EAI-Praxisbeispiele: Banking Bus verbindet Raiffeisen-Filialen

11.10.2002 von Stefan Ueberhorst
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das Thema EAI hat zahlreiche Facetten. Die Beispiele Raiffeisen-Gruppe, Schweiz, und T-Mobile zeigen, wie sich über eine Integrationsplattform kritische Geschäftsprozesse beschleunigen oder gar neu aufsetzen lassen.

Die Raiffeisen-Gruppe der Schweiz ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Die 1300 Geschäftsstellen betreuen rund zwei Millionen Kunden und 62 Milliarden Franken an Kundengeldern. Mit einem Umsatz von 82,5 Milliarden Franken ist das Unternehmen heute die drittgrößte Bankengruppe in der Schweiz. Die Struktur der IT ist nicht nur dezentral, sondern auch sehr heterogen aufgebaut. Das markante Wachstum im indifferenten Geschäft hat jedoch zu stark steigenden Integrationsanforderungen geführt.

Beispiel T-Mobile: Der Communication Bus integriert Netz-Betriebsdaten.

Mit dem EAI-Projekt „Banking Bus“ wurde der Aufbau einer zentralen Kommunikationsplattform begonnen, dessen Vorgabe es war, eine einheitliche, transparente Schnittstelle zwischen den verschiedenen Applikationen zu bilden und gleichzeitig die Komplexität zu reduzieren. Zudem sollten die Geschäftsprozesse optimiert und der Buchungsdatenaustausch im zentral geführten Wertschriftenhandel automatisiert werden.

Zur Umsetzung wurden drei Projekte unter Banking Bus zusammengefasst:

IT-Integrationsplattform (Aufbau der EAI-Plattform als Service für Business-Projekte),

Finanztransaktionen (automatisiertes Übermitteln und Verbuchen von Wertpapier-Buchungsdaten) sowie

Vermögensausweis (Darstellen der gesamten Vermögenswerte der Kunden).

Die ersten beiden Teilprojekte wurden bereits fertig gestellt und in den produktiven Betrieb überführt. Den Schwerpunkt bildet dabei die EAI-Plattform, die als Transportsystem dient und für die Integration der verschiedenen Applikationen sorgt. Parallel dazu wurde die Abwicklung von Wertschriften-Transaktionen automatisiert. Die aus Wertschriftengeschäften und deren Positionsführungen entstehenden Buchungen werden automatisch via Banking Bus an die dezentralen Applikationen weitergeleitet und dort ebenfalls automatisch verbucht. Dadurch ließ sich der Wertschriftenhandel wesentlich rationalisieren und beschleunigen. „Der Banking Bus hat die Integration der gesamten Plattform, also zwischen den dezentralen Systemen in den Geschäftsstellen und dem zentralen Wertschriftenhandel, deutlich verbessert“, fasst Martin Frick auf Seiten von Raiffeisen Auftraggeber für dieses Projekt zusammen.

Zur Integration der einzelnen Applikationen fiel die Wahl auf Websphere MQ (WMQ) und Websphere MQ Integrator (WMQI). Dabei war noch eine zusätzliche Hürde zu überwinden, denn aufgrund der zu bewältigenden Datenvolumen setzt die Raiffeisen auf eine Host-Strategie - Websphere MQ Integrator war aber zu Beginn des Projekts noch nicht auf Z-Series verfügbar. Als Übergangslösung wurde der Banking Bus in einer ersten Phase auf verteilten Plattformen (WMQ auf z/OS und WMQI unter Unix) eingeführt und produktiv betrieben.

Dies hatte zur Folge, dass nach Verfügbarkeit von WMQI für z/OS eine Migration des Banking Busses auf die Host-Plattform anschließen musste. Während einer intensiven Testphase mussten hier noch „Kinderkrankheiten“ beseitigt werden.

Geschäftlicher Nutzen messbar

Der Banking Bus (Gesamtkosten für das Projekt: 10,5 Millionen Franken) bringt der Raiffeisen einen konkreten geschäftlichen Nutzen dadurch, dass Abläufe automatisiert und vereinfacht werden konnten. Eine erste Umfrage ergab, dass im Schnitt pro Bank und Tag 50 Minuten an Arbeitszeit eingespart werden. Etwa 800 bis 900 Mitarbeiter profitieren direkt von diesen Verbesserungen. Durch die Reduktion administrativer Abläufe steht mehr Zeit für Beratung zur Verfügung.

Um ein EAI-basierendes Daten-Management während des Netzbetriebs ging es dem Mobilfunkanbieter T-Mobile. Dort hatte der Netzausbau (UMTS) die Ansprüche an die Möglichkeiten zum Messen, Testen und Überwachen der Netzelemente rasant steigen lassen. Außerdem geht der Carrier davon aus, dass mittelfristig das Datenvolumen erheblich steigen wird.

Kritische Erfolgsfaktoren für den problemlosen Betrieb der Mobilfunknetze sind das Vermeiden von Datenredundanzen und die gleichzeitige Maximierung von Datenkonsistenz und -aktualität. Insbesondere die aktuellen Netz-Betriebsdaten müssen online für alle Applikationen (Systeme) und Personen zur Verfügung stehen.

Bei T-Mobile versucht man diese Ziele durch eine Zusammenführung der zahlreichen zugrunde liegenden Systeme und den Rückbau der großen gewachsenen Vielfalt bilateraler Schnittstellen zu erreichen. Außerdem soll die entstehende Lösung besser zu administrieren und zu warten sein als die bestehende heterogene IT-Landschaft.

Das Pilotprojekt auf Basis von Vitria Businessware lief erfolgreich. Innerhalb weniger Monate wurden acht zentrale Administrations-Applikationen in die neue IT-Infrastruktur integriert. Zahlreiche, mit sehr unterschiedlichen Standards wie ftp, ASCII, SQL, Corba und XML arbeitende Systeme wurden über den so genannten Communication Bus angebunden. Aus Gründen der Flexibilität und Wartbarkeit wurde mit Hilfe von Businessware auch die Geschäftsprozesslogik zentral im Communication Bus hinterlegt.

Veranstaltungen: Die hier beschriebenen EAI-Projekte wurden zusammen mit anderen Praxisberichten auf dem EAI-Forum 2002 im April in Mainz vorgestellt. Die IIR-Konferenz bietet EAI-Anwendern und -Experten die Möglichkeit, sich einen Überblick über den einschlägigen Markt und die neuesten Trends zu verschaffen. Das nächste EAI-Forum wird vom 31. März bis 3. April 2003 wiederum in Mainz stattfinden.

Mit Hilfe von Teststellungen der UMTS-Wirknetzlieferanten wurden mehrere 3G-Geschäftsprozess-Szenarien erprobt. Dabei kam es vor allem darauf an, die Szenarien für „sunny day“ und „cloudy day“ zu verifizieren. Die weitere Anbindung interner und externer Partner an diesen Bus wird innerhalb der nächsten Monate erfolgen. Der kalkulierte Aufwand von rund 70 Prozent für Design und Spezifikation sowie 30 Prozent für die Implementierung wurde in diesem Projekt ebenfalls bestätigt.