Realtime Business Intelligence

Echtzeit-BI bringt Firmen Vorteile im Wettbewerb

19.03.2013 von Ilias Ortega
Systeme für Realtime Business Intelligence müssen mit Hilfe von Prognose- und Anpassungsmodulen exakt für die jeweilige Fragestellung justiert werden. Gelingt das, kommen Unternehmen zu besseren Entscheidungen.
Echtzeit-BI will Aussagen über zukünftige Entwicklungen ermöglichen.
Foto: Terry Chan/Shutterstock

Herkömmliche Business-Intelligence-Lösungen stellen dem Management Vergangenheitsdaten zur Verfügung. Entscheider erhalten damit jedoch keine Aussagen über mögliche Zukunftsentwicklungen. Ein zielsicheres Agieren in der modernen, zunehmend dynamischeren Wirtschaftswelt ist so nur eingeschränkt möglich. Gefragt ist deshalb eine Realtime Business Intelligence, die Aussagen über zukünftige Entwicklungen bereitstellt und damit dem Management frühzeitig die passenden Handlungsoptionen eröffnet.

Business Intelligence Classic

Herkömmliche BI-Werkzeuge bereiten vorhandene Daten in den Schritten Sammeln, Bereinigen, Speichern, Analysieren und Bereitstellen auf (siehe Abbildung). Dabei können Unternehmen mittels aktueller Datenbanktechnologie zwar schon heute große Datenvolumina effizient bewältigen. Daraus abgeleitete historische Berichte reichen Firmen jedoch bei Weitem nicht aus, um in ihrer komplexen Umwelt erfolgreich zu agieren und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Zu viele Daten können darüber hinaus auch kontraproduktiv wirken, da bedeutsame von trivialen Daten auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden sind. Da herkömmliche BI-Systeme Informationen nicht in Echtzeit, sondern mit erheblicher Verzögerung bereitstellen, werden Krisen oft erst erkannt, wenn die Folgen bereits zu spüren sind.

Realtime Business Intelligence

Realtime Business Intelligence analysiert Daten, um daraus überwiegend Indizes wie beispielsweise Key Performance Indicators (KPIs) abzuleiten. Im Unterschied zu herkömmlichem BI geschieht das in Echtzeit. Daraus entstehen Prognosen, die dem Management rasche Entscheidungen in einer sich ständig verändernden Umwelt ermöglichen. Handlungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen können so gesteigert werden.

Das Besondere dabei: Obwohl Realtime Business Intelligence vorhandene Daten in Echtzeit, das heißt sofort nach dem Eintreffen, analysiert, müssen diese nicht zwingend in Echtzeit vorliegen. Ein Realtime-Business-Intelligence-System wird auch dann nützlich sein, wenn die Daten mit einer geringen Zeitverzögerung bereitgestellt und beispielsweise einmal pro Tag aktualisiert werden.

Neben den Modulen eines herkömmlichen BI-Systems verfügt Realtime Business Intelligence über zwei weitere Bausteine (siehe Abbildung):

Das Prognosemodul

Für die Vorhersage von einzelnen Indizes, zum Beispiel für Umsatzprognosen, setzt man meist auf statistische Verfahren. Andere Fragen lassen sich beispielsweise durch neuronale Netze oder Cluster-Analysen beantworten. Das Prognosemodul wird so konfiguriert, dass bei Überschreitung definierter Schwellwerte automatische Warnmeldungen ausgelöst werden. Damit kann das Management ohne Zeitverlust wichtige Entscheidungen treffen.

Da eine einzelne Prognosemethode für ein gegebenes Problem oft nicht ausreicht, wählt man in der Praxis meist ein kombiniertes Vorgehen: Anstelle eines einzigen Prognosemodells werden mehrere parallel eingesetzt. Dieses hybride Prognosemodell löst Abweichungen und Widersprüche zwischen den Einzelergebnissen. Dabei kommen folgende Methoden zum Einsatz:

Die Abbildung zeigt den Entscheid zwischen mehreren Prognosemodellen auf der Basis von Abstimmungen beziehungsweise gewichteten Mittelwerten.

Unter hohem Zeitdruck ist es jedoch nicht immer möglich, mehrere Prognosemodelle parallel zu berechnen und zu konsolidieren. In solchen Fällen helfen definierte Regeln, nach denen automatisch ein geeignetes Modell ausgewählt und eine Prognose berechnet wird. Die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt ein solches regelbasiertes, hybrides Prognosemodell.

Das Anpassungsmodul

Anpassungsfähige Systeme sind in der Lage, sich automatisch an veränderte Umstände anzupassen. Dazu zählen beispielsweise:

Den Unterschied zwischen prognostizierten und aktuellen Daten bezeichnet man als Fehler. Effiziente Prognosemodelle weisen nur geringe Fehler auf. Dafür sorgt das Anpassungsmodul, das Prognosefehler durch Anpassung verschiedener Parameter innerhalb der Prognosemodelle auf ein Minimum reduziert. Die Parameter können in regelmäßigen Zeitabständen (zum Beispiel monatlich oder quartalsweise) von Hand modifiziert werden. Effizienter ist es jedoch, die verschiedenen Parameter automatisch (zum Beispiel täglich) über ein dediziertes Anpassungsmodul zu aktualisieren.

Gartner-Prognosen für das Jahr 2013
Windows 8
Bis zum Jahr 2015 werden 90 Prozent der Unternehmen die breite Einführung von Windows 8 umgehen.
Chinesische Mobility-Dominanz
Bis zum Ende des Jahres 2014 werden drei der Top 5 Anbieter von mobilen Endgeräten aus China kommen.
Job-Motor Big Data
Bis 2015 werden aufgrund von Big Data 4,4 Millionen weltweite Jobs nötig, aber nur ein Drittel dieser Jobs werden tatsächlich besetzt sein.
Offshoring-Schwund
Bis 2014 wird das Offshoring um 20 Prozent sinken, weil die Europäische Union Regelungen zum Schutz von Jobs durchsetzen wird.
Asiaten schaffen Jobs
Bis 2014 werden neue IT-Stellen in den größeren westeuropäischen Märkten vorwiegend von Unternehmen mit Hauptsitz in Asien geschaffen, die sich an zweistelligen Wachstumsraten erfreuen.
Smart ist sexy
Bis 2014 werden die Ausgaben für Software, die auf der Ausbreitung von smarter Technologie beruhen, um 25 Prozent steigen.
Schlaue Kleidung dank IT
Bis 2016 wird der Markt für tragbare Elektronik in Schuhen, Tattoos und Zubehör 10 Milliarden US-Dollar schwer sein.
IT-Provider verschwinden
Bis 2014 werden aufgrund von Konsolidierung bis zu 20 Prozent der 100 größten IT Dienstleister vom Markt verschwunden sein.

Praxisbeispiel: Erkennung von Kreditkartenbetrug

"Die meisten Spieler sind ziemlich gut, aber sie laufen dahin, wo der Puck ist. Ich laufe dahin, wo der Puck sein wird." Wayne Gretzky, Ex-NHL-Superstar zum Thema Realtime im Eishockey."
Foto: gretzky.com

Bei Systemen zur Erkennung von Kreditkartenbetrug geht es darum, potenziell betrügerische Finanztransaktionen zu erkennen, das heißt, die Transaktionen zunächst einmal korrekt zu klassifizieren. Solche Systeme müssen allerdings in der Lage sein, tausende von Transaktionen pro Sekunde auf Betrug zu überprüfen.

Als "wahr" wird eine korrekte Klassifikation einer Finanztransaktion benannt, während "falsch" einer falschen Klassifikation entspricht. "Positiv" sind betrügerische Transaktionen, während die berechtigten Transaktionen als "negativ" verstanden werden. Folgende Kombinationsfälle lassen sich bei der Klassifikation von Finanztransaktionen unterscheiden:

Bei einem System zur Erkennung von Kreditkartenbetrug wird es vor allem darum gehen, die folgenden Arten von Klassifikationen zu minimieren:

Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass die Zahl beider unerwünschter Klassifikationen nicht gleichzeitig minimiert werden kann. Die Gründe sind einfach: Klassifikationen, die betrügerische Transaktionen als berechtigt angeben, führen zu unentdecktem Missbrauch. Andererseits können berechtigte Transaktionen, die als betrügerisch "erkannt" werden, die Kunden anhaltend verärgern. Um dieses Problem zu lösen, muss ein akzeptabler Kompromiss gefunden werden.

Ein effizientes System zur Erkennung von Kreditkartenbetrug lässt sich mit Hilfe eines Prognosemoduls umsetzen, das eine Verdachtsstufe für jede einzelne Transaktion ermittelt. Aufgrund der hohen Komplexität ist dazu ein hybrides Prognosemodell erforderlich. Jedes Einzelmodell berechnet zunächst eine Betrugswahrscheinlichkeit auf einer Skala von 0 bis 1 und erhält ein Gewicht. Die Summe der Einzelgewichte aller Modelle ergibt den Wert 1. Die resultierenden gewichteten Wahrscheinlichkeiten werden anschließend addiert. Um Betrugsfälle möglichst zielsicher zu identifizieren, werden Schwellwerte für die gewichteten Betrugswahrscheinlichkeiten festgelegt. Der tiefste Schwellwert legt eine Grenze fest, unter der Transaktionen ohne Rückfragen genehmigt werden. Ein mittlerer Schwellwerte-Bereich gilt für genehmigte Transaktionen, die jedoch einer manuellen Überprüfung standhalten müssen. Ab einem festgelegten höheren Schwellwert lehnt das System die Transaktionen ab, und Kunden werden unter Umständen direkt kontaktiert.

Die Effizienz eines Systems zur Erkennung von Kreditkartenbetrug lässt sich anhand von KPIs ermitteln: Die Anzahl der korrekt klassifizierten betrügerischen Transaktionen wird dabei durch die Gesamtzahl der Transaktionen, die als betrügerisch klassifiziert wurden, dividiert.

Umsetzung von Realtime-BI

Aufgrund der Komplexität eines Realtime- Business-Intelligence-Systems sollte die Entwicklung schrittweise erfolgen und sich zunächst auf einzelne Pilotprojekte mit überschaubaren Problemstellungen und Statistikverfahren beschränken. Außerdem ist es ratsam, auch die Zahl der Indizes am Anfang möglichst gering zu halten. Der Vorteil: Kleinere Pilotprojekte helfen, die gewählten Prognosemodelle zu validieren. Darüber hinaus lässt sich durch ausführliche Tests sicherstellen, dass das Realtime-Business-Intelligence-System möglichst sichere Prognosen liefert und den Erwartungen der Entscheider gerecht wird. Sollten die mit einfachen Statistikverfahren erzielten Resultate nicht genügen, können komplexere Verfahren evaluiert und schrittweise eingeführt werden.

Fazit

Herkömmliche Business Intelligence beschränkt sich auf:

Realtime Business Intelligence hingegen unterstützt Organisationen in Echtzeit bei:

Damit steigert Realtime Business Intelligence die Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen, setzt aber gleichzeitig den Einsatz von Modulen für Prognose und Anpassung voraus. (ba)

Mehr zum Thema:

Prognosen und Trends der Analysten

Durchschnittliches Wachstum der IT-Ausgaben pro Jahr in Deutschland bis 2013.

Prognostizierter weltweiter Absatz von Smartphones von 2010 bis 2016 weltweit (in Millionen Stück).

Absatz von Tablets weltweit in den Jahren 2010 bis 2016 (in Millionen Stück).

Prognose zum weltweiten Absatz von Mobilcomputern (ohne Tablets) von 2009 bis 2016 weltweit (in Millionen Stück).

Weltweiter Marktanteil der führenden Betriebssysteme am Ansatz von Smartphones vom 1. Quartal 2009 bis zum 3. Quartal 2012.

Welches Betriebssystem bevorzugen Entwickler zur App Programmierung?

Prognostizierte Anzahl der weltweiten Downloads von mobilen Apps in den Jahren 2009 bis 2016 (in Millionen).

Prognose zum Umsatz mit Cloud Computing in Deutschland 2011 bis 2016 (in Milliarden Euro).

Anzahl der Nutzer (in Millionen) sozialer Netzwerke in ausgewählten Ländern im Jahr 2011 und Prognose für 2014.

Prognostizierter Umsatz mit dem "Internet der Dinge" in Europa in den Jahren 2007 bis 2020 im Millionen Euro.