Ein Infosys-Urgestein geht in den Ruhestand

21.08.2006
Nach 25 Jahren an der Spitze von Infosys ist Chairman N. R. Narayana Murthy gestern abgetreten.

Er hatte das Unternehmen gemeinsam mit sechs Kollegen gegründet und zu Indiens zweitgrößter Softwarefirma aufgebaut. Gestartet war Infosys 1981 mit 250 Dollar Startkapital. Inzwischen setzt der Konzern aus Bangalore im Jahr mehr als zwei Milliarden Dollar um und kommt auf mehr als 21 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung.

Murthy erreichte gestern das Ruhestandsalter von 60 Jahren. Er wird Infosys aber auch künftrig als Non-executive Chairman und "Mentor" zur Verfügung stehen. "Es ist nicht einfach, von etwas weg zu sein, in das Sie in den letztes 25 Jahren Herz und Seele gesteckt und für das Sie in diesem Sinne fast 24 Stunden am Tag gelebt haben", verabschiedete sich Murthy, fünftes von acht Kindern eines Lehrers und Vorbild für Indiens entstehende Mittelklasse, die sich traditionell von der Führung von Unternehmen zurückhielt.

"Er ist eine Person, die zum Symbol für das geworden ist, was ich als den wichtigsten Teil des neuen Indiens bezeichnen würde", würdigte Kiran Karnik, Vorsitzender des Branchenverbandes Nasscom (National Association of Software and Service Companies), den scheidenden Infosys-Lenker.

Laut der im März veröffentlichten aktuellen Forbes-Liste der Milliardäre weltweit kommt Murthy, dem zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern 5,9 Prozent von Infosys gehören, auf ein Privatvermögen von 1,2 Milliarden Dollar.

Sein Weg zum Erfolg verlief nicht unbedingt glatt. Anders als viele andere, die nach ihrem Abschluss am renommierten Indian Institute of Technology in die USA emigrierten, machte Murthy einen Master in Informatik und blieb in Indien. Nach einigen Jahren bei Patni Computer Systems (Mumbai) tat er sich mit sechs Kollegen - darunter auch dem heutigen Infosys-CEO Nandan Nilekani - zusammen und gründete Infosys.

Murthy leitete das Unternehmen von der Zentrale in Bangalore aus, währende Nilekani und andere Mitgründer in den USA im Kundenauftrag programmierten und gleichzeitig als Vertriebler neue Aufträge an Land zogen.

Vor seiner größten Herausforderung stand Infosys im Jahr 1995, als Murthy und seine Mannschaft von General Electric (GE) geforderte knallharte Vertragsbedingungen zu einem Zeitpunkt ablehnten, als das Geschäft mit dem US-Konzern 25 Prozent vom Umsatz und acht Prozent vom Gewinn von Infosys ausmachten.

"Ich bin sehr froh darüber, dass alle hart gearbeitet und sichergestellt haben, dass wir dieses Business mit besserem Geschäft ersetzen. Das war gewiss eine sehr, sehr schwierige Zeit; letzten Endes haben aber Teamwork, Überzeugung und Vertrauen gesiegt", bilanziert Murthy.

Infosys, auf dessen Kundenliste sich unter anderem ABN Amro Holding und Airbus finden, wurde 1999 als erstes indisches Unternehmen an der US-amerikanischen Hightech-Börse Nasdaq gelistet. Der Konzern beschäftigt derzeit 58.000 Mitarbeiter und rangiert ganz knapp hinter Tata Consultancy Services (TCS), Indiens größtem Software-Exporteur. (tc)