Ein Knalleffekt mit proprietaeren Folgen

22.07.1994

Wieder einmal sorgt eine Elefantenhochzeit fuer Schlagzeilen - diesmal in der Internetworking-Szene. Die Fusion zwischen Synoptics und Wellfleet bedeutet immerhin, dass sich laut Dataquest jeweils die Nummer zwei des Hub- und Router-Marktes das Jawort geben. Zweifellos ist beiden mit der Bekanntgabe ihres Bundes ein besonderer Knalleffekt gelungen, dennoch ueberrascht , wie aufgeregt die Branche reagiert.

Im Grunde kann es dafuer nur zwei plausible Erklaerungen geben: Erstens hat keiner der Konkurrenten die Hochzeitsglocken zwischen Wellfleet und Synoptics laeuten hoeren, die ihr TEte-e-tEte in der Tat erstaunlich lange geheimhalten konnten. Zweitens fuerchten Cisco, 3Com, Cabletron und Konsorten, die beiden Spezialisten koennten durch einen konzentrierten Know-how-Mix bei der gegenseitigen Befruchtung von Routing- und Cell-Switching- Verfahren Massstaebe setzen und deren Plaenen zuvorkommen.

Integrationsplaene solcher Art hatte Synoptics schon vor zwei Jahren. Die "Rub-Amoure" mit Router-Gigant Cisco ging nach grossen Differenzen des Duos allerdings sang- und klanglos in die Brueche. Seit einem Jahr herrscht zwischen den ehemaligen Partnern nun Funkstille - ein Umstand, der den Schulterschluss zwischen Synoptics und dem Cisco-Rivalen Wellfleet eigentlich sehr logisch erscheinen laesst. Die Tatsache, dass die Kalifornier nun ihre Liebe auf den zweiten Blick fuer Wellfleet entdeckt haben, duerfte insbesondere den verflossenen Partner Cisco schmerzen, dessen Router-Module bislang in Synoptics-Hubs implementiert waren und jetzt nur noch zweite Wahl sind.

Situationen wie diese sind jedoch nicht dazu angetan, das Vertrauen der Anwender in die Herstellerpolitik zu festigen. Zahllose Uebernahmen und Kooperationen zwischen den ehemals streng getrennten Lagern haben in diesem Markt zu wilden Ehen auf Zweckbasis, aber auch zu immer weniger transparenten Produktstrategien gefuehrt. Dabei werben bereits nahezu alle Anbieter mit virtuellen LANs als Resultat der Kombination von Routing und Switching - wohl wissend, dass der Wunsch der Anwender, logische Benutzergruppen definieren und verwalten zu koennen, gross ist.

Allerdings ist die Realisierung solcher Konzepte auf Basis offener Standards noch Zukunftsmusik. Zumindest liegen fuer die LAN- Emulation noch keine einheitlichen Spezifikationen vor, auch wenn ATM hier Abhilfe verspricht. Das bedeutet, die Softwareloesungen der Hersteller fuer virtuelle LANs koennen zunaechst nur proprietaer sein. Dass rein herstellerspezifische Varianten in eine Sackgasse fuehren koennen hat die Vergangenheit hinlaenglich bewiesen. Darauf sollten sich Anwender nur im Notfall einlassen, den Anbietern ansonsten vorerst lieber einen Korb geben. Wenn deren Versprechen, eine offene Standardbasis zu generieren, keine Lippenbekenntnisse sind, muessten kompatible Produkte abzuwarten sein.