Effektiver Arbeiten mit Dual-Mode-Handys

20.09.2006 von Markus Birkl
Mit einem einheitlichen Gerät für die Mobilfunk- und WLAN-Telefonie lassen sich in vielen Unternehmen die Kommunikationskosten senken. Gleichzeitig steigt die Produktivität.

Um die Mobilfunkkosten zu setzen, beschäftigen sich immer mehr Anwender mit Dual-Mode-(DM-)Endgeräten, die sowohl GSM als auch WiFi (Wireless Fidelity) für drahtlose Netze unterstützen. Die Telefonate laufen auf dem Firmengelände über das Wireless LAN. Gesprächsgebühren fallen nur noch an, wenn Telefonate außerhalb der Reichweite des Unternehmensnetzes geführt werden und öffentliche Carrier ins Spiel kommen.

Ein Grundkonzept für den Aufbau einer Dual-Mode-Umgebung. Quelle: Siemens

Kostenargumente stehen erfahrungsgemäß bei allen neuen Lösungen im Vordergrund. Ein gutes Beispiel dafür ist die IP-Telefonie, bei der zunächst das Einsparpotenzial zum wichtigsten Kriterium wurde. Aber wie bei der Sprach-Datenkonvergenz ist auch bei der Konvergenz von Festnetz und Mobilfunk der Produktivität steigernde Mehrwert auf der Anwendungsebene wichtiger. So können Mitarbeiter mit einem dualen "Handy" auch unterwegs alle Leistungsmerkmale nutzen, die auf der IP-Kommunikationsplattform ihres Arbeitgebers bereitstehen. "Makeln", "Rückfragen" oder "Dreierkonferenz", aber auch der Aufbau eines Telefonats direkt aus dem Outlook-Adressbuch heraus sind in der Flughafen-Lounge ebenso möglich, wie im Büro.

Für den Anwender ergeben sich durch die Telefonie über WLAN praktische Vorteile. So kann er auf dem Campus über das Firmennetz telefonieren. Auch über öffentliche WLAN-Hotspots werden bei Bedarf mobile Telefonate generiert. Der Einsatzradius lässt sich auf das private WLAN im eigenen Heim oder auf die drahtlosen Netze von Geschäftspartnern oder Niederlassungen ausweiten. Mit dem Einsatz von Dual-Mode-Geräten und der Nutzung von Voice over WLAN rechnen sich Investitionen in moderne Wireless-Infrastrukturen für Unternehmen nachweislich. Die Kosten amortisieren sich deutlich schneller.

Einen ersten Ansatz für dieses Konzept bieten Mobilfunk-Provider bereits mit der Option so genannter Home Zones. Hier können durch Telefon-Flatrates bereits heute deutliche Kosteneinsparungen erzielt werden. Marktbeobachter rechnen damit, dass bei einer weiteren Verbreitung von Dual Mode ein zusätzlicher Wettbewerb angestoßen wird, der die Preise generell nach unten drückt. Dadurch relativiert sich - ähnlich wie bei VoIP - das Kostenargument, die praktischen Vorteile von Dual Mode rücken in den Vordergrund.

Mit DM-Geräten ist die Funktionspalette einer konvergenten "Telefonanlage" auch unterwegs griffbereit. Anwendungen und Daten stehen unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche zur Verfügung. Alle Beteiligten greifen nur noch auf ein persönliches Adressbuch zu, das auf dem zentralen Server liegt. Es ist nicht mehr notwendig, für das Mobilfunk- und das Festnetz zwei unterschiedliche Adressbücher anzulegen und umständlich zu pflegen. Ein Geschäftsreisender kann beispielsweise von unterwegs auf den zentralen Terminkalender zugreifen und diesen bei Bedarf aktualisieren. Alle Termine sind immer auf dem neuesten Stand und stehen allen Beteiligten transparent zur Verfügung. Reisezeit wird zur Arbeitszeit - die Produktivität steigt.

Vorteile im Krankenhaus

Einsatzmöglichkeiten bieten sich aber auch im Gesundheitswesen. In Krankenhäusern beispielsweise sind GSM-Mobilteile verboten, weil sie die empfindlichen medizinischen Geräte stören können. Hier wird alternativ WiFi genutzt und die GSM-Funktion automatisch abgeschaltet. Mit PDA-ähnlichen DM-Geräten sind Ärzte und Schwestern in Zukunft in der Lage, direkt am Krankenbett über ein einziges Gerät Patientendaten zu aktualisieren und bei Bedarf zu telefonieren. Das optimiert die Arbeit der Mediziner und sorgt durch einen permanenten Datenabgleich für stets aktuelle Patientenakten, die allen Beteiligten zur Verfügung stehen. Verlassen die Mitarbeiter das lokale Funknetz ihrer Klinik, wird automatisch auf Mobilfunk umgeschaltet und das Endgerät dient als Dienst-Handy etwa für die Rufbereitschaft.

Der Aufwand für die Einrichtung einer Dual Mode-Umgebung sind überschaubar. Nötig sind lediglich eine IP-Kommunikationsplattform mit SIP-Schnittstelle (Session Initiation Protocol) und ein Mobility Server. Der Server, der in die Infrastruktur des Unternehmens integriert wird, sorgt im Zusammenspiel mit der IP-Kommunikationsplattform dafür, dass sämtliche Leistungsmerkmale sowohl im GSM-, als auch im WiFi-Modus zur Verfügung stehen und die eingesetzten DM-Endgeräte mit SIP-Schnittstelle in die Applikationswelt eingebunden werden.

Dieser Server wird als Mobility Appliance bezeichnet. Von entscheidender Bedeutung für den Einsatz von Dual Mode in Unternehmen ist neben einer leistungsfähigen, für die Echtzeitanwendung "Sprache" ausgelegten Drahtlosinfrastruktur ein schnelles Roaming (802.11e) von einer WLAN-"Blase" zur nächsten. Darüber hinaus muss die Abhörsicherheit (802.11i) gewährleistet sein.

Fachleute gehen bei der technischen Entwicklung von Enterprise Dual Mode von drei Stufen aus:

1. Ohne Mobility Appliance

Hier wird das Dual-Mode Endgerät nur sehr lose in die Unternehmenslandschaft integriert. Jeder Mitarbeiter hat an seinem Dual-Mode-Endgerät eigenständige Nummern für das Mobil- und das Festnetz. Die DM-Endgeräte mit SIP-Client ermöglichen die Mobiltelefonie im WLAN. Der Nutzer entscheidet durch ein manuell gesteuertes Roaming selbst, ob er einen Gesprächspartner per GSM-Mobilfunk oder über das WLAN anruft. Ein Anrufer dagegen hat keine Wahlmöglichkeit. Er muss es über das Festnetz und auf dem Mobiltelefon probieren und entscheidet sich aus Bequemlichkeit oft genug gleich für die Handynummer. Der Nutzer hat immerhin die Möglichkeit zu entscheiden, kostenlos zu telefonieren, wenn ein WLAN verfügbar ist.

2. Mit Mobility Appliance

Voraussichtlich noch im vierten Quartal 2006 sind Lösungen verfügbar, die Telefonate durch ein regelbasiertes Roaming über die jeweils bereit stehenden Leitungen routen. Stehen im WLAN ausreichende Bandbreiten zur Verfügung, erfolgt eine automatische Einwahl in das WLAN-Netz. Auf diesem Level besteht die Möglichkeit, sowohl im GSM-, als auch im WiFi-Breich homogene Leistungsmerkmale bereit zu stellen. Durch Mobility Appliance kann das DM-Endgerät mit SIP-Client auf sämtliche Anwendungen im Unternehmensnetz zugreifen, da die Integration der mobilen Lösung in die Infrastruktur gegeben ist. Alle Anrufe, also auch die mobilen, werden im Zusammenspiel zwischen Mobility Appliance und IP Kommunikationsplattform kontrolliert. Das ist ein entscheidender Punkt für die interne Rechnungslegung und Kostenkontrolle.

3. Stufe: Seamless Roaming.

Technisch bereits machbar sind Mobility Appliances, die eine dynamische Übergabe des Gesprächs von WLAN nach GSM unterstützen. Wer also auf dem Weg vom Büro zum Parkplatz die WLAN-Blase verlässt, verliert seinen Gesprächspartner nicht. Solche Seamless-Roaming-fähigen Systeme sind quasi die "Königsklasse" des Dual Mode. Das Zusammenspiel des DM-Endgerätes mit seiner SIP-Client-Software, Mobility Appliance sowie eine Handover-Funktionalität machen die Übergabe von WLAN auf GSM und umgekehrt möglich. Diese Stufe wird bereits heute von zahlreichen führenden Anbietern von Mobilty Appliances unterstützt. Sie ermöglicht es, ein Gespräch aus dem WiFi- in den GSM-Bereich oder umgekehrt zu übergeben, ohne dass ein Telefonat abbricht.

Die führenden Anbieter von Dual-Mode-Lösungen sind bereit, sich mit ihren Lösungen auf dem neuen Wachstumsmarkt zu positionieren. Allerdings genügen die meisten der zurzeit verfügbaren Endgeräte noch nicht den Anforderungen für den Einsatz in Unternehmen, da sie in der Regel mit älteren WLAN-Chipsätzen arbeiten. Sie sind für die Datenübertragung, aber nicht für die Echtzeitanwendung Sprache optimiert. Die Sprachqualität ist deshalb unzureichend, darüber hinaus genügen die Sicherheitsstandards nicht den Anforderungen der modernen Unternehmenskommunikation. Wichtige Sicherheitsstandards wie 802.11i und 802.11e sind in diese Geräte noch nicht integriert.

Aus diesem Grund werden die aktuell verfügbaren DM-Geräte auch vorwiegend von Privatkunden genutzt. Marktbeobachter gehen aber davon aus, dass schon bis Mitte 2007 eine breitere Auswahl qualitativ hochwertiger Dual-Mode-Endgeräte auf dem Markt sein wird, die den Anforderungen der professionellen Unternehmenskommunikation entsprechen.

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Fazit

Unternehmen sollten sich frühzeitig mit Dual-Mode-Telefonie beschäftigen, um Kommunikationskosten zu senken und die Produktivität zu steigern. Vor allem bei aktuellen Investitionen in WLAN-Infrastrukturen gilt es, zukunftssichere Angebote zu identifizieren. Mit der Installation einer leistungsfähigen Voice-fähigen Wireless-Infrastruktur in Verbindung mit einer IP-Kommunikationsplattform (IP-Telefonanlage, VoIP-Server/Softswitch), die Wireless und SIP unterstützt, ist der erste Schritt in die neue Kommunikationswelt getan.

Sobald geeignete Endgeräte auf dem Markt sind, kann die Drahtlosinfrastruktur durch die Einführung einer Mobility Appliance zu einer Dual-Mode-Lösung erweitert werden. Frühzeitige Pilotinstallationen mit kleineren Benutzergruppen ermöglichen es, den operativen Betrieb sowie die optimale Einbettung der DM-Lösung in die bestehende Unternehmenskommunikation zu testen, Erfahrungen zu sammeln und möglicherweise Verbesserungen anzustoßen. So ist gewährleistet, dass Mitte 2007 die voll integrierte Lösung sofort unternehmensweit eingesetzt und der Nutzen für das Unternehmen auf breiter Front realisiert werden kann. Ende nächsten Jahres schließlich werden wir voraussichtlich die ersten Seamless-Roaming-fähigen Lösungen im breiten operativen Einsatz sehen.