Auf eigenen Wunsch

Eckhard Spoerr kehrt Freenet den Rücken

23.12.2008
Nach Jahren zähen Ringens um seine Zukunft geht Eckhard Spoerr als Freenet-Chef von Bord. Der Streit um die Filetstücke des Unternehmens geht unvermindert weiter.

Nach monatelangem Tauziehen um den Chefposten beim Telekommunikations-Anbieter Freenet nimmt Vorstandschef Eckhard Spoerr den Hut. Spoerr gehe auf eigenen Wunsch zum 23. Januar 2009, teilte das Unternehmen am Montagabend in Hamburg mit. Der Aufsichtsrat nehme Spoerrs Entscheidung "mit Bedauern und Respekt" zur Kenntnis. Neuer Vorstandssprecher wird das Vorstandsmitglied Joachim Preisig. Die Position des Vorstandschefs soll neu besetzt werden.

Spoerr selbst begründete seinen Abgang in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme mit seinem Wunsch nach einer "Befriedung der Gesellschaft", deren langfristiges Wohl oberste Priorität vor persönlichen Befindlichkeiten habe. Freenet brauche jetzt Ruhe und müsse sich auf die Integration des übernommenen Mobilfunk-Providers debitel konzentrieren. "Aufgrund des bestehenden Aktionärskreises und der wohl polarisierenden Wirkung meiner Person, ist dies unter diesen Umständen nicht gegeben", sagte der Freenet- Chef. Medienberichten zufolge wollte Großaktionär Permira Spoerr schon länger aus dem Chefsessel drängen. So hatte das "Handelsblatt" Anfang Dezember berichtet, der Finanzinvestor Permira wolle neben Spoerr auch den Aufsichtsrat absetzen lassen, dessen Chef Helmut Thoma trotz schwacher Ergebnisse an Spoerr festhalte.

Permira stehe mit seinem Unmut nicht alleine da, hatte die Zeitung geschrieben. Auch der Großaktionär United Internet, der gemeinsam mit Drillisch die Kontrolle über rund 26 Prozent an Freenet hat, habe die Geduld verloren. Aufsichtsratschef Thoma hatte damals gesagt, man müsse Spoerr jetzt arbeiten lassen. Die Zeit bis Mai sei nötig, um zu sehen, ob Spoerr die Integration des Telekom-Dienstleisters debitel gelinge. Im Oktober hatte sich Spoerr gegen debitel-Chef Oliver Steil durchgesetzt. Steil war Unternehmenskreisen zufolge wegen eines Streits über die künftigen Kompetenzverteilung zurückgetreten. Zuvor hatte sich Spoerr bereits bei der Fusion von freenet.de und mobilcom zur neuen Freenet AG gegen Thorsten Grenz durchgesetzt. Von 1999 bis zur Fusion im März 2007 war Spoerr bereits Chef der alten freenet.de gewesen.

Aufsichtsräte im Visier

Nach dem Weggang von Freenet-Chef Spoerr sollen laut eines Presseberichts weitere Köpfe rollen. Spoerrs "Demission" werde wohl nicht die einzige bleiben, schreibt das "Handelsblatt" unter Berufung auf Aktionärskreise. Die Eigner erwarteten, dass auch einige Aufsichtsräte freiwillig ihren Posten niederlegen, hieß es. Die Freenet-Großaktionäre lehnten einen Kommentar gegenüber der Zeitung ab.

Die Aktien von Freenet haben am Dienstag nach dem angekündigten Rücktritt von Vorstandschef Spoerr deutlich zugelegt. Dass der Manager nach monatelangem Tauziehen um den Chefposten beim Mobilfunkunternehmen seinen Hut nehme, entfache neue Übernahmefantasien, sagten Händler. Auch der Verkauf des DSL-Geschäfts von Freenet dürfte damit wahrscheinlicher werden, hieß es. In der Folge sprangen auch die Titel der an Freenet mit insgesamt rund 26 Prozent beteiligten Telekom-Unternehmen United Internet und Drillisch kräftig hoch. Freenet-Papiere stiegen bis 10.30 Uhr um knapp 14 Prozent auf 3,87 Euro, United Internet rückten um sieben Prozent auf 6,36 Euro vor.

"Mit dem Weggang Spoerrs könnte zum einen der geplante Verkauf des DSL-Geschäftes neuen Schwung bekommen, zudem dürften die Übernahmefantasien neue Nahrung erhalten", sagte etwa Analyst Stephan Wittwer von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Dies sei der Grund für den kräftigen Kurssprung von Freenet. Er beließ die Aktien auf "Kaufen" und das Kursziel bei 9,00 Euro. Ein weiterer Analyst bezeichnete den Rücktritt als "leicht positiv", vor allem, da Spoerr keine allzu große Unterstützung bei den Aktionären gehabt habe. "Nun könnte der Weg frei sein, das DSL-Geschäft von Freenet zu einem adäquaten Preis zu verkaufen", meinte er zudem. (dpa/ajf)