassen wollen."
Claudia Payer, Projektleiterin Commerz Finanz:
"In über 20 Jahren habe ich mir fundiertes IT-Know-how angeeignet, das heute eine solide Grundlage bildet, um Projekte zu leiten."

Gut organisiert

11:30 In dem Projektstatus-Meeting berichtet sie zu ihren drei Projekten, stimmt offene Fragen ab und macht sich dazu Aufzeichnungen. Ihr schwarzes Notizbuch, in dem sie alle Informationen und To-Dos notiert und mit Symbolen markiert, ist für sie unverzichtbar. Die Aufzeichnungen helfen ihr später, Wichtiges von weniger Wichtigem zu trennen und nichts zu vergessen. Langfristige Aufgaben überträgt sie in die Offene-Punkte-Liste, ein Excel-Dokument, das sie für jedes Projekt anlegt, in der Regel einmal wöchentlich checkt und aktualisiert. In den Status-Meetings mit dem Projektteam dient es außerdem zur gemeinsamen Abstimmung der auf Wiedervorlage gesetzten Punkte.

Claudia Payer hält alles schriftlich fest, um immer den Überblick zu behalten.
Foto: Commerz Finanz GmbH

12:00 Jetzt ist es für Payer an der Zeit, ihre Mails zu beantworten. Sie fasst die Nachrichten geordnet nach Projekten zusammen, kennzeichnet einige Mails mit Wiedervorlagemerkmalen und sortiert die erledigten Mails mit den Antworten in der von ihr angelegten Ordnerstruktur von Outlook ein.

13:10 Eine Kollegin holt sie ab zu einem Mittagessen beim Italiener um die Ecke. Nach dem frühen Arbeitsbeginn freut sie sich jetzt auf etwas frische Luft und eine Pause.

13:55 Zurück vom Mittagessen, wird Payer von einem Kollegen aus der IT aufgehalten. Sie diskutieren die Frage, wie man die nahtlose Integration der neuen Anwendung in das firmeneigene System bewerkstelligen könnte. Der Auftraggeber will, dass kein zusätzlicher Login notwendig ist. Eine der Herausforderungen im Projekt ist es, zwischen Machbarkeit und Anspruch zu vermitteln.

14:30 Nun macht sich die Projektleiterin an die Aufarbeitung des Workshops vom Vormittag. Am wichtigsten ist ihr die Planung des Folge-Workshops, da sie aus Erfahrung weiß, dass es nicht einfach ist, einen Termin zu finden, an dem alle benötigten Projektmitarbeiter auch teilnehmen können.

14:50 Schon trudeln die ersten Zu- und Absagen für den Folge-Workshop ein. Ein Kollege aus dem Produkt-Management ist für Payer unverzichtbar. Sie ruft ihn daher an, um mit ihm abzustimmen, welche Alternativtermine möglich sind. Nach wenigen Minuten haben die beiden einen Ausweichtermin gefunden, zu dem ihr Outlook freie Kapazitäten der anderen Kollegen anzeigt.

15:00 Payer öffnet ihre Protokollvorlage in Word und fängt an zu schreiben. Nach einer knappen Stunde ist sie fertig, schickt das Dokument an den Mail-Verteiler für das Projektteam und erbittet das Feedback innerhalb der nächsten zwei Tage.

16:00 Heute sind die Meilensteine anzupassen, da sich neue Erkenntnisse ergeben haben. In diesem frühen Stadium des Vorhabens muss die Projektexpertin dies noch nicht so detailliert ausarbeiten. Es ist ihr aber wichtig, die Ergebnisse zielgruppengerecht für den Projektsponsor aufzubereiten. Das heißt, sie überträgt diese Daten in eine Powerpoint-Präsentation für das Steering Committee. "Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte", fällt ihr dabei ein, weniger sei hier tatsächlich mehr.

16:25 Arbeit gibt es auch in den anderen beiden Projekten, in denen Payer als Teilprojektleiterin für ihren Fachbereich Operations verantwortlich ist. Morgen Vormittag steht ein Jour fixe mit dem Gesamtprojektleiter für das SEPA-Projekt an, und danach findet die wöchentliche halbstündige Telefonkonferenz mit den Kollegen in Frankreich für das E-Commerce-Projekt statt. Payer überprüft den Planungsstatus und hält ihre offenen Fragen bereit.

16:30 Sie wählt sich schnell in die Telefonkonferenz ein. Auch hier wird englisch gesprochen, und der französische Kollege fragt den Status von jedem Teilprojekt ab.

17:00 Mittlerweile sind wieder einige elektronische Nachrichten im Posteingang aufgelaufen. Payer kategorisiert sie nur noch, dringender ist ihr die Vorbereitung für das morgige Projekt, den Jour fixe zu SEPA.

17:30 Für den morgigen Tag checkt Payer noch einmal ihr Notizbuch, hakt Erledigtes ab und notiert neue Aufgaben. Gegen 17:45 räumt sie ihren Schreibtisch auf.

Hinter den Kulissen der IT