Interview mit Frank Heuer, Senior Analyst bei Techconsult

„E-Mail ist die Killerapplikation“

18.12.2006
Unternehmen müssen sehen, dass sich Mobility unter dem Strich lohnt und keine Spielerei ist, meint Senior Analyst Frank Heuer von Techconsult. E-Mail dient für die meisten Unternehmen als Einstiegsanwendung. Neue Technologien schaffen aber auch neue Möglichkeiten.

COMPUTERWOCHE: Wie wichtig ist das Thema Mobility für Sie?

Frank Heuer: Ich befasse mich seit mehreren Jahren damit. Es ist ein wichtiger Markt, denn die Anforderungen der Unternehmen an die Mobilität der Mitarbeiter steigen immer weiter. Der Anteil der mobilen Mitarbeiter wächst immer stärker, während der Back-Office-Anteil konstant bleibt oder sinkt. Gesucht werden ständig Vertriebsmitarbeiter, die unterwegs sind, während in den nicht verkaufsaktiven Bereichen Personal eingespart wird. Und Im Vertrieb ist es wichtig, dass man vor Ort beim Kunden professionell auftritt. Wenn ein Verkäufer mit einem dicken Katalog kommt und ein Wettbewerber per PC die aktuellten Daten, Preislisten und Verfügbarkeiten abfragen kann, kann man sich leicht ausrechnen, wer beim Kunden die besseren Karten hat.

COMPUTERWOCHE: Welche Branchen sind hier ganz vorne dabei?

Frank Heuer: Natürlich die Finanzbranche, die meiner Ansicht nach führend ist. Unternehmen wie die Allianz, die ihre Partner entsprechend ausstatten. Dann ist ein wesentlicher Faktor der Handel und Großhandel.

COMPUTERWOCHE: Wie beurteilen Sie den Reifegrad des Themas Mobility?

Frank Heuer: Die Nutzer haben sich durch den Marktdruck des Themas angenommen. Und die Technik hat große Fortschritte gemacht. Vor vier Jahren konnte man online bestenfalls mit GPRS-Geschwindigkeit auf die Daten zu greifen. Inzwischen ist es möglich, mit HSDPA mobil zuzugreifen. Das eröffnet neue Möglichkeiten. Waren es früher eher PDF-Dokumente, so kann man jetzt beim Kunden auch Animationen vorführen, etwa wie ein Produkt anzuwenden ist.

COMPUTERWOCHE: Wie sehen die Zukunftsaussichten von Mobility?

Frank Heuer: Das Thema hat seine maximale Reife noch nicht erreicht. Das Thema wird weiter voran schreiten, es gibt ja noch Unternehmen und Branchen mit Nachholbedarf. Da wird der Wettbewerbsdruck eine große Rolle spielen. Neuen Technologien, die bisher ohne große Marktdurchdringung sind, werden besser angenommen werden. Jetzt sind 1,8 MBit pro Sekunde State of the Art, der weitere Ausbau der Systeme und Netze ist bereits angekündigt. So können Außendienstler später, wenn Webconferencing auch auf mobile Geräte ausgedehnt wird, an internen Konferenzen teilnehmen. Es kommt Quadruple Play, wo Videoübertragung integriert ist. Es wird neue Anwendung in Hinsicht auf die Virtualisierung der Arbeitsumgebung geben.

COMPUTERWOCHE: Wie schätzen sie die Sicherheitsdebatte ein? Schreckt das ab?

Frank Heuer: Wenn man die Unternehmen fragt, warum sie bisher nicht auf Mobility setzen, dann spielen eine Rolle, dass sie die Anwendungssituation noch nicht sehen, zweitens die Kosten und dann das Thema Sicherheit. Sicherheit ist heute ein absolutes Muss. Da darf es keine Unsicherheiten geben. Es herrscht Verunsicherung. Es gibt bei manchen sogar Befürchtungen, wenn WLAN über VPN abgesichert ist. Es ist ja auch ein Hase-und-Igel-Spiel. Es gibt immer wider neue Sicherheitsgefahren, die dann nachgebessert werden. Dann legen wieder die Kriminellen mit ihren Abhörtechniken vor.

COMPUTERWOCHE: Was kann das Thema noch verlangsamen? Wie sieht es mit dem Kosten-Nutzen-Verhältnis aus?

Frank Heuer: Es ist richtig, dass die Unternehmen sehen müssen, dass es sich unter dem Strich lohnt und keine Spielerei ist. In manchen Branchen ist es offensichtlicher, etwa im Vertrieb. Das gibt es ja auch die entsprechenden RoI-Modelle. In der Industrie ist es etwas anderes. Es ist ja generell nicht damit getan, nur mobile Geräte anzuschaffen. Es muss auch das entsprechende Backend vorhanden sein; die Security-Systeme müssen stets auf dem aktuellen Stand gehalten werden.

COMPUTERWOCHE: Haben auch die Hersteller noch Nachholbedarf bei ihren Angeboten für Unternehmen?

Frank Heuer: Bei der Einführung des Blackberry gab es, erinnere ich mich, umfangreiche RoI-Modellberechnungen. Die haben sich damals sehr bemüht. Es hängt natürlich immer von den jeweiligen Anbietern ab. Ich habe auch auf dem Telekomforum gehört, dass dort bemängelt wurde, für die professionellen Anbieter gebe es noch zuwenig Unterstützung. Das man noch zusehend auf die Consumer setzt, die ja auch den größten Marktanteil stellen. Es gibt natürlich auch Ausnahmen wie Nokia mit dem Communicator.

COMPUTERWOCHE: E-Mail ist derzeit noch die wichtigste Anwendung, dann kommt mobiles CRM. Wie sieht es denn mit mobilem ERP aus?

Frank Heuer: Das ist sicherlich deutlich anspruchsvoller und etwas anderes als mobiler E-Mail-Zugriff über Microsoft Web Access. Mobile Office ist ja die Basisanwendung. Jeder mobile Anwender hat die Möglichkeit, mobil auf E-Mails zu greifen. ERP muss in komplizierte Anwendungen integriert werden. Das betrifft häufig auch sehr sensible Bereiche. Es ist auf jeden Fall ein Markt, der bald stärker wachsen wird als die Office-Lösungen.

COMPUTERWOCHE: Ist E-Mail die Killerapplikation für Mobilty - oder kommt da noch etwas anders?

Frank Heuer: E-Mail ist in diesem Sinne sicherlich eine Killerapplikation. Die Anwendung, die für die große Verbreitung des Themas gesorgt hat. Denn es ist für jedes Unternehmen mit mobilen Mitarbeitern interessant. Es dient aber auch als eine generelle Einstiegslösung in den Mobility-Markt. Dadurch entdecken die Unternehmen dann auch die vielen anderen Möglichkeiten, die es gibt, etwa mobiles CRM.

((BU: Frank Heuer, Senior Analyst bei Techconsult))